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Mythos ungesundes Eigelb

Ist es gesünder, nur das Eiweiß zu essen? Ernährungsmediziner widerspricht

Eigelb vom Eiweiß trennen
Eier trennen und nur das Eiklar konsumieren? Viele Sportler tun genau das – um mehr Eiweiß zu sich zu nehmen und das vermeintlich schädliche Eigelb wegzulassen Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

03.05.2021, 14:11 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Statt auf ganze Eier zu setzen, wird bei vielen Rezepten die Verwendung von nur Eiklar bzw. Eiweiß empfohlen. Dahinter steckt oft die Annahme, dass das Eigelb zu viel Cholesterin und Fett enthalte, dick mache und ungesund sei. Gemeinsam mit dem Ernährungsexperten und Buchautor Sven-David Müller geht FITBOOK der Frage auf den Grund, ob das Gelbe im Ei wirklich so schädlich ist.

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Wenn etwas nicht so gut ist, wie es sein könnte, spricht man nach einer Redensart davon, dass es „nicht das Gelbe vom Ei“ ist. Schließlich schmeckt dieser Teil am besten – und ist zudem besonders nährstoffreich. Warum hält sich also v. a. in der Fitness-Szene der Trend, nur das Eiweiß (Eiklar) zu essen – ist das wirklich gesünder? FITBOOK hat mit zwei Experten gesprochen.

Was steckt drin in Eigelb bzw. Eiweiß?

Ein Huhn legt Eier mit dem Ziel, dass daraus Küken schlüpfen. Unter der weißen bis bräunlichen Schale steckt also ein Bündel an Nährstoffen, um ein neues Leben zu ernähren, bis es sich selbstständig versorgen kann. „Das macht das Ei zu dem hochwertigsten und besten Lieferanten an Eiweiß und Fetten, den wir auf unserem Planeten finden können“, so Ernährungsexperte Sven-David Müller zu FITBOOK.

Vergleicht man die Kaloriendichte von Eigelb und Eiweiß, so zeigt sich: Eigelb enthält mehr Fett und insgesamt mehr Kalorien als das Eiweiß.

Eigelb (je 100g): 348 Kcal

Eiweiß (je 100g): 52 Kcal

  • Kohlenhydrate 0,7g
  • Fett 0,2g
  • Eiweiß 11g

Der Grund für diese Verteilung der Makronährstoffe ist einfach. Während der Brutzeit ernährt sich das Küken vom Dotter. „Deshalb kommen darin auch Mineralien wie Kalzium, Eisen, Chlorid, Natrium, Phosphor und Kalium in einer vielfach höheren Konzentration vor als im Eiklar“, erklärt der Experte. Die klare, gallertartige Flüssigkeit dient hingegen dem Schutz des wertvollen Dotters sowie des Embryos und besteht weitestgehend aus Wasser und Proteinen sowie wasserlöslichen B-Vitaminen.

Zwar sind auch diese Inhaltsstoffe essenziell für die Erhaltung der Funktionen unseres Nervensystems, allerdings liegt der Gehalt an Mineralien und weiteren Nährstoffen im Eiweiß aufs ganze Hühnerei hochgerechnet bei unter einem Prozent. Das für den Menschen Gesunde steckt also eigentlich im Eigelb. Was dem Mythos, es sei gesünder, nur das Eiweiß zu essen, widerspricht.

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Ist das Cholesterin im Eigelb schädlich?

Gerade beim Thema Cholesterin hat das Hühnerei einen Imagewandel vollzogen. Galt jahrzehntelang die Devise, Eigelb trage dazu bei, den Cholesterinspiegel zu erhöhen, gilt diese These mittlerweile als in Teilen überholt. Bei fast keinem Menschen habe das Cholesterin aus der Nahrung einen Einfluss auf die Blutwerte, so Müller. Nur das Eiweiß zu essen, ist also nicht zwangsläufig gesünder.

Während einige Studien diese Aussage zu bestätigen scheinen, kam eine große Untersuchung der Northwestern University Feinberg School of Medicine im März zu einem etwas anderen Ergebnis. Der Konsum von wöchentlich drei bis vier Eiern war mit einem sechs Prozent höheren Risiko für Herzerkrankungen verbunden und einer acht Prozent höheren Sterblichkeit. Diese Effekte wurden auf das Cholesterin zurückgeführt.

Diabetologe und Ernährungsmediziner Dr. Matthias Riedl sieht das auf Nachfrage von FITBOOK differenzierter: „Fakt ist, dass ein Ei wegen des Eiweißgehaltes ein super sattmachendes Lebensmittel ist und viele Vitamine und Mineralstoffe beinhaltet.“ Und wer satt sei, neige weniger zum Snacken, das eines der größten Übel für Übergewicht und Co. sei. „Somit gilt ein Ei als rehabilitiert“, zumal die Studienlage, was die Förderung koronarer Herzkrankheiten angeht, uneinheitlich sei. „Das wird sie auch immer bleiben“ erklärt Riedl, „weil die Mischung dessen, was wir essen, viel auschlaggebender ist.“

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Lecithin in Eigelb wirkt sich positiv auf Cholesterinspiegel aus

Auch für Sven-David Müller überwiegen die Vorteile. „Die Fettsäurenkombination im Eigelb ist hervorragend – fast so gut wie in Diätmargarine, die zur Senkung des Cholesterins eingesetzt wird. Und im Eigelb steckt Lecithin, das den Cholesterinspiegel – insbesondere das gefährliche LDL-Cholesterin – hervorragend senkt.“

Wie so häufig gilt also: Es kommt auf die Menge an. Laut Dr. Matthias Riedl gilt, dass tierisches Protein und tierische Fette einfach schlechter abschneiden als pflanzliche Eiweiße und Fette. „Je höher hier der Konsum, desto geringer das kardiovaskuläre Risiko. Deshalb sollte der Eikonsum auch in Maßen gehalten werden.“ Und wer erhöhte Cholesterinwerte hat, sollte mit seinem Arzt im Einzelfall klären, inwieweit bzw. wie viele Eier auf den Speiseplan dürfen. Gegen ein Frühstücksei am Wochenende sollte aber so oder so nichts einzuwenden sein.

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Cholesterin – lebensnotwendig bis gefährlich

Cholesterin ist in jedem Fall lebensnotwendig. „Ohne Cholesterin kann keine einzige Körperzelle aufgebaut werden, die Gallenflüssigkeit ist ohne Cholesterin nicht denkbar und auch Vitamin D nicht“, erklärt Sven-David Müller. Weiterhin wird es für eine geregelte Verdauung, die Bildung von Hormonen und eine normale Hirnfunktion benötigt.

Tatsache ist aber auch, dass ein zu hoher Cholesterinwert im Blut für den Körper gefährlich werden kann. Ein zu hohes Vorkommen an LDL-Cholesterin führt zu Arteriosklerose – der medizinische Fachbegriff für die Arterienverengung. Mögliche Folgen: Herzinfarkt oder Schlaganfall. Allerdings spielen diverse Faktoren (wie die genetische Veranlagung oder das körperliche Aktivitätsniveau) zusammen, damit es soweit kommt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist es also eine sehr individuelle Angelegenheit, ob es gesünder wäre, nur das Eiweiß zu essen.

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Extrahiertes Eiklar als Proteinquelle sinnvoll?

„Proteine gehören zu einer ausgewogenen Ernährung, genauso wie Fette und Kohlenhydrate. Doch in der Vergangenheit hat sich der Irrglaube verbreitet, dass mehr Proteine bedeuten, dass man automatisch gesünder lebt. Weit gefehlt!“, so der Ernährungsexperte. Es sei nicht sinnvoll, jeden Tag extrem eiweißreich zu essen. Das gilt auch für Proteine aus Eiklar. Die Nieren müssen dann die anfallenden Stoffwechselendprodukte mühsam ausscheiden. Beim Gesunden funktioniert das im begrenzten Rahmen. Wer aber geschädigte Nieren hat, muss zusätzlich aufpassen.

„Tatsache ist, dass die wenigsten von uns einen Zusatz von Protein wirklich benötigen. Mit einer ausgewogenen Ernährung lässt sich der Bedarf eines erwachsenen Freizeitsportlers leicht decken“, so Müller weiter. Natürlich gibt es Ausnahmen, bei denen eine Erhöhung an Eiweiß in der Ernährung gerechtfertigt ist. „Alte Menschen, jene, die unter Mangelernährung, Untergewicht oder konsumierenden Erkrankungen (wie Krebs oder HIV-Infektionen) leiden, oder auch Hochleistungssportler profitieren am ehesten von einem Zusatz“, ergänzt Müller.

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Fazit: Lieber das ganze Ei essen!

Ist es also gesünder, nur das Eiweiß zu essen? Der anhaltende Trend einer proteinreichen Ernährung findet keine Begründung in der Ernährungswissenschaft, die weiterhin die Verwendung von Eigelb unterstützt. „Wer vollständige Eier konsumiert, hat keine Nachteile in der Versorgung seines Körpers. Eher im Gegenteil“, versichert Ernährungsmediziner Sven-David Müller.

Neben den gesundheitlichen Folgen, die aus einer zu eiweißfixierten Ernährung entstehen können, ist der Konsum auch aus ökologischen Gesichtspunkten fraglich. Die Produktion von extrahiertem Eiklar – das bei Fitness-Begeisterten beliebt ist – erzeugt unnötige Schadstoffe, die bei industrieller Gewinnung unvermeidbar sind. Selbst wenn die Eidotter verwendet werden, müssen sie aus der Fabrik erst mit Kühltransportern an die vorgesehenen Stellen gebracht werden. Diese Schritte sind nicht notwendig und hinterlassen unnötige Spuren im ökologischen Profil. Angesichts des Klimawandels sollte sich jeder Verbraucher überlegen, ob dieser Konsum wirklich essenziell ist.

Themen: Protein
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