Wer beim Krafttraining Wiederholungen zählt, hört womöglich unnötig früh auf – hätte also entsprechend noch weiter pumpen und somit einen größeren Trainingseffekt erzielen können. Das glauben zumindest einige. FITBOOK hat bei einem Personal Trainer nachgefragt.
Um den nötigen Trainingsreiz auszuüben, ist es wichtig, bis zum Muskelversagen zu trainieren. Erfahrene Kraftsportler wissen das natürlich. Daraus könnte man die Schlussfolgerung ziehen, dass das Ausführen einer bestimmten Anzahl an Wiederholungen weniger sinnvoll ist, als immer weiter und bis zum gefühlten Nichts-geht-mehr-Punkt zu trainieren. Das wäre jedoch nicht richtig, wie Timo Kirchenberger, Personal Trainer und Ernährungsberater aus Berlin, erklärt.

Auch interessant: Wie atme ich beim Krafttraining richtig?
Wiederholungen zählen ist wichtig!
„Grundsätzlich macht es natürlich total Sinn, Wiederholungen zu zählen“, versichert uns Kirchenberger. Das gelte nicht zuletzt für Trainingsneulinge, die gerade zu Beginn in definierten Wiederholungsbereichen trainieren sollten, die sie etwa mit ihren Trainern entsprechend ihrer Zielsetzung besprochen haben. Das A und O sei hier eine saubere Technik, natürlich in Kombination mit einem anspruchsvollen Gewicht.
Anfänger sollten NICHT an ihre Grenzen gehen
Fitnessanfängern, „also solchen, die erst seit etwa zwei Jahren trainieren, und Jugendlichen sowieso“, – rät Trainer Kirchenberger grundsätzlich davon ab, bis zum Muskelversagen zu trainieren. Dadurch würden sie gerade zu Beginn, wenn die Technik besonders wichtig ist, grobe Fehler machen. „Der Körper würde sich das merken und ein zu hohes Belastungsrisiko eingehen“, warnt der Fachmann. Zudem sei es nicht einmal nötig. Im Körper passiere auf jeden Fall etwas – „wenn wir entsprechend schwer trainieren, aber sauber!“
„Beim Krafttraining gilt: Volume is King“
Seine Empfehlung, unbedingt Wiederholungen zu zählen, richtet sich genauso an Bodybuilder – wenngleich sie noch ein Stück weiter/härter gehen sollten. Jene Fitnessprofis haben über viele Jahre hinweg auf Hypertrophie trainiert, sprich: mit der Zielsetzung, den Muskel dicker werden zu lassen. Und dabei sei tatsächlich entscheidend, dass am Ende des Satzes die letzte Wiederholung in puncto Kraftleistung her kaum noch ausführbar ist. „Natürlich sollte auch hier die Technik nicht extrem leiden“, gibt Fachmann Kirchenberger zu bedenken. „Um einen Ansatzpunkt zu haben, ist es wichtig, zu zählen“, so Kirchenberger.
Und wie kann man sich steigern?
Und Kirchenberger hat noch einen Extra-Tipp: die sogenannte „RIR-Methode“, mit der man „die Belastung managen“, also einzuschätzen könne, wie viel Gewicht man beim nächsten Mal verwendet. „Sie steht für ‚Reps in Reserve‘. Das heißt, der Athlet sollte sich nach dem Satz fragen, wie viele Wiederholungen noch im Tank drin gewesen wären“, erklärt er uns. Wenn man nur auf null bis eine RIR kommt, hat man offenbar quasi bis ans Limit trainiert. Dahingegen müsse man sich bei drei bis fünf oder sogar mehr RIR eingestehen, dass der Satz nicht anstrengend genug war. „Wir haben also über die Wiederholungszahl eine Möglichkeit, den Erschöpfungsgrad oder auch eine Tendenz dahingehen zu messen, ob das Gewicht zu schwer oder zu leicht war“, schließt Trainer Kirchenberger. Es spricht also tatsächlich vieles dafür, die Wiederholungen zu zählen.
Die RIR-Methode ist übrigens ein ähnlich bekanntes Mittel zum Kraftmanagement wie die RPE, also der „Rate of perceived exertion“ („Maß der wahrgenommenen Anstrengung“). Das funktioniere so, dass der Klient (etwa beim Personal Training) anhand einer Skala von null bis zehn angibt, wie anstrengend eine Einheit war.