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Ernährungscoach erklärt's

Kann Trennkost beim Abnehmen helfen?

Fisch, Reis, Gemüse und Obst in einzelnen Reagenzgläsern
Proteine aus Fisch oder Fleisch nicht zusammen mit Kohlenhydraten aus Reis und Co. verspeisen – eine grundlegende Regel der Trennkost Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

06.12.2021, 18:07 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Mit dem Thema Diäten setzt sich vermutlich jeder mal im Laufe seines Lebens auseinander. Schnell stößt man hierbei auch auf das Prinzip der Trennkost, das bereits viele Anhänger von sich überzeugen konnte. Aber taugt sie auch als langfristige Ernährungsform?

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Eiweiß und Kohlenhydrate getrennt essen und bald ist das Wunschgewicht erreicht: Das ist ein zentrales Versprechen der früher zeitweise sehr angesagten Trennkost. Und obwohl es sein kann, dass man während der Trennkost Gewicht verliert: Experten raten nicht mehr zu dieser Form der Ernährung

So ist die Idee der Trennkost entstanden

Die am weitesten verbreitete Methode der Trennkost wurde von dem amerikanischem Arzt Dr. Howard Hay zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelt. Dieser litt damals an einer Nierenerkrankung und Übergewicht und konnte mit seiner selbstentworfenen Diätform sowohl Gewicht verlieren als auch seinen Harnsäurespiegel senken. Seine Philosophie: Durch die Trennung von Proteinen und Kohlenhydraten sollen sich Verdauung und Säuren-Basen-Haushalt optimieren lassen, wodurch sich nahezu alle chronischen Krankheiten vorbeugen lassen sollen. Seine eigenen positiven Erfahrungen übertrug er auf Empfehlungen für die allgemeine Bevölkerung und entwarf die heute bekannte Trennkost.

Dr. Hays Trennkost basierte auf der Annahme, dass der menschliche Körper Proteine und Kohlenhydrate gleichzeitig nicht effektiv verdauen kann. Der Grund hierfür soll das unterschiedliche pH-Milieu bei der Verdauung beider Nährstoffe sein. Während Eiweiße in einem sauren Milieu verdaut werden, wird bei der Verdauung von Kohlenhydraten ein basisches Milieu benötigt. Die gleichzeitige Aufnahme beider Nährstoffe stört die enzymatische Verdauung, wodurch Gärungsprozesse im Darm stattfinden sollen. Eine Störung des Säuren-Basen-Gleichgewichts soll die Folge sein.

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Wie funktioniert Trennkost genau?

Grundsätzlich ist es wichtig zu wissen, dass die Lebensmittel bei der Trennkost in drei Gruppen eingeteilt werden, nämlich in die Kohlenhydrate, die Eiweiße und die neutrale Gruppe:

  • Zu der Gruppe der Kohlenhydrate gehören kohlenhydratreiche, basenbildende Lebensmittel wie Teigwaren und Getreide. Dazu gehören zum Beispiel Brot, Nudeln, Reis, Mehl und auch Kartoffeln. Auch Obst und Gemüse zählen teilweise zur Gruppe der Kohlenhydrate. Ebenso werden Bier, fruchtiger Wein und Zucker den Kohlenhydraten zugeordnet.
  • Zu der Gruppe der Eiweiße gehören proteinreiche, säurebildende Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Milch und Milchprodukte, Eier, verschiedene Obstarten wie Beeren, Stein- und Kernobst sowie Tofu.
  • Zu der sogenannten neutralen Gruppe gehören Lebensmittel, die weder stark säurebildend noch stark basenbildend sind. Man darf sie daher in Kombination mit den beiden zuvor genannten Gruppen essen. Hierzu zählen einige wenige Obstsorten (z.B. Heidelbeeren und Avocados) sowie Nüsse, rohes Fleisch und roher Fisch, Fette (wie Butter und Mayonnaise), einige Milchprodukte (wie Frischkäse, Mozzarella und Sahne), Gewürze, Kaffee und Kräutertee.

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Weitere Richtlinien der Trennkost-Ernährungsform

Dr. Hay empfahl, dass die Ernährung zu 75 bis 80 Prozent aus Gemüse und Obst zu bestehen habe, da diese seiner Meinung nach basisch verstoffwechselt werden. Fleisch, Fisch und Milchprodukte sollten hingegen nur 20 bis 25 Prozent der aufgenommenen Energie ausmachen und nur mittags und nicht nach 15 Uhr verzehrt werden. Abends sei es dann besser, primär kohlenhydratreiche Lebensmittel zu sich zu nehmen. Um eine optimale Verdauung zu gewährleisten, sollten zwischen der Aufnahme von Lebensmitteln aus der Kohlenhydratgruppe auf der einen und der Eiweißgruppe auf der anderen Seite mindestens vier Stunden liegen. Die neutralen Lebensmittel können hingegen zu jeder Mahlzeit verzehrt werden.

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Was gibt es an der Trennkost zu kritisieren?                                    

Die Zuordnung einiger Lebensmittel in die von Dr. Hay erstellten Kategorien ist in sich nicht schlüssig. So enthält Obst nahezu kein Eiweiß, sondern fast nur Kohlenhydrate. Dennoch werden einige Obstsorten der Gruppe der Eiweiße zugerechnet. Und manche Lebensmittel, z. B. Milchprodukte, sind reich an Kohlenhydraten und Eiweiß und lassen sich daher nur bedingt einer Kategorie zuordnen.

Auch wenn bei Trennkost reichlich Gemüse empfohlen wird, droht gleichzeitig eine Unterversorgung mit mehreren wichtigen Nährstoffen. Milchprodukte sind wichtige Kalziumquellen, während Fleischprodukte und fettreiche Fischsorten gute Lieferanten für hochwertiges Eisen und die essenziellen Omega-3-Fettsäuren sind. Doch all diese Lebensmittel sollen komplett gemieden werden, wodurch auf langer Sicht gesundheitsgefährdende Mangelerscheinungen auftreten können. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät daher von der Trennkost als langfristiger Ernährungsform ab.

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Mythos um säure- und basenbildende Lebensmittel widerlegt

Darüber hinaus ist die These, dass man basen- und säurebildende Lebensmittel voneinander getrennt verzehren sollte, mittlerweile längst widerlegt. Laut DGE ist der menschliche Verdauungsapparat sehr wohl dazu in der Lage, Proteine und Kohlenhydrate zeitgleich zu verdauen, ohne dass störende Gärungsprozesse im Dünndarm auftreten.

Außerdem ist nicht nachgewiesen, dass eine basische Ernährung wirklich gesundheitsfördernd wirkt. Auch wenn eine Ernährung mit hohem Gemüse- und Obstanteil grundsätzlich gesund ist, hat dies nichts mit dem Säuren-Basen-Haushalt zu tun. Denn eine ernährungsbedingte Übersäuerung des Körpers widerspricht allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. So wird der pH-Wert des Menschen strikt durch mehrere Puffersysteme reguliert und lässt sich durch die Ernährung gar nicht beeinflussen. Und das ist auch gut so, denn bei einem starken Abfall des pH-Wertes würden nahezu alle lebensnotwendigen Prozesse des Menschen zum Erliegen kommen.

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Eignet sich Trennkost zum Abnehmen?

Nicht nur Dr. Hay will mit seiner selbstentworfenen Ernährungsform erfolgreich abgenommen haben, auch zahlreiche andere Menschen schwören auf Trennkost, um überschüssige Pfunde loszuwerden. Ist diese Ernährungsform daher zumindest für Personen mit Abnehmwunsch geeignet?

Grundsätzlich wird bei der herkömmlichen Trennkost viel Gemüse und Obst empfohlen, während gleichzeitig stark verarbeitete Lebensmittel zu meiden sind. Hierdurch werden nicht nur viele unnötige Kalorien eingespart – die im Obst und Gemüse enthaltenen Ballaststoffe helfen außerdem bei der Sättigung. Wie sie das anstellen? Indem sie sich im Magen-Darm-Trakt mit Wasser vollsaugen, wodurch sich das Volumen des Magenbreis vergrößert und im Magen ein stärkeres Völlegefühl eintritt.

Wer abnehmen möchte, sollte allerdings den Eiweißgehalt seiner Ernährung nicht derart drastisch reduzieren, wie es bei Trennkost üblich ist. Durch wissenschaftliche Untersuchungen weiß man heute, dass bei der Verdauung von eiweißreichen Lebensmitteln Sättigungshormone ausgeschüttet werden. Dadurch können die gefürchteten Heißhungerattacken vermieden werden. Eine erhöhte Eiweißzufuhr ist außerdem wichtig, um den Abbau von Muskelmasse zu vermeiden. Dies ist insbesondere für einen langanhaltenden Abnehmerfolg von großer Bedeutung, da ein Verlust von Muskelmasse häufig mit dem viel gefürchteten Jojo-Effekt einhergeht.

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Fazit

Die Annahmen, auf denen Dr. Hay Anfang des 20. Jahrhunderts die Trennkost entwickelte, sind mittlerweile größtenteils wissenschaftlich widerlegt worden. So kann der menschliche Körper sehr wohl Kohlenhydrate und Proteine gleichzeitig verdauen. Außerdem ist eine basische Ernährung nicht notwendig, um den Säure-Basen-Haushalt des Menschen zu regulieren. Dennoch trifft man immer wieder auf Menschen, die versichern, mit dieser alten Ernährungsform erfolgreich Diät gemacht zu haben. Vermutlich liegt der Abnehmerfolg vor allem an dem empfohlenen hohen Obst- und Gemüseverzehr, dem allgemeinen Verzicht auf verarbeitete Lebensmittel und der daraus resultierenden reduzierten Kalorienaufnahme.

Als langfristige Ernährungsform ist Trennkost allerdings nicht zu empfehlen, da die Gefahr einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen wie Kalzium, Eisen und Omega-3-Fettsäuren besteht.

FITBOOK wurde fachlich beraten von Ökotrophologe und Ernährungscoach Jörn Utermann (MSc).

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