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„Löchriger“ Darm

Leaky Gut – Ursachen, Symptome und Folgen für die Gesundheit

LEAKY GUT: Illustration eines menschlichen Darms
Der menschliche Darm rückt zunehmend in den Fokus bei der Suche nach möglichen Ursachen von Beschwerden und Therapien. Das Leaky-Gut-Syndrom kann hierbei eine Rolle spielen. Foto: iStock/magicmine

07.12.2021, 04:20 Uhr | Lesezeit: 16 Minuten

Leaky Gut – auch als „löchriger“ Darm bekannt – ist in der Alternativmedizin als zentrales Phänomen nicht mehr wegzudenken. Während Heilpraktiker, Naturmediziner und Co. das Leaky-Gut-Syndrom für zahlreiche Beschwerden wie Autoimmunerkrankungen, Verdauungsstörungen oder Diabetes verantwortlich machen, ist die klassische Schulmedizin zurückhaltender.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Einige Menschen werden die Bezeichnung Leaky Gut bereits gehört haben. Das Syndrom steht im Verdacht, Auslöser einer Reihe von Symptomen zu sein. FITBOOK erklärt, welche das sind und hinterfragt mögliche Thesen kritisch. Ein besonderes Augenmerk gilt der ernährungsphysiologischen Prävention und Therapie eines durchlässigen Darms.

Was ist Leaky-Gut?

Der englische Begriff Leaky Gut bedeutet übersetzt „durchlässiger Darm“. Er ist dadurch charakterisiert, dass aufgrund der Durchlässigkeit des Darms die Barrierefunktion und somit die Schutzfunktion gestört ist. Der Grund: Spezielle Faktoren (siehe unter „Ursachen für einen durchlässigen Darm“) führen dazu, dass sich die schützende Struktur bzw. Konsistenz der Darmschleimhaut verändert. Daraus ergibt sich auch für die Gesundheit ein Risiko.

Nimmt die Barrierefunktion der Darmwand nämlich ab, gelangen nicht nur wie gewünscht Vitamine, Mineralstoffe und andere Nährstoffe ins Blut, sondern auch unerwünschte Substanzen. Dazu zählen Allergene, nicht ausreichend verdaute Nahrungsbestandteile, pathogene (krank machende) Mikroorganismen und Toxine (Zellgifte). Dadurch soll das Risiko steigen, verschiedene Beschwerden und Krankheiten zu entwickeln.

Klassische Schulmedizin vs. Alternativmedizin

Während die Problematik eines durchlässigen oder löchrigen Darms in der Alternativmedizin schon lange eine zentrale Rolle als mögliche Ursache für zahlreiche Erkrankungen spielt, stößt das Leaky-Gut-Syndrom auch zunehmend bei klassischen Schulmedizinern auf Interesse.

Alternativmedizin

Bei Alternativmedizinern stehen zwar auch akute Verdauungsbeschwerden, aber vor allem mögliche Folgeerkrankungen im Fokus, die durch die Permeabilität des Darmes ausgelöst werden. In diesem Zusammenhang sind neben Verdauungsstörungen vor allem solche Symptome, Nebenwirkungen und Folgeerkrankungen zu nennen, die auf die gestörte Immunfunktion zurückgehen.

Schulmedizin

Die möglichen negativen Folgen eines durchlässigen Darms für die Gesundheit sind in der Humanmedizin durchaus bekannt. Das Leaky-Gut-Syndrom wird jedoch als Störung der gastrointestinalen Permeabilität (Barrierefunktion) – oder auch als gestörte Darmbarriere – bezeichnet. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf der lokalen Darmschädigung und akuten Beschwerden, die durch die Fehlfunktion ausgelöst werden. Verschiedene Fachgesellschaften betonen jedoch zunehmend die Bedeutung einer intakten Darmbarriere für den Körper insgesamt bzw. das allgemeine Wohlbefinden.

Aus Sicht von Schulmedizinern bedarf es jedoch weiterer wissenschaftlicher Untersuchungen, ob und inwiefern ein durchlässiger Darm tatsächlich zu Autoimmunerkrankungen, Allergien und anderen Beschwerden führt. Bis heute ist nicht geklärt, ob ein durchlässiger Darm die Ursache für verschiedene Erkrankungen ist oder nicht diese einen Leaky Gut erst auslösen.1

Insbesondere bei chronischen Darmentzündungen und Allergien bzw. Intoleranzen auf bestimmte Nahrungsbestandteile müssen die Ursachen noch intensiver erforscht werden.2,3,4 Auch für die Vermutung, dass ein durchlässiger Darm zu Diabetes, nicht-ernährungsabhängigen Allergien, Rheuma oder Multipler Sklerose führt, müssen wissenschaftliche Belege folgen.5,6,7

Leaky-Gut-Syndrom und Immunsystem

Sobald unerwünschte Stoffe aufgrund des löchrigen Darms in den Blutkreislauf gelangen, wird das intestinale Immunsystem (Immunzellen wie B-Zellen, T-Zellen und die sogenannten natürlichen Killerzellen) aktiviert.

Durch die erhöhte, an sich sinnvolle Alarmbereitschaft der Abwehrkräfte kommt es zur Reizung der Darmschleimhaut. Die gereizten Darmzellen lösen wiederum unangenehme Beschwerden aufgrund entzündlicher Prozesse aus. Die Symptome ähneln denen des Reizdarmsyndroms.

Mögliche Symptome bei Leaky-Gut-Syndrom

Die akuten Beschwerden, die mit einem löchrigen Darm in Verbindung gebracht werden, beziehen sich zunächst auf den Magen-Darm-Trakt. Zusätzlich kann ein Leaky Gut auch zu Müdigkeit und einer erhöhten Infektanfälligkeit aufgrund einer geschwächten Abwehrfunktion führen.

Entzündungen der Haut, Muskelkrämpfe und Haarausfall werden wiederum mit einer Störung der Nährstoffaufnahme des gereizten Darms in Verbindung verbracht. Nicht zuletzt soll der unkontrollierte Transfer von Antigenen (für das Immunsystem unbekannte Substanzen) aus dem Darm in den Blutkreislauf das Risiko für Nahrungsmittelallergien und Unverträglichkeiten erhöhen.

Mögliche Symptome & Folgeerkrankungen des Leaky-Gut-Syndroms

  • (Nahrungsmittel-)Allergien
  • Nahrungsmittelunverträglichkeiten
  • Autoimmunerkrankungen
  • Bauchschmerzen, Durchfall & Blähungen
  • Haarausfall
  • Hautentzündungen
  • Muskelkrämpfe
  • Diabetes mellitus
  • Multiple Sklerose
  • Müdigkeit
  • erhöhte Infektanfälligkeit
  • Rheumatoide Arthritis (entzündete Gelenke)
  • Asthma
  • Migräne
  • Lupus erythematodes (Schmetterlingsflechte)
  • Gelenk- und Muskelschmerzen

Nahrungsmittelintoleranzen durch das Leaky-Gut-Syndrom?

Neben den reduzierten Abwehrkräften und den Beschwerden des Magen-Darm-Trakts wird zusätzlich diskutiert, inwiefern die erhöhte Aktivität der Immunabwehr infolge der durchlässigen Darmwand womöglich auch Nahrungsmittelallergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten begünstigt.

Es wird vermutet, dass durch die erhöhte Permeabilität der Darmwand die Immunabwehr umprogrammiert wird. Durch die Fehlprogrammierung betrachtet das Immunsystem körpereigene Substanzen bzw. Lebensmittel, die man zuvor gut vertragen hat, zunehmend als Feind – und löst Intoleranzen aus.

Auch interessant: Wie schädlich ist Junkfood für die Darmflora?

Ursachen für einen durchlässigen Darm

Die Barrierefunktion der Darmschleimhaut kann durch verschiedene Faktoren geschwächt werden. Die Darmzellen reagieren empfindlich auf Allergene, Entzündungen, Schadstoffe wie Zellgifte (u. a. Alkohol, Medikamente), Stress und Umwelttoxine.

Studienlage zu den möglichen Auslösern von Leaky Gut

  1. In einigen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde beobachtet, dass verschiedene Faktoren die Darmschleimhaut tatsächlich durchlässiger machen. Dazu gehören chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Zöliakie, das Reizdarmsyndrom und Nahrungsmittelallergien.8
  2. Auch chronischer Alkoholmissbrauch sowie Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure oder Ibuprofen, die entzündungshemmend wirken, können die Darmpermeabilität erhöhen, indem die Zellen der Dünndarmwand geschwächt werden.9,10

Mögliche Ursachen des Leaky-Gut-Syndroms

  1. Alkohol: Zellgifte wie Alkohol können die Darmschleimhaut direkt schädigen und die Darmbarriere herabsetzen.
  2. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: In Folge der entzündlichen Prozesse durch Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa kommt es zur Schädigung der Schleimhautzellen und einer reduzierten Schutzfunktion des Darms.
  3. Ungesunde Ernährung: Zucker, stärkereiche Weißmehlprodukte, konservierte Lebensmittel und Fertigprodukte mit einer Extraportion an Zusatzstoffen und ungesunden Transfettsäuren können entzündliche Prozesse des Darms fördern. Auch eine insgesamt zu hohe Zufuhr an Energie, Kohlenhydraten und Fett soll die Durchlässigkeit des Darms erhöhen.
  4. Medikamente: Antibiotika und Schmerzmittel können die Schleimhaut von Magen und Darm reizen und stehen ebenfalls in Verdacht, einen löchrigen Darm zu fördern.
  5. Glutenunverträglichkeit: Bei einer Glutenunverträglichkeit entwickelt das Immunsystem eine Überreaktion auf Gluten oder Klebereiweiß, sodass die Darmbarriere herabgesetzt wird. Zusätzlich steht Gluten in der Kritik, die Darmschleimhaut auch bei gesunden Personen zu reizen.
  6. Chronischer Stress: Da sich anhaltende psychische Belastungen negativ auf die natürlichen Abwehrkräfte auswirken, werden anhaltende Sorgen, Stress und sonstige Belastungen mit einer herabgesetzten Schutzfunktion des Darms in Verbindung gebracht.
  7. Infektionen: Bakterien und Viren wie beispielsweise Salmonellen oder Noroviren, die zu Durchfall führen, kommen ebenfalls als Ursache für Leaky Gut infrage.
  8. Laktoseintoleranz: Bei einer Unverträglichkeit auf Milchzucker kommt es zu einer Darmschädigung, die ebenfalls die Durchlässigkeit des Darms erhöhen kann.
  9. Erkrankungen des Pankreas: Auch Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse sind eine mögliche Ursache für eine gestörte Barrierefunktion der Darmzellen.
  10. Gestörtes Immunsystem: Der Hauptteil unserer natürlichen Abwehrkräfte sitzt im Darm. Ein Mangel an bestimmten Stoffen des intestinalen Immunsystems kann zu einer herabgesetzten Immunreaktion und Schutzfunktion der Darmwand führen. Gleiches gilt für eine Störung der Abwehrkräfte aufgrund einer Dünndarmfehlbesiedlung, in Folge einer Strahlentherapie und bei HIV bzw. AIDS.

Wie erfolgt die Diagnose eines Leaky-Gut-Syndroms?

Wer vermutet, an Leaky Gut zu leiden, sollte zunächst sein Essverhalten und seinen Lebensstil reflektieren und gegebenenfalls seine Ernährung umstellen. Kommt es zu keiner Besserung, besteht neben einem Selbsttest zusätzlich die Möglichkeit, eine Diagnose bei einem spezialisierten Schulmediziner oder Alternativmediziner einzuholen.

Insbesondere bei Vorerkrankungen wie Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Autoimmunerkrankungen sollte eine mögliche Beteiligung des Leaky-Gut-Syndroms über entsprechende Untersuchungen bestätigt oder ausgeschlossen werden.

Laktulose-Mannitol-Test

Als Mittel der Wahl zur Diagnose des Leaky-Gut-Syndroms gilt der sogenannte Laktulose-Mannitol-Test. Nach dem Trinken einer speziellen Lösung wird der Urin auf Laktulose und Mannitol untersucht. Bei vermehrter Ausscheidung dieser Stoffe über die Nieren liegt der Verdacht auf eine Störung der Darmbarriere nahe.

Zusätzlich werden Stuhltests angeboten, in denen u. a. Entzündungsparameter und der Gehalt an Hefen und Milchsäurebakterien überprüft werden. Ist beispielsweise das Protein Zonulin im Bluttest erhöht, kommen als Ursache Leaky Gut, Diabetes, Zöliakie oder eine gestörte Darmflora infrage.

Auch interessant: Künstliche Süßstoffe schädigen laut Studie die Darmflora

Ernährung bei (Verdacht auf) Leaky Gut

Die Ernährungstipps zielen darauf ab, die Darmschleimhaut zu regenerieren, entzündliche Prozesse zu reduzieren und die Barrierefunktion der Darmwand und die Darmflora zu stärken. Dafür eignet sich grundlegend eine pflanzenbetonte, kohlenhydratmoderate und zuckerarme Ernährung mit viel Frischkost statt Fertigprodukten – inklusive einer Extraportion Probiotika in Form von Laktobazillen und Bifidobakterien aus Naturjoghurt und Co.

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Verzicht auf Gluten

Bezüglich der Auslöser für die erhöhte Permeabilität der Darmwand nimmt Gluten eine Schlüsselrolle ein. Insbesondere aus Sicht der alternativen Medizin gerät das Weizeneiweiß immer wieder in Verdacht, die Symptome von Leaky Gut auszulösen und zu verstärken – und eben nicht nur bei einer diagnostizierten Glutenunverträglichkeit.

Aus wissenschaftlicher Sicht steht nur fest, dass das Immunsystem im Rahmen einer diagnostizierten Glutenunverträglichkeit wie Zöliakie Antikörper gegen Eiweißbestandteile des Glutens bildet. Kommen diese mit der Darmschleimhaut in Kontakt, lösen die Antikörper eine Immunreaktion aus. Die unerwünschte Folge: Entzündungszellen stimulieren im Darm entzündliche Prozesse, erhöhen die Durchlässigkeit der Darmwand und können die Versorgung mit Mikronährstoffen herabsetzen.
Daher müssen Betroffene selbst Spuren an Gluten meiden. Ob es beim Leaky-Gut-Syndrom ebenfalls sinnvoll ist, auf Gluten zu verzichten oder die Aufnahme zu reduzieren, ist jedoch umstritten.

Tipps: Um die Durchlässigkeit des entzündeten Darms zu reduzieren und die Darmschleimhaut zu regenerieren, müssen zunächst die individuellen Ursachen ausfindig gemacht werden. Neben einem allgemein gesunden Lifestyle mit Stressreduktion, Rauchverzicht und geringem Alkoholgenuss ist eine Ernährungsumstellung auf gesunde, zuckerarme Kost aus frischen Lebensmitteln anstatt Industrieware empfehlenswert.

Folgende Ernährungstipps sind individuell auszutesten, wobei Empfehlungen wie zuckerarme Kost, Frischkost statt Fertigprodukten und Omega-3-Fettsäuren allgemeingültig sind. Auch zellschützende Antioxidantien aus grünem Blattgemüse oder Blaubeeren und entzündungshemmende Gewürze wie Kurkuma sollten Teil des Speiseplans sein. Gleiches gilt für gedünstete oder gedämpften Brokkoli, Rosenkohl und weitere Kohlsorten, wenn diese vertragen werden.

Empfohlene Lebensmittel bei Leaky Gut

  • vitamin- und mineralstoffreiche Frischkost
  • Omega-3-Fettsäuren (u. a. Leinöl, Walnüsse, Lachs)
  • frische Kräuter
  • gekeimtes Getreide, Kerne & Samen
  • Avocado & grünes Blattgemüse
  • Bitterstoffe (u. a. Artischocke & Chicorée)
  • regelmäßiger Verzehr probiotischer Kulturen
  • Antioxidantien*
  • Kohlgemüse wie Brokkoli
  • ausreichend Ballaststoffe
  • Kurkuma**
  • Knochenbrühe***
  • Kokosnussprodukte****

* Zellschützende und entzündungshemmende Antioxidantien (sekundäre Pflanzenstoffe) aus Heidelbeeren, Möhren, Spinat, Matcha und Co.
** Kurkuma gilt als intensiv entzündungshemmend – vor allem, wenn es mit Pfeffer kombiniert wird
*** Knochenbrühe wird von den Leaky Gut-Verfechtern als Superfood für den Darm gefeiert, da das enthaltene Kollagen u. a. die Festigkeit und Struktur der Darmwand erhöhen soll
**** Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht spielen Leinöl, Walnüsse und Rapsöl eine wesentlich wichtigere Rolle bei entzündlichen Erkrankungen

Lebensmittel, die man bei Leaky Gut vermeiden sollte

  • raffinierter Zucker
  • FODMAPs*
  • scharfe Gewürzen
  • Fertigprodukte & Zusatzstoffe
  • Gluten
  • Wurst bzw. verarbeitetes Fleisch
  • gezuckerte, laktosereiche Milchprodukte**
  • Konservierungsstoffe
  • (übermäßig) Alkohol
  • (genmanipuliertes) Soja***

* Spezielle Zuckerarten und Zuckeralkohole, die in Verdacht stehen, die Durchlässigkeit des Darms zu erhöhen (siehe nächster Absatz)
** Ob Laktose vertragen wird, ist individuell verschieden
*** Individuelle Verträglichkeit ausprobieren und Bio-Soja kaufen, da frei von Gentechnik

Vermeidung von FODMAPs

In den letzten Jahren ist das Interesse beim Reizdarmsyndrom, bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und weiteren Verdauungsstörungen deutlich gestiegen. FODMAPs steht für fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole bzw. fermentierbare Mehrfach-, Zweifach- und Einfachzucker sowie Polyole (Zuckeralkohole). Da diese Nahrungsbestandteile aus Kohl, Weißmehlprodukten, Hülsenfrüchten und Co. nicht vom Körper verwertbar sind, werden sie teilweise von der Darmflora vergärt, was u. a. zu Blähungen führt. Auch glutenhaltige Getreideprodukte gehören zu den FODMAPs.

Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht ist es allerdings noch unklar, ob FODMAPs auch die Durchlässigkeit des Darms erhöhen und entzündliche Prozesse fördern. Dennoch setzt sich der Verzicht u. a. bei Reizdarm-Patienten und bei Personen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen immer mehr durch, da sich das Wohlbefinden vieler Betroffener verbessert.

Daher liegt die Vermutung nahe, dass auch Personen mit einem Leaky Gut profitieren, wenn sie FODMAP-reiche Lebensmittel meiden. Allerdings zählen auch viele wertvolle Lebensmittel wie Brokkoli, Knoblauch und Zwiebeln dazu, sodass diese individuell ausgetestet werden sollten.

Probiotische Ernährung bei durchlässiger Darmwand

Wenn es um die Darmgesundheit – und entsprechend um eine Unterstützung der natürlichen Abwehrkräfte geht –, sind probiotische Kulturen das A und O. Dabei handelt es sich allen voran um Milchsäure, die in gesäuerten Milchprodukten und fermentiertem Gemüse vorkommen. Während ein positiver Einfluss auf die Darmflora und die natürliche Barrierefunktion des Darms als wahrscheinlich gilt, ist noch unklar, ob Probiotika tatsächlich auch die Symptome des Leaky-Gut-Syndroms verbessern.

Probiotika im Überblick

  • Naturjoghurt
  • Kefir
  • Frisches Sauerkraut (unerhitzt)
  • Miso
  • Tempeh
  • speziell angereicherte Trinkjoghurts
  • frische saure Gurken (unerhitzt)
  • Kombucha
  • sonstige milchsauer vergorene Gemüsesorten

Kritik an den Thesen über das Leaky-Gut-Syndrom

Trotz zahlreicher positiver Erfahrungsberichte von Betroffenen und Medizinern über einen Zusammenhang zwischen Leaky Gut und den genannten Therapieansätzen, bedarf es noch aussagekräftiger Studien.

Besonders problematisch sehen Kritiker, dass das Phänomen des durchlässigen Darms im großen Stil mit Nahrungsergänzungsmitteln, Heilerde und Zeolith*, Detoxpulvern, Mitteln zur Darmsanierung und Co. vermarktet wird, obwohl es für die Wirksamkeit der teils hochpreisigen Produkte größtenteils keine Belege gibt.

Ein Blick auf die zahlreiche Literatur zur Thematik Leaky Gut zeigt zudem, dass die Autoren häufig keinen medizinischen oder ernährungswissenschaftlichen Hintergrund haben.

*als Oberflächensubstanz soll Zeolith genau wie Heilerde Gifte an der Darmschleimhaut binden, allerdings ist nicht ausgeschlossen, dass auch Wirkstoffe aus Medikamenten und wertvolle Mikronährstoffe ungenutzt ausgeschieden werden

Was sagt die Ernährungsexpertin?

„„Nach meiner Einschätzung klingt die Theorie des Leaky-Gut-Syndroms schlüssig, da es eine erhöhte Permeabilität des Darms aus schulmedizinischer Sicht tatsächlich gibt. Dass es in Folge zu negativen Auswirkungen auf die Gesundheit kommt, erscheint mir wahrscheinlich – insbesondere, wenn es um Erkrankungen geht, die mit dem Immunsystem zusammenhängen.

Ebenfalls nachvollziehbar ist für mich der Einfluss eines gesunden Lebensstils mit Stressreduktion, Rauchverzicht und einer gesunden Ernährung. Vor allem die Reduktion oder der Verzicht von entzündungsfördernden Lebensmittel wie Zucker, Weißmehlprodukten und Wurst sowie industriellen Fertigprodukten und künstlich konservierten Lebensmitteln spricht für sich.

Gleiches gilt für die empfohlene Zufuhr an Antioxidantien aus Obst und Gemüse sowie der regelmäßigen Aufnahme probiotischer Kulturen. Auch das individuelle Meiden von Lebensmitteln wie Kohl oder Hülsenfrüchten erscheint mir im Zusammenhang mit Verdauungsproblemen sinnvoll – allerdings nur, falls diese zu Beschwerden führen.

Inwiefern die oft so angepriesene Knochenbrühe als Allheilmittel so wertvoll ist, um den Darm zu regenerieren, ist für mich fraglich und für die steigende Zahl an Vegetariern problematisch. Auch den Hype um den gesundheitlichen Nutzen von Kokosprodukten kann ich nicht nachvollziehen, auch wenn diese gelegentlich durchaus Teil einer gesunden Ernährung sein können. Ob der Verzicht auf Gluten außerhalb von Zöliakie zu empfehlen ist, kann ich wiederum schwierig einschätzen. Ausschließen würde ich einen ernährungsphysiologischen Zusammenhang definitiv nicht.

Fazit: Wer unter wiederkehrenden Verdauungsstörungen leidet, sollte meiner Meinung nach zunächst medizinisch abklären, ob ein ernster Hintergrund vorliegt. Zusätzlich sollte untersucht werden, ob Nahrungsmittelallergien, Intoleranzen oder Autoimmunerkrankungen bestehen.

Je nach Diagnose würde ich individuell und idealerweise unter medizinischer Kontrolle bzw. ernährungstherapeutischer Beratung verschiedene Ansätze – Probiotika, Zuckerverzicht, Reduktion von Gluten usw. – ausprobieren. Manchen Patienten hilft es bereits, Weizen durch Dinkel zu ersetzen, obwohl dieser auch glutenhaltig ist.

Ich kann mir gut vorstellen, dass in den nächsten Jahren verschiedene Ansätze der Alternativmedizin zunehmend auch in der Schulmedizin in puncto Immunsystem, Entzündungen und Verdauung genutzt werden. Während beispielsweise in meinem Studium Weizen – zumindest in der Vollkornvariante – überhaupt nicht negativ besetzt war, äußert sich Kritik bezüglich möglicher gesundheitlicher Nachteile mittlerweile schon längst nicht mehr nur bei alternativmedizinischen Verfechtern.““Beke Enderstein, Diplom-Ökotrophologin

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