Direkt zum Inhalt wechseln
logo Das Magazin für Fitness, Gesundheit und Ernährung
Azidose

Kann die Ernährung wirklich eine Übersäuerung des Körpers verursachen?

Übersäuerung Azidose
Als Säurebildner gelten jene Nahrungsmittel, die beim Abbau im Körper in mehr Säuren als Basen zerlegt werden. Dazu gehören unter anderem alle Fleischprodukte. Foto: Getty Images/500px Prime

02.05.2024, 11:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

„Übersäuerung des Körpers“ klingt erstmal ziemlich ungesund. Entstehen soll dieser Zustand durch eine unausgewogene Ernährung, die viele sog. Säurebildner enthält. Dem könne eine basische Kost entgegenwirken und für mehr Vitalität sorgen sowie angeblich zahlreichen Krankheiten vorbeugen. FITBOOK-Autor Martin Lewicki sowie FITBOOK-Ernährungsexpertin Sophie Brünke erklären, was dahinter steckt.

Artikel teilen

Müde, nicht belastungsfähig, abgespannt? So unspezifische Erscheinungen gelten in der Alternativmedizin als mögliche Anzeichen für eine Übersäuerung des Körpers, auch als Azidose bezeichnet. Eine basische Ernährung soll dabei helfen, den Körper aus diesem Zustand zu holen. Aber funktioniert das und ist es überhaupt notwendig?

Jetzt dem FITBOOK-Kanal bei Whatsapp folgen!

Welche Funktion hat der Säure-Basen-Haushalt im Körper?

Der Säure-Basen-Haushalt ist ein Homöostase-System des Körpers und dafür zuständig, in den jeweiligen Körperkompartimenten das Verhältnis von Säuren zu Basen weitestgehend konstant zu halten, also den pH-Wert zu regulieren. So wehrt beispielsweise ein saures Millieu in der Vagina Krankheitserreger ab, während eine basische Galle die Magensäure im Darm neutralisiert. Verschiedene Puffersysteme sowie Lunge, Nieren und Leber sind an der Aufrechterhaltung des Säure-Basen-Haushalts beteiligt. Bereits kleine Schwankungen können pH-Wert-abhängige Prozesse im Körper beeinflussen, z. B. die Reizübertragung der Nervenzellen und Hormonaktivitäten.

Lebensmittel werden in Säure- und Base-Liefereanten aufgeteilt

1995 haben die Wissenschaftler Thomas Remer und Friedrich Manz in einer Studie ermittelt, welche Lebensmittel und Getränke zu welchem Lager gehören. Dazu untersuchten sie die Zusammensetzung von Säuren und Basen im Urin nach dem Essen.1

Gesichert ist die Erkenntnis, dass es sowohl säure- als auch basenbildende Nahrungsmittel gibt. Erstere sind jene, die beim Abbau im Körper in mehr Säuren als Basen zerlegt werden. Dazu gehören alle Fleischsorten und Fleischprodukte, Fisch, Eier sowie die meisten Milchprodukte. Ebenso werden alle Weißmehl-Produkte, Süßigkeiten, Softdrinks und Alkohol den Säurelieferanten zugeordnet.

Wichtig ist: Nur weil etwas sauer schmeckt, wie z. B. Zitrusfrüchte, muss das Nahrungsmittel nicht zwangsläufig zu Säure verstoffwechselt werden.

Unter die Basenbildner fallen die meisten Obst- und Gemüsesorten, Kartoffeln sowie Nüsse und Samen. Die Mineralstoffe, die sie liefern, wirken basisch.

Säure- und Baseliefereanten

Säurebildende LebensmittelBasenbildende Lebensmittel
Brot/MehlprodukteObst, auch getrocknet
PastaGemüse und Salat
ReisKartoffeln
Eiweißreiche MilchprodukteNüsse
Käse Samen und Keimlinge
Eier Kräutertee
Fleisch und Fleischprodukte
Fisch und Meeresfrüchte
Süßigkeiten und Gebäck
Kaffee, Alkohol, Softdrinks

Kann die Ernährung überhaupt eine Übersäuerung des Körpers verursachen?

Eine klinisch manifestierte Übersäuerung des Körpers bei gesunden Menschen kann nicht durch die Ernährung verursacht werden. Denn überschüssige Säuren werden beispielsweise über die Nieren, Kot, Schweiß und auch beim Ausatmen über Kohlendioxid ausgeschieden.

Allerdings ist die Ernährung in westlichen Ländern geprägt durch einen hohen Fleischverzehr sowie eher geringen Obst- und Gemüseverzehr. Dadurch steigt die renale (die Nieren betreffende) Säurelast. Über die Zeit kommt es so zu einer latenten Übersäuerung, also einem Abfall der Pufferkapazität im Blut. Resultat sind Mineralstoffverluste über den Urin und ein Abfall des Urin-pH-Werts. Dies kann für Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion von Bedeutung sein.2

Unterstüztung für den Stoffwechsel

100% vegan | ohne Gentechnik
 laborgeprüft | frei von Zusatzstoffen

Dreh- und Angelpunkt des Säure-Basen-Haushalts unseres Körpers ist das Blut. Sein pH-Wert schwankt um 7,4, mit nur winzigen Abweichungen. Von einer krankhaften Übersäuerung des Körpers, genannt Azidose, spricht man, wenn der pH-Wert des Blutes über einen längeren Zeitraum unter dem neutralen Wert liegt. Hier können sich schon kleinste Schwankungen negativ auswirken, bereits ab einem Wert von 7,35 wird es problematisch. Betroffene können chronische Schmerzen, Migräne, Neurodermitis, Arthritis, Gicht und Arteriosklerose entwickeln. Diese sogenannte Azidose tritt jedoch nur bei bestimmten Krankheiten, etwa Diabetes mellitus Typ 2, auf – sprich: Gesunde Menschen müssen sich vor einer Azidose durch ungesunde Ernährung nicht fürchten.

Auch interessant: Lebensmittel, die Entzündungen im Körper hemmen können

Was kann passieren, wenn man zu viele Säurelieferanten isst?

Zu den Gesundheitsrisiken einer dauerhaften Ernährung mit hoher Säurelast gehören Osteoporose, Nierensteine, Diabetes mellitus Typ 2, erhöhter Blutdruck sowie eine nicht-alkoholische Fettleber.

Allerdings konnten Behauptungen, dass eine Ernährung hauptsächlich basierend auf säuernden Nahrungsmitteln das Risiko erhöhe, an Krebs zu erkranken, bis dato in Studien nicht belegt werden. Natürlich kommt es auch bei den säurehaltigen Nahrungsmitteln darauf an, welche genau man konsumiert. Dass eine sehr naturbelassene, gemüse- und obstlastige Ernährung vorteilhafter für die Gesundheit ist als ein übermäßiger Zucker- und Wurstkonsum, sollte klar sein.3,4

Lohnt es sich, auf eine basische Ernährung zu achten?

Um das Risiko für die eben genannten Erkrankungen, etwa Nierensteine, zu senken, bietet es sich an, die Säurelast der Nahrung zu reduzieren. Hierfür kann der Konsum von Obst, Gemüse und bicarbonatreichen Getränken (Mineralwässer mit mehr als 1500 Milligramm Bicarbonat) gesteigert werden sowie der teilweise Austausch von Getreide- und Fleischwaren durch Kartoffeln, Hülsenfrüchten und Nüsse erfolgen. Besonders eine vegetarische Ernährung und die sog. DASH-Diät wirken sich positiv auf die Säurelast aus.5

Mehr zum Thema

Fazit

Da der Körper über Mechanismen verfügt, überschüssige Säuren auszuscheiden, muss man nicht allzu viel tun, um den Säure-Basen-Haushalt im Gleichgewicht zu halten. Durch eine ausgewogene und vielfältige Ernährung kann man den Körper jedoch dabei unterstützen und damit eine Übersäuerung (Azidose) vermeiden. Erlaubt ist alles, sofern der Gemüse-, Obst- sowie Vollkornanteil hoch und der Anteil an tierischen Produkten (Milchprodukte, Eier, Fisch, Fleisch) sowie zuckerhaltigen Lebensmitteln und Getränken, ebenso Alkohol, gering ist.

Themen #Naturtreu Diäten Krankheiten

Quellen

  1. Remer, T, Manz, F. (1995). Potential renal acid load of foods and its influence on urine pH. Journal of the American Dietetic Association. ↩︎
  2. Siener, R. Säure-Basen-Haushalt und Ernährung. (aufgerufen am 30.04.2024) ↩︎
  3. Fenton, T., Huang, T. (2016). Systematic review of the association between dietary acid load, alkaline water and cancer. BJM Open ↩︎
  4. Robey, I. R. (2012). Examining the relationship between diet-induced acidosis and cancer. Nutrition & Metabolism. ↩︎
  5. Ströhle, A., Remer, T. Ernährung. Säure- und Basehaushalt. (aufgerufen am 30.04.2024) ↩︎
afgis-Qualitätslogo mit Ablauf Jahr/Monat: Mit einem Klick auf das Logo öffnet sich ein neues Bildschirmfenster mit Informationen über FITBOOK und sein/ihr Internet-Angebot: www.fitbook.de

FITBOOK erfüllt die afgis-Transparenzkriterien.
Das afgis-Logo steht für hochwertige Gesundheitsinformationen im Internet.

Deine Datensicherheit bei der Nutzung der Teilen-Funktion
Um diesen Artikel oder andere Inhalte über Soziale-Netzwerke zu teilen, brauchen wir deine Zustimmung für
Sie haben erfolgreich Ihre Einwilligung in die Nutzung dieser Webseite mit Tracking und Cookies widerrufen. Sie können sich jetzt erneut zwischen dem Pur-Abo und der Nutzung mit personalisierter Werbung, Cookies und Tracking entscheiden.