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FITBOOK klärt auf

Die fünf hartnäckigsten Mythen über Kalorien

Eine Frau hält zwei Teller, einmal mit Schokomuffin und einmal mit Gemüse hoch
Die Geschichte der Kalorien ist eine Geschichte voller Missverständnisse. FITBOOK klärt 5 Mythen auf. Foto: Getty Images
Friederike Ostermeyer
Freie Autorin

27.08.2021, 14:35 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Kalorien sind alle gleich, machen dick und nur wer sie zählt, nimmt auch ab? Alles hartnäckige Halbwahrheiten! FITBOOK räumt mit den 5 größten Kalorien-Mythen auf.

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Die Geschichte der Kalorien ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Während einige Kalorien-Mythen sich glücklicherweise aufgelöst haben (Kalorien aus Fett sind schlecht usw.), halten sich andere hartnäckig. Zunächst: Die Kalorie ist eine physikalische Einheit und beschreibt die benötigte Energie, um ein Gramm Wasser von 14,5 auf 15,5 Grad Celsius zu erhitzen. Würde man damit einen Wasserkocher betreiben, ließen sich sehr genaue Voraussagen machen. Der menschliche Körper ist allerdings viel zu komplex und geheimnisvoll, als das er sich in ein simples Kalorien-Schema pressen ließe. Daher nehmen wir in dieser Stelle fünf veraltete Mythen wissenschaftlich unter die Lupe.

Mythos 1: Ob aus Brokkoli oder Schokoriegel – eine Kalorie ist eine Kalorie

Es ist völlig egal, ob die aufgenommen 100 Kalorien aus Brokkoli stammen oder einem Schokoriegel, heißt es immer wieder. Das führt auch dazu, dass einige sich lieber auf die Tüte Pommes statt auf „Kalorien-Bombe“ Vollkorn-Avocado-Toast stürzen. Kommt ja rein rechnerisch aufs selbe raus, oder? Nein! Der Körper ist keine Maschine, der sich einfach nur mit Energie allein zufriedengibt (sonst würde eine Tüte Zucker pro Tag ausreichen), sondern ein komplexes biochemisches Gefüge. Kommen nämlich mit den Kalorien keine Vitamine, Mineralien, Pflanzenverbindungen, Proteine und andere Nährstoffe daher, beginnt der Körper gegen einen zu arbeiten. Bestes Beispiel: Fruktose (Fruchtzucker). Wie eine brandneue Studie kürzlich herausfand, vergrößert der rasant verdauliche Einfachzucker die Darmzotten. Vergrößerte Darmzotten sorgen dafür, dass mehr Kalorien vom Körper aufgenommen werden, was zu einer vermehrten Fetteinlagerung und damit Gewichtszunahme führt (FITBOOK berichtete).1 Wahre Fruktose-Bomben sind Smoothies, aber auch mit Fruktose- oder Maissirup gesüßte Limonaden, Süßigkeiten und Fertiggerichte.

Wer meint, als Freund der deftigen Junk-Food-Küche auf der sicheren Seite zu sein, irrt ebenfalls. Eine ältere Studie aus dem Jahr 2007 fand heraus, dass Affen, die Transfette konsumierten, viermal mehr Gewicht zunahmen als Affen, die dies nicht taten, obwohl sie exakt die gleiche Menge an Kalorien zu sich nahmen.2 Daraus ergibt sich die These: Ein optimal mit Nährstoffen versorgter Körper ist einfach entspannter. So, als ob er wisse, dass kein Mangel herrscht. Fehlt es allerdings daran, lagert er panisch jede verfügbare Kalorie als Fett ein.

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Mythos 2: Der Körper verwertet jede einzelne Kalorie, die er bekommt

Womit wir beim nächsten Mythos angelangt wären. So hält sich die Auffassung, dass der Körper von den durchschnittlich täglich aufgenommen 2300 Kalorien auch jede einzelne verwertet. Tatsächlich „rutscht“ ein beachtlicher Teil einfach durch. Besonders, wenn sie in Form von Ballaststoffen (Vollkorn, Obst, Gemüse) daherkommen. Der Darm und sein Mikrobiom ist manchmal ziemlich „schlampig“, wenn es darum geht, die ihm zugeführte Energie auch zu nutzen. Das kann man zu seinem Vorteil machen. Forscher der Universität Harvard fanden heraus, dass Erhitzen die Kalorien bestimmter Lebensmittel erhöht.3 Der Grund: Bestimmte Proteine und vor allem Stärke werden durchs Kochen erst aktiviert und für den Organismus nutzbar gemacht.

Der sogenannte Faser-Effekt wurde ebenfalls Anfang 2021 im Rahmen einer Studie bei Mandeln beobachtet (FITBOOK berichtete). Hier zeigte sich, dass 20 Prozent der Mandel-Kalorien weder verwertet noch vom Körper aufgenommen wurden. Stattdessen fanden sich die „verloren gegangen“ Kalorien im Stuhl der Probanden wieder – und zwar in Form von Fett.4 Und: Trotz des hohen Fettgehalts nahm niemand der Teilnehmer auch nur ein Gramm zu.

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Mythos 3: Auf die Kalorienangaben auf Verpackungen kann man sich verlassen

Figurbewusste, die bei jedem Einkauf akribisch die Kalorienangaben auf den Verpackungen studieren, können sich die Zeit eigentlich sparen. Es handelt sich dabei lediglich um Richtwerte, denen natürliche Schwankungen unterlegen sind. Und daher dürfen die Angaben laut europäischer Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV) um bis zu 20 Prozent abweichen.5 Es ist also erlaubt und damit zu vermuten, dass die Hersteller hier und da ein wenig schönen. Mit etwas Pech hat man also trotz Kalorienzusammenrechnen auf Basis der Verpackungen statt der erhofften 2000 Kalorien 2400 Kalorien verputzt. Eine weitere Studie untersuchte die Genauigkeit von Nährwertangaben und fand heraus, dass abgepackte Fertiggerichte im Durchschnitt acht Prozent mehr Kalorien enthielten als auf den Etiketten angegeben.6 Das kann sich summieren. Angaben auf Restaurant-Speisekarten sollte man gänzlich misstrauen. Diese schießen gerne mal 300 Kalorien über den deklarierten Wert hinaus – und das völlig legal.

Mythos 4: Abnehmen funktioniert nur, wenn man Kalorien zählt

Akribisches Kalorienzählen kostet mehr Zeit und Nerven als wirkliche Kilos. Und trotzdem hält sich das Gerücht, dass das, was nicht reingeht, auch nicht drauf kann. Sicher, die Kalorien vor einer Mahlzeit im Kopf kurz zu überschlagen kann hilfreich sein, ist aber nicht das goldene Ticket zum Beach-Body. Zum einen, weil der Organismus bei plötzlich abnehmender Kalorienzufuhr bekanntlich in den Panikmodus verfällt und dreifach gut mit Fett und Kohlenhydraten haushaltet (Jo-Jo-Effekt). Der Grund sind laut Studien durch Hunger ausgelöste hormonelle Mechanismen, die Dauerhaft den Appetit anregen.7 Was viel besser hilft, ermittelte eine Studie aus dem Jahr 2018: Der Verzicht auf verarbeitete Lebensmittel und Zucker, viel frisches Gemüse und Vollkornprodukte, Selbstgekochtes und natürlich das Hineinhören in den eigenen Körper, um zu fühlen, was ihm guttut und was nicht. 8

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Mythos 5: Kaltes Wasser trinken verbrennt Kalorien – oder die Mär von negativen Kalorien

Es sind vor allem rückwärtsgewandte Frauenzeitschriften, die einem den Bären aufbinden wollen, dass besonders kalorienarmes Gemüse wie Sellerie (9 pro Stängchen) oder große Mengen kaltes Wasser dafür sorgen, dass der Körper beim Verarbeiten mehr Kalorien verbrennt, als aufnimmt. Negative Kalorien, so die Bezeichnung, welche als „Diät-Geheimnis der Stars“ angepriesen wird. Das ist Humbug! FITBOOK ist diesem hartnäckigen Dauermythos natürlich bereits nachgegangen.

Hierzu erklärt Ernährungsexperte Jörn Utermann: „Nein, es ist kein Effekt auf den Stoffwechsel vorhanden. Ebenso wenig auf den Grundumsatz und man verbrennt auch nicht mehr Kalorien.“ Die Menge der verbrauchten Kalorien verhalte sich immer prozentual zur aufgenommenen Energiemenge und könne diese nie übersteigen. 2019 nahm sich der Vollständigkeit halber eine empirische US-Studie der Frage an und widerlegte ein für alle Mal die Existenz von Lebensmitteln mit negativem Kaloriengehalt. 9

Kurz nachgedacht würde so etwas wie negative Kalorien evolutionstechnisch keinen Sinn ergeben. Den größten Teil der Menschheitsgeschichte war jede einzelne Kalorie Gold wert. Was wäre das für ein gemeiner Schachzug der Natur, den Menschen Lebensmittel – allen voran Wasser – vorzusetzen, die ihnen kostbare Energie entzöge, statt zu geben? Dass man durch Essen oder Trinken abnimmt, geht gegen jede Logik.

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Quellen

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