20. August 2024, 4:06 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Histidin ist für das Immunsystem, kindliche Wachstumsphasen und die Blutbildung unerlässlich. Doch die Aminosäure kann auch unerwünschte Reaktionen auslösen. FITBOOK-Autorin Beke Enderstein erklärt, in welchen Lebensmitteln die Aminosäure vorkommt – und wie man optimal von einer ausreichenden Aufnahme profitiert.
Histidin ist eine Aminosäure, die reichlich im Hämoglobin – ein Transportprotein für Sauerstoff – enthalten ist und viele Funktionen im Körper erfüllt. In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die Wirkungen von Histidin sowie darüber, welche Lebensmittel reich an dieser wichtigen Aminosäure sind – und in welchen Fällen Sie Histidin supplementieren sollten.
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Übersicht
Was ist Histidin?
Das klinische Wörterbuch Pschyrembel zählt Histidin zur Kategorie der bedingt-unentbehrlichen Aminosäuren.1 Das bedeutet, dass ein gewisser Anteil vom Körper selbst in der Leber synthetisiert werden kann. Die körpereigene Histidinbildung erfolgt dabei über die Hydrolyse von Proteinen (Eiweißspaltung unter Wassereinwirkung). Dementsprechend muss der größte Teil des benötigten Histidins über die Nahrung – oder gegebenenfalls über ein Supplement – aufgenommen werden.
Histidin – eine (bedingt) unentbehrliche Aminosäure
Aufgrund der körpereigenen Bildung kann eine vorübergehende unzureichende Histidin-Aufnahme bei Erwachsenen kurzzeitig überbrückt werden. Da dieser Mechanismus bei Säuglingen und im Kindesalter nicht ausreichend funktioniert bzw. Histidin während Wachstumsphasen unerlässlich ist, gilt Histidin zu Beginn des Lebens als unentbehrlich.2 Das Gleiche gilt für Personen mit Niereninsuffizienz (chronisches Nierenversagen).
Da unklar ist, in welchem Maße Kinder, Jugendliche und Erwachsene die Aminosäure selbst synthetisieren können, wird ernährungswissenschaftlich diskutiert, Histidin als unentbehrliche Aminosäure zu klassifizieren.
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Chemische Klassifizierung
Aufgrund der chemischen Struktur – ein basischer Imidazolring in der Seitenkette – ist Histidin (Summenformel C6H9N3O2) eine gleichermaßen basische und aromatische Aminosäure mit puffernder Wirkung, das heißt, sie hält den pH-Wert des Blutes bei Zugabe einer Säure oder Base stabil.
Zusätzlich zur bedingt entbehrlichen, aromatischen und basischen Charakteristik handelt es sich um eine proteinogene Aminosäure. Das heißt, dass sie in die körpereigene Synthese von Proteinen involviert ist. Histidin ist auch eine sogenannte „glucogene Aminosäure“, da dessen Abbauprodukte im Stoffwechsel für die Gluconeogenese (Herstellung von Glucose aus „Nicht-Kohlenhydraten“) genutzt werden können.
Bioaktiv wirksam ist übrigens nur die chemische L-Konfiguration der Aminosäure (L-Histidin).
Wirkung von Histidin
Histidin ist in zahlreiche Körper- und Stoffwechselfunktionen – allen voran auf Ebene des Immunsystems – involviert. Der Grund: Es dient als Vorstufe zur Synthese des Botenstoffs Histamin zur körperlichen Abwehr. Dieses biogene Amin spielt eine Hauptrolle bei Allergien, entzündlichen Prozessen und bei Autoimmunerkrankungen.3
Obwohl Histamin als Allergieauslöser oft negativ assoziiert wird, übernimmt das biogene Amin wichtige Funktionen: für die Blutbildung, das Herz- und Kreislauf-System, bei Entzündungen und zur Kontraktion von Bronchien, Gefäßen und Co.
Sinnvolle Immunabwehr (entzündungshemmende Wirkung): Zusätzlich sorgt Histidin-abhängiges Histamin als Gewebshormon bei Entzündungen dafür, dass Flüssigkeit ins betroffene Gewebe einschießt (unter Rötung und Juckreiz), um Fremdstoffe abzuwehren – intensiviert durch Leukozyten (weiße Blutkörperchen).
Wirkung:
- struktureller Bestandteil von Enzymen
- Immunabwehr
- essenziell in Wachstumsphasen
- Sauerstofftransport
- pH-Wert-Pufferung im Blut
- Herz-Kreislauf-System
- Synthese von Hämoglobin (roter Blutfarbstoff)
- antioxidative Wirkung
- Synthese von Histamin
- Wundheilung
- antiinflammatorische (entzündungshemmende) Wirkung
- erhöht die Bioaktivität von Zink*
- aktiviert weiße Blutkörperchen
*verbesserte Aufnahme und Verwertung von Zink
In welchen Lebensmitteln ist Histidin enthalten?
Die Aminosäure kommt in pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln vor. Während Fisch, Fleisch und Sojabohnen besonders reich an ihr sind, gibt es weitere pflanzliche Proteinquellen, die eine Extraportion der Aminosäure liefern.
Histidinreiche Lebensmittel:
- Lachs uns Thunfisch
- Hühnchen
- Sojabohnen
- Linsen
- Schweine- und Rindfleisch
- Erdnüsse
- Weizenkeime
- Käse (u. a. Emmentaler)
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Sollte man die Aminosäure supplementieren?
In der Regel ist es nicht nötig, Histidin über ein Nahrungsergänzungsmittel zu supplementieren. Bei chronischem Stress, Mangelsituationen, wie einigen Arten von Anämien oder Zinkmangel, sowie bei Krankheiten wie rheumatoider Arthritis, kann eine therapeutische Gabe unter ärztlicher Kontrolle sinnvoll sein. Gleiches gilt für Personen mit Niereninsuffizienz oder nach Verletzungen und Operationen.