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Von gutartiger Wucherung zum bösartigen Tumor

Darmkrebs – Ursachen, Risikofaktoren und Vorsorge

Darmkrebs-Vorsorge
Wer Risikofaktoren minimiert und zur Vorsorge geht, kann einiges dafür tun, um Darmkrebs vorzubeugen bzw. ihn, im Fall einer Erkrankung, früh zu erkennen Foto: Getty Images / Mohammed Haneefa Nizamudeen
Thorsten Dargatz
Freier Autor

20.03.2024, 11:17 Uhr | Lesezeit: 16 Minuten

Darmkrebs entsteht leise und langsam. Bis aus einer zunächst gutartigen Wucherung ein bösartiger Tumor entsteht, können Jahre vergehen. Wie die Krankheit entsteht, welche Risikofaktoren es gibt – und welche Rolle das Immunsystem dabei spielt.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Dr. med. Rainer Lipp, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologie und internistische Onkologie – Geschäftsführer der Stiftung Deutsche Onkologie

Häufig bemerken Betroffene ihre Erkrankung erst in einem späteren Stadium. Denn weder Schmerzen noch Probleme mit der Verdauung machen frühzeitig auf sie aufmerksam. Mit über 60.000 Betroffenen jährlich zählt Darmkrebs zu den häufigsten Krebserkrankungen.1 FITBOOK erklärt, wie der Darm aufgebaut ist, welche Aufgaben er hat, wie die Krebserkrankung entsteht – und die Darmkrebs-Vorsorge aussieht.

Unser Darm – Aufbau und Funktion

Mit einer Länge von fast acht Metern ist der Darm unser größtes Organ. Vielfach gewunden schlängelt er sich durch unsere Körpermitte. Typisch für sein Aussehen sind die rund vier Millionen Zotten. Das sind lappige Erhebungen die nebeneinandergelegt eine Oberfläche von bis zu 40 Quadratmetern ausmachen. Damit stellt der Darm die größte Kontaktfläche des Körpers mit der Umwelt dar. Außerdem ist er ein echter Schwerarbeiter. Nicht nur, dass mehr als 30 Tonnen Nahrung, 50.000 Liter Flüssigkeit, unzählige Krankheitserreger und Giftstoffe den Darm im Laufe eines durchschnittlich 75-jährigen Lebens passieren. Er muss gleichzeitig auch die verwertbaren Nahrungsbestandteile für den Körper erschließen und ihn vor schädlichen Substanzen schützen.

Aufgaben der Nervenzellen im Darm

Diese anspruchsvollen Aufgaben erledigt der Darm auch mithilfe der mehr als hundert Millionen Nervenzellen, die ihn umhüllen. Der Aufbau dieser Nervenzellen ähnelt dem unseres Gehirns. Dieses „Bauchgehirn“ reguliert unsere Verdauung, kontrolliert den Transport des Darminhalts und schlägt bei Unverträglichkeiten und eventuellen Giftstoffen Alarm. Außerdem reagieren die Nervenzellen sensibel auf Umweltreize wie Stress und ungesunde Ernährung. Das kann den Transport der Nahrung stören, Verstopfungen, Blähungen oder auch Durchfall nach sich ziehen.

Der Verdauungsvorgang

Um die vielfältigen Aufgaben des Darms noch besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf den Verdauungsvorgang. Die Reise der Nahrung beginnt im Mund. Dort wird sie gekaut und geschluckt. Dann passiert sie die Speiseröhre und gelangt in den Magen, wo die Mahlzeiten in kleinere Partikel zerlegt werden, bevor sie in den Dünndarm zur weiteren Verdauung geleitet wird. Im Dünndarm erfolgt zudem die Aufnahme der in den Mahlzeiten enthaltenen Vitamine und Mineralstoffe. Alle nicht verdauten und absorbierten Nahrungsbestandteile gelangen in den Dickdarm, auch Kolon genannt. Der Dickdarm dient als Speicher für Abfälle, entsorgt aber auch Wasser, Salze und Vitamine. In der Schleimhaut des Dickdarms sitzen darüber hinaus mehr als 70 Prozent der Abwehrzellen des Immunsystems. Hinzukommen mehr als 500 nützliche Arten von Bakterien und Pilze, die zusammen die Darmflora bilden. Solange die Darmflora intakt ist, haben schädliche Mikroorganismen keine Chance, sich dauerhaft im Darm festzusetzen.

Gleichzeitig übernehmen die vielen Mikroorganismen aber auch die Verarbeitung unverdauter Bestandteile, allen voran Ballaststoffe. Die letzte unverdaute Nahrung, abgestorbene Zellen der Darmschleimhaut sowie eine große Anzahl der Mikroorganismen werden im Dickdarm gespeichert und dann in regelmäßigen Abständen in den Enddarm abgegeben. Ihre Ankunft im Rektum löst eine Darmbewegung aus, die den Dickdarminhalt als Stuhl aus dem Körper entleert.

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Ursache und Entstehung von Darmkrebs

Die genauen Ursachen von Darmkrebs werden weiter erforscht. Was man sicher weiß: Bei der Entstehung von Darmkrebs spielen Dickdarmpolypen die Hauptrolle. Bei ihnen handelt es sich um kleine Zellklumpen, die sich an der Auskleidung des Dickdarms bilden und meist harmlos sind. Es kann aber sein, dass es in einer einzigen Zelle zu einer Erbgutveränderung kommt. Die Zelle beginnt sich zu teilen und es entstehen immer mehr Zellen bis daraus ein zunächst noch gutartiger Schleimhautpolyp entsteht.

Im Rahmen einer Darmspiegelung können Ärzte diesen Polypen aufspüren und auch gleich entfernen. Geschieht dies nicht, teilen sich die Zellen ungehemmt weiter fort. Es kommt zu weiteren Genveränderungen, aus denen schließlich Krebszellen entstehen. Etwa 90 Prozent aller Darmkrebserkrankungen entstehen aus gutartigen Polypen. Das Tückische: Polypen rufen, wenn überhaupt, nur sehr wenige und leichte Beschwerden hervor. Daher sind Vorsorgeuntersuchungen zur Früherkennung so wichtig. Denn unbehandelt wachsen diese Krebszellen aggressiv weiter und befallen umliegendes Gewebe. Über Blut und Lymphe breiten sie sich aus und bilden zusätzliche Krebsherde in anderen Organen. Besonders häufig betroffen Leber, Lunge und Bauch.

Die Rolle des Immunsystems

Unser Immunsystem ist der beste Schutz vor einer Krebserkrankung. Deshalb lohnt sich ein genauerer Blick auf die Arbeit der lebenswichtigen körpereigenen Polizei. Fest steht: Bei jeder Zellteilung kommt es zu Mutationen in unserem Erbgut. Das klingt schlimmer, als es ist, denn in den meisten Fällen ist das folgenlos, weil hauptsächlich unwichtige Genabschnitte davon betroffen sind. Außerdem patrouillieren Milliarden von Abwehrzellen im Blut und im Gewebe durch den Körper. Sie sind ständig auf der Suche nach Krankheitserregern und entarteten Zellen. Diese Zellen präsentieren bestimmte Eiweißstrukturen an ihrer Zelloberfläche (sogenannte Antigene), die von Fresszellen des Immunsystems (sogenannten Markophagen als Teil der weißen Blutkörperchen), erkannt und zerstört werden können. Sie umhüllen dabei die Antigene, verdauen sie und machen sie so unschädlich. Eine weitere große Hilfe bei der Krebsabwehr sind Killerzellen. Sie sind in der Lage, entartete Zellen sogar dann zu erkennen, wenn sie keine veränderte Oberflächenstruktur aufweisen, und vernichten sie.

Angeborene und erworbene Immunabwehr

Dem menschlichen Körper steht dabei bereits ab Geburt ein angeborenes Immunsystem zur Verfügung. Dieses setzt sich aus einer natürlichen Schutzbarriere (u.a. Haut, Darmschleimhaut), einem zellulären Abwehrsystem (u.a. weiße Blutkörperchen wie Granulozyten, Makrophagen, Killerzellen) sowie einer Immunabwehr aus Antikörpern, die von speziellen weißen Blutkörperchen abgegebene werden, zusammen. Im Laufe des Lebens entwickeln wir aber zusätzlich noch die sogenannte erworbene Immunität. Dazu gehören weiße Blutkörperchen, auch bekannt als Lymphozyten. Sie sind in der Lage, Viren, Bakterien und Krebszellen zu erkennen. Diese Fähigkeit erwerben sie im Thymus, einer kleinen Drüse hinter dem Brustbein, die als Ausbildungsstätte fungiert und Lymphozyten zu Thymus-Zellen ausbildet. Sobald die Ausbildung abgeschlossen ist, dürfen sie sich als Thymus-Zellen, oder kurz als T-Zellen bezeichnen. Sie unterteilen sich in drei Gruppen:

  1. Zytotoxische T-Zellen: Sie verfügen über spezielle Giftstoffe. Damit machen sie kranke und fremde Zellen unschädlich.
  2. T-Helferzellen: Sie unterstützen das Immunsystem, indem sie mithilfe von Signalstoffen Informationen zwischen den verschiedenen Abwehrzellen übertragen. Sie erkennen Antigene und locken weitere Abwehrzellen durch Botenstoffe heran.
  3. T-Suppressor-Zellen: Können die Immunantwort auf ein Antigen unterdrücken und so eine überschießende Reaktion des Immunsystems nach getaner Arbeit verhindern.

Eine weitere wichtige Rolle übernehmen die B-Zellen und die von ihnen produzierten Antikörpern, bei denen es sich um y-förmige Eiweißmoleküle handelt. Diese werden B-Zellen, nachdem sie körperfremde oder krankhaft veränderte körpereigene Strukturen erkannt haben, in großen Mengen ausgeschüttet. Die Antikörper können fremde oder veränderte Strukturen direkt unschädlich machen oder aber markieren, damit andere Abwehrzellen diese dann gezielt vernichten können. B-Zellen können sich nach einem Erstkontakt mit fremden Strukturen in sog. Gedächtniszellen entwickeln, die meist in Lymphknoten verweilen und bei einem erneuten Kontakt wieder aktiviert werden und spezielle Antikörper zur schnellen Markierung und Abwehr der Fremdstrukturen freisetzen. Diese Funktion wird u.a. auch bei der Impfung ausgenutzt.

Beeinflussbare und unbeeinflussbare Risikofaktoren

Nach wie vor ist nicht vollständig geklärt, warum es bei manchen Menschen zu einer Krebserkrankung kommt und bei anderen nicht. Fest steht nur, dass es sogenannte beeinflussbare und unbeeinflussbare Risikofaktoren gibt.

Beeinflussbare Risikofaktoren

Übergewicht

Wer zu viele Pfunde mit sich herumträgt, erhöht laut einer Studie sein Risiko, an Darmkrebs zu erkranken, um das Zweifache. Wer schon in jungen Jahren übergewichtig ist, hat sogar ein 2,6-fach erhöhtes Risiko.2 Auch das Risiko, daran zu sterben, erhöht sich dramatisch. Betroffen sind vor allem Menschen mit einem BMI von 30 und höher. Der BMI ergibt sich aus dem Verhältnis des Körpergewichts in Kilogramm und der Körpergröße in Metern zum Quadrat.

Warum Übergewicht das Darmkrebsrisiko so dramatisch erhöht, haben Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Stoffwechselforschung genauer untersucht: Das überschüssige Fett führt zu einer Stressreaktion, die die körpereigene Immunabwehr alarmiert und eine Entzündung im Fettgewebe auslöst. Wer es nicht schafft, abzunehmen, riskiert durch den damit verbundenen Dauerstress eine Ausbreitung der Entzündung über das Blut im ganzen Körper. Das Fatale daran: Es kommt zu einer Umprogrammierung der Abwehrzellen. Sie sind dann nicht mehr in der Lage, die entarteten Zellen zu bekämpfen. Hinzu kommt eine erhöhte hormonelle Aktivität des Fettgewebes und das hat Einfluss auf das Zellwachstum und die Gefäßneubildung.3

Außerdem produzieren Übergewichtige mehr Insulin. Das Hormon zur Regelung des Blutzuckers steht unter Verdacht, an der Darmkrebsentstehung beteiligt zu sein. Das haben neuere Studien gezeigt.4

Ernährungsweise

Die Art der Ernährung und Übergewicht hängen eng zusammen. Aber auch schlanke Menschen können erkranken, wenn sie sich schlecht ernähren. So haben sich zahlreiche Studien in den letzten Jahren mit der Frage beschäftigt, welchen Einfluss die Ernährung auf das Darmkrebsrisiko hat. Eine solche Untersuchung wurde im August 2022 im „British Medical Journal“ veröffentlicht.5 Die Wissenschaftler haben die Essgewohnheiten von mehr als 200.000 Menschen ausgewertet (46.000 Männer und 160.000 Frauen). Ergebnis: Industriell stark verarbeitete Lebensmittel erhöhen das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken um 29 Prozent. Als Schuldige gelten die vielen Zusatz- und Konservierungsstoffe, die den Industrieprodukten beigemischt werden und von denen viele als krebserregend gelten. Aufgrund der hohen Kaloriendichte machen sie zudem schneller dick.

Neben dem Zuviel an rotem Fleisch (z. B. Rind, Schwein, Lamm oder Leber) sowie verarbeitetem Fleisch (z. B. Hotdogs, Burger, etliche Wurstsorten) haben sich auch die Faktoren „ballastoffarm“ und „fettreich“ sowie ein zu geringer Anteil an Gemüse an Negativfaktoren gezeigt für das Darmkrebsrisiko.6,7 Eine oft unterschätzte Rolle spielt außerdem die Zubereitung. Fleisch, das bei sehr hohen Temperaturen gebraten, gegrillt oder frittiert wird, kann Verbindungen freisetzen, die ebenfalls das Krebsrisiko erhöhen können.

Auch interessant: Beliebtes Lebensmittel erhöht das Darmkrebsrisiko signifikant

Rauchen

Darmkrebs tritt bei langjährigen Rauchern deutlich häufiger auf als bei Nichtrauchern. Das Risiko zu erkranken, ist bei Frauen um 76 Prozent und bei Männern um 46 Prozent erhöht.8 Der Grund: Im Blut von Rauchern finden sich weniger Immunglobuline als im Blut von Nichtrauchern. Das sind Eiweißstoffe, die der Körper zur Abwehr fremder Substanzen bildet. Eine im Januar 2022 veröffentlichte Studie hat zudem herausgefunden, dass Rauchen die Funktionsweise der Makrophagen beeinflusst.9 Dabei handelt es sich um Fresszellen des Immunsystems. Sie zerstören krankhaft veränderte Zellen und verhindern so ihre Ausbreitung. Bei Rauchern sind die Makrophagen nur leider deutlich weniger aktiv. Weitere schlechte Nachricht für Raucher: Auch das Sterberisiko ist deutlich erhöht.10

Alkohol

Immer noch unterschätzt, aber mindestens genauso gefährlich wie Rauchen, ist ein Zuviel an Alkohol. Laut der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) erhöht schon der Genuss von ein bis vier alkoholischen Getränken täglich das Darmkrebsrisiko um 21 Prozent. Wer noch mehr trinkt, erhöht sein Erkrankungsrisiko gar auf 50 Prozent.11

Noch ist nicht vollständig geklärt, warum genau Alkohol das Krebsrisiko erhöht. Was man aber weiß: Alkohol (Ethanol) wandelt sich im Körper durch Oxidationsprozesse in Acetaldehyd um. Diese chemische Verbindung ist sehr reaktionsfreudig und geht leicht Bindungen mit anderen Molekülen ein. Leider auch mit der DNA. Dadurch kommt es zu Mutationen und somit zu Krebs. Wissenschaftler vermuten zudem, dass Alkohol andere Substanzen dabei unterstützt, krebserregende Wirkung zu entfalten. Wichtig zu wissen: Die Kombination aus Rauchen und Alkohol erhöht das Krebsrisiko zusätzlich. Denn durch den Alkohol erhöht sich die Durchlässigkeit der Schleimhaut im Mundbereich. Die rund 4000 schädliche Substanzen im Tabakrauch können so noch leichter in den Körper gelangen und Unheil anrichten.

Bewegungsmangel

Bewegungsmangel ist ein weiterer großer Risikofaktor für eine Darmkrebserkrankung. Bei jungen Menschen gilt der sitzende Lebensstil sogar als Hauptgrund für eine Erkrankung. Das hat eine Studie der Erasmus-Universität Rotterdam gezeigt.12 Warum genau ein vorwiegend inaktiver Lebensstil so gefährlich ist, muss erst noch geklärt werden, aber Wissenschaftler haben eine Vermutung: Durch das ewige Sitzen ist der Darm vermehrt Karzinogenen des Stuhls, insbesondere den von Bakterien gebildeten sekundären Gallensäuren, ausgesetzt. Studien haben zudem gezeigt, dass das Immunsystem von Bewegungsmuffeln weniger schlagkräftig ist.

Unbeeinflussbare Risikofaktoren

Alter, Geschlecht, Gene

Zu den unbeeinflussbaren Risikofaktoren gehört das Alter. Nach wie vor liegt das mittlere Erkrankungsalter für Darmkrebs bei 74 Jahren für Männer und 77 Jahren für Frauen.13 Bis es zu einem Tumor kommt, vergehen allerdings zehn bis 15 Jahre. Deshalb sind Vorsorgeuntersuchungen auch so wichtig. Zudem spielt das Geschlecht eine Rolle. Männer sind gefährdeter als Frauen, zu erkranken, sie erkranken meist auch ein paar Jahre früher. Bei etwa einem Drittel der Patienten liegt zudem eine familiär bedingte genetische Belastung vor. Ärzte unterscheiden dabei zwischen erblichem Darmkrebs und einer familiären Häufung von Darmkrebs.

Erblicher vs. familiär bedingter Darmkrebs

Erblicher Darmkrebs hat einen Anteil von sechs bis acht Prozent und lässt sich mit sogenannten molekulargenetischen Tests nachweisen. Die Veranlagung ist von Geburt an vorhanden und wird von einem Elternteil geerbt. Erblicher Darmkrebs kann schon in jungen Jahren auftreten. Deshalb sollten sich Risikopersonen auch engmaschig kontrollieren lassen. Deutlich häufiger, in bis zu 25 Prozent aller Fälle, kommt es zu einem familiär bedingten Darmkrebs. Der Unterschied zum erblich bedingten Darmkrebs: Es kann keine Erbgutveränderung nachgewiesen werden. Ein familiäres Risiko liegt vor, wenn direkte Verwandte (Großeltern, Eltern oder Geschwister) an Darmkrebs, Darmpolypen oder auch an einem bösartigen Tumor des Magens sowie der Gebärmutter erkrankt sind oder waren. Das persönliche Risiko erhöht sich auch, wenn Geschwister der Eltern oder Großeltern erkrankt sind oder waren.

Risiko durch entzündliche Darmkrankheiten

Ein erhöhtes Krankheitsrisiko haben zudem Menschen, die unter einer chronisch entzündlichen Darmkrankheit wie Morbus Crohn und vor allem Colitis Ulcerosa leiden. Die permanente Entzündung kann zu bösartigen Zellveränderungen und schließlich zu Krebs führen. Für Betroffene gilt auch hier, sich engmaschig überwachen zu lassen. Ein um 30 Prozent erhöhtes Darmkrebsrisiko haben zudem Typ-2-Diabetiker. Schuld daran ist das Insulin. Es begünstigt die Entstehung und Vermehrung bösartiger Zellen. Deshalb wird bei Diabetes-Patienten vor dem Start einer Insulintherapie auch eine Darmspiegelung durchgeführt.

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Vorsorgeuntersuchungen und Screening

Früherkennung rettet Leben. Das gilt insbesondere für Darmkrebs. Die Heilungschancen sind heute bei frühzeitiger Diagnose und schneller Behandlung sehr gut. Entsprechende Untersuchungsgänge sind in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme festgelegt.14 Dies stellt die Vorlage für die von gesetzlichen Krankenkassen übernommenen Früherkennungsuntersuchungen dar. Die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen die Darmkrebs-Früherkennungsuntersuchungen für Frauen und Männer ab dem 50. Lebensjahr und laden ihre Versicherten sogar dazu ein. Bei einer familiären Häufung raten Ärzte dazu, sehr viel früher zur Darmspiegelung zu gehen. Idealerweise zehn Jahre vor dem Alter, indem bei einem Familienmitglied Darmkrebs oder Darmpolypen entdeckt wurden. Beispiel: Ist ein naher Verwandter im Alter von 46 an Darmkrebs erkrankt, sollte man schon im Alter von 36 eine Darmspiegelung machen lassen. Kassen übernehmen dafür die Kosten. Doch nach wie vor sind die Deutschen Vorsorgemuffel. Nur etwa 14 Prozent der Frauen und sieben Prozent der Männer nehmen das lebensrettende Angebot wahr.15

Auch interessant: Ärztliche Vorsorgeuntersuchung – wie oft, wann und weshalb?

Ein Überblick über freiwillige und kostenlose Vorsorgeuntersuchungen

Männer

Vom 50. Bis zum 54. Lebensjahr einmal jährlich ein immunologischer Test auf verstecktes Blut im Stuhl. Ab 55 dann alle zwei Jahre (solange keine Darmspiegelung erfolgt ist). Ab dem 50. Lebensjahr zwei Darmspieglungen im Abstand von zehn Jahren, sofern die Befunde unauffällig waren.

Frauen

Vom 50. Bis zum 54. Lebensjahr einmal jährlich ein immunologischer Test auf verstecktes Blut im Stuhl. Ab 55 dann alle zwei Jahre (solange keine Darmspiegelung erfolgt ist). Ab dem 55. Lebensjahr zwei Darmspieglungen im Abstand von zehn Jahren, sofern die Befunde unauffällig waren.

Die Untersuchungen kurz erklärt

Tastuntersuchung

Zusätzlich zum immunologischen Test führen Ärzte eine Tastuntersuchung des Enddarms mit dem Finger durch. Nahe am After gelegene Veränderungen (Enddarmkarzinome) sind so frühzeitig erkennbar.

Stuhltest

Als Testverfahren wird aktuell nur noch der sogenannte Immunologische Fäkaler Okkulter Blut Test (kurz: iFOBT) durchgeführt. Hierbei muss man zu Hause einmalig eine Stuhlprobe über ein kleines Stäbchen in ein vorgefertigtes Röhrchen geben. Der Hausarzt schickt dieses an ein Labor, welches in der Stuhlprobe immunologisch nach kleinsten Mengen an Blut sucht. Solch ein Blutnachweis kann ein Hinweis auf das Vorliegen von Darmkrebs oder deren Vorstufen (Polypen) sein, wobei natürlich eine Darmspiegelung deutlich genauer in der Erkennung oder im Ausschluss ist.

Darmspiegelung

Die sicherste Methode, Darmkrebs zu erkennen oder auszuschließen ist eine Darmspiegelung. Die Koloskopie genannte Methode ist nicht sehr beliebt, aber überhaupt nicht schlimm. Wer möchte, kann sich während der 20-minütigen Untersuchung in den Dämmerschlaf versetzen lassen und bekommt nichts davon mit. Am Vortag der Darmspiegelung ist es nötig eine Abführlösung einzunehmen und viel zu trinken, um den Darm zu reinigen. Bei der Spiegelung selbst führt der Arzt einen biegsamen Schlauch, Endoskop genannt, mit einer kleinen Kamera in den Darm. Polypen können direkt mithilfe einer Schlinge entfernt werden. Das Gewebe wird dann von einem Labor untersucht.

Verhindert die Vorsorge-Darmspiegelung die Entwicklung von bösartigem Darmkrebs?

Da man weiß, dass 90 bis 95 Prozent der bösartigen Darmtumoren aus Polypen entstehen und diese Polypen über eine Darmspiegelung frühzeitig erkannt und entfernt werden können, kann die Entwicklung von bösartigem Darmkrebs über die Vorsorge-Darmspiegelung in sehr hohem Maße verhindert oder zumindest in einem so frühen Stadium erkannt, dass über eine Behandlung eine sehr hohe Heilungschance besteht. Denn je früher der Darmkrebs erkannt wird, desto besser ist die Heilungsrate (Stadium I = >95 Prozent, Stadium IV = 30 Prozent). Dass die Vorsorge-Maßnahmen sinnvoll sind, zeigt sich auch daran, dass seit der Einführung der Vorsorge-Darmspiegelung im Jahr 2002 die Sterblichkeitsrate um fast 30 Prozent gesenkt werden konnte, da die Tumoren viel früher erkannt wurden.

Quellen

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Quellen

  1. Zentrum für Krebregisterdaten. Darmkrebs. (aufgerufen am 19.3.2024) ↩︎
  2. Deutsches Krebsforschungszentrum. Darmkrebsrisiko steigt mit jedem übergewichtigen Lebensjahr. (aufgerufen am 19.3.2024)) ↩︎
  3. Healthcare-in-europe.com. Darmkrebs: Warum Übergewicht so riskant ist. (aufgerufen am 19.3.2024) ↩︎
  4. Cirillo, F., Catellani, C., Sartori, C. et al. (2019). Obesity, Insulin Resistance, and Colorectal Cancer: Could miRNA Dysregulation Play a Role? International Journal of Molecular Sciences. ↩︎
  5. Wang, L., Du, M., Wang, K. et al. Association of ultra-processed food consumption with colorectal cancer risk among men and women: results from three prospective US cohort studies. BMJ. ↩︎
  6. Harvard Medical School. Red meat and colon cancer. (aufgerufen am 19.32024) ↩︎
  7. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie. Leitlinie Rektumkarzinom. (aufgerufen am 19.3.2024) ↩︎
  8. Medizinische Universität Wien. Rauchen erhöht das Risiko für Vorstufen von Darmkrebs bei Frauen stärker als bei Männern. (aufgerufen am 19.3.2024) ↩︎
  9. Ugai, T. Väyrynen, J.P., Haruki, K. et al. (2021). Smoking and Incidence of Colorectal Cancer Subclassified by Tumor-Associated Macrophage Infiltrates. Journal of the National Cancer Institute. ↩︎
  10. Ärzteblatt. Rauchen erhöht Sterberisiko nach Darmkrebs. (aufgerufen am 10.1.2023) ↩︎
  11. Ärzteblatt. Alkohol einer der wichtigsten Risikofaktoren für Darmkrebs. (aufgerufen am 19.3.2024) ↩︎
  12. Vuik, F., Nieuwenburg, S., Bardou, M. et al. (2019). Increasing incidence of colorectal cancer in young adults in Europe over the last 25 years. BMJ Journals. ↩︎
  13. Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie. Leitlinie Kolonkarzinom. (aufgerufen am 19.03.2024) ↩︎
  14. Gemeinsamer Bundesausschuss. Richtlinie für organisierte Krebsfrüherkennungsprogramme. (aufgerufen am 19.3.2024) ↩︎
  15. ÄrzteZeitung. Immer mehr Vorsorgemuffel bei Darmkrebs. (aufgerufen am 19.1.2024) ↩︎
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