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„Schlafkrankheit“

Wie macht sich Narkolepsie bemerkbar und was kann man dagegen tun?

Narkolepsie
Narkoleptiker haben keine Kontrolle über ihren Schlafdrang Foto: Getty Images/iStockphoto
Julia Freiberger
Werkstudentin in der Redaktion

12.04.2024, 14:02 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Narkolepsie ist eine neurologische Erkrankung des Gehirns, bei welcher die Betroffenen tagsüber eine starke Müdigkeit verspüren und plötzlich einschlafen können. Problematisch hierbei: die unerwarteten Schlafattacken können gefährliche Unfälle und Situationen im Alltag verursachen.

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Auch wenn die Erkrankung keinen negativen Einfluss auf die Lebenserwartung des Menschen nimmt, schränkt die Erkrankung – je nachdem, welcher Schweregrad besteht – stark in der Lebensqualität ein. FITBOOK klärt auf über Ursachen sowie typische Symptome der Narkolepsie, beschreibt den Krankheitsverlauf, die Diagnose und die Behandlungsmöglichkeiten.

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Was ist Narkolepsie?

Die neurologische Erkrankung wird umgangssprachlich auch als „Schlafkrankheit“ bezeichnet. Sie entsteht durch den Verlust von Gehirnzellen, die für die Produktion des Nervenbotenstoffs Hypokretin zuständig sind. Für gewöhnlich spielt Hypokretin bei der Regulation von Schlaf und Wachsein eine wichtige Rolle. Überdies nimmt der Botenstoff Einfluss auf das Emotionsverhalten sowie das Belohnungssystem.

Ist die Hypokretin-Produktion gestört und kommt es zu einem Mangel des Botenstoffs, ist eine Steuerung des Schlafs nicht mehr möglich. In der Folge können Betroffene jederzeit und überall ein Müdigkeitsgefühl verspüren und einschlafen, ohne es kontrollieren zu können. Narkolepsie kann in fast jedem Alter auftreten, wobei beide Geschlechter gleich betroffen sind.1

Typ 1 und Typ 2

Anhand des Hypokretin-Gehalts lassen sich zwei Arten von Narkolepsie diagnostizieren:

Narkolepsie-Typ-1 weist folgende Merkmale auf: Die Betroffenen haben meistens eine Kombination von Tagesschläfrigkeit und Kataplexie. Ebenfalls ausschlaggebend für diesen Typ ist der Mangel am Botenstoff Hypokretin, welcher im Nervenwasser des Menschen nachgewiesen werden kann.

Narkolepsie-Typ-2 äußert sich durch einen normalen Hypokretin-Gehalt. Zudem haben die Betroffenen keine Kataplexien und auch die Tagesschläfrigkeit hält über einen Zeitraum von ungefähr mehr als drei Monaten an.

Wie viele Menschen sind betroffen?

In Deutschland sind rund 40.000 Menschen von Narkolepsie betroffen, schätzt Dr. Ulf Kallweit, der an der Universität Witten/Herdecke zu den Ursachen der seltenen Erkrankung forscht.2 Jedoch geht man von einer hohen Dunkelziffer aus, da oft Jahre vergehen, bis eine gesicherte Diagnose vorliegt. Auch kann es sein, dass viele Menschen an der Erkrankung leiden, ohne es überhaupt zu wissen.

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Ursachen der Narkolepsie 2018 aufgedeckt

Die genauen Ursachen für die Entstehung der seltenen Krankheit waren lange umstritten. 2018 konnte eine Forschungsgruppe mit Beteiligung des Universitären Schlaf-Wach-Epilepsie-Zentrums SWEZ des Universitätsspitals Bern die Ursache der Krankheit identifizieren: Da man feststellte, dass bei 95 Prozent der Patienten ein spezifischer genetischer Marker vorliegt, ist anzunehmen, dass es sich bei Narkolepsie um eine Autoimmunerkrankung handelt.3 Dabei richtet sich das Immunsystem fälschlicherweise gegen den Botenstoff Hypokretin, welcher sich im Hypothalamus befindet und von Nervenzellen gebildet wird. Diese Immunreaktion führt zu einem allmählichen Verlust der Zellen in der Region, wodurch auch die Produktion von Hypokretin (auch Orexin genannt) abnimmt.

Auch der Influenza-Impfstoff Pandemrix, welcher zur Bekämpfung der Schweinegrippe (Influenza-A-Virus H1N1) eingesetzt wurde, stand im Kontext der möglichen Entstehung von Narkolepsie. Betroffen waren vor allem Kinder, Jugendliche sowie junge Erwachsene, die den Impfstoff erhalten haben. Allerdings sind noch mehr Forschungen notwendig, um gesicherte Aussagen über den tatsächlichen Zusammenhang von Narkolepsie mit dem Impfstoff zu tätigen.4

Diese Symptome sind typisch für Narkolepsie

Die Erkrankung hat unterschiedliche Symptome, die bei jedem Betroffenen individuell auftreten können. Man unterteilt sie in Hauptsymptome und Begleiterscheinungen.

Starke Tagesschläfrigkeit und Schlafdrang

Starke Tagesschläfrigkeit und Schlafdrang gehören zur Hauptsymptomatik und treten bei fast allen Betroffenen auf. Menschen, die an Narkolepsie leiden, haben einen extrem starken Drang zu schlafen. Dieser Drang verschwindet auch nicht, wenn sie ausreichend Schlaf in der Nacht nachgeholt haben. Gewöhnliche Situationen, wie das Sitzen, Lesen oder Zuhören, können den exzessiven Schlafdrang auftreten lassen. Sogar abgedunkelte Räume, Kinobesuche oder andere monotone Situationen können zur Folge haben, dass der Betroffene plötzlich einschläft. Er kann nichts dagegen tun.

Wenn Menschen mit Narkolepsie von extremer Müdigkeit überwältigt werden, zeigt sich dies in einem schwankenden oder torkelnden Gang. Zudem können die Betroffenen in dem Moment eine undeutliche Aussprache entwickeln, bei welcher sie zum Teil lallen. Oder aber sie bekommen einen glasigen und abwesenden Blick. Für Außenstehende kann das wirken, als wäre die Person betrunken.

Kataplexie

Kataplexie bezeichnet den Zustand, wenn man plötzlich die Kontrolle über die Muskelspannung verliert. Hiervon kann die Muskulatur im Bereich des Gesichts, des Nackens und der Beine betroffen sein. Betroffene sind zwar in der Wahrnehmung nicht eingeschränkt, können mit ihren Mitmenschen aber nicht mehr kommunizieren. Auslöser für diese plötzliche Muskelerschlaffung können starke Gefühlsregungen sein, wie etwa Überraschung, Freude, Furcht oder Lachen.5

Weitere Begleiterscheinungen sind:

  • Schlaflähmungen
  • gestörter Nachtschlaf
  • Halluzinationen
  • Gewichtszunahme (gerade am Anfang der Erkrankung)
  • Migräne
  • Atmungsstörungen im Schlaf
  • Depressionen
  • Konzentrationsstörungen und Unfälle
  • Persönlichkeitsveränderung
  • Albträume
  • Schlafwandel
  • Nachtschreck

Was die Erkrankung so gefährlich macht

Diese Situation tritt ein, wenn der Betroffene dem starken Schlafdruck nicht nachgeben will und stattdessen versucht, wie gewohnt normalen Tätigkeiten oder Aufgaben nachzugehen. Das Problem hierbei: Die Menschen bekommen in diesem Zustand nichts mehr von außen um sich herum mit und können eine gefährliche Situation nicht mehr erkennen und richtig einschätzen. Sie können unter anderem eine Straße mit roter Ampel überqueren, ohne sich der Gefahr bewusst zu werden. Das Risiko, Verletzungen oder Unfälle zu erleiden, steigt enorm.

Tätigkeiten, die früher mit Leichtigkeit ausgeübt wurden, werden plötzlich zu einer lebensgefährlichen Aktivität. Darunter fällt auch das Autofahren, welches für Menschen, die eine unbehandelte Narkolepsie haben, höchst gefährlich ist. So ist das Risiko, dass man jederzeit am Steuer einschlafen oder eine unkontrollierbare Kataplexie während des Fahrens erleiden kann, sehr groß.

Krankheitsverlauf

Grundsätzlich kann die Erkrankung bei jedem, jederzeit auftreten. In einigen Fällen äußert sich Narkolepsie bereits in den ersten zehn Lebensjahren. Auch der Verlauf der Erkrankung und der Schweregrad sind bei jedem individuell. So können die Symptome entweder schleichend oder schlagartig auf einmal auftreten.

Wie wird Narkolepsie diagnostiziert?

Ob eine frühzeitige Diagnose der Erkrankung möglich ist, hängt von auftretenden Symptomen sowie dem Schweregrad ab. Sollte der Betroffene sowohl starke Tagesschläfrigkeit als auch Kataplexie haben, ist es bereits möglich die Narkolepsie in einem Anamnesegespräch festzustellen. Zudem gibt es weitere Methode, die bei der Diagnose hilfreich sein können. Der Betroffene könnte zum Beispiel ein Schlaftagebuch führen. Damit man aber andere Erkrankungen mit Sicherheit ausschließen kann, müssen Untersuchungen in einem Schlaflabor durchgeführt werden. In diesem können folgende Methoden angewendet werden, um Narkolepsie zu diagnostizieren:

Polysomnografie

Hier findet eine nächtliche Überwachung von Körperfunktionen des Menschen statt. Dabei werden Elektroden auf die Haut geklebt, die die Biosignale des Körpers messen sollen. Darunter fallen die Herzfunktion, Hirnkurven, die Aktivität der Muskeln sowie die Bewegungen der Augen während des Schlafs. Die gesammelten Daten können dem Schlafmediziner bei der Erstellung eines individuellen Schlafprofils helfen.

Multipler Schlaflatenztest (MSLT)

Bei dieser Methode muss der Betroffene im Verlauf von zwei Stunden etwa fünfmal jeweils 20 Minuten schlafen. Dabei misst der Test die Neigung des Menschen einzuschlafen: handelt es sich um eine eher kurze Schlaflatenz – die Zeit, in der ein Mensch vom wachen in den schläfrigen Zustand benötigt – könnte dies ein Anzeichen für Narkolepsie sein.


Entnahme von Proben aus dem Nervenwasser

Diese Methode basiert auf der Auswertung von entnommenen Proben (Blutabnahme oder Mundabstrich) des Betroffenen. Hierbei wird der Hypokretin-Spiegel gemessen, um einen möglichen Mangel festzustellen.6

Bildgebende Verfahren

Um zu diagnostizieren, welchen Typ der Erkrankung man hat, können bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) durchgeführt werden, damit man Entzündungen, Verletzungen oder Gefäßveränderungen sichtbar machen kann. In diesem Sinne ist auch ein EEG (Elektroenzephalographie) hilfreich. Mit diesem Verfahren kann man nämlich die elektrische Aktivität des Gehirns messen und andere Erkrankungen, etwa Epilepsie, ausschließen.7

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Behandlungsmethoden

Narkolepsie ist nur symptomatische behandelbar, kann also nicht geheilt werden. E ist aber möglich, die Symptome so zu behandeln, dass der Betroffene in seiner Lebensqualität nicht weiter eingeschränkt wird und seine Tätigkeiten wie gewohnt aufnehmen kann.

Medikamente

Durch die Einnahme von Medikamenten (z.B Modafinil oder Methylphenidat) kann die Tagesschläfrigkeit behandelt werden. Gleiches gilt auch für weitere Symptome wie Halluzinationen, Schlaflähmungen, Depressionen oder Kataplexien.

Nicht-medikamentöse Therapie

Da die Narkolepsie ein lebenslanger Begleiter ist, ist es wichtig verantwortungsbewusst mit den Symptomen umzugehen, um gefährliche Situationen auszuschließen. Eine andere Bezeichnung hierfür wäre auch „Coping-Strategien“ – also Maßnahmen, die man als Betroffener anwenden kann, um sich zu schützen. Dazu gehört ein trainierter Schlafrhythmus: Man sollte darauf achten, regelmäßige Schlafzeiten, Tagespausen und Schlafphasen einzuhalten. So kann auch die Leistungsfähigkeit des Menschen gesteigert werden.8

Quellen

Themen Krankheiten Schlaf

Quellen

  1. USZ. Narkolepsie. (aufgerufen am 10.04.2024). ↩︎
  2. Universität Witten/Herdecke 2018: Forscher decken Ursachen der seltenen Schlafkrankheit Narkolepsie auf. (aufgerufen am 12.04.2024) ↩︎
  3. Daniela Latorre, Ulf Kallweit, Eric Armentani. et al. (2018). T cells in patients with narcolepsy target self-antigens of hypocretin neurons. Nature. ↩︎
  4. Paul-Ehrlich-Institut. Ak­tu­el­le In­for­ma­tio­nen zu Nar­ko­lep­sie im zeit­li­chen Zu­sam­men­hang mit A/H1N1-In­flu­enzaimp­fung. (aufgerufen am 11.04.2024). ↩︎
  5. NetDoktor. Narkolepsie. (aufgerufen am 11.04.2024). ↩︎
  6. Deutsche Hirnstiftung. Narkolepsie: Symptome, Ursachen, Behandlung. (aufgerufen am 24.04.2024). ↩︎
  7. Schön Klinik Gruppe. Schlafkrankheit (Narkolepsie). (aufgerufen am 24.04.2024). ↩︎
  8. AOK. Was ist Narkolepsie? (aufgerufen am 11.04.2024). ↩︎
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