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3 Experten sind sich einig

»Dieser Ernährungstrend wird 2020 explodieren

Ernährungstrends 2020: Fermentiertes, veganer Omega-3-Ersatz, Hülsenfrüchte, Gemüse
2020 hoch im Kurs: Lebensmittel, die die Darmgesundheit fördern wie Fermentiertes, Hülsenfrüchte und Gemüse. Ein anderes großes Thema werden Omega-3-Präparate aus Algen. Foto: Getty Images, Collage: FITBOOK
Anna Echtermeyer
Redakteurin

18.12.2019, 16:58 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Proteinbier, -Käse, -Chips… zusätzlich mit Eiweiß angereicherte Lebensmittel waren in den vergangenen Jahren ein großes Thema – und das, obwohl eine überproportionale Proteinzufuhr auch sehr kritisch zu sehen ist. Wird sich auch kommendes Jahr wieder alles um Eiweiß drehen? FITBOOK hat drei Experten nach den Ernährungstrends 2020 gefragt. Bei einem sind sie sich – unabhängig voneinander – alle einig.

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Auch 2020 wird der Protein-Hype weitergehen

Beginnen wir mit dem (leider) Erwartbaren: Extra-Proteine werden laut Uwe Schröder vom Deutschen Institut für Sporternährung auch im neuen Jahr ein Thema sein. Sie werden in weiteren Produkten auftauchen, bei denen man es nicht erwartet hätte: zum Beispiel in Kaffee, Toast oder Nudeln. Der Braunschweiger Ernährungsexperte Sven-David Müller geht noch einen Schritt weiter: „Wir werden einen Protein-Hype haben im nächsten Jahr.“ Warum das funktioniert? In einer Gesellschaft, in der ein austrainierter Körper zunehmend zum Maß aller Dinge wird, ziehen die Versprechen der Hersteller, man könne mit Extra-Eiweiß Muskulatur erhalten oder gar abnehmen.

Die Lebensmittelindustrie reibt sich die Hände und wird 2020 noch viel mehr Protein-Produkte aus der Retorte auf den Markt werfen, vor allem vegane. Davon ist der Hamburger Diabetologe und Ernährungsmediziner Matthias Riedl fest überzeugt. In Erbsenisolat und Beyond Meat sieht er pflanzliche Protein-Konzentrate, die 2020 endgültig aus der Nische treten. Ein Trend, den der Experte nicht begrüßt, weil am Ende Proteine isoliert werden. „Die sind am Ende teuer, aber leider nicht gesund“, so Riedl zu FITBOOK. Die Entwicklung, dass die Lebensmittelindustrie verstärkt auf die gesunde Strömung der pflanzlichen Ernährung setzen wird, indem sie einzelne Bestandteile zu etwas Neuem zusammenbasteln, bedauert auch Uwe Schröder. „Leider haben Sie dann die Pflanze nicht mehr drin – und damit auch nicht ihre gesundheitliche Wirkung.“

Aber sind Proteine überhaupt empfehlenswert? Müller sieht ihn ihnen einen großen Vorteil: der sehr gute Sättigungsfaktor. „Sie werden deshalb 2020 in den Mittelpunkt der Ernährung von übergewichtigen Menschen rücken“, erklärt er FITBOOK.

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Mehr Qualität und Nachhaltigkeit

Vom Erwartbaren zum Erfreulichen.

Er bescheinigt vielen Leuten mehr Wissen über Ernährung als noch vor wenigen Jahren. „Inzwischen führen die Leute Krankheiten wie Darmkrebs, Gelenkschäden oder Immunerkrankungen auf ihre Ernährung zurück“, berichtet er aus seinem Praxis-Alltag. „Endlich!“, konstatiert Riedl. Aus der Sicht des Ernährungsmediziners ist offenbar etwas ins Rollen gekommen. Für diese Menschen werde die vegane und vegetarische Ernährung zur vorherrschenden Richtung, sagt Riedl. „Da bin ich mir ganz sicher.“

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Omega-3-Fettsäuren aus Algenöl

Die Tatsache, dass immer mehr Menschen komplett auf tierische Lebensmittel verzichten, hat nicht nur den Markt für Vitamin-B12-Präparate groß gemacht – stark im Trend stehen Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Quellen. Doch die Sache könnte einen folgenschweren Haken haben: Laut dem Ernährungswissenschaftler Uwe Schröder setze sich hier langsam die Erkenntnis durch, dass „nur ein sehr geringer Teil“ der Omega-3-Fettsäuren aus pflanzlichen Ölen in die wirklich lebensnotwendigen, also essenziellen Varianten umgewandelt werde. „Es gilt, die Frage zu beantworten, woher Veganer die für den Stoffwechsel so wichtigen Fettsäuren EPA und DHA (Eicosapentaensäure bzw. Docosahexaensäure, Anm. d. Red.) erhalten, die nur in tierischen Produkten zu finden sind.“ Eine Möglichkeit seien Präparate aus Algenöl. Ein Trend, der es verdient, verstärkt zu werden, betont auch Matthias Riedl: „Insbesondere für Frauen, die schwanger werden wollen.“ Omega-3-Fettsäuren können sowohl bei der Erfüllung des Kinderwunsches eine Rolle spielen als auch bei der gesunden Entwicklung des Babys im Mutterleib.

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Clean Eating, Low Carb und Keto

Uwe Schröder sieht in Clean Eating, also eine Ernährung, die auf frischen, unverarbeiteten Zutaten ohne Zusatzstoffe basiert, den größten, bleibenden Food-Trend für 2020, begleitet von einem starken Zuwachs bei veganen Lebensmitteln, da deren Produktion nachhaltiger sei. Das deckt mit den Empfehlungen der „EAT-Lancet-Kommission“. Gleichzeitig werden wir weiterhin Low Carb mit der Tendenz zu Keto sehen, wenn es nach Schröder geht. Das ist paradox – denn Fleisch ist eine Basis dieser Ernährungsformen.

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Top-Ernährungstrend 2020: Essen für mehr Darmgesundheit

Doch der größte Trend schlummert woanders: in unserem Darm. Immer mehr Wissenschaftler und Leser interessieren sich für das Mikrobiom im Darm und die Verbindung des Verdauungstrakts zum Gehirn und den damit verbundenen Folgen für die Gesundheit. Die Forschung steht in diesem Bereich noch ganz am Anfang. Doch dabei ganz entscheidend wird 2020 und in den nächsten Jahren die Frage sein, was wir essen, um die Darmgesundheit zu unterstützen und die Darmflora zu unterstützen? „Das ist ein Megathema, das wir in den nächsten fünf Jahren explodieren sehen werden“, prophezeit Matthias Riedl.

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Die Chancen sind riesig – die Risiken allerdings auch: Denn obwohl die Studienlage für die Rolle der unterschiedlichen Darmbakterien noch dünn ist (Riedl spricht von einer „Black Box“), drängen immer mehr Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln auf den Markt. Von der Einnahme irgendwelcher Probiotika-Mischungen rät Riedl klar ab: „Einzelne Produkte können auch schaden“, so der Ernährungsmediziner zu FITBOOK. Auch für Sven-David Müller hält nichts von diesen neuen Nahrungsergänzungsmitteln. Tipp der beiden Experten: Greifen Sie lieber zu Gemüse, das die Darmflora fördert, sowie gesäuerten Milchprodukten oder Fermentiertem: Diese probiotischen Lebensmittel enthalten gesundheitsfördernde Bakteriengattungen.

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Etwas sieht es Uwe Schröder: „Probiotika werden zumindest im Sportbereich einen Boom erleben, da es hier zahlreiche vielversprechende neue Studien und Sichtweisen auf die Wirkung im Immunsystem gibt“, so Uwe Schröder.

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Individualisierte Ernährung, Gemüse und Hülsenfrüchte

Für Uwe Schröder ist auch die individualisierte Ernährung ein Trend. Heißt: Jeder isst so, wie es sein Körper am ehesten braucht. Problem: Aktuell geschehe dies leider zu oft auf der Basis fragwürdiger Blutanalysen. Matthias Riedl glaubt, dass 2020 erneut Gemüse im Fokus stehen wird, wünscht sich aber auch „eine Renaissance von Hülsenfrüchten“. Was 2019 die Nüsse geschafft hätten – nämlich mit ihren positiven Auswirkungen auf die Hirnfunktion und das Herz-Kreislauf-System von sich reden zu machen –, sollte auch diesem, „verdienten Superfood“ endlich zuteilwerden. Dass Hülsenfrüchte mehr Beachtung verdient haben, als ihnen im Moment noch zuteil wird, findet auch Uwe Schröder. Dies sei übrigens „schon lange eine Forderung an die Personen in unseren Ernährungsberatungen“.

Das Superfood-Thema ist durch

Apropos Superfood: Exotisches wie Acaí und Chia wird 2020 kein großes Thema mehr sein, sind sich beide Ernährungsexperten sicher. Riedl: „Der Begriff verursacht ein Gähnen, weil die Leute endlich verstehen, dass die Hypes alleine durch den Handel entstehen.“ Noch deutlicher wird Schröder: „Das Thema Superfood ist durch.“

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Über die Experten

Dr. Matthias Riedl ist Facharzt für Innere Medizin und Ernährungsmedizin. Er ist ärztlicher Leiter der Schwerpunktpraxen Diabetes und Ernährungsmedizin am Medicum Hamburg.

Uwe Schröder ist Diplom-Ökotrophologe und arbeitet am Deutschen Institut für Sporternährung (DISE).

Sven-David Müller hat an der Donau-Universität Krems angewandte Ernährungsmedizin studiert. Er hat zahlreiche Fachbücher veröffentlicht, darunter „Die 50 besten Cholesterinkiller“.

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