
23. Mai 2025, 19:37 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Das klassische Kreuzheben mit der Langhantel trainiert so ziemlich den ganzen Körper und spricht viele Muskeln an, ganz besonders die Rückenmuskulatur. Variieren kann man dabei vor allem bei der Griffart, die Auswirkungen auf die Belastung hat und damit auch neue Trainingsreize setzen kann. FITBOOK-Autor Tony Poland erklärt zusammen mit Personal Trainer Timo Kirchenberger, welche Varianten es gibt und in welchem Fall man sie verwenden sollte.
Bei der Ganzkörperübung Kreuzheben – auch Deadlift genannt – wird vereinfacht gesagt eine Langhantel vom Boden bis zur Hüfthöhe gezogen – dabei kann man zwischen verschiedenen Griffvarianten wählen. Führt man die Übung sauber aus, verbessern sich Kraft, Griffkraft, Haltung und Stabilität. Dies ist gerade auch im täglichen Leben wichtig, um vor Verletzungen geschützt zu sein. Beim Greifen der Hantel hat man, wie eigentlich immer bei solchen Übungen, eine Wahl: Wie positioniert man seine Hände an der Hantelstange? Welche Griffvarianten gibt es eigentlich beim Kreuzheben und für wen sind sie besonders geeignet?
Übersicht
Diese Muskeln werden beim Kreuzheben trainiert
Speziell Rücken, Po und Oberschenkel stehen beim Kreuzheben in den Fokus, egal bei welcher Griffvariante. „Primär handelt es sich um die dorsale, also die hintere Kette“, sagt Timo Kirchenberger. „Also die Verbindung zwischen Rückenmuskulatur übers Gesäß, der Oberschenkelrückseite und runter bis zur Wade und zur Fußsohle“, beschreibt der Fitness-Experte die am meisten beanspruchten Körperregionen. „Außerdem ist ein extrem hoher Anteil der Hüftstreckkraft notwendig, auch unsere Rumpfmuskulatur wird dabei immens gefordert.“
Die Bewegung findet hauptsächlich über die Hüfte und die Beine statt. Die Arme dagegen dienen mehr oder weniger als Verlängerung, um die Last der Langhantel zu übertragen. Gerade die exzentrische Phase, also die nachgebende Phase, sei beim normalen Kreuzheben in Bezug auf einen erhöhten Trainingsreiz wichtig. „Es macht sogar Sinn, diese vielleicht nochmal extra zu betonen. Indem man sich beispielsweise besonders langsam absenkt“, so der Fachmann.
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1. Doppelter Obergriff (Double Overhand Grip)
Der Klassiker unter den Griffvarianten beim Kreuzheben ist der doppelte Obergriff. Schließlich ist diese Form die einfachste und auch natürlichste Variante und daher besonders für Einsteiger mit leichteren Gewichten gut geeignet. Hinzu kommt, dass diese Form relativ einfach zu erlernen ist. Beide Hände greifen dabei symmetrisch die Hantelstange von oben, die beiden Handrücken zeigen zum Kopf, die Daumen nach innen. Durch die Symmetrie verteilt sich die Belastung gleichmäßig, außerdem werden so Rücken, Trapez und Latissimus gleichermaßen angesteuert. Vorsicht: Gerade bei schwerem Gewicht kann es passieren, dass die Stange leichter aus den Händen rutscht!
„Der Obergriff eignet sich vor allem für Anfänger, so dass man sozusagen in symmetrischer Schulterposition greift. Gerade zu Beginn sollte man erstmal die Ausführung richtig lernen. Wo muss die Hüfte stehen, wie spricht man den Körper an und wie ist die Hantelführung? Sie wird eng am Körper geführt“, fasst Timo Kirchenberger zusammen. Außerdem sei es wichtig, Core-Stabilität aufzubauen und aufrechtzuerhalten. „Das sind erst mal die relevanteren Punkte. Danach kann man sich immer noch mit dem Griff beschäftigen“, empfiehlt der Athletiktrainer.
Übrigens: Diese Griffart werde auch eingesetzt, um das Olympische Gewichtheben vorzubereiten. „Auch wenn man zum Beispiel im Crossfit-Bereich unterwegs ist, spielt auch das Umsetzen und Reißen eine große Rolle“, weiß Timo Kirchenberger. „Und dann möchte man das ganze irgendwann auch im Obergriff trainieren.“
2. Doppelter Untergriff (Double Underhand Grip)
Der Gegenpart dazu wäre der doppelte Untergriff. Hierbei greift man die Hantel mit beiden Handflächen in Richtung Gesicht, die Daumen zeigen nach außen. Diese Variante wird aber sehr selten genutzt. „Sie hat keine besondere Relevanz, keinen Vorteil in dem Sinne und auch keinen Übertrag in eine andere Sportart“, so der ehemalige Leistungssportler.
Einzig für Menschen mit Einschränkungen, wie Unterarmproblemen, sei der doppelte Untergriff eventuell ratsam. Hat jemand vielleicht eine Entzündung im Ellenbogen, die einem den Obergriff nicht erlaubt, oder Schwierigkeiten mit der Schulter, könne dieser Griff eine Variante sein. „Vielleicht kann man damit eher um eine Verletzung herum trainieren“, meint Timo Kirchenberger. „Der doppelte Untergriff ist aber sehr unüblich und ich würde ihn auch in keine Kategorie im Sinne von fortgeschritten oder weniger fortgeschritten stecken.“
Hinzu kommt, dass der Griff bezogen auf die Biomechanik sehr ungünstig ist. Die Gefahr ist hoch, dass die Hantel aus den Fingern rollt. So wirklich Halt bietet der Untergriff also nicht, es entsteht ein instabiles Gefühl. Und dann geht der eigentliche Fokus auf die Ausführung der Übung schnell verloren.
3. Kreuzgriff (Mixed Grip)
Extrem beliebt, oder vielleicht sogar der Standardgriff bei Fortgeschrittenen, ist ein Mix aus den ersten beiden Griffarten. Dabei greift man die Langhantel mit einer Hand im Obergriff, die andere Hand im Untergriff. Dadurch ist es möglich, besonders schwere Gewichte zu heben. Denn der entstehende Kreuzgriff verhindert ein Abrollen oder Rutschen der Stange, da beide Hände quasi entgegengesetzt stehen. „Die Langhantel hat ein Kugellager an der Seite. Das heißt, dass sich die Stange die ganze Zeit dreht. Und beim Kreuzheben müssen die Unterarme permanent gegen diese kleine Drehung arbeiten, wenn man die Last hochhebt“, beschreibt Timo Kirchenberger genauer. „Wenn man einen Kreuzgriff wählt, dann dreht quasi eine Hand die Hantel nach vorn und die andere Hand die Hantel nach hinten. Die zwei entgegengesetzten Kräfte heben sich so auf und man sozusagen eine ‚starre‘ Stange. Und dann ist es von der Griffkraft her deutlich einfacher, das Gewicht zu bewegen“, erklärt er.
Was es mit der „Schokoladenseite“ auf sich hat
Jeder Sportler hätte dabei übrigens eine „Schokoladenseite“, die man austesten könne. Empfehlung des Experten: Schwerere Gewichte immer mit dieser Seite bewegen, eine leichtere Last mit der etwas schwächeren Seite. So trainiert man nicht zu einseitig. „Dann hätte man ungefähr ein ähnliches Volumen in beiden Griffvarianten bewegt, ohne dass man zu asymmetrisch wird“, verdeutlicht Timo Kirchenberger.
Doch was ist überhaupt die „Schokoladenseite“? Nun, das würde bedeuten, dass zum Beispiel die linke Hand im Untergriff ist und die rechte im Obergriff. „Manche fühlen sich mit einem Oberarm, der nach innen rotiert ist, einfach stärker. Das ist von Sportler zu Sportler unterschiedlich, wie die Schulterbeweglichkeit es hergibt. Die meisten Menschen haben eine präferierte Seite, ob sie etwa mit der rechten Hand nach außen zeigen oder nach innen“, weiß der Personal-Coach aus Erfahrung.
4. Haken-Griff (Hook Grip)
Erfahrene Gewichtheber entscheiden sich beim Kreuzheben gerne auch für den Haken-Griff. Dieser wird mit beiden Händen im Obergriff ausgeführt, die Daumen werden dabei zwischen der Hantelstange und den Fingern eingeklemmt bzw. eingeschlossen. Er ist noch sichererer als der Kreuzgriff und deshalb auch bei noch schwereren Gewichten sinnvoll, da man eine höhere Grifffestigkeit hat. Denn die Daumen „verhaken“ sich mit den restlichen Fingern und das Gewicht kann nur schwer aus der Hand rollen. Der größte Unterschied besteht darin, dass die Belastung beim Haken-Griff symmetrisch ist. Die Muskelbeanspruchung ist also nicht einseitig. Für den Daumen kann dies zwar zunächst schmerzhaft sein, aber man gewöhnt sich normalerweise nach einer Zeit daran.
„Wenn man weiß, dass man später mal zum Reißen beim Gewichtheben kommen möchte, dann würde man von Anfang an den Hook Grip mit reinnehmen. Wenn man dieses Ziel aber nicht hat, dann ist der Kreuzgriff wahrscheinlich leichter“, schätzt Timo Kirchenberger ein.
5. Neutraler Griff
Letztlich gibt es auch noch den neutralen Griff, der mit einer normalen Langhantel aber nicht möglich ist. Beide Handflächen zeigen nämlich zueinander, hierfür benötigt man beispielsweise eine Hex-Bar. Dort sind die Griffe entsprechend positioniert. Diese einsteigerfreundliche Position schont Schultern, Handgelenke und Rücken. Urteil des Experten: „Der neutrale Griff funktioniert auch sehr gut. Mit der Hex-Bar ist es von der Ausführung her sowieso nochmal einfacher, als mit einer normalen Langhantel. Man hat die Hände weiter vorn, ein bisschen dichter an den Knöcheln. So feuert die Rückenmuskulatur richtig und man kann die Kraft halten“, sagt Timo Kirchenberger.
Die Hex-Bar ist also besonders gut für Einsteiger geeignet. Neben Hantel und Griffvarianten gibt es noch weitere Fehler beim Kreuzheben, die man beachten sollte.

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So kann man seine Maximalkraft testen
Mit der Anfangsbewegung beim Kreuzheben kann man außerdem auch seine Maximalkraft bestimmen. Diese bezeichnet das größtmögliche Gewicht, welches man ein einziges Mal mit sauberer Technik sowie maximaler Anstrengung heben kann. Angegeben wird es in „One Repetition Maximum“ (1RM). „Macht man den Maximalkrafttest, dann lässt man die Hantel oben los. Man muss sie dann nicht mehr sauber zum Boden führen“, so Timo Kirchenberger. „Man startet einfach am Boden und steht mit dem Gewicht auf. Wenn es darum geht, die höchste Last zu bewegen, dann wäre dies eine vollständige Wiederholung.“
Zu empfehlen sei dabei der Kreuzgriff. „Einfach weil man eine stärkere Kraft erzeugen kann und eine stärkere Griffkraft hat. Man kann sich wirklich mehr auf den Drive der Hüfte und der Beine konzentrieren, als dass man mit den Händen beschäftigt ist. So kann man mehr Gewicht bewegen“, schließt Timo Kirchenberger ab.1,2