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Sportler mit Multiple Sklerose

MS-Betroffener: »Ich trainiere für einen Halbmarathon und habe zugleich Angst vor der Zukunft

MS-Betroffener Andreas Hartmann
Andreas Hartmann (33) lebt seit 2016 mit MS. Über die Diagnose sagt er im FITBOOK-Interview: „Ich hatte ich echt Glück mit meinem Arzt“ Foto: Andreas Hartmann

17.01.2024, 20:02 Uhr | Lesezeit: 17 Minuten

Nervenkrankheit, Schübe, irgendwann Rollstuhl – diese Dinge kommen sicherlich vielen Menschen in den Sinn, wenn von Multiple Sklerose bzw. MS die Rede ist. Doch wie ist es eigentlich tatsächlich, wenn man die Diagnose erhält? Und wie lebt es sich mit MS? FITBOOK-Medizin-Redakteurin Melanie Hoffmann sprach mit einem Betroffenen ebendiese Themen – und erlebte einige Überraschungen.

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Andreas Hartmann ist 33 Jahre alt, Ingenieur, frisch nach Mannheim umbezogen, verheiratet – und hat Multiple Sklerose. Wir trafen den von MS betroffenen jungen Mann zum Interview, sprachen mit ihm über seine ersten Symptome, über den Weg zur Diagnose, bis hin zu seiner Therapie, die sich in den vergangenen Jahren diverse Male geändert hat.

Obwohl wir spätestens in unserem Gespräch mit Dr. Patrick Thilmann, Facharzt für Neurologie, lernten, dass MS heute nicht mehr zwangsläufig ständige Schmerzen, schwere Schübe und am Ende Rollstuhl bedeuten muss, waren wir überrascht von Andreas Hartmanns positiver Austrahlung und Entspanntheit. Warum er das Leben genießt, z. B. einen Halbmarathon anstrebt und ganz offen mit seiner Erkrankung umgeht, erfahren Sie in diesem Artikel. Aber auch ehrliche Einblicke in dunkle Momenten, etwa wenn der 33-jährige MS-Patient in die Zukunft blickt und dabei Angst empfindet.

Alles fing mit einer Sehnervenentzündung an

FITBOOK: Wann haben Sie die Diagnose MS erhalten und welche ersten Beschwerden haben Sie veranlasst, einen Arzt aufzusuchen?
Andreas Hartmann: „Von meiner Krankheit erfahren, habe ich im September 2016 – durch eine Sehnervenentzündung. Hier, das muss ich wirklich sagen, hatte ich echt Glück mit meinem Arzt. Er hat sich mein Auge angeschaut und festgestellt, dass mit meinem Auge alles in Ordnung war. Daher war seine Schlussfolgerung: Es muss der Sehnerv sein. Und damit hat er mich sofort in ein Krankenhaus geschickt. Er hat sofort reagiert und erkannt, dass etwas anderes dahinterstecken muss.“

Wie ging es dann in der Klinik weiter? Hat es lange gedauert, bis Ihre Diagnose offiziell feststand?
„Im Krankenhaus kam ich erst mal in die dortige Augenklinik. Von da aber ziemlich schnell in die Neurologie. Dort wurde mein Rückenwasser untersucht und festgestellt, dass Entzündungen vorliegen. Nach und nach wurde sozusagen die Checkliste für die MS-Diagnose abgehakt, d. h. ich erfüllte genügend Kriterien, die die Diagnose Multiple Sklerose nahelegen.“

Konnten Sie sich rückblickend noch an andere Beschwerden – vor dem entzündeten Sehnerv – erinnern, die mit dem Näherrücken der offiziellen Diagnose plötzlich sinnvoll erschienen bzw. die Sie in einem anderen Licht sahen?
„Tatsächlich konnte ich mich erinnern, einige Jahre zuvor mal ein paar Tage lang im unteren rechten Bein so ein seltsames Kribbeln gehabt zu haben. Ich dachte damals, dass ich falsch gelegen hätte und dass es sicher bald wieder weggeht. Es ging auch weg. Das könnte jetzt im Nachhinein schon der erste Schub gewesen sein, den ich aber nicht weiter verfolgt habe.“

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„Wenn es nicht schmerzt, kann es ja schon nicht so schlimm sein“

Der Weg vom Augenarzt ins Krankenhaus, dann plötzlich in die Neurologie – das klingt sehr beängstigend. Schon bevor dann die eigentliche Diagnose feststand. Wie haben Sie sich damals gefühlt?
„Ich habe jetzt tatsächlich keine Panik empfunden, vielleicht, weil ich generell ein entspannter Mensch bin. Aber natürlich fragt man sich, was denn bloß los ist. Aber es ging mir ja jetzt auch nicht akut schlecht, denn eine Sehnervenentzündung tut nicht weh. Man merkt zwar, dass am Auge etwas anders ist als normal, aber ich dachte dann vielleicht auch: Na, wenn es nicht schmerzt, kann es ja schon nicht so schlimm sein. Beruhigend war auch die tolle Versorgung im Krankenhaus. Mir wurde jeder Schritt sehr gut erklärt, sodass ich nie im Dunkeln tappen musste. Das war für mich sehr wichtig – und ist es, glaube ich, für viele Patientinnen und Patienten. Den Sinn von Untersuchungen zu verstehen. Das hat mir geholfen, trotz Beunruhigung relativ entspannt zu bleiben.“

Wie lange hat es am Ende gedauert, bis die MS-Diagnose offiziell feststand?
„Ich lag so etwa eine Woche im Krankenhaus. Zwei Tage war ich in der Abteilung der Augenklinik und vier oder fünf Tage lag ich dann in der Neurologie.“

Der Moment, als klar war: Es ist Multiple Sklerose

Dann war klar: Es ist MS. Wie kann man sich den Moment der Diagnosestellung vorstellen?
„Die Oberärztin hat mich informiert, dass alles auf MS hindeutet und mich sofort mit wichtigen Unterlagen ausgestattet und mir ans Herz gelegt, mir möglichst bald eine Neurologin oder Neurologen bei mir in der Nähe aufzusuchen, um mich genauer beraten zu lassen und zu sehen, welche Behandlung für mich die richtige wäre. MS wird auch die „Krankheit der 1000 Gesichter“ genannt, d. h. sie ist sehr individuell. Zudem gibt es unterschiedliche Medikamente, die man nehmen kann, mit unterschiedlicher Intensität. Daher gilt es, mit einem Neurologen, der einen auch über die Jahre dauerhaft begleitet, das Beste für einen selbst herauszufinden.“

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie erfahren haben, welche Krankheit Sie haben?
„Auch da war ich irgendwie recht entspannt. Denn es ging mir ja eigentlich gut. Ich stand quasi ohne Beschwerden da – mein Augenproblem war auch verschwunden – und habe mir die Diagnose angehört. Auch jetzt, Jahre später, geht es mir gut. Toi, toi, toi, in der Hinsicht habe ich bisher noch Glück. Ich bin also recht entspannt aus dem Krankenhaus gegangen, nur, dass ich nun halt wusste: Okay, im Hintergrund ist irgendetwas. Natürlich sind da Fragen, wie man nun damit umgehen soll. Aber das habe ich an dem Punkt erst einmal auf mich zukommen lassen.“

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»Man fragt sich ständig: Ist das jetzt ein Schub?

Hat es Ihr Leben verändert, zu wissen, dass da etwas in Ihnen lauert, von dem Sie nicht wissen, wie es sich genau entwickeln wird? Nicht zu wissen, wann ein neuer Schub kommt und Beschwerden mitbringt, die vielleicht auch irgendwann nicht mehr weggehen?
„Das hat es sicher, auch bei aller grundlegenden Entspanntheit. Man macht sich viele Gedanken, man muss plötzlich Medikamente nehmen. Diese sind natürlich gut und wichtig in Bezug auf die MS-Erkrankung, bringen aber ja nun auch Nebenwirkungen mit sich, die sich im Alltag bemerkbar machen. Da muss man dann, um die MS zu behandeln, gewisse Kompromisse eingehen. Dabei habe ich auch diesbezüglich bisher noch viel Glück. Ich nehme mittlerweile das dritte Medikament und mit allen kam ich bisher ganz gut zurecht. Was natürlich auch passiert, ist, dass man sich bei jeder kleinen Veränderung fragt: Ist das jetzt ein Schub? Und man hat eben ständig das Gefühl, dass sich im Körper etwas verändert. Gleichzeitig ist es wichtig, sich auch nicht zu sehr verrückt zu machen. Denn Stress hat ja wiederum einen negativen Effekt auf den Körper und auch auf die MS. Aber es ist nicht immer leicht, das Gedankenkarussell abzustellen.“

Manchmal sind Beschwerden harmlos, manchmal hängen sie mit der MS zusammen

Gibt es Kriterien, die Ihnen zumindest ein Stück weit helfen können, einzuschätzen, ob Sie einen akuten Schub haben?
„Nach wie vor ist es für mich persönlich schwierig, zu beurteilen, ob ich gerade einen Schub habe oder nicht. Denn wenn ein Körperteil kribbelt, kann das ein Schub sein – aber ich kann eben wirklich auch mal einfach falsch gelegen haben. Ein Orientierungspunkt ist die Dauer von Beschwerden, also ob sie mindestens 24 Stunden anhalten. Diese Zeit warte ich daher auch immer ab, bevor ich etwas unternehme.“

Was unternehmen Sie, wenn die 24 Stunden vorbei und die Beschwerden immer noch da sind?
„Meistens rufe ich dann erst mal meinen Arzt an. Ich weiß mittlerweile auch, dass manche Beschwerden zwar mit einem Schub zusammenhängen, aber keinen neuen Schub darstellen. Das bedeutet, dass Nerven, die bei einem früheren Schub beschädigt wurden, auch später noch Probleme verursachen können. Worum es sich handelt, beurteilt dann natürlich mein behandelnder Arzt. Ich fühle mich bei ihm und seinem gesamten Team sehr gut aufgehoben bezüglich der Einordnung akuter Beschwerden und der Entscheidung, ob weitere Schritte oder Behandlungen, vielleicht auch die Anpassung meines Medikaments, nötig sind.“

Wie haben sich Schübe bei Ihnen bisher bemerkbar gemacht?
„Neben der anfänglichen Sehnervenentzündung sind es kribbelnde Waden und Fußrücken, die bei mir einen Schub ausgemacht haben. Darüber hinaus weiß ich ehrlich gesagt nicht, ob es noch andere Symptome gab, von denen ich nicht wusste, dass sie mit der MS zusammenhingen und die ich daher auch wieder vergessen habe.“

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Die Behandlung musste in den letzten Jahren zweimal angepasst werden

Sie haben ja bereits erwähnt, dass es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten gibt. Wie sieht ihre Therapie aktuell aus?
„Aktuell erfolgt meine Therapie in Spritzenform. Ziel ist es, mein Immunsystem ein bisschen runterzufahren, weil sich mein Immunsystem aufgrund der MS ja gegen mich richtet. Dafür bekomme ich einmal im Monat eine Antikörperspritze. Das ist für mich immer noch ungewohnt. Ein komisches Gefühl. Mir waren die Tabletten, mit denen ich vorher behandelt wurde, lieber, auch, wenn ich die täglich nehmen musste.“

Sie erwähnten ja bereits, dass sie mittlerweile bereits Ihr drittes Medikament nehmen …
„Ganz am Anfang meiner MS-Behandlung habe ich täglich zwei Tabletten genommen, was schon eine Umstellung war. Die waren aber nicht stark genug und ich bin umgestiegen auf ein Medikament, dass ich einmal am Tag nehmen musste. Mit diesem Medikament hatte ich aber auf Dauer zu hohe Leberwerte und musste deshalb erneut umsteigen. Das hat mir mein Neurologe geraten, mit der Möglichkeit, auch wieder zurück zu wechseln, wenn mein Körper mit der neuen Behandlung nicht gut zurechtkommen sollte. Zurzeit setze ich mir also, wie gesagt, einmal monatlich eine Spritze und das ist bislang auch ganz okay.“

»Mein Rat ist, offen mit der MS umgehen, auch auf der Arbeit Bescheid geben

Wie gehen Sie abseits der Medikamente mit Ihrer Erkrankung im Alltag um?
„Für mich war es wichtig, offen damit umzugehen. Ich habe natürlich meiner Familie von meiner MS-Diagnose erzählt, aber auch auf der Arbeit Bescheid gegeben. Das kann ich auch anderen MS-Betroffenen nur empfehlen, denn das nimmt direkt schon mal einen großen Teil des Stresses weg. Wenn man offen sagen kann: Heute geht es mir nicht so gut. Es geht wirklich nicht, ich muss mal einen Tag zu Hause bleiben. Wenn dann die Vorgesetzten schon über die Erkrankung im Bilde sind, sich idealerweise auch noch selbst weiter informiert haben, nimmt das schon viel Druck heraus aus solch einer Situation.“

„Ich strebe einen Halbmarathon an“

Haben Sie Veränderungen in Ihrem Lifestyle vorgenommen?
„Ich achte vor allem darauf, möglichst wenig Alkohol zu konsumieren. Aktuell kann ich gar nicht sagen, wann ich das letzte Mal getrunken haben. Vielleicht mal ein kleines Bier hin und wieder, aber das war es. Außerdem ist es mir wichtig, Ziele zu setzen. Ich strebe z. B. einen Halbmarathon an, für den ich kürzlich angefangen habe, zu trainieren. Denn wollte ich schon länger machen, aber es kam immer wieder etwas dazwischen. Sportlich aktiv sein, gesunde Ernährung – das ist meiner Meinung nach auch bei MS wirklich wichtig.“

Wow, ein Halbmarathon! Ist dieses sportliche Ziel erst nach Ihrer Diagnose entstanden oder hatten Sie diesen Wunsch schon vorher und es hat bisher nur noch nicht geklappt?
„Ja, die MS hat schon eine Rolle gespielt. Ich war auch vor der Diagnose sportlich, aber eher so der Fitnessstudio-Gänger und auch nicht so übermäßig aktiv. Das hat mir irgendwann keinen Spaß mehr gemacht und ich wollte stattdessen etwas haben, das ich immer und überall machen kann. Da war Joggen natürich genau das richtige. Ich habe dann gemerkt, dass ich Ziele brauche, um am Ball zu bleiben und da kam die Idee, mal einen Halbmarathon zu laufen.“

»Meine Freundin war über die Diagnose viel schockierter als ich

Wir würden gerne nochmal darauf zurückkommen, dass Sie betont haben, wie wichtig es für Sie war, offen mit Ihrer Erkrankung umzugehen. Wie hat denn Ihr Umfeld reagiert? Mussten Sie Familie und Freunde beruhigen? Auf der Arbeit Aufklärungsarbeit leisten?
„Meine damalige Freundin, jetzt Frau, war über die Diagnose auf jeden Fall schockierter als ich. Sie hat sich viele Sorgen gemacht. Auch meine restliche Familie war wesentlich besorgter, hat es aber nicht so gezeigt. Wie meine Mutter mir z. B. erst kürzlich erzählt hat, wollte sie mich nicht so aktiv an die Erkrankung erinnern. Aber natürlich hat sie Interesse daran, zu wissen, was los ist und wie es mir geht. Meine Freunde sind recht entspannt, stellen mir ab und zu mal Fragen. Auf der Arbeit war es für mich etwas schwieriger, mich zu öffnen. Aber irgendwann habe ich gedacht, egal, ich sage jetzt, was los ist. Auch wenn ich selbst manchmal nicht weiß, ob eine Erschöpfung nun einfach mal Erschöpfung oder eben von MS verursachtes Fatigue ist. Ich fand es einfach wichtig, offen zu sein.

So wie auch jetzt in unserem Gespräch …
„Richtig. Aus diesem Grund gebe ich dieses Interview, damit mehr über Multiple Sklerose bekannt wird, eine Erkrankung, die so unterschiedlich sein kann. Ich selbst lerne auch immer wieder Neues dazu, vor allem im Austausch mit anderen Betroffenen. Dann bewerte ich plötzlich rückwirkend einiges anders, z. B. eventuelle kleine Beschwerden, die vielleicht schon vor vielen Jahren ein Schub gewesen sein könnten.“

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Fünf Minuten Sonne fühlen sich an wie ein Hitzeschlag

Haben Sie hin und wieder Momente, in denen Ihnen Ihre Situation mental zu schaffen macht? Das Wissen, von MS betroffen zu sein und sich dem stellen zu müssen? Sich mit Behandlungen und Medikamenten auseinandersetzen zu müssen? Oder kommen Sie gut damit klar?
„Ich habe mich bewusst dafür entschieden, mit der Erkrankung umzugehen. Das müsste ich ja nicht, aber ich weiß, dann würde es mir schon jetzt oder irgendwann sicherlich schlechter gehen. Deshalb bin ich grundsätzlich recht positiv eingestellt. Aber das bereits erwähnte Gedankenkarussell dreht sich natürlich immer mal wieder. Auch die Therapie kann natürlich belastend sein. Bei einer Umstellung weiß man beispielsweise ja erst nach einer Weile, wie gut ein neues Medikament verträgt, ob und welche Nebenwirkungen es gibt. Bei dem Mittel, das ich jetzt bekomme, meine ich, zu merken, dass ich empfindlicher auf die Sonne reagiere als früher. Früher konnte ich mal eine halbe Stunde in der Sonne sein, jetzt fühlt es sich schon nach fünf Minuten an, als bekäme ich einen Hitzschlag. Und auch sonst bin ich natürlich jetzt immer auf der Hut, z. B. achte ich verstärkt auf meinen Körper, damit nichts passiert, was einen Schub triggern könnte.“

Auch hier klingen Sie sehr entspannt. Sie verlieren also nie mal den Mut oder sind wütend über ihre Erkrankung?
„Ich versuche, mich nicht mit anderen zu vergleichen, sondern meinen Körper anzunehmen, auch mit der MS. Ich sage mir: Das bin ich und das ist mein Leben. Es nützt nichts, sauer zu sein oder den Kopf in den Sand zu stecken. Außerdem erhalte ich immer die Hoffnung aufrecht, dass sich in der Medizin etwas tut. Vielleicht schwappen die Fortschritte, die man z. B. während der Coronapandemie bezüglich der mRNA-Impfstoffe gemacht hat, rüber in andere Bereiche. Vielleicht haben sie positive Auswirkungen auf die Forschung nicht nur von MS, sondern etwa auch von Krebs. Man weiß doch nie, was die Zukunft bringt. Ich habe nunmal MS und mir geht es dabei noch gut. Andere haben mit viel stärkeren Symptomen zu kämpfen. Meine Strategie ist, stets zu gucken, dass es mir körperlich und mental gut geht.“

„Ich mache mir Sorgen, dass ich die MS weitervererben könnte“

Sie haben die Zukunft erwähnt. Denken Sie darüber nach, wie Ihr Leben in 20 Jahren aussehen könnte? Kommen da vielleicht schon mal Ängste auf, die speziell mit Ihrer MS-Erkrankung zusammenhängen?
„Ja, das tue ich – durchaus auch mit Sorge. Ich mache mir schon Gedanken darüber, was wird. Mit dem Alter steigt ja generell das Krankheitsrisiko, wie sieht es dann mit dem Risiko für mehr und schwerere MS-Schübe aus? Diesbezüglich habe ich mich bisher noch nicht so in die Tiefe informiert, aber ich habe es tatsächlich im Hinterkopf. Was wird auf mich zukommen? Werde ich pflegebedürftig werden? Da kann man sich natürlich auch in gewissem Maße absichern. Aber dann ist da noch das Thema Familienplanung. Ich mache mir Sorgen, dass ich die MS weitervererben könnte. Das sind Punkte und Fragen, die man hat und die auch mal mehr und mal weniger belastend sind.“

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„Ich dachte, im MS-Gruppen wird nur gemeckert“

Hilft in solchen Momenten auch der Austausch mit anderen MS-Betroffenen?
„Bisher habe ich diesen Austausch noch nicht aktiv gesucht. Ich habe aber vor, jetzt mal in eine solche MS-Gruppe zu gehen. Ermutigt hat mich eine kürzliche Begegnung mit einer Betroffenen, die mir erzählt hat, wie es bei solch einem Treffen abläuft. Ich muss nämlich gestehen, dass ich bisher immer dachte, dass man da dann sitzt und alle nur über ihre Erkrankung meckern und über Probleme reden. Jetzt habe ich aber ein ganz anderes Bild bekommen und denke mir: Ausprobieren tut ja nicht weh. Ich werde also einfach mal hingehen und sehen, inwieweit mir das hilft, zu erfahren, wie andere MS erleben.“

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»Es ist gut, wenn Promis von ihrer MS berichten

Multiple Sklerose hat in den letzten Jahren aufgrund von betroffenen Prominenten Aufmerksamkeit bekommen. Wie stehen Sie dazu? Nervt es Sie, dass erst bekannte Menschen MS haben müssen, damit sich andere Menschen für die Erkrankung interessieren? Oder sehen Sie vor allem den positiven Effekt, dass MS tatsächlich dadurch mehr Aufmerksamkeit erfährt?
„Ich verfolge selbst diese Geschichten in den Medien nicht so sehr. Aber ich finde sie durchaus wichtig. Ich als Betroffener kann ja selbst entscheiden, ob ich solche Artikel lese oder nicht. Und ich finde es gut, wenn die Krankheit präsenter wird, dann meinetwegen auch durch betroffene Prominente. Hauptsache, mehr Leute kennen MS. Das führt u. a. ja auch dazu, dass man vielleicht bei sich selbs die Erkrankung schneller entdeckt. Ich denke dabei an eine ältere Nachbarin von mir, die auch MS hat, was bei ihr aber erst spät erkannt wurde. Zu dem Zeitpunkt hatte sie schon viele, teils dauerhafte, Symptome. Alles was hilft, dass solche Fälle weniger werden, empfinde ich als positiv. Außerdem hat das Bekanntwerden von immer mehr Betroffenen auch Auswirkung auf die Forschung. Das sich da mehr tut, im Hinblick auf Therapien und Medikamente beispielsweise. Daher: Gerne mehr Öffentlichkeit für MS.


Themen Interview Krankheiten Krankheiten A bis Z Multiple Sklerose
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