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Mythos oder Wahrheit

Ist es wirklich schwieriger, fit über 40 zu sein?

Fit über 40: Mann und Frau lachend in Laufkleidung
Was passiert im mittleren Lebensalter im Körper – und wie schwierig ist es, mit über 40 fit zu bleiben? Foto: Getty Images
Martin Lewicki
Freier Autor

28.09.2021, 15:17 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Alles nur eine Frage der Disziplin? Vor allem Prominente machen es uns oft vor: Top-Fit und Traumkörper mit über 40. Doch kann jeder ab der Lebensmitte noch seinen Körper in Form bringen oder ist das bloß eine Illusion? FITBOOK hat sich die Studienlage dazu angeschaut.

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Auf fachliche Richtigkeit geprüft von
Enrico Zessin, Arzt in Weiterbildung für Innere Medizin und Sportmedizin, Verbandsarzt Deutscher Leichtathletik Verband und Diplom-Molekularbiologe

Auf riesigen Plakaten konnte man Anfang der 1990er das Sixpack von Mark Wahlberg alias Marky Mark in Unterwäsche bewundern. Das Beeindruckende: Heute, drei Jahrzehne später begeistert der 50-jährige Wahlberg noch immer mit einem Körper in Top-Form. Auch Stars wie Jason Statham, Halle Berry und Jennifer Aniston machen uns vor, dass man selbst im mittleren Lebensalter einen Traumkörper haben kann. Natürlich muss man bedenken, dass diese Prominenten neben Disziplin auch noch Work-out-Gurus, Ernährungsberater, Köche und Co. als Unterstützung haben. Daher fragen wir uns: Kann tatsächlich jeder mit über 40 noch richtig fit sein? Oder wird es mit zunehmendem Alter doch schwieriger? Wir haben uns die wissenschaftliche Lage dazu angeschaut.

Die Mär vom lahmen Stoffwechsel ab 40

Hartnäckig hält sich die Binsenweisheit, dass der Stoffwechsel ab etwa Mitte 20 immer langsamer wird und ab 40 dann richtig in den Keller fällt. Das klingt irgendwie plausibel, da der Körper nicht mehr wächst und somit rein theoretisch weniger Kalorien verbrauchen müsste. Zudem würde es erklären, warum wir mit dem Älterwerden immer mehr Kilos ansetzen, obwohl wir gefühlt gleich viel essen. Doch diese Vermutungen sind tatsächlich falsch.

In einer aktuellen Meta-Studie haben Forscher die Daten von über 6600 Menschen aus 29 Ländern im Alter zwischen acht Tagen und 95 Jahren analysiert.1 Die erstaunliche Erkenntnis: Bereits mit etwa 20 Jahren stagniert der Grundumsatz eines Menschen ­– also die Kalorienanzahl, die der Körper verbraucht, um alle lebenswichtigen Prozesse aufrechtzuerhalten. Doch anders als vermutet sinkt der Grundumsatz laut der Studie nicht ab der Lebensmitte ab, sondern erst ab dem 60. Lebensjahr. Und auch da ist die Verlangsamung mit 0,7 Prozent pro Jahr relativ gering.

Das heißt, Ihr Stoffwechsel ist zwischen dem 20. und 60. Lebensjahr relativ stabil. Beste Voraussetzungen also, um selbst im Alter jenseits der 40 abzunehmen und Muskeln aufzubauen.

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Der Hormonhaushalt verändert sich

Weit verbreitet dürfte das Wissen über die Tatsache sein, dass sich der Hormonhaushalt im Laufe des Lebens verändert. Insbesondere Frauen nehmen es vermutlich deutlicher wahr – durch die Menstruation und im späteren Verlauf des Lebens durch die Menopause. Anders als Frauen, kommen Männer zwar nicht in die Wechseljahre, aber auch sie merken eine Veränderung ihres Hormonhaushalts. Das zeichnet sich oft durch einen starken Leistungsabfall und eine verminderte Libido ab. Doch welchen Einfluss haben die Hormone auf die Fitness der Ü40-Jährigen?

Bei Männern

Tatsache ist, dass ab etwa dem 30. Lebensjahr bei Männern der Testosteronspiegel im Körper langsam sinkt. Da das männliche Sexualhormon Testosteron unter anderem auch für den Muskelaufbau und die Leistungsfähigkeit zuständig ist, kann ein sehr niedriger Testosteronspiegel die Fitness negativ beeinflussen. Wenn Männer bei sich eine Antriebsschwäche, weniger Muskelkraft und eine Abnahme der sexuellen Lust wahrnehmen, sollten sie beim Arzt den Testosteron-Wert ermitteln lassen.

Erst wenn man nachweislich einen niedrigen Testosteronspiegel hat und darunter leidet, kann der Arzt im Bedarfsfall ein Mittel verschreiben, um den Mangel zu beheben. Doch die Testosteron-Substitution ist umstritten. Laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Auswertung von Studienergebnissen gibt es keine Hinweise dafür, dass die Mittel das Leben verlängern, die Sexualität deutlich verbessern oder die Fitness und Gesundheit steigern. Selbst in einer Studie mit Männern über 60 wurde nur eine leichte Verbesserung der Fitness nach einer dreijährigen Testosteron-Substitution festgestellt.2

Die KBV weist darauf hin, dass eine Testosteron-Substitution Nebenwirkungen mit sich bringen kann wie zum Beispiel die Verdickung des Blutes mit Thrombose-Gefahr, erhöhte Blutfette, Kopfschmerzen, Prostatabeschwerden, eine Brustschwellung bis hin zu Stimmungsschwankungen und Bluthochdruck.

Bei Frauen

Bei Frauen hingegen verändert sich der Hormonhaushalt oft mit Anfang 40. In der sogenannten Prämenopause verlangsamen die Eierstöcke die Hormonproduktion. Das führt zu einem Ungleichgewicht des Östrogens. Die Menstruation kann unregelmäßig auftreten, stärker oder länger andauern. Dazu kommen Beschwerden wie Nervosität und Reizbarkeit, Leistungsabfall, Hitzewallungen, depressive Verstimmungen, Schlafprobleme sowie Libidoverlust.

Doch es gibt eine gute Nachricht: Bei Frauen, die leichten oder intensiven Sport treiben, sind die Beschwerden in der Prämenopause und Menopause weniger stark ausgeprägt als bei Frauen, die nicht sportlich aktiv sind.3 Auch bei Männern führt regelmäßiger Sport zu einem höheren Testosteron-Level.4 Experten empfehlen sogar, insbesondere ab der Lebensmitte Kraftsport zu betreiben, um den altersbedingten Muskelabbau zu verhindern. Allein schon der Gesundheit wegen, sollte man sich ab 40 fit halten.

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Langzeitstudie zeigt: Es ist nie zu spät für Sport

Diese Studie hat es in sich: Zwischen der ersten Untersuchung der Probanden und der zweiten liegen 30 Jahre. Im Jahr 1966 wurden in Dallas (USA) fünf 20-jährige Männer einer umfassenden physiologischen Untersuchung unterzogen.5 Anschließend wurde ihnen zunächst eine dreiwöchige Bettruhe verschrieben. Die Ergebnisse hinterher waren erschreckend: ein schnellerer Ruhepuls, ein erhöhter Blutdruck und ein kompletter Rückgang der allgemeinen Fitness. Daraufhin folgte eine achtwöchige Phase mit Ausdauertraining und die Probanden erlangten wieder ihre ganze Fitness zurück.

Die gleichen Männer wurden 30 Jahre später, jetzt im Alter von um die 50, untersucht. Sie wurden wieder einem Trainingsprogramm unterzogen. Nach sechs Monaten hatten sie abgenommen, einen niedrigeren Blutdruck und ähnliche Fitnesswerte wie damals im Alter von 20 Jahren, als sie die Studie antraten. Basierend auf den Studienergebnissen, empfahlen die Forscher, Wandern, Radfahren und Joggen, damit Menschen auch im höheren Alter fit bleiben.

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Doch auch Krafttraining sollte man nicht vernachlässigen. Wie eine internationale Studie gezeigt hat, besteht bei Männern ab 45 eine mögliche Verbindung zwischen dem Rückgang von Muskelmasse und einem erhöhten Gesundheitsrisiko fest.6 „Während der ganzen Studie wurde deutlich, wie wichtig es für Männer im mittleren Alter ist, so wenig wie möglich an Muskelmasse zu verlieren, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu minimieren“, folgerte der Hauptautor der Studie Stefanos Tyrovolas.

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Fazit

So lässt sich am Ende konstatieren: Wenn Sie mit über 40 weder die Ambitionen hegen noch die Disziplin aufbringen können, um sich ein Sixpack wie Mark Wahlberg oder Halle Berry anzutrainieren, sollten Sie sich dennoch fit halten und Sport treiben – allein der Gesundheit wegen! Gute Ausreden gibt es nämlich aus wissenschaftlicher Sicht nicht.

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Quellen

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