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Cardio

Kaum anstrengendes Zone-2-Training baut Körperfett am besten ab

Training Zone 2
Wer sich beim Joggen mit seinen Trainingspartnern noch gut unterhalten kann, der trainiert vermutlich in der Zone 2 Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

30.06.2023, 21:03 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten

Sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining sind komplexe Angelegenheiten. Wer einfach lostrainiert, ohne einen Plan zu haben, der wird sein Leistungsziel vermutlich nicht erreichen. Vor allem beim Ausdauertraining gilt es auf sogenannte Trainingszonen bzw. Trainingsbereiche zu achten. FITBOOK erklärt die Trainingszonen und warum man insbesondere in der Zone 2 trainieren sollte.

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Mit fachlicher Beratung von
Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Beim Ausdauertraining dreht sich vieles um die optimale Herzfrequenz. Je nach Ziel sollte sich das Workout in bestimmten Bereichen bewegen. Besonders wichtig ist dabei das Training in der sogenannten Zone 2. Dazu hat FITBOOK den Experten Enrico Zessin, Sportmediziner und Verbandsarzt vom Deutschen Leichtathletik Verband, befragt. 

Die fünf Trainingszonen und wofür sie gut sind

Als Trainingszonen bezeichnet man bestimmte Herzfrequenzbereiche zwischen Ruhezustand und maximaler körperlicher Belastung. 

  • Zone 1: Sehr leichtes Training, erfolgt bei ‎50 bis 60 Prozent der maximalen Herzfrequenz, dient der allgemeinen Gesundheit, hilft bei der Regeneration
  • Zone 2: Leichtes Training, erfolgt bei 60 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz, verbessert die allgemeine Ausdauer und hilft dabei, Körperfett als Energiequelle anzuzapfen 
  • Zone 3: Forderndes Training, erfolgt bei 70 bis 80 Prozent der maximalen Herzfrequenz, steigert die aerobe Fitness
  • Zone 4: Hartes Training, erfolgt bei 80 bis 90 Prozent der maximalen Herzfrequenz, steigert die Geschwindigkeitsausdauer und nutzt dabei Kohlenhydrate zur Energiegewinnung
  • Zone 5: Sehr hartes Training, erfolgt bei 90 bis 100 Prozent der maximalen Herzfrequenz, verbessert die Maximalleistung

So ermittelt man die Herzfrequenz bzw. den Puls

Obwohl Herzfrequenz, Herzschlag und Puls genau genommen unterschiedliche Begriffe sind, werden sie oft synonym verwendet. So entspricht die Herzfrequenz auch dem Pulsschlag, der beispielsweise am Handgelenk mit einem Pulsmesser gemessen wird. Denn das durch den Herzschlag verursachte Pochen des Blutes an den Gefäßwänden wird eben als Puls bezeichnet. 

Der Puls ist bei jedem Menschen sehr individuell und hängt nicht nur von den genetischen Anlagen, dem Geschlecht und Alter ab, sondern auch vom Trainingszustand. Bei untrainierten Menschen kann der Ruhepuls zwischen 60 und 100 Schlägen pro Minute liegen. Bei trainierten Ausdauersportlern ist der Herzmuskel größer und stärker, wodurch mehr Blut pro Schlag gepumpt wird. Das sorgt für einen niedrigeren Puls, der zwischen 40 und 50 Schlägen pro Minute liegen kann, bei Elite-Marathonläufern sogar darunter, wie unser Experte bestätigt. 

4 Methoden, um den Puls zu messen

  1. Puls am Handgelenk messen: Indem man beispielsweise den rechten Zeigefinger gegen die Arterie am linken Handgelenk drückt, spürt man den Puls in der Ader. Man zählt die Pulsschläge innerhalb von 15 Sekunden ab, multipliziert sie mal vier und erhält so den Pulswert.
  2. Puls am Hals messen: Analog zur Handgelenksmessung, nur dass man die Schläge an der Halsschlagader (unterhalb des Unterkiefers auf Höhe des Ohrs) zählt.
  3. Puls am Herzen messen: Hierfür legt man die Hand auf das Herz und zählt die Schläge analog zu den Metoden 1 und 2.
  4. Messung mit Herzfrequenzgerät: Pulsmesser am Handgelenk oder Pulsgurte ermöglichen eine kontinuierliche Messung auch während des Trainings. Brustgurte sind dabei präziser als Sensoren bei Fitnesstrackern und Smart Watches, die lichtempfindlicher Fotodioden verwenden.  

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Wie findet man die maximale Herzfrequenz (HFmax) heraus?

Die maximale Herzfrequenz erreicht man bei größtmöglicher körperlichen Anstrengung. Diesen Wert nennt man auch HFmax, der in Herzschlägen pro Minute angegeben wird und dem Puls entspricht. Wie der Ruhepuls ist auch der Maximalpuls von Alter, Geschlecht, genetischer Veranlagung und dem persönlichen Trainingszustand abhängig. Im Gegensatz zum Ruhepuls ist die Bestimmung der maximalen Herzfrequenz etwas komplexer. Es gibt zwar auch verschiedene Formeln, mit denen man die HFmax ermitteln kann, da aber diese die persönliche Veranlagung nicht berücksichtigen, liefern sie immer nur einen Schätzwert. Insofern sind folgende zwei Methoden wesentlich genauer.

HFmax mit einer sportmedizinischen Untersuchung bestimmen

Wer es ganz genau wissen möchte, der macht am besten eine Leistungsdiagnostik beim Sportarzt. Das sei die einzige Möglichkeit, den HFmax-Wert exakt zu bestimmen, erklärt Sportmediziner Enrico Zessin. Hier werden nicht nur die individuellen Herzfrequenzbereiche gemessen, sondern auch die Laktat-Werte im Blut. So weiß man zum Beispiel exakt, bei welcher Herzfrequenz die Muskeln übersäuern. Zudem findet der Test unter ärztlicher Betreuung statt, was wichtig für Untrainierte und Menschen mit starkem Übergewicht ist. 

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Maximale Herzfrequenz per Selbsttest bestimmen

Wer schon trainiert ist und bereits an seine Leistungsgrenzen ohne gesundheitliche Beschwerden gegangen ist, der kann auch den Selbsttest machen. Das geht am besten beim Laufen oder auf einem Hometrainer (Ergometer) mit einem Pulsmesser am Handgelenk oder mit einem Brustgurt (in der Regel sind Brustgurte genauer). Der Test geht wie folgt:

  1. Zunächst wärmt man sich mindestens zehn Minuten lang bei entspanntem Tempo auf.
  2. Anschließend steigert man sein Tempo innerhalb von drei Minuten: Die erste Minute locker, die zweite Minute schon Richtung Leistungslimit und die dritte Minute am absoluten Leistungsmaximum.
  3. Danach bitte nicht gleich stoppen, sondern wieder beim entspannten Tempo aktiv erholen.

Der Puls, der am Limit ermittelt wurde, entspricht der maximalen Herzfrequenz. Wer sichergehen will, wiederholt den Drei-Minuten-Test noch zweimal.

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Warum „Zone 2“-Training so wichtig ist

Insbesondere Hobby-Sportler nehmen oft das leichte „Zone 2“-Training nicht ernst genug. Sie bewegen sich lieber in den anstrengenden Trainingsbereichen 3 und 4, da man das Gefühl hat, den Körper stärker zu fordern und somit mehr für seine Leistung zu tun. Doch wer sich zu oft an der Leistungsgrenze bewegt, der riskiert es, seinen Körper zu sehr zu erschöpfen. „Der Trainingseffekt ist dann auch nur mäßig, da Kreislauf und Muskulatur immer in der leichten Überbelastung arbeiten und so nur eine geringe Anpassung bzw. Leistungssteigerung möglich ist“, sagt der Sportmediziner Zessin. 

Beim „Zone 2“-Training bewege man sich im Bereich der Grundlagenausdauer (GA), also bei moderater Kreislaufbelastung über eine längere Zeit, erklärt der Experte. Das findet im Bereich des aeroben Stoffwechsels statt, wobei hauptsächlich die Fettverbrennung zur Energiegewinnung dient. Es diene als Grundlage für nahezu alle Sportarten, aber ist besonders im Ausdauer- und Ballsport wichtig. Denn dieses Training sorge nicht nur für die Kräftigung, sondern auch die Steigerung der Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit. Zudem optimiere es den (Muskel-)Stoffwechsel. Selbst die Schnelligkeit trainiert man aufbauend auf der Grundlagenausdauer durch weitere intensive Trainingseinheiten.

„Die Grundlagenausdauer bildet das Fundament, man kann also schon sagen: Nur wer auch langsam trainiert, kann auch schneller werden“, sagt Enrico Zessin.

Wie viel Zone-2-Training ist ideal?

Letztlich geht es darum, sein Training möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Viele Sportler halten deshalb die 80/20-Regel ein, das heißt: 80 Prozent ihres Trainings verbringen sie in der Zone 2, 20 Prozent mit (hoch)intensiven Einheiten.

Experto Enrico Zessin empfiehlt zwei- bis dreimal Zone-2-Training pro Woche für mindestens 45 bis 60 Minuten (oder länger).

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5 gute Gründe, öfter in der Zone 2 zu trainieren

  1. Durch die geringe Intensität ist Zone-2-Training ideal, um den Körper auf intensive Trainingseinheiten vorzubereiten oder sich von diesen zu erholen.
  2. Zone-2-Training steigert die Ausdauer. Wer sich bei 60 bis 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz bewegt, der kann locker ein bis zwei Stunden trainieren und sich beispielsweise mit einem Trainingspartner unterhalten. 
  3. In der Zone 2 kurbelt man die Fettverbrennung an. So wird man nicht nur seine Fettpolster los, sondern gewöhnt den Körper daran, den Fettstoffwechsel öfter zu aktivieren. Das sei zum Beispiel für Marathonläufe sehr wichtig, um die Kohlenhydratspeicher aufzusparen, sagt Zessin. 
  4. Zone-2-Training ist besonders gesundheitsfördernd und kann sogar zu einem längeren Leben beitragen. Wer öfter ein bis zwei Stunden bei geringer Intensität trainiert, der senkt seinen Blutdruck und Ruhepuls, stärkt die Blutgefäße, hat einen gesünderen Stoffwechsel und ein besseres Immunsystem. Zudem steigt die Anzahl der Mitochondrien und ihre Effektivität. Das sind die Kraftwerke in den Zellen unseres Körpers, die der Energiegewinnung dienen. Je besser sie funktionieren, umso mehr schützen sie beispielsweise vor Diabetes. Wie Enrico Zessin bestätigt, kann Zone-2-Training vor Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes, Herz- und Lungenerkrankungen und sogar vor Krebs schützen.
  5. All die positiven gesundheitlichen Effekte sorgen für eine Steigerung der allgemeinen Lebensqualität bis ins hohe Alter.

Wie weiß ich ohne Pulsmesser, ob ich in der Zone 2 trainiere?

Wer seinen HFmax nicht kennt und nicht richtig einordnen kann, wo 60 bis 70 Prozent seiner maximalen Herzfrequenz liegt, sollte auf seinen Körper, die gefühlte Anstrengung und vor allem die Atmung achten. So kann man selbst ohne einen Pulsmesser quasi erfühlen, ob man sich in der Zone 2 befindet oder schon darüber. Läufer sollten beispielsweise in der Lage sein, sich ohne große Anstrengung mit einem Trainingspartner unterhalten zu können. Die Anstrengung fällt leicht, man hat das Gefühl, stundenlang weiterlaufen zu können. Man befindet sich in einer Art Flow, in einem Fluss der Bewegung, bei dem man kaum die Muskelkontraktion spürt.

Wer anfängt, tiefer zu atmen, sich nur schwer(er) unterhalten kann und seine Muskeln bei der Arbeit spürt, der ist bereits in der Zone 3. Wer sich jedoch zu unterfordert fühlt und das Training als zu leicht empfindet, der ist vermutlich in der Zone 1. Das heißt, Training in der Zone 2 fühlt sich an wie der Sweet Spot zwischen Anstrengung und Entspannung – man fühlt sich einfach wohl dabei.

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Das Problem mit dem Training nach Zonen

Ein Training ausgerichtet nach der Herzfrequenz beziehungsweise den entsprechenden Trainingszonen unterliegt starken täglichen Schwankungen von bis zu 15 Schlägen pro Minute. „Verschiedene Faktoren haben Einfluss: Schlaf, Stress, Ernährung – ob man beispielsweise nüchtern Sport treibt – die Tageszeit, ein leichter Infekt, die Außentemperatur etc. Das heißt, die persönlichen festgelegten Trainingszonen können sich leicht mal verschieben“, erläutert Enrico Zessin.

Insbesondere für ambitionierte Sportler sei daher für die Trainingssteuerung zum Beispiel die Pace (das Tempo) beim Laufen oder die Wattzahl beim Radfahren und Rudern deutlich besser geeignet. Daher sei eine Bestimmung der Leistungsbereiche zur Erstellung von Trainingsempfehlungen durch eine Leistungsdiagnostik nur für manche Sportler sinnvoll.

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Quellen

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