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Schnell vs. langsam kontrahierend

Rote und weiße Muskelfasern – der Unterschied und wie man sie trainieren kann

Muskelfasertyp: Eine künstlerische Abbildung eines Sprinters
Ein Sprinter, wie ihn diese Grafik künstlerisch zeigt, profitiert von den schnell zuckenden, weißen Muskelfasern. Foto: Getty Images
Thorben Grünewälder Freier Autor

27.08.2021, 14:26 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Wie schnell, ausdauernd oder stark wir sind, hängt davon ab, wie ausgeprägt die verschiedenen Muskelfasern in unserem Körper sind. Die Beschaffenheit der Muskeln. Generell wird zwischen roten und weißen Muskelfasern unterschieden. Wie man sie trainiert, erfahren Sie bei FITBOOK.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Der menschliche Körper ist zu unglaublichen Höchstleistungen fähig. Sprinter wie Usain Bolt legen die hundert Meter in 9,58 Sekunden zurück. Andere Athleten bewältigen einen Ultramarathon über 100 Kilometer. Und Sportarten wie Crossfit zeigen: Im Gegensatz zu den meisten Tierarten, sind wir nicht nur hervorragende Spezialisten, sondern auch gute Allrounder. Wie schnell, ausdauernd oder stark wir sind, hängt davon ab, wie ausgeprägt die verschiedenen Muskelfasern in unserem Körper sind.

Aber welche Muskelfasertypen gibt es, wie unterscheiden sie sich, welche Aufgaben haben sie und wie können wir sie optimal trainieren? Wie schnell, ausdauernd oder stark wir sind, hängt davon ab, wie ausgeprägt die verschiedenen Muskelfasern in unserem Körper sind. Aber welche Muskelfaser-Typen gibt es, wie unterscheiden sie sich, welche Aufgaben haben sie und wie können wir sie optimal trainieren?

Was sind Muskelfasern?

Muskelfasern sind die spindelförmige zelluläre Basis der quergestreiften Skelettmuskulatur. Sie werden auch als Muskelfaserzelle oder Myozyt bezeichnet und enthalten mehrere hundert Muskelfibrillen, die für die Kontraktion der einzelnen Muskelzellen verantwortlich sind. Je nach Art und Länge des Muskels können die Muskelfasern wenige Millimeter bis einige Zentimeter lang sein.

Welche Muskelfaser-Typen gibt es?

Egal, woher wir stammen, wie wir trainieren oder welche Ernährungsform wir bevorzugen: Jeder von uns hat zwei unterschiedliche Arten von Muskelfasern:

  • Weiße Muskelfasern (Fast-Twitch-Fasern): Diese Muskelfasern kontrahieren sehr schnell und sind für intensive, explosive und starke Bewegungen zuständig.
  • Rote Muskelfasern (Slow-Twitch-Fasern): Muskeln, die langsam kontrahieren, dafür aber sehr ausdauernd sind, werden rote Muskelfasern genannt.

Welcher Muskelfasertyp beansprucht wird, entscheidet die jeweilige Bewegung, die wir ausführen. Wenn Sie zum Beispiel zehn schwere Wiederholungen Kreuzheben ausführen, trainieren Sie die weißen Muskelfasern. Beim Training für einen Marathon werden hingegen die roten Muskelfasern angesprochen. Für Hobby- und Leistungssportler ist das eine wichtige Information.

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Haben alle Menschen gleich viele weiße und rote Muskelfasern?

Der durchschnittliche Erwachsene hat eine in etwa gleichmäßige Verteilung von roten und weißen Muskelfasern. Je nach Genetik und nach Art des Trainings können sich die Anteile aber auch deutlich unterscheiden. Aufgrund der Dominanz von Läufern aus Ostafrika (insbesondere Kenia und Äthiopien) über die Langstrecke, wie z. B. den Marathon, sowie der westafrikanischen Athleten über Sprint-Distanzen, wird seit Jahren zu vermeintlichen Vorteilen durch den Körperbau der Sportler geforscht. Diese kamen unter anderem zu dem Ergebnis, dass Menschen aus Westafrika einen besonders hohen Anteil an weißen Muskelfasern haben. Kein Wunder also, dass viele Weltklassesprinter aus dieser Region stammen.1

Außerdem wollen sie gezeigt haben, dass Menschen mit afrikanischen Vorfahren im Vergleich zu Europäern oder Asiaten eine andere Biomechanik haben (schmalere Hüften, längere Beine und kräftigere Oberschenkel), die sich ebenfalls positiv auf die Laufleistung auswirken soll. Diese genetisch günstigen Faktoren sollen allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, das afrikanische Sportler weltweit wohl mit am härtesten trainieren, um ihr Potenzial abrufen zu können.

Zeit, sich die beiden Muskelfaser-Typen und die verschiedenen Strategien für ihr Training einmal genauer anzuschauen.

Weiße Muskelfasern – explosive Kraft und hoher Energieverbrauch

Ob Sie Bodybuilding betreiben, einen Weltrekord im Bankdrücken aufstellen oder einfach nur die Waschmaschine in den fünften Stock tragen möchten: Sie sollten vor allem die weißen Muskelfasern trainieren. Denn diese sind etwas dicker als die roten Muskelfasern, werden über die Nerven besonders schnell angesprochen und ermöglichen große Kraftleistungen. Und: Ihr Energieverbrauch ist deutlich höher.

Genau aus diesem Grund ist ein anstrengendes Krafttraining für den Fettabbau theoretisch viel effektiver als die gemütliche Joggingrunde im Park. Es werden einfach wesentlich mehr Kalorien verbrannt. Allerdings ermüden die weißen Muskelfasern besonders schnell. Ein Sprint über mehrere Kilometer oder 200 Wiederholungen mit einer schweren Langhantel sind daher nicht möglich. So gesehen ist das Ausdauertraining zum Abnehmen (Verbrennen von Fett) praktikabler.

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Wie kann ich gezielt weiße Muskelfasern trainieren?

Kurz gesagt: Setzen Sie beim Training auf wenige, dafür aber schwere Wiederholungen. So beanspruchen Sie die weißen Muskelfasern besonders effektiv. Ob Sie dabei mit Gewichten arbeiten oder lieber mit dem eigenen Körpergewicht, ist Ihre Entscheidung.

Hier einige Übungen aus dem klassischen Krafttraining, die die weißen Muskelfasern trainieren:

  • Bankdrücken
  • Kniebeugen mit der Langhantel
  • Klimmzüge
  • Kreuzheben
  • Vorgebeugtes Rudern

Sie sollten dabei ein möglichst schweres Gewicht bewältigen und nur wenige Wiederholungen ausführen; für einen guten Trainingseffekt sollten aber mind. zehn Wiederholungen mit drei bis fünf Sätzen möglich sein. Natürlich geht Ihre Gesundheit immer vor und auch beim Training der weißen Muskelfasern ist ein intensives Aufwärmprogramm Pflicht. Steigern Sie sich langsam und beachten Sie dabei: Zu hohe Gewichte können – vor allem, wenn man noch nicht ausreichend trainiert ist – auch zu Verletzungen und Überlastungsreaktionen mit Schmerzen führen, in schlimmen Fällen auch zu Gelenkschäden.

Wichtig ist auch, sich vorab einen guten Trainingsplan zu besorgen und zu Beginn idealerweise unter Aufsicht eines erfahrenen Trainers zu trainieren.

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Rote Muskelfasern im Überblick

Rote Muskelfasern haben einen besonders hohen Myoglobin-Gehalt. Dieses Protein transportiert Sauerstoff durch die Muskelzellen. Rote Muskelfasern werden deutlich langsamer über die Nerven angesteuert als die weißen. Sie sind außerdem dünner, was etwa den Marathonläufern ihr typisch hageres Aussehen verleiht. Die Kontraktion der roten Muskelfasern verbraucht wenig Energie. Die Muskelfasern selbst benötigen Sauerstoff, Glykogen und Fett für die eigene Energiegewinnung. Glykogen ist ein Energiespeicher, der mit Kohlenhydraten gefüllt wird. Vor bzw. beim Training und im Wettkampf sind deshalb Einfachzucker wie z. B. Glucose und Fruktose (bspw. aus einer reifen Banane) sinnvoller, da sie direkt verstoffwechselt werden können. Kohlenhydrate aus Vollkorn wie Müsli und Haferflocken sind langkettige Zucker, welche erst in Einfachzucker gespalten werden müssen. Dies dauert mehrere Stunden, die Energie steht also auch erst entsprechend spät zur Verfügung.

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Ausdauertraining stärkt die roten Muskelfasern

Walken, Laufen oder Radfahren: Für all diese Sportarten brauchen Sie einen langen Atem. Die roten Muskelfasern werden hierbei besonders stark beansprucht und können im Laufe der Zeit so trainiert werden, dass Sie selbst über Stunden ihre volle Leistung erbringen. Bis es so weit ist, sollten Sie sich aber langsam steigern. Die erste Marathonteilnahme sollten Sie erst nach monatelangem, konsequentem Training in Angriff nehmen. So steigern Sie nach und nach die Effizienz Ihrer roten Muskelfasern. Lange Ausdauerläufe in gemächlichem Tempo sind zum Beispiel eine sehr gute Möglichkeit, um die roten Muskelfasern zu aktivieren.

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Hat meine Ernährung Einfluss auf die Muskelfasern?

So individuell wie Ihre sportlichen Ziele sind, so sollte auch die Ernährung sein. Während Bodybuilder und Kraftsportler vor allem auf eine hohe Proteinzufuhr achten sollten, sind Ausdauersportler – vor allem im Wettkampf – auf gefüllte Kohlenhydratspeicher angewiesen. Doch egal, ob Sie Ihre weißen oder roten Muskelfasern stärken möchten: Eine abwechslungsreiche Ernährung, die Eiweiß, gesunde Fette und Kohlenhydrate sowie Vitamine und Mineralstoffe enthält, wird Sie sicher ins Ziel bringen.

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Quellen

Themen: Muskelaufbau und Krafttraining
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