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„Du läufst wie eine Giraffe!“ Nachdem mich ein Lauftrainer aussortiert hatte, legte ich richtig los

FITBOOK-Redakteurin Anna Echtermeyer ließ sich beim Laufen auch von einem kritischen Lauftrainer nicht beirren
Aus Spott wurde Antrieb. Aus Zweifel Stärke. Und aus mir eine Läuferin mit Ziel. Foto: Anna Echtermeyer
Anna Echtermeyer
Redakteurin

26. Mai 2025, 11:12 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Ich lief seit einer Weile, hatte auch schon an ein paar 10-Kilometer-Läufen teilgenommen. 2018 wollte ich ernsthaft besser werden und meldete mich für ein Probetraining bei einer ambitionierten Laufgruppe eines großen Berliner Laufvereins an. Der Coach gab mir zu verstehen, dass er in mir nicht besonders viel Potenzial sah. Ich ging nie wieder hin und legte auf eigene Faust los.

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An einem frühen Abend im Frühjahr 2018 stand ich in meinen Laufklamotten auf einer Sportanlage in Berlin-Charlottenburg. Gemeinsam mit rund einem Dutzend Läufer wartete ich auf den Lauftrainer. Ich war aufgeregt, der Mann war eine Koryphäe. Seine Zu-Trainierenden waren durch die Bank fitte Läufer. Das waren sie auch tatsächlich, wie sich herausstellte, als der Trainer kam und sie anwies, mit Übungen aus dem Lauf-ABC zu starten. „Was machst du hier?“, ging mir durch den Kopf. Ehe ich mich wegschleichen konnte, wendete er sich mir zu. Und dann wurde es direkt unangenehm.

„Du läufst wie eine Giraffe! Das wird nichts!“

Damit er sich unseren Laufstil anschauen konnte, sollten eine andere Läuferin, die wie ich mal reinschnuppern wollte, und ich einzeln vor dem Trainer hin- und herlaufen. Während sie loslief, schaute ich in sein Gesicht*. Er war mit der Vorführung zufrieden, schien es. Ja, das sollte ich doch hinbekommen … versuchte ich mir selbst noch Mut zu machen und lief beherzt los. Schon auf dem ersten Rückweg rief er mir zu – und das konnten jetzt alle hören: „Oje, du läufst wie eine Giraffe! Das wird nichts!“

Rums. Ich schaute erst mal an meinem Körper runter und wünschte mir inständig, meine Beine würden gerade arbeiten und nicht ungelenk nach innen kippen beim Laufen. Die Hitze stieg mir ins Gesicht. Ich hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit, vor versammelter Runde bloßgestellt zu werden.

Der anderen Läuferin sagte er, sie sei „Marathon-Material“

Das anschließende Probetraining, das unter anderem aus einem 1200-Meter-Tempotest bestand, durfte ich mitmachen – hatte aber eher das Gefühl, zu stören. Der Trainer nahm keine weitere Notiz von mir. Von der anderen „Bewerberin“ dafür umso mehr, rief ihr im Vorbeilaufen gönnerhaft nach, dass sie „sogar Marathon-Material“ sei. Ich konnte nicht fassen, dass wir bei einer so unangenehmen Form von Talentscouting gelandet waren …

Heute, acht Jahre später, ist mir dieser Moment immer noch präsent. Nicht, weil es damals witzig war – zunächst hat es mich entmutigt – sondern weil ich heute weiß, wie sehr mir dieser Spruch zugesetzt hat. Damals hat er mich fast die Freude am Laufen gekostet. Ich war verletzt, entmutigt – und hatte das Gefühl, nicht dazuzugehören. Wie kann man sich als Trainer so demotivierend äußern?

Auch interessant: Macht es einen Unterschied, ob man draußen läuft oder auf dem Laufband?

Wie kann man sich als Lauftrainer nur so demotivierend äußern?

In den Tagen und Wochen danach war meine Motivation zum Laufen im Keller. Doch je mehr ich über diese ärgerliche Situation nachdachte, desto mehr Trotz baute sich auf. Dazu die Erkenntnis, dass ich Laufen nicht aufgeben wollte, weil ich es einfach mag, mich auf diese Weise zu bewegen. Tatsächlich hatte ich mich nach dem Desaster bei Probetraining mit meiner „Konkurrentin“ angefreundet. Ihr war das elitäre Getue des Trainers auch zuwider. Über den Typen lachten wir.

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Die athletische Gazelle aus dem Probetraining und ich, wir waren nun unsere eigene Laufgruppe. Aus dem Spott wurde Ansporn. Aus dem Zweifel ein Ziel. 2019, nach einigen Teilnahmen an 10-Kilometer-Straßenwettkämpfen wagte ich mich zum ersten Mal in meinem Leben an eine konkrete, ambitionierte läuferische Herausforderung: 10 Kilometer in unter 45 Minuten zu laufen. Meine inneren Hürden – der Frust, die Zweifel, – und wie ich trotzdem weitermachte, habe ich damals in einer achtteiligen Kolumne verarbeitet.

Jeder kann sich weiterentwickeln

Statt mich kleinzumachen, zeigte mir mein Challenge-Coach Egidijus damals, worauf es ankommt. Stabilität im Knie, Kontrolle in der Hüfte, bewusste Fußführung. Kleine Korrekturen, gezielte Übungen, wieder und wieder. Let’s be honest: So richtig gerade biegen kann man eine grundsätzliche Beinform nicht. Man kann sie nicht wegtrainieren. Längst nicht jeder hat einen idealtypischen Laufstil – und das ist okay. Aber jeder kann sich weiterentwickeln.

Heute ist das Laufen für mich wieder zu einer Herausforderung geworden. Die Laufschuhe stehen jetzt manchmal tagelang unberührt im Flur – ein Kind verschiebt die Prioritäten. Eins ist aber geblieben: Wann immer ich loslaufe, empfinde ich es als kraftvollen Moment nur für mich. Darauf kann ich aufbauen … mal schauen, wie es weitergeht.

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Das möchte ich dem Lauftrainer von damals sagen

Dem Lauftrainer aus Charlottenburg von damals möchte ich sagen: Sie haben zwar gesehen, wie ich laufe, aber Sie haben mich nicht gesehen. Nicht jeder läuft gerade. Aber jeder hat das Recht, mit Stolz und Freude zu laufen. Wenn schon jemand vor ihnen steht, der bereit ist, sich auszuprobieren und mit anderen zu messen: Geben Sie eine Perspektive, statt diese zu nehmen. Motivation kommt durch Ermutigung, Zielklarheit und Arbeiten.

*ich möchte niemanden bloßstellen, daher bleibt der Name geheim

Themen Laufen

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