Sich im Traum plötzlich bewusst sein, dass man träumt: Wem das schon einmal zufällig passiert ist, weiß, was für eine aufregende Erfahrung das sein kann. Zum Glück lässt sich dieser magisch-wache Schlafzustand üben. Mit welchen Techniken das sogenannte luzide Träumen am besten funktioniert, haben australische Forscher untersucht.
Jeder Mensch träumt. Selbst, wenn er sich nicht jede Nacht daran erinnert. Und jeder zweite ist sich schon einmal spontan im Traum darüber bewusst geworden, dass er gerade träumt – vor allem in der Kindheit. Einigen Wenigen wurde die Fähigkeit zum luziden Träumen (auch Klarträumen genannt) sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Der Moment, sich bewusst und gefühlt mit allen Sinnen in der eigenen Traumwelt wiederzufinden, ist wahrlich überwältigend. Man schaut sich um und denkt: „Wahnsinn! Ich träume gerade. Genau jetzt!“ Die meisten brauchen Monate, bis sich der erste luzide Moment einstellt. Und bis man es beherrscht, können Jahre vergehen. Die gute Nachricht: Luzides Träumen ist erlernbar.
Luzides Träumen ist erlernbar
Forscher der School of Psychology der Universität von Adelaide in Australien haben nun mithilfe von 1618 unerfahrenen Probanden die fünf bekanntesten Klartraum-Methoden untersucht. Laut ihrer „International Lucid Dream Induction Study“ erzielten die Teilnehmer mit zwei Techniken, angewendet in Kombination, die besten Erfolge. Nachzulesen ist die Studie im Fachmagazin „Frontiers in Psychology“.
Diese 2 Techniken sind laut den Forschern besonders wirksam
Die sogenannte MILD-Technik (Mnemonic Induction of Lucid Dreams; etwa: gedächtnis-induzierter Klartraum) beginnt mit dem festen Entschluss, einen Klartraum erleben zu wollen. Die Forscher empfehlen dafür, sich kurz vor dem Einschlafen diesen Gedanken mehrmals zu wiederholen: „Wenn ich das nächste Mal träume, werde ich erkennen, dass ich träume.“ Gleichzeitig soll man mehrmals täglich bereits geträumte Träume vor dem inneren Auge noch einmal Revue passieren lasse. Es wird empfohlen, gleich morgens unmittelbar nach dem Aufwachen die Handlung aufzuschreiben oder in das Smartphone zu diktieren. Man solle so tun, als ob die Traumwelt eine parallel existierende Realität sei. Gleichzeitig stelle man sich so oft es geht vor, wie sich ein luzider Traum wohl anfühlen mag. So verblüffend es klingt: Irgendwann brennt sich der eiserne Wille, luzid zu werden, derart ins Unterbewusstsein ein, dass einem das Gehirn nach einiger Zeit mit dem ersten Klartraum-Moment belohnt.
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Für die sogenannte SSILD-Technik (Senses Initiated Lucid Dream) lässt man sich vom Wecker nach circa fünf Stunden Schlaf wecken. Dann befindet sich am wahrscheinlichsten in einer REM-Phase, also Traumphase. Anschließend soll man für ein paar Minuten im Halbwach-Zustand bleiben, um sich anschließend wieder dem Einschlafen hinzugeben. Wichtig sei es jetzt, mit allen Sinnen ganz bewusst wieder zurück in den Traum zu gleiten. Man kann es sich vielleicht so vorstellen, dass man mit geschlossenen Augen in sich hinein sieht. Genau hinhören: Ist das etwa schon Vogelgezwitscher oder kommt nur der Müllwagen? Mit etwas Übung schafft es das Bewusstsein hinüber in die Traumwelt – womit der luzide Zustand erreicht wäre. Diese Technik lässt sich selbstredend am besten an Wochenenden oder Urlaubstagen praktizieren.
Die Forscher empfehlen übrigens, beide Techniken in Kombination anzuwenden.
Warum es sich lohnt, gerade jetzt mit Klartraum-Training zu beginnen
Für den Studienleiter Dr. Denholm Aspy liegen die Vorteile, luzid träumen zu können auf der Hand: „Diese Art zu träumen bietet die Möglichkeit, lebendige, lebensechte und erfüllende Erfahrungen zu machen, die im Wachzustand nicht möglich sind.“ Gerade zu Zeiten der sozialen Isolation durch die Corona-Pandemie können seiner Ansicht nach Klarträume helfen, mit Stresssituationen besser umzugehen. Tatsächlich erscheint in einem Klartraum alles möglich. Auf dem bunten Spielplatz des Unterbewusstseins herrschen keine Naturgesetze oder sonstige Beschränkung. Jede noch so absurde Idee kann erträumt und ganz bewusst erlebt werden. Pippi Langstrumpf lässt grüßen.
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Wie Klarträume das „reale Leben“ beeinflussen können
Zahlreiche Forschungen haben bereits gezeigt, dass luzide Träume tatsächlich die Lebensqualität steigern können. Wer zu Alpträumen neigt, kann dem nächtlichen Treiben im Kopf mithilfe luzider Techniken seinen Schrecken nehmen. Die Tatsache, dem Alptraum durch die eigene Handlungsmacht nicht mehr ausgeliefert zu sein, bringt ihn sofort zum Verschwinden.
Luzides Träumen eignet sich auch hervorragend zur Problemlösung. Probanden, die in einer britischen Studie mit einer bestimmten Fragestellung in ihren Klartraum gegangen sind, wachten teils mit überraschend hilfreichen Antworten wieder auf. Im Schlaf geht das Gehirn andere Wege und weicht von den ausgetretenen Denkmuster-Pfaden, die wir im Wachzustand benutzen, ab. Wenn Sie also einmal in einer Sache nicht weiterwissen – sei es den Job, die Beziehung oder auch ein logisches Problem betreffend – fragen Sie doch einfach mal Ihr Klartraum-Ich. Übrigens lassen sich auf diese Weise auch motorische Fähigkeiten verbessern. So ergaben Experimente mit Sportlern oder Klavierspielern, dass sich im Klartraum abgehaltenes Training bzw. Üben positiv auf das Können in der Wachwelt auswirkten.
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