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Im Interview

EM-Lauf-Heldin Lea Meyer: »Psychologische Hilfe anzunehmen, sehen viele noch als Schwäche

Lea Meyer interview: Lea Meyer bei der EM 2022
Leichtathletin Lea Meyer hat ein unglaublich emotionales Jahr hinter sich – mit Rückschlägen, aber auch einem unglaublichen Erfolg bei der EM in München Foto: Getty Images

10.10.2022, 05:55 Uhr | Lesezeit: 16 Minuten

Sie war eine große Überraschung der Leichtathletik-EM in München: Lea Meyer holte Silber über 3000 Meter Hindernis. Ein Erfolg, den sich die Wahl-Kölnerin in einem turbulenten Jahr hart erarbeitet hat. Details zur Wettkampfvorbereitung hat sie jetzt im FITBOOK-Interview verraten – und noch mehr.

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2022 erlebte Lea Meyer eine Achterbahn der Gefühle – sowohl auf persönlicher Ebene als auch beim Laufen. So musste sie im Frühjahr den Tod ihres Trainers Henning von Papen verkraften. Im Juli stürzte die Athletin bei ihrem WM-Einsatz in Eugene (USA) schwer. Danach zog sie sich zudem eine Covid-Erkrankung zu. Umso spektakulärer kam sie im August bei der Europameisterschaft zurück und erlief sich die Silbermedaille. Im Interview mit FITBOOK erzählte Lea Meyer, wie sie sich auf den Wettkampf vorbereitet hat, wie sie nach dem Wassergraben-Sturz wieder zur Höchstform fand und warum sie 2019 den Laufsport für eine Weile hinter sich ließ. Außerdem: Wie wichtig die mentale Gesundheit für Leistungssportler ist und wo es diesbezüglich noch hapert.

»Laufen ist mein Leben – und auch schlechte Läufe gehören dazu

FITBOOK: Zunächst gratulieren auch wir Ihnen noch einmal zur EM-Silbermedaille! Wie haben sich die ersten Momente und Tage danach angefühlt und wie fühlen Sie sich jetzt?
Lea Meyer: „Es war einfach unglaublich. Ein Wirrwarr an Gefühlen, auch wegen meines Trainers. Ich habe eine Weile gebraucht, das alles zu realisieren.“

https://www.youtube.com/watch?v=kRoTb0aXA5E

Ihr EM-Erfolg war durchaus überraschend – auch für Sie, wie Sie danach in einem Interview gesagt haben. Wie haben Sie die Kraft gehabt, sich nach den traurigen Ereignissen und Rückschlägen in diesem Jahr – wie der böse Sturz bei der WM – wieder auf den Sport zu konzentrieren und zur Höchstform aufzulaufen?
Meyer: „Laufen ist einfach mein Leben. Das hat mir bei allem sehr geholfen. Das mal ein Rennen nicht läuft, das gehört dazu. Wenn es nur Höhen geben würde, wäre das auch irgendwie falsch bzw. das ist einfach nicht der Normalfall. Wenn es mal nicht läuft, gilt es, sich darauf zu besinnen, was man eigentlich jeden Tag macht. Die Wettkämpfe sind nur ein kleiner Ausschnitt dessen, was ich eigentlich täglich mache. Und wenn ich weiß, dass ich gut trainiert habe, dann weiß ich, dass ich auch ein schlechtes Rennen nicht zu hoch einschätzen muss und es vielleicht irgendwelche Gründe gab, warum es passiert ist. Das nächste Hoch wird dann irgendwann wieder kommen.“

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»Mein Training besteht überwiegend aus Laufen, ich bin kein Fan von Alternativtraining

Wie sieht Ihre Vorbereitung auf einen Wettkampf aus: Wie ist Ihr Training aufgebaut?
Meyer: „Generell haben wir jedes Jahr den gleichen Ablauf. Der Herbst und Winter wird dem Formaufbau gewidmet. Da wird viel im Ausdauerbereich gemacht und ich sammele viele Kilometer, damit die Grundlage kommt. Danach kommt manchmal eine Hallensaison dazu, die ist bei mir aber relativ kurz. Da fokussiere ich mich auf die 3000 Meter. Sie ist daher eher nicht so intensiv. Ab Frühjahr geht es dann in die intensivere und spezifischere Vorbereitung. Da kommen die kürzeren und schnelleren Läufe dazu. Da kommen auch die Wadenprogramme dazu, die im Herbst und Winter nicht so sehr Teil des Trainings sind. In der Wettkampfphase, die dieses Jahr knapp vier Monate gedauert hat, ist das Training relativ überschaubar, da ja die Rennen stattfinden. Der Takt sieht dann wie folgt aus: ein Rennen, ein bisschen regenerieren, vielleicht noch mal eine einzelne, intensive Einheit in der Woche und dann geht es schon wieder darum, sich zu fokussieren und das abzurufen, was man sich in der Grundlage die Monate zuvor erarbeitet hat. Ich bin da definitiv der Typ, der dann weniger trainiert, dafür intensiv. Da dürfen die Läufe auch schon mit Wettkampfgeschwindigkeit sein. So bekomme ich dann auch die Sicherheit, indem ich weiß, was (welche Geschwindigkeit; Anm. d. Red.) ich wirklich laufen kann.“

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Können Sie paar Beispiele geben, wie Ihr Training aufgebaut ist? Laufen Sie überwiegend oder gehört auch Krafttraining dazu?
Meyer: „Bei mir ist es tatsächlich überwiegend laufen. Ich bin auch kein großer Fan von Alternativtraining. Gerne kann ich mich einmal die Woche ins Schwimmbad begeben oder aufs Rad setzen, aber das reicht mir dann auch. Ich laufe lieber die ganze Zeit, und mein Körper lässt das auch zu. In der direkten Vorbereitung, also in den letzten Monaten, mache ich dann aber auch einmal pro Woche Krafttraining, um meine Kraftausdauer zu steigern. Im Sommer liegt der Fokus spezifischer auf Schnellkraft. Da begeben auch wir Läufer uns dann mal in den Kraftraum. In meinem Fall besteht das Training sonst aus vielen Langläufen, da die ‚3000 Meter Hindernis‘ ja eine Langlaufstrecke sind. Im Training laufe ich zwischen 10 und 20 Kilometern. Je nach Trainingsphase kommen dann auch mal kürzere Strecken dazu. Bei mir gehört noch Hürdenlauf dazu. Daher trainiere ich viel die Koordination und baue Hürden und Hindernisse nach und nach in die Läufe mit ein.“

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»Der Wassergraben ist eine große Belastung für den Körper

Wie läuft das Hindernistraining ab? Rein mit Hürden bzw. Hindernissen oder gibt es noch andere Übungen, die Sie machen?
Meyer: „Wir haben in unserem Rennen diese großen festen Hindernisse, die nicht umfallen. Das ist einerseits von Nachteil. Das Gute ist andererseits, dass man auf sie treten kann. Im Training arbeite ich aber nur mit den ganz normalen Hürden und mache mit denen mein Koordinationstraining. Wenn ich mal unkonzentriert bin oder hängen bleibe, ist es besser, dass sie umfallen können, als dass ich mir weh tue. Auch meine Läufe mache ich mit diesen Hürden und nicht mit festen Hindernissen. Die kommen dann erst in der Saison zwischen den Wettkämpfen. Dann trainiere ich auch schon ein oder zweimal mit einem Wassergraben. Öfter aber nicht, weil das eine sehr hohe Belastung für den Körper und verletzungsanfällig ist.“

»Nach einem Sturz direkt noch mal springen, um kein Trauma zu riskieren

Apropos Hindernisse: Macht man sich vor den Hindernissen, speziell dem Wassergraben, Gedanken, was alles passieren könnte, wenn man einen Fehler macht? Hatten Sie nach Ihrem Sturz bei der WM in Eugene eine Blockade oder haben Sie das gut weggesteckt?
Meyer: „Bei der WM konnte ich es schnell wieder abschütteln. Es ist ja auch so: Ich habe mir die Disziplin ausgesucht und weiß daher auch, dass ich da mal stürzen kann. Das gehört dazu und passiert allen hin und wieder. Ich habe das Glück, dass ich relativ groß bin und daher habe ich eigentlich keine Angst vor den Hindernissen, weil ich weiß, dass ich normalerweise darüber komme, irgendwie. Teilweise sieht das vielleicht nicht schön aus, aber ich komme darüber. Aber klar, der Wassergraben ist noch mal eine andere Geschichte. Da hatte ich dann jetzt diesen sehr böse aussehenden Sturz, bei dem ich auch viel Glück hatte. Da war es wichtig, dass ich dem Moment einfach aufgestanden bin, gemerkt habe, dass der Körper heil ist und funktioniert und mir gesagt habe: So, ich laufe jetzt noch eine Runde und springe noch einmal darüber. Das habe ich gemacht, damit kein Trauma daraus entsteht. Hätte ich das nicht gemacht, dann wäre es wohl schon schwierig geworden. Da bin ich ja nicht anders als jeder andere Mensch. Wenn man etwas nicht direkt überwindet, dann entsteht eine Blockade im Kopf und die bekommt man auch nur schwer wieder raus. Daher sollte man, wenn so etwas passiert, direkt aufstehen und es wieder versuchen. Das mache ich im Training auch. Wenn ich über eine Hürde falle, stehe ich auf und laufe direkt nochmal darüber. Das war, denke ich, damals (bei der WM, Anm. d. Red.) der entscheidende Faktor.“

Wie schafft man es bei einer „ekligen“ Distanz wie 3000 Meter, sich vor lauter Verausgabung nicht übergeben zu müssen? Man muss praktisch permanent Vollgas geben und das über 7,5 Runden
Meyer: „Das Level, dass man die Anstrengung richtig einschätzt und die Leistung lange halten kann, erreicht man übers Training. Ich weiß, wie sich die Geschwindigkeit anfühlt. Ich laufe im Training keine 3000 Meter Hindernisse, aber ich laufe schon mal 1200 oder auch 1500 Meter. Und wenn ich weiß, dass ich das kann, dann weiß ich auch: Okay, im Wettkampf, da hat man noch mal anderes Adrenalin, da pusht der Körper sich noch mal anders, da kriegt man dann auch die 3000 Meter bis ins Ziel. Und irgendwie ist es dann auch intuitiv. Man spürt, welches Tempo geht. Ich finde ‘3000 Meter Hindernis‘ eigentlich eine ganz angenehme Strecke, weil man nicht in den extremen Laktatbereich kommt. Das merke ich, wenn ich 1500 Meter laufe. Das ist schon etwas anderes. Da muss man eine andere Geschwindigkeit laufen und da machen sich die Beine anders bemerkbar. Da war es dann eher so, dass mir hinterher ein bisschen schlecht war. Bei uns ist es ähnlich wie vielleicht bei 10 Kilometer Straßenläufen: Man wird irgendwann träge bzw. müde, die Beine werden schwer. Das ist eher das Problem.“

Sicher spielt auch die Ernährung eine Rolle
Meyer: „In Sachen Ernährung probiert man viel aus, das ist sehr individuell. Ich habe diese Saison herausgefunden, dass es für mich besser ist, vor dem Rennen weniger zu essen, um mir keine Gedanken darüber machen zu müssen, dass mir schlecht werden könnte. Da probiert man aber vorab im Training auch viel aus. Man kommt da von der Belastung in ähnliche Bereiche wie im Wettkampf und da testet, was am besten funktioniert. Ich würde ein Gel etwa nicht am Wettkampftag zum ersten Mal nehmen, sondern das vorher im Training testen. Das gilt auch generell für die Ernährung. Manche Athleten brauchen viele Kohlenhydrate, manche wenig, manche gar keine. Das ist individuell verschieden.“

»2019 kam der Punkt, an dem der Sport keinen Spaß mehr machte

Es gab mal eine Zeit, da hätten Sie den Sport fast aufgegeben, weil Ihnen der Sport nicht gutgetan hat, von Burn-out war die Rede. Wie haben Sie diese Zeit damals erlebt?
Meyer: „Ich glaube, dass gerade wir Leistungssportler sehr sensibel sind. Wir müssen extrem auf unseren Körper hören, genauso muss ich ab einem gewissen Punkt aber auch auf meine Psyche bzw. meine mentale Gesundheit hören. Der Sport gehört seit meiner Jugend zu meinem Leben dazu und zu meinem Alltag. Jeden Tag, ich kannte es nicht anders. Dazu gehörte auch, Wettkämpfe zu machen. Damals gab es bei mir dann aber den Punkt, an dem ich gemerkt habe, dass ich nicht mehr mit Freude zu den Wettkämpfen gefahren bin. Das war das erste Zeichen. Man hat sie gemacht, weil man musste, man hatte schließlich dafür trainiert. Ich bin immer diesem Leistungsdruck hinterhergelaufen, dass ich gewisse Zeiten laufen musste oder wollte. Doch der Spaßfaktor war irgendwann gar nicht mehr da. Ich habe es in keiner Weise mehr genossen. Eigentlich sollte dir der Sport viel geben. Aktuell ist das auch wieder so. Ich habe das Gefühl, dass ich eine gute Balance habe zwischen dem, was ich reininvestiere und dem, was ich zurückbekomme. 2019 war es dagegen so, dass ich so viel investiert habe wie die Jahre zuvor, aber gar nichts mehr zurückkam bzw. nichts, was mich erfüllt hat. Ich hatte keine klare Diagnose, meine Familie hat jedoch gemerkt, dass es mir nicht gut ging. Wenn mich etwas belastet, lass ich das natürlich auch an meinen Liebsten aus. Und die bekommen es mit. Auch ein Trainer bekommt viel mit. Letztlich war es aber meine eigene Einschätzung. Ich habe mir die Frage gestellt: Okay, warum mache ich das gerade? Eigentlich mache ich es doch für mich, aber so fühlt es sich gerade gar nicht mehr an. Dann macht es auch keinen Sinn. Mit Anfang 20 kommt man zudem auch an einen Punkt, an dem man überlegt, ob es nicht sinnvoller ist, sich auf ein Studium oder Ähnliches zu konzentrieren, wenn einem der Sport nichts mehr bringt. Man guckt dann mal auf ein Leben abseits des Alltagssports und darauf, wie es weitergehen könnte.“

Und wie haben Sie dann zurück in den Leistungssport gefunden?
Meyer: „Ich hatte mich zu der Zeit eh schon für ein Studium in Köln beworben und bin dann nach Köln gezogen, weil das ein Ort war, an dem ich sein wollte. Und nach ein paar Monaten habe ich dann einfach festgestellt, dass mir doch etwas gefehlt hat in meinem Alltag. Ich habe gemerkt, dass der Sport ein Ventil ist, das ich brauche, jeden Tag. Das war ein Ausgleich, der mir sehr gefehlt hat. Darüber bin ich zum Laufen zurückgekommen, ich wollte einfach wieder draußen sein, mich bewegen und viel sehen. Ich bin dann wieder zum Training gegangen, aber mehr unter dem Aspekt, wieder eine Konstante im Alltag zu haben. Deshalb habe ich mich hier der Gruppe angeschlossen, um einfach nur mitzutrainieren und in der für mich neuen Stadt soziale Kontakte zu knüpfen. Nach und nach – eigentlich relativ schnell – kam dabei aber dann doch auch der Leistungsgedanke zurück.“

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»Sport ist nicht nur das Körperliche, sondern auch das Mentale

Wie haben Sie die Reaktion bzw. Unterstützung seitens Ihres Sports empfunden, als Sie mental nicht auf der Höhe waren? Was denken Sie: Wird das Thema Mental Health ernst genug genommen?
Meyer: „Wie die Trainer mit dem Thema umgehen, ist sehr individuell. Manche haben eine Art, dass man weiß, man kann mit ihnen über alles sprechen. Es gibt aber natürlich auch Trainer, die haben die Einstellung, dass sie in erster Linie Trainer und dafür da sind, um den Trainingsplan zu schreiben und an der Bahn zu stehen. Damit endet es dann. Ich habe das Glück, dass ich zuerst mit Henning und jetzt mit Tobi (Kofferschläger, A.d.R.) Trainer habe, bei denen ich weiß, dass sie alles miteinbeziehen. Sie wissen, dass Sport nicht nur das Körperliche ist, sondern auch das Mentale von Bedeutung ist. Sie legen da auch viel wert drauf. Tobi ist es sehr wichtig, dass ich kommuniziere, wenn etwas los ist. Er merkt es aber auch selbst. Wenn wir z. B. drei Wochen im Trainingslager zusammen sind, bekommt er auch schon viel aus meinem Privatleben mit. Das ist auch gut so. Aber das ist von Trainer zu Trainer, aber auch von Athlet zu Athlet verschieden, wie sehr man das so will und auch offen kommunizieren möchte.“

Im alltäglichen Training fühlen Sie sich gut aufgehoben, was mentale Gesundheit angeht. Wie sieht es im Bundeskader aus?
Meyer: „Da tut der Verband auch schon einiges. Wenn man im Bundeskader ist, hat man Anrecht auf einen Sportpsychologen, der für dich bezahlt und dir gestellt wird. Man kann schon Angebote in Anspruch nehmen. Es ist aber viel Eigeninitiative nötig. Und für den Bundestrainer ist es auch nicht leicht, gerade mit jüngeren Athleten. Dadurch, dass er einen nicht so häufig sieht, ist die Hürde größer, einen Sportler auf Probleme anzusprechen oder zum Psychologen zu schicken, selbst wenn auffällt, dass etwas womöglich nicht stimmt. Man dringt da schon auch in die Privatsphäre ein. Wie gesagt: Angebote sind da und darüber wissen auch alle Bescheid, aber man muss selbst entscheiden, ob man sie in Anspruch nehmen möchte.“

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»Es gibt Athleten, die empfinden psychologische Hilfe immer noch als Schwäche

Trotz der Angebote – gibt es womöglich doch auch noch das unterschwellige Empfinden, dass mentale Probleme als Schwäche ausgelegt werden könnten? Also etwas, das einen auch davon abhalten könnte, Probleme offen zu kommunizieren?
Meyer: „Ich habe das Gefühl, dass es dadurch, dass darüber generell immer mehr gesprochen wird, immer weniger ein Tabuthema ist. Aber ja, wenn ich an den Jugendbundeskader zurückdenke, da ist niemand von den Athleten auf die Idee gekommen, darüber zu sprechen, dass man zum Sportpsychologen geht. Niemals, darüber spricht man nicht. Jetzt bei uns – also ich kann nur von den Mädels aus Mittel- und Langstrecke sprechen – da kenne ich kaum jemanden, der nicht zum Sportspsychologen geht. Wir tauschen uns darüber auch aus. Dadurch ist es auch keine Schwäche mehr, sondern vielmehr das Gefühl, dass wir mittlerweile alle wissen, wie wichtig das ist. Und dass dies im Zweifel auch die letzten Prozente sind, die am Ende die Leistung nach oben verschieben können. Gleichzeitig habe ich das Gefühl – auch wenn das leider stereotypisch ist – dass dies bei den Jungs anders ist. Da herrscht noch mehr das Empfinden: Da kann ich nicht hingehen (zum Sportpsychologen, Anm. d. Red.). Das bekomme ich schon mit. Im Laufbereich geht es sogar noch, aber im Sprintbereich ist das schon so. Da habe ich auch mit dem ein oder anderen das Gespräch gehabt, dass jemand sagt, ihm gehe es nicht gut und er bräuchte Hilfe, aber es gleichzeitig so empfindet, dass er da nicht hingehen kann. Bei vielen ist noch im Kopf drin, dass sie damit Schwäche zeigen würden. Das wird nicht von außen so vermittelt, sondern ich glaube, es sind eher die Athleten unter sich, die sich das dann gegenseitig als Schwäche einreden.“

Das klingt spannend, denn es bildet im Grunde ja ab, wie es auch auf gesamtgesellschaftlicher Sicht oft läuft. Vielen Dank für die Einblicke.

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