Es ist ein Phänomen, das schon viele erlebt haben: Da rafft man sich zum Sport auf, hat mal einen Motivationsschub und treibt mehrmals die Woche Sport, doch die Pfunde wollen einfach nicht purzeln. Die Waage zeigt immer noch das gleiche Gewicht an. Doch warum? Diese Frage haben Forscher 2019 untersucht und herausgefunden, woran das oftmals liegt.

Eigentlich müsste es doch ganz einfach funktionieren: Wer keinen Sport treibt, und plötzlich damit anfängt, kurbelt seinen Stoffwechsel an. Dadurch verbraucht man mehr Kalorien als vorher und verliert an Gewicht. So die Theorie. In der Praxis zeigt sich aber oft, dass übergewichtige Menschen trotz Sport keinen Gewichtsverlust erreichen. Forscher des US-amerikanischen Pennington-Biomedizin-Forschungszentrums in Baton Rouge (Louisiana) wollten genau wissen, woran das liegt. Dazu untersuchten sie 171 übergewichtige Männer und Frauen im Alter zwischen 18 und 65 Jahren. Alle von ihnen bewegten sich zu Studienbeginn wenig. Sie wurden genau vermessen: Gewicht, Kaloriengrundumsatz, Hungergefühl und ihre Fitness wurden erfasst. Außerdem wurden sie zu ihren Essgewohnheiten befragt.1
Warum nimmt man trotz Sport manchmal nicht ab? So war die Studie aufgebaut
Die Forscher teilten die Probanden in drei Gruppen auf:
- Die erste Gruppe konnte ganz normal weiterleben wie vorher.
- Die zweite Gruppe musste sich unter Anweisung dreimal wöchentlich auf dem Laufband oder Hometrainer bewegen, bis sie etwa acht Kilokalorien pro Kilo des Eigengewichts verbrannten. Im Schnitt waren das etwa 700 Kilokalorien pro Woche und Proband.
- Probanden in der dritten Gruppe mussten sich ähnlich wie die der zweiten bewegen, dabei aber 20 Kilokalorien pro Kilo des Eigengewichts verbrennen, insgesamt etwa 1760 Kilokalorien pro Woche.
Ganze sechs Monate sollten die Probanden die Vorgaben beachten. Dabei wurden wieder Stoffwechsel, Kaloriengrundumsatz, Fitness und die Kalorienaufnahme protokolliert. Im Übrigen durften sie sich ernähren, wie sie wollten.
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Das Ergebnis der Studie
Als nach dem Testzeitraum alle Probanden wieder vermessen wurden, kam Erstaunliches zutage: Die Gruppen zwei und drei, die sich mehr bewegen mussten, haben im Vergleich zur bewegungsarmen Gruppe eins gar kein oder nur wenig Gewicht verloren. Zwei Drittel der Teilnehmer der Gruppe 2 und mehr als 90 Prozent der noch aktiveren Gruppe 3 haben weniger Gewicht verloren, als die Forscher erwartet hatten.
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Warum die Probanden trotz mehr Bewegung nicht abnahmen
Die Erklärung, warum die Probanden trotz Sport keinen Gewichtsverlust verzeichneten: Sie aßen einfach mehr. Aber nicht nur aus reinem Hungergefühl heraus, sondern weil sie sich für ihre Anstrengungen belohnten. So gaben insbesondere die Studienteilnehmer, die am wenigsten Gewicht verloren haben, zu Beginn der Untersuchung an, auch mal über die Stränge zu schlagen, weil gesunde Gewohnheiten es erlaubten.
Die Forscher schlussfolgerten daraus, dass ihre Probanden eine Art Tauschhandel im Kopf durchführen nach dem Motto: Wenn ich jetzt Sport treibe, kann ich mir hinterher etwas Ungesundes gönnen und/oder sogar mehr essen.
Interessant war aber auch, dass es gar nicht so viel mehr Kilokalorien waren: Teilnehmer der Gruppe 2 nahmen im Schnitt etwa 90 Kilokalorien und die der Gruppe 3 etwa 125 Kalorien mehr pro Tag zu sich als die Probanden der bewegungsarmen Gruppe 1. Zum Vergleich: Rund 100 Kilokalorien hat eine mittelgroße Banane.
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Fazit
Es braucht nicht viel um Übergewicht zu entwickeln. Bereits ein Kalorienüberschuss in Form von zwei Würfelzucker (27 Kilokalorien) täglich führt in nur zehn Jahren zu mehr als zehn Kilogramm Übergewicht!
Wer durch Sport abnehmen möchte, darf sich nicht dem verführerischen Gedanken hingeben, hinterher beim Essen ordentlich zuschlagen zu dürfen. Stattdessen sollte man trotz Training seine Kalorienmenge beibehalten oder leicht reduzieren, denn nur wer mehr Kilokalorien verbrennt, als er zu sich nimmt, kann Gewicht verlieren.
Grundsätzlich sollte man auf eine ausgewogene Mischkost achten. Zur gesunden und längerfristigen Gewichtsreduktion empfiehlt es sich, entweder 90 oder mehr Kilokalorien pro Tag weniger zuzuführen oder das Ausdauertraining zu erhöhen. Die optimale Fettverbrennung erreicht man im Bereich des Grundlagenausdauertrainings, also mit moderatem Tempo, zum Beispiel beim Joggen oder Radfahren.
Quellen
- 1. Corby K Martin, William D Johnson, Candice A Myers, John W Apolzan, Conrad P Earnest, Diana M Thomas, Jennifer C Rood, Neil M Johannsen, Catrine Tudor-Locke, Melissa Harris, Daniel S Hsia, Timothy S Church, Effect of different doses of supervised exercise on food intake, metabolism, and non-exercise physical activity: The E-MECHANIC randomized controlled trial, The American Journal of Clinical Nutrition, Volume 110, Issue 3, September 2019, Pages 583–592