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Ein Upgrade fürs Leben?

Wie der Biohacker Chris seinen Körper und Geist optimiert

Biohacking: Den Körper und Geist permanent upgraden
Körper und Geist zu optimieren ist für Biohacker ein wesentlicher Teil des Alltags Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

19.09.2020, 15:42 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Körper und Geist verändern, wie man gerade Lust hat? Der Stoff, aus dem Netflix mit „Biohackers“ eine Serie gemacht hat, ist gar nicht so fern vom echten Leben. Wir haben mit einem echten Biohacker gesprochen und herausgefunden, worum es beim Real-Life-Biohacking wirklich geht – von Kaffee mit Butter über LSD bis hin zum DNA-Test aus dem Labor.

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„Bio-Pianos“ a.k.a. Pflanzen, die bei Berührung einen Ton abgeben, eine grün-leuchtende Maus dank gentechnischer Veränderung mit fluoreszierendem Protein-Gen, Petrischalen mit mysteriös violett-strahlendem Etwas und viel, viel Hightech – wenn man den Trailer der deutschen Netflix-Produktion „Biohackers“ anschaut, kommt Biohacking nicht gerade wie etwas rüber, das man in seinen Alltag integrieren möchte, geschweige denn könnte. Chris hat es trotzdem getan – allerdings bereits lange, bevor der Begriff „Biohacking“ dank Netflix über unsere Bildschirme flimmerte.

Mit dem Biohacking aus der Serie hat das, was Chris tut, auch nur im Grundgedanken etwas zu tun: Körper und Geist upgraden – mithilfe von Technologie, Wissenschaft und biologischem Verständnis über den menschlichen Organismus. Chris geht es anders als in „Biohackers“ dabei aber nicht um Experimente, sondern darum, das Beste aus sich selbst herauszuholen und selbstbestimmt leben zu können.

Alles begann mit einer erschreckenden Diagnose

Angefangen hat für Chris alles mit einer erschreckenden Diagnose. Die ersten Anzeichen machten sich wie in einem schlechten Film, direkt am Morgen nach seinem 30. Geburtstag bemerkbar. Ein fetter, grauer Schleier über dem linken Auge, der auch nach ein paar Tagen nicht verschwinden wollte, verschlug den heute 36-Jährigen damals zum Augenarzt. Da der Mediziner nichts finden konnte, wurde Chris zu verschiedenen weiteren Ärzten geschickt – irgendwann auch zu einem Neurologen. Endlich, denn ein halbes Jahr später stand die Diagnose: Chris hat Multiple Sklerose (MS), eine chronische neurologische Autoimmunerkrankung – und unheilbar.

Für Chris ist die Krankheit damals das Signal seines Körpers, dass er etwas ändern muss. „Ich habe bis zu dem Zeitpunkt exzessiv gelebt. Super ungesund, viel Party, viel Alkohol.“ Chris glaubt sogar, dass sein Lifestyle seine Krankheit mit verursacht hat. Beweisen könne er das natürlich nicht, „aber letztendlich ist es so, dass es für MS wissenschaftlich und medizinisch noch keine Ursachen gibt. Es kann alles Mögliche sein“, sagt Chris.

Knapp sechs Jahre nach der Diagnose fühlt Chris sich nach eigener Aussage viel besser als jemals zuvor – sogar besser als vor seiner Diagnose. „Eigentlich total pervers, weil es mir theoretisch auf dem Papier schlechter geht“, erzählt er. „Aber ich bin meist happy, ausgeglichen und produktiv.“ Zu verdanken habe er das dem Biohacking.

Den ultimativen Hack gibt es wohl nicht

Es klingt schon sehr unglaublich zu hören, dass eine chronische Krankheit wie MS, die selbst Medizin und Wissenschaft noch immer vor viele Rätsel stellt, in Eigenregie so beeinflussbar zu sein scheint. Noch dazu mit einer Strategie, die den ominösen Namen „Biohacking“ trägt. Was also ist dieses „Biohacking“ genau? Wie lautet der Code, mit dem wir uns nach Lust und Laune hacken können?

Chris‘ Antwort dämpft die Erwartungen erst einmal: Den Hack gibt es wohl nicht. Es gebe keine feste Definition von Biohacking, viele Themen gehörten dazu und jeder Biohacker habe einen eigenen Schwerpunkt, erzählt er. Im Allgemeinen versteht man unter Biohackern Menschen, die ihren Körper und Geist mit Technologie, auch experimenteller Technologie, und selbstgemachten Health-Hacks verbessern und erweitern wollen. Im Gespräch erzählt Chris, welche Hacks für ihn funktionieren.

Microdosing von LSD und halluzinogenen Pilzen? Chris hackt anders

Chris verfolgt nach eigener Aussage einen praktischen Ansatz des Biohackings. Das bedeutet vor allem, dass er evidenzbasierte Strategien verfolgt, also Strategien, die auf wissenschaftlichen Studien beruhen. Auch Nahrungsergänzungsmittel sind ein großer Bestandteil seiner Biohacking-Strategie. Wie der 36-Jährige erzählt, gebe es aber auch viele Biohacker, die etwa mit Microdosing von LSD und halluzinogenen Pilzen arbeiten, mit spirituellen Ansätzen oder Themen wie Persönlichkeitsentwicklung. Letztendlich gehe es aber im Grundsatz immer darum, zu lernen, auszuprobieren und Verantwortung über das eigene Leben zu übernehmen.

Für Chris hat die Aussage, Verantwortung über das eigene Leben zu übernehmen, eine ganz besondere Bedeutung: Denn trotz Diagnose MS will er sein Leben nicht ausschließlich in den Händen von Ärzten sehen. Die Schulmedizin habe zwar durchaus ihr Daseinsberechtigung, sie sei aber doch ziemlich schnell am Limit, wenn es um chronische Erkrankungen gehe, findet er. Sein Neurologe etwa verschreibe ihm vor allem Rezepte für die Basismedikation von MS und „ab und an mal eine Überweisung ins MRT“ – bei Fragen nach Lebensstil oder Ernährung zucke der Neurologe aber meist mit den Schultern.

Biohacking heißt im Alltag von Chris vor allem: Morgenroutine, Produktivitätstechniken bei der Arbeit, Sport, Intervallfasten und Abendroutine – und zwar sieben Tage die Woche. Na ja, das zumindest ist das Ziel. Wenn ein sonntägliches Frühstück mit der Familie ansteht, macht Chris auch einmal Ausnahmen. Denn stressen will er sich durch den Lifestyle nicht. Er lebe nach dem Paretoprinzip: „Zu 80 Prozent achte ich auf meine Regeln, zu 20 Prozent lasse ich mich gehen und genieße das Leben.“

Ein Tag im Leben von „Biohacking Chris“

Teil I: Morgenroutine

Seine Morgenroutine hat Chris sich über Monate und Jahre hinweg Stück für Stück aufgebaut. Er findet, der Morgen entscheidet zu einem Großteil darüber, wie der Rest des Tages verläuft. Mit der Routine will der Biohacker den Tag bereits morgens für sich gewinnen und seine Komfortzone verlassen.

Schritt 1: Hydrieren, also ordentlich Wasser trinken.

Schritt 2: Supplementierung. Chris nutzt meist grünes Pulver als „Basisversicherung“, nimmt außerdem Omega 3, Kurkuma (oder Curcumin), Vitamin D, Ashwaganda und CBD-Öl. Die Supplementierung ist laut Chris aber sehr individuell. Man müsse selbst herausfinden, was einem guttue.

Schritt 3: 20 bis 30 Minuten Meditation. Alleine oder mit Apps und Playlists.

Schritt 4: 1 bis 2 Minuten unter die eiskalte Dusche.

Schritt 5: 15 bis 20 Minuten Mini-Workout oder Yoga.

Schritt 6: 10 Minuten „Morgenseiten“. Gedanken und Sorgen aufschreiben, um den Kopf freizubekommen.

Schritt 7: 5 Minuten Dankbarkeitsjournal.

Schritt 8: „Bulletproof Coffee“. In den kommt unter anderem Butter. Durch den hohen Fettgehalt soll das Koffein über mehrere Stunden verzögert abgegeben werden.

Auch interessant: Bulletproof Coffee – warum jetzt alle Butter in ihren Kaffee einrühren

Teil II: Produktivitätstechniken bei der Arbeit

Chris beginnt mit der anstrengendster Aufgabe des Tages und hält sich sonst an „Pomodoro“, eine Zeitmanagements-Technik, bei der über vier oder fünf Zyklen lang jeweils 25 Minuten fokussiertes Arbeiten mit fünfminütigen Pausen abwechselt wird. In den kurzen Pausen macht Chris ein Mini-Workout, nach vier bis fünf Zyklen kommt dann eine längere, 30 oder 60 Minuten lange Pause. In dieser Pause geht Chris nach draußen, geht spazieren oder meditiert.

Manchmal macht der er auch einen „Koffein-Powernap“, das heißt, er trinkt direkt vor dem Hinlegen einen Espresso, um Tiefschlaf zu verhindern und nach 20 bis 25 Minuten frisch und energetisiert aufzuwachen.

Nach der Arbeit geht Chris ins Gym, macht eine Radtour oder geht spazieren.

Teil III: Abendroutine

Chris sagt, Biohacking bestehe aus einem Wechsel von Anspannung und Entspannung. Am Abend bereitet er deshalb mit einer entspannenden Abendroutine einen guten Schlaf vor.

Schritt 1: Dankbarkeitsjournal und den Tag Revue passieren lassen. „Eine Praxis, die teilweise auch dafür sorgt, dass ich tagsüber aktiv nach schönen Erlebnissen suche.“

Schritt 2: Blaulichteinfluss einschränken, also: Weg vom Bildschirm! Alternativ können auch Blaulichtfilter-Apps genutzt werden, um die Melatonin-Produktion, die uns beim Einschlafen hilft, im Körper nicht zu behindern.

Außerdem: Kein hochintensiver Sport und mindestens 3 Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr Essen.

Teil IV: Ernährung

Chris betreibt Intervallfasten, das heißt: Zwischen der letzten Mahlzeit des vorangegangenen Tages und der ersten Mahlzeit des neuen Tages liegen mindestens 16, eher 18 bis 22 Stunden. Meist isst Chris deshalb nur zwei Mahlzeiten am Tag, manchmal auch nur eine.

Teil V: Messen

Zum Biohacking gehört laut Chis auch, die Erfolge seiner Hacks zu messen. Das geht zum Beispiel mit Wearables, die unter anderem den Schlaf beobachten. Chris lässt außerdem regelmäßig sein Blut checken und hat sogar schon einen DNA-Test gemacht, etwa um herauszufinden, wie gut sein Körper Kohlenhydrate verstoffwechselt oder wie gut er mit Stress umgehen kann. „Das kann man tatsächlich einfach messen. Das ist ganz wichtig für mich, weil ich ansonsten nur im Dunklen stochere. So kann ich herausfinden, welche Biohacks für mich funktionieren“, erzählt Chris.

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Kann jeder diesen Lifestyle durchziehen?

Für wen Biohacking geeignet ist und für wen nicht, könne man pauschal nicht beantworten, sagt Chris. Alles müsse auf die eigene Lebenssituation zugeschnitten sein. Bevor man startet, muss man also auf jeden Fall einiges recherchieren und hinterfragen.

„Meiner Erfahrung nach haben die meisten Menschen, die zum Biohacking finden, entweder ein Problem, das sie lösen möchten, oder ihnen geht es schon relativ gut, sie leben gesundheitsorientiert, wollen sich aber noch mehr selbst optimieren – mehr Muskeln aufbauen, produktiver sein, besser mit Stress umgehen und selbstbestimmt leben.“

Ein Wundermittel ist Biohacking aber nicht, das weiß Chris selbst: „Je mehr du dich selbst kennst und verstehst, desto eher hast du die Möglichkeit, an den Stellschrauben zu drehen und dafür zu sorgen, gesund, leistungsfähig, ausgeglichen, glücklich und produktiv zu sein. Um Platz zu schaffen für alles, was Sinn ergibt im Leben“, sagt Chris. Für ihn ist Biohacking der Weg, um genau das zu erreichen.

Mehr über Biohacking und Chris erfahrt ihr auf seiner Website und seinem Blog „Biohacking Chris“. Dort könnt ihr auch an einem kostenlosen Biohacking-Crashkurs für Einsteiger teilnehmen.

(dieser Artikel von Alisha Archie erschien zuerst bei Noizz)

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