5. September 2024, 11:27 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Abnehmen ist ein leidiges Thema. Die einen möchten ihr Übergewicht reduzieren, um Folgeerkrankungen zu vermeiden, die anderen möchten ein paar Kilos verlieren, um sich wohl in ihrer Haut zu fühlen. Und doch fällt es vielen von ihnen schwer, ihr Gewicht (dauerhaft) zu reduzieren. Grund zur Freude bilden hier die Erkenntnisse eines chinesischen Forschungsteams: Sie konnten eine einfache Ernährungsstrategie identifizieren, die den Abnehmprozess unterstützt. FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke erklärt, was die Wissenschaftler herausgefunden haben.
In Deutschland weisen rund zwei Drittel (67 Prozent) der Männer und die Hälfte (53 Prozent) der Frauen Übergewicht auf.1 Chronische Erkrankungen wie Diabetes Typ 2 oder Bluthochdruck (Hypertonie) können Folgen sein. Laut einer Analyse des Marktforschungsunternehmens YouGov möchte die Hälfte der deutschen Bevölkerung abnehmen.2 Helfen könnte dabei eine einfache Ernährungsstrategie, welche chinesische Forscher durch die Analyse von 24 Studien identifiziert haben: Eine pflanzlich (betonte) Ernährung sei besonders effektiv zum Abnehmen.
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Übersicht
Wissenschaftler analysierten 24 Studien
Laut den Studienautoren gebe es bereits Hinweise darauf, dass eine pflanzliche Ernährung förderlich beim Abnehmen sei. Unter anderem konnte eine Untersuchung von 2017 entsprechende Hinweise liefern.3
Allerdings, so die Forscher der aktuellen Studie, sei der Zusammenhang zwischen pflanzlicher Ernährung und Gewichtsverlust bisher nicht vollständig verstanden. Deshalb analysierten sie 24 randomisierte, kontrollierte Studien (RCTs; Goldstandard der Studiendesigns), welcher dieser Frage nachgingen. Die gesammelten Daten aus den Studien lieferten Informationen über 2223 Personen (weiblich und männlich) im Alter zwischen 18 und 82 Jahren, wobei der Interventionszeitraum der untersuchten Diäten zwischen zwei Wochen und zwei Jahren variierte.4
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Eine pflanzlich betonte Ernährung hat einen Einfluss auf den Abnehmerfolg
Eine gepoolte Analyse der Daten zeigt, dass Personen durch pflanzliche Ernährung mehr Gewicht verlieren als Personen, die mit einer nicht-pflanzlichen Diät versuchen, abzunehmen. Konkret war der Gewichtsverlust bei pflanzlicher Kost im Durchschnitt um 0,96 Kilogramm höher.
Die positiven Effekte einer pflanzenbasierten Ernährung könnten zudem im Laufe der Zeit zunehmen, so Studienautor Xu und Kollegen. Zwar hätten diejenigen Probanden, welche sich strikt vegan ernährten, das meiste Gewicht verloren, allerdings sei der Unterschied zu den Teilnehmern, die weiterhin Milchprodukte sowie Eier aßen (ovo-lakto-vegetarisch), nicht signifikant gewesen.
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Ein Aspekt der pflanzlichen Ernährung spielt eine besondere Rolle
Die Forscher stellten fest, dass insbesondere Studien, die einen erhöhten Verzehr von rohem Gemüse untersuchten, den stärksten Zusammenhang mit einem verringerten Risiko für Übergewicht (und auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen) aufzuzeigen schienen. Ein erhöhter Verzehr von rohem Gemüse war signifikant verbunden mit einem niedrigeren BMI. Dieser sank im Durchschnitt um 0,35 Einheiten. Ebenso reduzierte sich das Risiko für Adipositas. Die Wahrscheinlichkeit, übergewichtig zu sein, war bei Menschen mit einem höheren Verzehr von rohem Gemüse um 89 Prozent geringer, als bei denen mit einem geringeren Verzehr.
Auch die Herzgesundheit profitiert
Auch das Herz kann von einer pflanzlich betonten Ernährung profitieren. Einer anderen Studie vergangenen Jahres zufolge sogar bereits nach acht Wochen.5 Xu und sein Team berechneten, dass der erhöhte Verzehr von rohem Gemüse das Risiko für eine koronare Herzkrankheit um 56 Prozent reduzierte, das eines Herzinfarkts um 61 Prozent.
Der Verzehr von rohem Gemüse hat möglicherweise einen negativen ursächlichen Effekt auf Übergewicht
Auch RCTs können nicht eindeutig klären, ob der Verzehr von rohem Gemüse kausal mit einer Verbesserung der Gesundheit zusammenhängt. Daher führten die Forscher eine zweite sogenannte Mendelsche Randomisierungsanalyse (MR-Analyse) durch. Das ist ein Verfahren, welches geeignet sei, kausale Zusammenhänge in Gesundheitsfragen zu ermitteln.
Hierfür durchsuchte das Forschungsteam eine öffentliche Datenbank mit vollständigen Genomen und wählte genetische Varianten aus, die statistisch mit Faktoren wie pflanzlicher Ernährung, Gemüsekonsum und negativen gesundheitlichen Auswirkungen in Verbindung stehen könnten. Die MR-Analyse ergab, dass der Verzehr von mehr rohem Gemüse wahrscheinlicher für den Gewichtsverlust verantwortlich war als genetische Faktoren.
Allerdings betonen die Autoren, dass es nur wenige genomweite Assoziationsstudien zu pflanzlicher Ernährung gibt. Deshalb seien die Ergebnisse, die sie aus der MR-Analyse erhielten, möglicherweise nicht repräsentativ genug. Für eine zuverlässigere Analyse müssten weitere genomweite Assoziationsstudien ausgewertet werden.
„Eine reine Rohkost-Diät kann ich nicht empfehlen“
„So spannend die Ergebnisse dieser Studie auch sind, sie sollten nicht fehlinterpretiert werden. Soll heißen: Eine pflanzlich betonte Ernährung, die reich an rohem Gemüse ist, kann förderlich für die Gewichtsabnahme sein, jedoch sollten nicht ausschließlich (rohe) Karotte, Tomate und Co. auf dem Speiseplan stehen. Denn das würde zu einigen Nährstoffmängeln führen. Auch bei einer veganen Ernährung, die darüber hinaus Hülsenfrüchte und Getreide umfasst, gibt es potenziell kritische Nährstoffe, die so nicht genügend aufgenommen werden. Allen voran Vitamin B12, welches ausschließlich über Supplements zugeführt werden kann. Aber auch die Vitamine D3 und B2 sowie einige Mineralstoffe (Calcium, Eisen, Jod, Zink, Selen) müssen im Blick behalten werden. Ebenso langkettige Omega-3-Fettsäuren und die Proteinzufuhr sind ein wichtiges Thema in der veganen Ernährung. Aber keine Sorge: Gewusst, wie, kann die Zufuhr dieser Nährstoffe gedeckt werden. Wer eine vegane Ernährung ausprobieren möchte, ist mit unserem praktischen Einsteiger-Guide gut beraten.“
Einordnung der Studie
Laut den Studienautoren war in der gepoolten Analyse die Anzahl der in den Untergruppen enthaltenen Studien zu gering, sodass die Ergebnisse durch weitere Studien bestätigt werden müssen. Zudem wiesen die einbezogenen pflanzlichen Diäten aus den verschiedenen Studien unterschiedlich spezifische Merkmale auf (fettarm, kalorienarm, proteinarm, glutenfrei, ungekocht), und jede dieser Diätformen sollte für sich weiter untersucht werden. Abschließend erklären Xu und sein Team, dass geschlechtsspezifische Wirkungen Gegenstand zukünftiger Forschung sein sollten. Denn in ihrer Arbeit war die Untergruppenanalyse der Geschlechter unvollständig.
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Fazit der Studienautoren
Die Autoren schlussfolgern, dass eine pflanzliche Ernährung eng mit Gewichtsverlust verbunden sein könnte. Der kausale Zusammenhang zwischen beiden bleibt jedoch noch unklar. Bis zu einem gewissen Grad sei außerdem ein erhöhter Verzehr von rohem Gemüse für die Gewichtsabnahme und die Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorteilhaft. Konkret schreiben sie: „Eine pflanzliche Ernährung ist eine praktikable Option für Menschen, die ihr Körpergewicht kontrollieren und die Qualität ihrer Ernährung verbessern möchten, um Stoffwechselerkrankungen vorzubeugen und zu behandeln.“