
16. Mai 2025, 11:12 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Auch wenn der Begriff „Eigengewichtsübungen“ nicht so verlockend klingt, beschreibt er relativ gut, worum es bei Calisthenics geht. Doch hinter dem nüchternen Namen verbirgt sich eine faszinierende Trainingsform, die Kraft, Kontrolle und Körpergefühl auf ein neues Level hebt – ganz ohne Geräte. FITBOOK-Autorin Julia Freiberger erklärt, was hinter der Trainingsmethode steckt und für wen sie geeignet ist.
Calisthenics ist eine Trainingsform, die sich weltweit wachsender Beliebtheit erfreut. Sie setzt ausschließlich auf das eigene Körpergewicht und erfordert keine spezielle Ausrüstung oder Geräte. Dadurch lässt sich das Training nahezu überall durchführen – eine ideale Möglichkeit, jederzeit und ortsunabhängig in Form zu bleiben.
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Übersicht
Herkunft und Ziel der Trainingsform
Tatsächlich stammt der Begriff Calisthenics ursprünglich aus dem Griechischen: „kallos“ – was so viel wie Schönheit bedeutet und „sthenos“, was für Kraft steht. Bereits im antiken Griechenland nutzten Athleten Eigengewichtsübungen, um den Körper durch kontrollierte, elegante Bewegungen zu kräftigen. Anfang der 2000er Jahre wurde die Methode durch die Street-Workout-Szene in New York wiederentdeckt. Seitdem hat sich Calisthenics weltweit etabliert – in Parks, auf Schulhöfen und über soziale Medien.1
Im Fokus von Calisthenics steht das Training mit dem eigenen Körpergewicht. Für Grundübungen wie Liegestütze oder Kniebeugen benötigt man keine Ausrüstung. Klimmzüge hingegen lassen sich an Spielplatzstangen, Mauervorsprüngen oder eigens dafür eingerichteten Calisthenics-Parks durchführen. Zudem kann man mit Balance Boards oder Fitnesshandschuhen zusätzliche Trainingsreize setzen. Das macht diese Methode besonders attraktiv für alle, die flexibel, kostenfrei und unabhängig trainieren wollen.2
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Wirkung von Calisthenics
Das Besondere an dieser Form des Eigengewichtstrainings ist, dass es mehrere Muskelgruppen gleichzeitig aktiviert. Dadurch wird nicht nur die Muskulatur aufgebaut, sondern auch das Zusammenspiel der Muskelketten gezielt verbessert. Der Körper gewinnt an Stabilität, die Haltung wird aufrechter, und alltägliche Bewegungen fallen spürbar leichter. Auch Beweglichkeit und Koordination profitieren. Darüber hinaus fördert regelmäßiges Training die Durchblutung und regt den Stoffwechsel an – mit positiven Effekten auf das allgemeine Wohlbefinden.
Die zentralen Wirkmechanismen im Überblick:
- Stärkung der Verletzungsprävention durch natürliche, kontrollierte Bewegungsmuster
- Verbesserung der Mobilität durch funktionale Beanspruchung von Gelenken und Muskulatur
- Ganzkörperkräftigung durch komplexe Bewegungsabläufe
- Schulung der Koordination durch Aktivierung des zentralen Nervensystems
Die Effekte von Calisthenics gehen jedoch weit über den sichtbaren Muskelaufbau hinaus. Durch kontinuierliches Training entstehen nicht nur Kraft und Ausdauer, sondern auch ein hohes Maß an Körperkontrolle und Beweglichkeit. Bewegungsqualität, Haltung und Reaktionsfähigkeit verbessern sich ebenso wie das Gleichgewicht und die Fähigkeit, den Körper effizient in Bewegung zu halten. Damit ist Calisthenics nicht nur ein effektives Fitnessprogramm, sondern auch ein wirkungsvolles Mittel zur Vorbeugung von Verletzungen und zur Erhaltung der Gesundheit im Alltag.3
Studien zur Wirkung von Calisthenics auf die Muskeln
Wissenschaftler der University of Essex und der University of Suffolk fanden heraus, dass kurze Calisthenics-Einheiten während des Arbeitstags die neuromuskuläre Funktion verbessern können. Für die Studie ließen sie 17 gesunde Erwachsene im Alter von durchschnittlich 33 Jahren, die täglich mindestens sechs Stunden saßen, über einen Zeitraum von vier Wochen regelmäßig einfache Körpergewichtsübungen ausführen. Dabei zeigten sich messbare Verbesserungen in Muskelkraft, Kraftkontrolle und Gleichgewicht. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass das Unterbrechen von sitzenden Tätigkeiten mit kurzen Calisthenics-Einheiten positive Effekte auf die neuromuskuläre Funktion haben kann.4
Eine weitere Studie untersuchte, ob progressives Liegestütztraining im Rahmen von Calisthenics vergleichbare Effekte auf die Oberkörperkraft hat wie klassisches Bankdrücken. Dafür trainierten 23 gesunde Männer im Durchschnittsalter von 23 Jahren über vier Wochen in zwei Gruppen. Beide Trainingsformen führten zu Kraftzuwächsen, wobei die Calisthenics-Gruppe deutlich größere Fortschritte bei den Liegestützen erzielte. Unterschiede in der Muskelmasse zeigten sich dagegen nicht.5
Studie belegt Vorteile für Menschen mit chronischen Erkrankungen
Eine andere Studie untersuchte die Auswirkungen von Calisthenics im Vergleich zum Fahrradtraining bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD). Dabei zeigte sich, dass beide Trainingsformen die körperliche Fitness, Lebensqualität sowie Symptome wie Atemnot und Müdigkeit signifikant verbesserten. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen, was darauf hindeutet, dass Calisthenics eine ebenso sichere und effektive Trainingsmethode wie Fahrradtraining für COPD-Patienten darstellt.6
Für wen ist Calesthenics geeignet?
Die Trainingsform Calisthenics eignet sich für alle, die ihren Körper ganzheitlich und funktionell trainieren möchten – unabhängig von Alter, Geschlecht oder aktuellem Fitnesslevel. Da sich die Übungen flexibel an das individuelle Leistungsvermögen anpassen lassen, profitieren sowohl Anfängerinnen und Anfänger als auch Fortgeschrittene. Wer wenig Zeit hat, kein Fitnessstudio nutzen möchte oder ortsunabhängig trainieren will, findet in Calisthenics eine praktische und wirkungsvolle Alternative zum konventionellen Krafttraining.
Wie fängt man mit Calisthenics an?
Damit man den Körper nicht überfordert, sollte der Trainingsstart schrittweise erfolgen. So können bereits zwei bis drei Einheiten pro Woche für Einsteiger ideal sein. Zu Beginn reichen wenige, sauber ausgeführte Wiederholungen aus. Jedoch sollte der Fokus klar auf der Technik statt auf Intensität liegen. Die Übungsanzahl und die Trainingsfrequenz lassen sich später gezielt steigern. Wer sich unsicher fühlt, kann auf Videoanleitungen, Apps oder betreute Einheiten zurückgreifen. Fortgeschrittene können vier bis sechs Mal pro Woche trainieren, sofern Regeneration und Trainingsstruktur stimmen. Wichtig ist es, auf den eigenen Körper zu hören und das Training an das persönliche Energielevel anzupassen.
Calisthenics-Übungen als Basis
Der Einstieg ins Calisthenics gelingt am besten über bewährte Grundübungen, die den ganzen Körper fordern. Dazu gehören:
Klimmzüge
Kräftigen Rücken, Schultern und Arme
Liegestütze
Trainieren Brust, Rumpf, Arme und Schultern
Dips
Beanspruchen Trizeps, Brust und Schultergürtel
Kniebeugen
Stärken Beine und Gesäß
Beinheben
Fördern die Bauch- und Rumpfmuskulatur
Planks
Verbessern die Rumpfstabilität und Körperhaltung
Ausfallschritte und Burpees
Kombinieren Kraft mit Ausdauer
Hangelübungen
Steigern Griffkraft und Schulterstabilität
Diese Übungen lassen sich je nach Fortschritt in Intensität und Schwierigkeit variieren.7

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Fazit – Vorteile und Herausforderungen
Calisthenics überzeugt mit einer Vielzahl an Vorteilen und ist daher für unterschiedliche Zielgruppen interessant. Da für das Training keine Geräte erforderlich sind, lässt es sich unkompliziert und ohne hohe Kosten in den Alltag integrieren. Egal, ob zu Hause, im Freien oder auf Reisen – die Übungen können nahezu überall durchgeführt werden. Besonders effizient ist Calisthenics, weil es mehrere Muskelgruppen gleichzeitig anspricht und so den gesamten Körper in kurzer Zeit fordert. Zusätzlich lässt sich das Trainingsniveau flexibel anpassen, sodass sowohl Einsteiger als auch Fortgeschrittene davon profitieren können. Dank seiner funktionellen Ausrichtung und der hohen Alltagstauglichkeit eignet sich diese Trainingsform auch ideal für Menschen mit engem Zeitplan oder wechselnden Rahmenbedingungen.
Trotz dieser Vorteile gibt es auch einige Herausforderungen, die nicht außer Acht gelassen werden sollten. Calisthenics setzt eine gute Körperbeherrschung und Koordination voraus, was den Einstieg in die Trainingsform besonders für ungeübte Personen erschweren kann. Im Vergleich zum klassischen Krafttraining mit Gewichten sind Fortschritte zudem schwerer messbar, und das gezielte Training einzelner Muskelgruppen ist nur begrenzt möglich. Wer im Freien trainiert, ist außerdem auf gutes Wetter angewiesen. Bei Kälte oder Regen kann das Training schnell unbequem werden. Ein weiterer Nachteil ist das erhöhte Verletzungsrisiko bei unsauberer Ausführung – insbesondere ohne fachliche Anleitung. Zudem gibt es nicht in jeder Stadt öffentliche Anlagen oder Calisthenics-Parks, was den Zugang zum Training erschweren kann.