
27. Mai 2025, 16:50 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Bestsellerautor, Rekordhalter im militärischen Apnoetauchen, Elitesoldat – Mark Lauren ist ein Mann mit vielen Extremen. Doch wenn es um funktionelles Training mit dem eigenen Körpergewicht geht, gibt es kaum jemanden, der so konsequent auf Effizienz und Alltagstauglichkeit setzt. Sein Motto: Weniger ist oft mehr – solange man es richtig macht. In einem Interview mit FITBOOK-Redakteurin Julia Freiberger verrät er mehr über sein Konzept.
Mark Lauren steht für funktionelles Training mit dem eigenen Körpergewicht – kompakt, alltagstauglich und effektiv. Neben seinem aktuellen Buch „Calisthenics for Dummies“ hat der „Fit in neun Minuten“-Autor kürzlich eine eigene Trainings-App entwickelt, mit der Nutzer weltweit Zugang zu seinen Programmen haben. Im Interview spricht er darüber, wie man mit wenig Zeit und einfachen Übungen echte Fortschritte erzielen kann, für wen sich sein Ansatz besonders eignet – und warum Körperkontrolle und Routine dabei wichtiger sind als Muskelmasse.
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Übersicht
- Calisthenics: Training ohne Geräte, aber mit Wirkung
- „Bei Calisthenics lernt man, den eigenen Körper besser zu nutzen“
- „Diese Bewegungen trainiere ich gezielt“
- »Übungen, die auch meine Mutter und Großmutter machen könnten
- So trainiert Mark Lauren selbst
- Für wen Mark Laurens „Fit in neun Minuten“-Konzept geeignet ist
- »Die Denkweise des Militärs beeinflusst mein Training bis heute
- Sanfter Einstieg: Drei Tipps für Sportneulinge ab 45
- Training soll möglichst wenig mentale Überwindung erfordern
Calisthenics: Training ohne Geräte, aber mit Wirkung
FITBOOK: Sie haben kürzlich das Buch „Calisthenics for Dummies“ veröffentlicht – ein Leitfaden für funktionelles Training mit dem eigenen Körpergewicht. Was ist der Grundgedanke hinter dem Buch?
Mark Lauren: „Ich habe zwei Bücher geschrieben. Eines davon heißt ‚Fit in neun Minuten‘, das andere ‚Calisthenics for Dummies‘. Die Grundidee: Viele Anfänger machen zu viel auf einmal. Sie investieren viel Zeit und Energie, haben starken Muskelkater und hören dann schnell wieder auf. Das ist nicht notwendig. Besonders im Fitnessstudio verliert man viel Zeit – allein mit An- und Abfahrt, Umziehen und dem eigentlichen Training kommt man leicht auf anderthalb Stunden pro Einheit. Das summiert sich schnell auf einen ganzen Arbeitstag pro Woche. Mein Konzept setzt auf kurze, effektive Workouts: drei Übungen, jeweils eine Minute, drei Runden – das sind neun Minuten. Alles als Ganzkörpertraining. Es ist effizient, zeitsparend und ideal für den Alltag. Besonders für Anfänger oder Menschen auf mittlerem Niveau ist es wichtig, nicht gleich zu viel zu machen. Viele überfordern sich anfangs, bekommen Muskelkater und hören schnell wieder auf. Das braucht es alles nicht. In meinen Workouts kombinieren wir jeweils eine Oberkörperübung, eine Core-Übung und eine Beinübung. Das ergibt ein kraftvolles Ganzkörpertraining.“
„Bei Calisthenics lernt man, den eigenen Körper besser zu nutzen“
Was unterscheidet Calisthenics Ihrer Meinung nach grundlegend vom klassischen Krafttraining an Geräten – und warum sollte man es ausprobieren?
„Weil es ein extrem effizienter Weg ist, um gesund und fit zu bleiben. Man braucht nur wenig Platz. Oft reichen schon 15 Minuten inklusive Aufwärmen und Abkühlen. Im Gegensatz zum Gerätetraining lernt man dabei, mit dem eigenen Körper zu arbeiten – das fördert die Kontrolle, Koordination und Beweglichkeit. Wenn man Geräte benutzt, lernt man nur, die Geräte besser zu bedienen. Bei Calisthenics lernt man, den eigenen Körper besser zu nutzen – und genau darum geht es.“
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„Diese Bewegungen trainiere ich gezielt“
Gibt es Muskelgruppen oder Fähigkeiten, die Ihrer Erfahrung nach beim Training oft vernachlässigt werden, obwohl sie wichtig sind?
„Ja, etwa grundlegende Bewegungsmuster wie der Wechsel zwischen liegenden, knienden und stehenden Positionen – also das Hochkommen vom Boden und das Herabkommen zum Boden. Diese Bewegungen sind elementar, aber viele vernachlässigen sie. Außerdem: Gelenkfunktionen müssen erhalten bleiben, denn sie sind essenziell für Mobilität und Lebensqualität. Diese Übergänge lernt man als Kind – und sie sind lebenslang wichtig. Wer sie im Alter nicht mehr kann, verliert Selbstständigkeit. Deshalb trainiere ich genau diese Bewegungen gezielt.“
»Übungen, die auch meine Mutter und Großmutter machen könnten
Man hört oft, dass man mit dem eigenen Körpergewicht keine echten Fortschritte erzielen könne. Was entgegnen Sie?
„Dann frage ich gern: Was machen eigentlich olympische Turner? Natürlich kann man mit Körpergewichtstraining enorme Fortschritte erzielen. Das Besondere daran ist, dass auch einfache Übungen – wenn sie korrekt ausgeführt werden – enorm wirkungsvoll sind. Auch meine Mutter oder Großmutter könnten sie machen. Das Ziel ist, diese einfachen Bewegungen perfekt zu beherrschen. Ich sehe den größten Wert nicht in den extrem schweren Körpergewichtsübungen – sondern in den einfachen, die man perfekt ausführen kann. Genau das ist der Schlüssel.“
So trainiert Mark Lauren selbst
Gibt es eine Übung oder eine Routine, auf die Sie selbst nie verzichten – egal wo Sie sind?
„Ja. Ich nutze selbst regelmäßig die Anfängerprogramme aus meiner eigenen App – für Mobilität und aktive Erholung. Die Grundlage bleibt immer gleich: einfache, funktionale Bewegungen.“
Wie sieht Ihr eigenes Training heute aus? Haben Sie eine tägliche Routine oder variieren Sie viel?
„Beides. Ich trainiere sehr regelmäßig, aber mit viel Abwechslung, damit es spannend bleibt – auch für meine Leser und meine App. Die Grundlage sind fundamentale Bewegungsmuster. Diese trainiere ich auf vielfältige Weise, um sowohl Motivation als auch Anpassungseffekte zu erhalten. Fundamentale Fähigkeiten sind die Basis – sie werden in jeder Bewegung benötigt. Alle komplexeren Bewegungen bauen auf diesen Grundlagen auf.“
Könnten Sie ein Beispiel geben, was damit gemeint ist?
„Ein guter englischer Satz lautet: ‚If you adapt to your training, your training is no longer training.‘ Der Körper passt sich an, deshalb muss man immer wieder Reize setzen – mit Progression, aber nicht zu schnell. Sonst riskiert man Verletzungen oder verliert die Motivation. Man soll sein Training nicht ständig verändern, aber es muss trotzdem eine sinnvolle Progression geben. Der Startpunkt muss stimmen – und das Tempo, in dem man sich steigert.“
Für wen Mark Laurens „Fit in neun Minuten“-Konzept geeignet ist
Sie haben mit „Fit in neun Minuten“ ein minimalistisches Trainingskonzept entwickelt, das besonders zeitsparend ist. Für wen eignet sich dieses Format besonders – und worauf kommt es an, damit es funktioniert?
„Das Programm ist ideal für Menschen, die wenig Zeit haben – aber auch für alle anderen, denen es schwerfällt, regelmäßig dranzubleiben. Entscheidend ist die Kontinuität. Training sollte nicht nur Wochen oder Monate dauern, sondern über Jahre hinweg zur Gewohnheit werden. Regelmäßigkeit ist der Schlüssel. Es ist auch für Menschen geeignet, die eigentlich mehr Zeit hätten, aber nicht immer den Kopf dafür. Es hilft einfach, am Ball zu bleiben.“
»Die Denkweise des Militärs beeinflusst mein Training bis heute
Viele kennen Sie als Elitesoldat und Kampfsportler. Inwiefern beeinflusst diese Vergangenheit Ihr heutiges Training?
„Meine Erfahrungen aus dem Leistungssport und beim Militär haben mich stark geprägt. Mir ist wichtig, dass Training nicht nur gut aussieht, sondern echte körperliche Fähigkeiten fördert – also Leistung im echten Leben verbessert. Ich sehe oft Menschen im Fitnessstudio, die dort stark wirken, aber im Alltag kaum beweglich sind. Mein Ziel ist funktionale Fitness – Beweglichkeit, Koordination und Übertragbarkeit auf reale Situationen. Das hat Jahre gebraucht, um es zu entwickeln. Im Militär geht es um Überleben – man kann sich nicht auf andere verlassen. Diese Denkweise beeinflusst mein Training bis heute: Es geht nicht nur um Optik, sondern um echte, funktionale Leistungsfähigkeit.“
Sanfter Einstieg: Drei Tipps für Sportneulinge ab 45
Was empfehlen Sie Menschen, die mit 45 oder 55 Jahren neu mit Sport beginnen möchten? Drei konkrete Tipps?
„Erstens: Beginnen Sie mit den grundlegenden, einfachen Übungen. Zweitens: Starten Sie klein – zu viel auf einmal führt nur zu Frustration. Drittens: Der Fortschritt sollte spürbar sein, aber nicht überfordern. Schritt für Schritt aufbauen ist der nachhaltigste Weg. Man darf nicht zu schnell steigern – aber auch nicht zu langsam, sonst wird es langweilig.“

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Training soll möglichst wenig mentale Überwindung erfordern
Welche Rolle spielt mentale Stärke für langfristigen Trainingserfolg – und kann man sie gezielt aufbauen?
„Ich baue meine Programme so auf, dass man möglichst wenig mentale Überwindung braucht. Der Einstieg ist einfach, die Belohnung kommt schnell – im Alltag, in der Bewegung. Das motiviert viel mehr als komplizierte Pläne.“
Was ist für Sie der wichtigste Trainingsgrundsatz?
„Am Ende geht es mir um Effizienz. Oder wie ich es gern formuliere: ‘Performance is efficiency.’ Ich möchte, dass der Nutzen des Trainings möglichst groß ist – bei möglichst geringem Energie- und Zeitaufwand. Und ich will, dass Training so süchtig macht, wie möglich – indem man schnell echte Belohnungen spürt. Wenn der Aufwand gering und der Effekt spürbar ist, bleibt man viel eher dabei.“