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Aktueller Forschungsstand

Warum das Taille-Hüft-Verhältnis aussagekräftiger als der BMI sein könnte

Taille-Hüft-Verhältnis BMI
Das Verhältnis von Taille zu Hüfte ermöglicht eine schnelle Einschätzung des Risikos für chronische Erkrankungen Foto: Getty Images
Sophie Brünke
Ernährungsredakteurin

10.04.2024, 04:11 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Übergewicht und Adipositas gehören zu den häufigsten chronischen Krankheiten in westlichen Ländern. Um deren Ausprägung im Gesundheitswesen und in der Forschung schnell und einfach messbar zu machen, wird seit vielen Jahren der sogenannte „Body-Mass-Index“, kurz BMI, genutzt. Doch dieses Maß hat offenbar Schwachstellen und wird seit geraumer Zeit kritisiert. Alternativen stellen das Taille-Hüft-Verhältnis sowie das Taille-Größe-Verhältnis dar. FITBOOK sagt, welche Vorteile diese Kennzahlen gegenüber dem BMI aufweisen und für wen sie sinnvoll sind.

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Laut der Weltgesundheitsorganisation sind fast 60 Prozent der Erwachsenen in Europa übergewichtig oder adipös, ebenso ist fast jedes dritte Kind betroffen.1 Der BMI ist ein einfaches Werkzeug, um schnell einordnen zu können, ob eine Person unter-, normal- oder übergewichtig ist. Insbesondere der Faktor Übergewicht ist wichtig, da ein erhöhtes Gewicht einen Risikofaktor für zahlreiche chronische Erkrankungen darstellt, so etwa Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Blick auf den aktuellen Forschungsstand zeigt jedoch, dass das Taille-Hüft-Verhältnis bei der Bestimmung von Gesundheitsrisiken und medizinischen Maßnahmen nützlicher sein könnte als der BMI. Auch bei Kindern und Jugendlichen offenbart sich, dass eine andere Maßzahl als der BMI sinnvoller für die Feststellung von Übergewicht sein könnte.

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Ist der BMI überholt?

Der BMI wird häufig zur Einordnung des Gewichts genutzt, da er sehr einfach anzuwenden ist: Benötigt werden lediglich die Angaben zu Gewicht und Größe. Er berechnet sich folgendermaßen:

  • BMI = Körpergewicht (in Kilogramm) geteilt durch Körpergröße (in Meter) zum Quadrat

Werte ab 25 markieren Übergewicht, ab 30 gilt eine Person als adipös.

Unter Medizinern gilt der BMI als überholt. Das hat zwei Gründe: Zum einen ist der BMI unspezifisch. Soll heißen: Dadurch, dass er Größe und Gewicht, nicht aber das Verhältnis von Körperfett und Muskelmasse abbildet, kann auch ein Bodybuilder mit sehr niedrigem Körperfettanteil einen BMI im Bereich des Übergewichts aufweisen. So weit, so hinnehmbar. Schließlich heben die wenigsten Menschen tagtäglich schwere Gewichte. Der zweite Grund, weshalb der BMI für Experten ungeeignet ist die Tatsache, dass er nicht das Fett berücksichtigt, das ein besonders hohes Gesundheitsrisiko birgt: das viszerale Fett, also das Fett an Bauch bzw. Taille, das die inneren Organe umschließt. Im viszeralen Fettgewebe werden entzündungsfördernde Botenstoffe gebildet, die zu chronischen Erkrankungen führen können.

Laut Studie ist es sinnvoller, das Taille-Hüft-Verhältnis zu bestimmen

Wenn es um eine Einschätzung zum Krankheitsrisiko geht, ist es also sinnvoll, das viszerale Fett zu berücksichtigen. Das passiert beim Berechnen des Taille-Hüft-Verhältnisses (WHR; Waist-To-Hip-Ratio). Es wird folgendermaßen berechnet:

  • WHR = Taillenumfang (in Zentimeter) geteilt durch Hüftumfang (in Zentimeter)

Bei Männern gelten Werte ab 0,9, bei Frauen ab 0,85 als gesundheitlich bedenklich.

Eine Ende 2023 veröffentlichte Studie bekräftigt die These, dass das WHR dem BMI voraus ist: Ziel der Studie war es, herauszufinden, ob der BMI, WHR oder Fettmasseindex die geeignetste Kennzahl für einen Zusammenhang von Adipositas und Mortalität ist. Nach der Auswertung der Daten von 387.672 Teilnehmern zeigte sich, dass der WHR den stärksten und konsistentesten Zusammenhang mit der Gesamtmortalität und der ursachenspezifischen Mortalität aufwies und entsprechend ein geeigneteres Werkzeug im Gesundheitswesen sein könnte.2

Auch interessant: Der mögliche Zusammenhang zwischen viszeralem Fett und Alzheimer 

Auch bei Kindern und Jugendlichen scheint eine andere Messmethodik zur Bestimmung von Übergewicht

Nicht nur Erwachsene, auch Kinder und Jugendliche haben zunehmend mit Übergewicht zu kämpfen. Zur Einordnung des Gewichts eines Kindes wird sich mit BMI-Referenzkurven, genauer BMI-Perzentilkurven, beholfen, da der BMI altersunabhängig ist. Doch eine aktuelle Studie aus Finnland gibt Hinweise darauf, dass womöglich das sogenannte Taille-zu-Größe-Verhältnis (WtHR; Waist-to-Height-Ratio) als Maß für Fettleibigkeit bei Kindern und Jugendlichen den BMI ersetzen könnte.

  • WtHR = Taillenumfang (in Zentimeter) geteilt durch Größe (in Zentimeter)

Die Kohortenstudie beobachtete über einen Zeitraum von 15 Jahren die Körperzusammensetzung von 7237 Kindern. Hierfür wurde zu jedem Untersuchungszeitpunkt der BMI und WtHR berechnet und als Referenz eine DEXA-Messung (Dual-Röntgen-Absorptiometrie) durchgeführt. Die DEXA misst den Körperfettanteil sehr genau, ist jedoch zu aufwendig und zu teuer, um sie in der Breite anzuwenden. Es zeigte sich, dass der WtHR eine höhere Übereinstimmung mit der DEXA-gemessenen Gesamtkörperfettmasse und Viszeralfettmasse aufwies als der BMI.3

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Wird der WHR den BMI ablösen?

Aktuell steht der BMI an erster Position. Fachgesellschaften wie die Weltgesundheitsorganisation ziehen ihn heran, wenn es um Angaben zu Übergewicht geht. Die aktuelle Forschung legt jedoch nahe, dass die Verwendung der WHR als Maß für Adipositas zu einer Verbesserung der langfristigen öffentlichen Gesundheit beitragen würde als der BMI. Zwar benötigt es laut den Studienautoren noch weitere Forschung, um diese Erkenntnis abzusichern, jedoch zeichnet sich ein Wandel ab. Wann Fachgesellschaften diesen Wechsel antreten, bleibt abzuwarten.

Quellen

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Quellen

  1. World Health Organization (WHO). (2022). WHO European Regional Obesity Report 2022. (aufgerufen am 09.04.2024) ↩︎
  2. Khan, I., Chong, M., Le A, et al. (2023). Surrogate Adiposity Markers and Mortality. JAMA Network Open. ↩︎
  3. Agbaje, A. O. (2024). Waist-circumference-to-height-ratio had better longitudinal agreement with DEXA-measured fat mass than BMI in 7237 children. Pediatric Research. ↩︎
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