
19. Mai 2025, 11:05 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Wie viele andere Früchte enthalten auch Kiwis zahlreiche Vitamine und Mineralstoffe. 100 Gramm decken rund 50 Prozent des Tagesbedarfs an Vitamin C. Hinzu kommen relevante Mengen an Vitamin E, Kalium und Vitamin K. Zudem enthält die ursprünglich aus Ostasien stammende Beerenfrucht vergleichsweise viele Ballaststoffe und unterstützt somit eine gesunde Verdauung. Nur wenige wissen jedoch, dass Kiwis auch einen Einfluss auf den Schlaf zu haben scheinen. FITBOOK-Chefredakteur Nuno Alves hat sich die Studienlage genauer angeschaut – und berichtet von eigenen Erfahrungen.
Als ich in einem Podcast erstmals von der möglichen Wirkung von Kiwis auf den Schlaf hörte, konnte ich es zunächst kaum glauben. Zwei Kiwis vor dem Zubettgehen sollen spürbar den Schlaf verbessern? Das klang fast zu gut, um wahr zu sein. Also begann ich, nach Studien zu suchen, die den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Kiwis und der Schlafqualität untersucht haben. Tatsächlich gibt es mehrere. Problem jedoch: Einige Studien wurden teils von Kiwi-Unternehmen finanziert oder unterstützt.
Übersicht
Was Studien zur Wirkung von Kiwis auf den Schlaf sagen
Die erste Studie, die gezielt den Einfluss von Kiwis auf den Schlaf untersuchte, wurde 2011 veröffentlicht und wurde teils von Zespri, einem Vertreiber von Kiwis, finanziert.1
Wissenschaftler der Universität Taipeh prüften, ob der regelmäßige Verzehr der Frucht die Schlafqualität bei 24 Erwachsenen mit selbstberichteten Problemen verbessern kann. Vier Wochen lang aßen die Probanden jeden Abend zwei Kiwis. Die Erhebung der Schlafparameter erfolgte mittels Fragebögen, Schlaftagebuch und einem speziellen Armband. Das Ergebnis: Die Teilnehmer schliefen im Schnitt 35,4 Prozent schneller ein, berichteten 28,9 Prozent weniger nächtliche Wachphasen und verlängerten ihre Gesamtschlafdauer um 13,4 Prozent. Auch die Schlafeffizienz nahm um 5,41 Prozent zu. Der Gesamtschlafqualitäts-Score verbesserte sich signifikant. Die objektiven Messwerte des Armbands bestätigten eine Zunahme der Schlafdauer um 16,9 Prozent und der Effizienz um 2,38 Prozent. Bei Einschlafzeit und nächtlichem Wachliegen zeigten sich jedoch keine signifikanten Veränderungen.
Eine weitere Untersuchung aus Neuseeland, die den Effekt bestätigt, wurde ebenfalls teilweise von Zespri unterstützt.2 Die placebokontrollierte Crossover-Studie aus dem Jahr 2023 wollte herausfinden, wie sich Kiwi auf den Schlaf von 24 jungen Männern auswirkt. Zwölf davon waren gute, zwölf schlechte Schläfer. Die Teilnehmer aßen abends entweder zwei frische Kiwis, eine gefriergetrocknete Kiwi-Pulvermischung (mit Schale) oder lediglich Wasser. Neben dem Schlaf wurden auch die Stimmung sowie bestimmte Urinwerte analysiert. Das Ergebnis: Der Konsum von Kiwi führte dazu, dass die Teilnehmer besser aus dem Bett kamen und sich morgens wacher fühlten. Der Effekt war bei gefriergetrockneten Kiwis sogar stärker. Zudem stieg nach dem Konsum von frischer oder getrockneter Kiwi der Spiegel eines Serotonin-Abbauprodukts (5-HIAA) im Urin signifikant – ein Hinweis darauf, dass Kiwi tatsächlich biochemisch wirkt.
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Auch unabhängige Studien berichten von positiven Effekten von Kiwi auf den Schlaf
Obwohl die oben erwähnten Studien interessante Hinweise liefern, bleiben aufgrund der Unterstützung durch einen Kiwi-Vertreiber natürlich Zweifel an ihrer Objektivität. Es gibt allerdings auch unabhängige Untersuchungen. In einer randomisierten Studie aus Norwegen aus dem Jahr 2017 wollten Forscher wissen, welchen Einfluss Kiwis auf den Schlaf von Menschen mit chronischen Insomnie-Symptomen haben.3 Bei dieser häufigen Schlafstörung reichen herkömmliche Therapien wie kognitive Verhaltenstherapie nicht immer aus. 74 Studierende aßen über vier Wochen täglich 130 Gramm Kiwis oder – als Kontrollfrucht – Birnen, jeweils eine Stunde vor dem Zubettgehen. Die Auswertung basierte auf Schlafprotokollen, Aktigraphie-Daten (Bewegungsmessungen per Armband zur objektiven Schlaferfassung) und etablierten Fragebögen. Ergebnis: Zwar blieben objektive Schlafparameter unverändert, doch subjektiv verbesserte sich die Schlafqualität sowie das Tagesbefinden signifikant in der Kiwi-Gruppe. Die Autoren schlussfolgern, dass Kiwi schlaffördernde Eigenschaften besitzen könnte – vor allem auf subjektiver Ebene. Allerdings ist ein Placebo-Effekt nicht auszuschließen.
In einer weiteren Studie analysierten Wissenschaftler 2023 erstmals den Einfluss von Kiwis auf Schlaf und Erholung bei Hochleistungssportlern – einer Gruppe, die durch späte Trainingszeiten, Wettkämpfe und häufiges Reisen besonders anfällig für Schlafprobleme ist.4
15 Nationalkader-Athleten, darunter Segler und Mittelstreckenläufer, konsumierten über vier Wochen hinweg jeden Abend zwei grüne Kiwis, jeweils eine Stunde vor dem Zubettgehen. Die Resultate zeigten klinisch signifikante Verbesserungen:
- deutlich verbesserte Schlafqualität
- Gesamtschlafdauer näherte sich dem empfohlenen Bereich für Athleten (8 bis 10 Stunden)
- erhöhte Schlafeffizienz bei zuvor grenzwertigen Werten
- reduziertes nächtliches Aufwachen
- weniger Wachliegen nach dem Einschlafen
- geringere morgendliche Müdigkeit
- Rückgang des allgemeinen Stressempfindens
- Rückgang des sportbezogenen Stressempfindens
Zwar basierten die Ergebnisse ausschließlich auf Selbstauskünften – weshalb Fehler nicht auszuschließen sind –, doch die Autoren betonen die Alltagstauglichkeit dieser einfachen, ernährungsbasierten Maßnahme.

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Mögliche Gründe für die positive Wirkung von Kiwis auf den Schlaf
Eine mögliche Erklärung für die schlaffördernden Effekte liefern die neuseeländischen Forscher, bei der die Unabhängigkeit der Untersuchung zumindest fraglich ist. Dennoch interessant: Die Wissenschaftler vermuten einen Zusammenhang mit dem Serotonin-Stoffwechsel. Serotonin – oft als Glückshormon bezeichnet – spielt eine wichtige Rolle bei der Schlafregulation und steckt in relevanten Mengen in Kiwis. Zudem enthält die Beerenfrucht von Natur aus reichlich Melatonin, das ebenfalls entscheidend an der Steuerung des Schlaf-Wach-Rhythmus beteiligt ist. 100 Gramm bringen es auf rund 2,4 Milligramm – eine relevante Menge, die über dem Gehalt vieler frei verkäuflicher Nahrungsergänzungsmittel liegt.

Meine Erfahrungen mit Kiwi
„Natürlich habe auch ich ausprobiert, wie sich der Konsum von ein oder zwei Kiwis etwa eine Stunde vor dem Zubettgehen auf den Schlaf auswirkt. Meine Erfahrung nach mehreren Wochen: Mein Schlaf ist im Durchschnitt etwas besser und tiefer, und ich habe den Eindruck, nachts seltener bewusst aufzuwachen. Dieser subjektive Eindruck wird teils durch die Messwerte meines Schlaftracker-Rings gestützt. Ist das immer der Fall? Nein. Auch nach dem Konsum von Kiwis hatte ich schon durchwachsene Nächte. Das zeigt, dass die Schlafqualität von vielen Faktoren abhängt und nicht nur durch einzelne Maßnahmen oder Lebensmittel beeinflusst wird.“
Interessant: Auch Extremsportler und Abenteurer Jonas Deichmann, der im vergangenen Jahr 120 Triathlon-Langdistanzen am Stück absolvierte und damit einen Weltrekord aufstellte, schwört auf Kiwi für einen besseren Schlaf. Im Interview mit mir sagte Jonas: „Das ist durch Studien bestätigt.“ Während seines Weltrekordprojekts „Challenge 120“ aß er jeweils 45 Minuten vor dem Zubettgehen zwei Kiwis, um einen möglichst erholsamen Schlaf zu fördern.
Eines lässt sich jedenfalls sagen: Eine Kiwi am Abend schadet nicht – und ist im Gegensatz zu vielen Schlafhilfen, die eingenommen werden, eine der gesünderen Optionen.