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Expertin über Wirkung und Anwendung

Das Geheimnis der Heilpflanze Meerrettich

Meerrettich gesund
Meerrettich (Armoracia rusticana) gehört zu den wichtigsten Heilpflanzen in unseren Breitengraden. Die Wissenschaft ist dabei, immer mehr positive Eigenschaften für die Gesundheit zu entdecken Foto: Getty Images
Friederike Ostermeyer
Freie Autorin

21.02.2021, 08:14 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Lecker, scharf, erfrischend – in der traditionellen deutschen Küche darf die scharfe Wurzel nicht fehlen. Meerrettich ist Heilpflanze des Jahres 2021 – aus gutem Grund. FITBOOK hat bei einer Expertin nachgefragt, wie gesund Meerrettich wirklich ist und was er für unser Wohlbefinden tun kann.

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Schon der Dichter Goethe soll ganz verrückt nach Meerrettich gewesen sein. Genauer gesagt nach seinem Leibgericht Tafelspitz – gekochtes Rindfleisch, das mit einer köstlichen Meerrettichsoße serviert wird. Einige Jahrhunderte zuvor war es weniger der Geschmack, der die Universalgelehrte Hildegard von Bingen interessierte. Sie beschäftigte sich vielmehr mit der Wirkung von Meerrettich als Heilpflanze. Sie setzte ihn gegen hartnäckigen Husten, Verdauungsbeschwerden, Vergiftungen und Schlangenbissen ein – erfolgreich, wie man heute weiß.

Tatsächlich ist Meerrettich weit mehr als eine leckere Küchenzutat. Er ist eine Pflanze mit starker Heilwirkung, weiß Dr. Ursula Stumpf, Pharmazeutin und Kräuterexpertin. „Ich rate jedem, stets ein Stück der Wurzel im Kühlschrank vorrätig zu haben“, sagt sie FITBOOK.

Senfölglykoside – das Geheimnis der Heilpflanze Meerrettich

„Meerrettich enthält wie viele Kreuzblütler sogenannte Senfölglykoside. Und davon eine beachtliche Menge. Allerdings sind diese zunächst inaktiv“, weiß die Autorin des Buches „Unsere Heilkräuter – bestimmen und anwenden“. Diese Heilwirkstoffe tummeln sich in einem Teil der Zellen, während in einem anderen Teil der Zellen das Enzym Myrosinase „wohnt“. „Durch Schneiden oder Reiben kommen beide Stoffe miteinander in Berührung, erst dann werden die heilenden Senföle freigesetzt.“ Ein Effekt, der sich durch Tränen in den Augen und Schärfe (je stärker, desto wirkungsvoller) im Rachenraum bemerkbar macht. Jetzt ist die Heilkraft vollständig aktiviert und somit ist bereits jeder Atemzug eine kleine Medizineinheit.

Auch interessant: Meerrettich – die scharfe Wurzel selbst anbauen (myHOMEBOOK)

Meerrettich macht Viren und Bakterien unschädlich

Einmal eingeatmet – ganz Mutige können auch einen halben Teelöffel frisch geriebenen Meerrettich essen – entfalten die „erwachten“ Senfölglykoside in Nasennebenhöhlen, Mund und Rachen sofort ihre Wirkung. „Sie haben die Fähigkeit, sich an die Proteine von Viren, Bakterien und Pilzen zu binden. Dadurch wird ihre äußere Struktur verändert, sodass die Erreger nicht mehr in die menschlichen Zellen gelangen können.“ Ein Sofort-Effekt, der sich durch besseres Durchatmen, abgeschwollene Schleimhäute und ein allgemein sauberes, „geputztes“ Gefühl im Kopf bemerkbar macht.

Besagte Strukturveränderung geht übrigens noch mit einem weiteren Phänomen einher: Indem die Senföle den schützenden Biofilm der Krankmacher zerstören, schwindet gleichzeitig deren Tarnmodus, der sie vor bestimmten Antibiotika resistent gemacht hat. So setzt die Forschung in aktuellen Studien unter anderem große Hoffnung auf die Inhaltsstoffe des Meerrettichs, denn das Problem mit den multiresistenten Keimen nimmt immer dramatischere Ausmaße an.

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Hilft Meerrettich auch gegen Coronaviren?

„Dazu gibt es natürlich bislang keine Studien“, merkt Stumpf an. Sie hält es aber keineswegs für abwegig, dass momentan dazu geforscht wird. „Mit Grippe-Viren kann der Meerrettich es nämlich spielend aufnehmen“, weiß sie. So konnte 2006 ein deutsches Forscherteam nachweisen, dass besagte Senfölglykoside die tückischen H1N1-Grippeviren zu 90 Prozent hemmen konnten. „Was bekannt ist: Menschen, die in den Fabriken und auf den Feldern Meerrettich ernten und verarbeiten, nahezu erkältungsfrei durch das Jahr kommen. Allein deshalb, weil sie die Dämpfe einatmen.“

Meerrettich fördert Regeneration der Lunge von Ex-Rauchern

Was eingeatmet wird, muss auch wieder ausgeatmet bzw. abgebaut werden. „Nach getaner Arbeit werden die Wirkstoffe über die Lunge wieder ausgeschieden, was zusätzlich die Lungenbläschen reinigt und ihre Regeneration unterstützt“, erklärt die Expertin. Das bringe nicht nur erkältungsgeplagte Atmungsorgane wieder auf Vordermann, sondern komme auch Ex-Rauchern zugute. Wenn es für sie darum geht, Dämpfe einzuatmen, dann fortan nur noch die heilenden des Meerrettichs.

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Linderung von Blasen- und Harnwegsentzündungen

Ein weiteres Senföl-Ausscheidungsorgan ist die Niere, sodass auch in den Harnwegen die heilende Wirkung von Meerrettich zum Tragen kommt. „Bereits zwei bis drei Stunden nach der Einnahme sind die Stoffwechselprodukte im Urin nachweisbar. Ein Zeichen dafür, dass die Inhaltsstoffe aus dem Meerrettich aufgenommen wurden und auch gewirkt haben.“ Da viele Medikamente gegen Blasenentzündung ohnehin Meerrettich-Extrakte enthalten, empfiehlt Stumpf Betroffenen eine zusätzliche Eigentherapie zuvor ärztlich abzuklären.

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Anbau, Ernte und Saison von Meerrettich

Winterzeit ist Meerrettichzeit. Wer jetzt frische Wurzeln im Gemüseregal entdeckt, sollte unbedingt zugreifen. Dabei muss man sich mit dem Verbrauch keineswegs beeilen, so Stumpf. „In einem feuchten Tuch eingeschlagen und im Kühlschrank gelagert, halten sie sich bis zu einem Jahr frisch.“ Wer einen Garten hat, kann im März Samen oder Wurzeln eingraben. „Die Pflanze ist so unkompliziert, dass sie vielerorts am Wegesrand gedeiht.“ Hübsch anzusehen ist sie ebenfalls. Außerdem ist alles essbar, sogar die Blüten und Blätter. Als gesunde Heilpflanze macht der Meerrettich es Hobbygärtnern also denkbar einfach.

Schön anzusehen und komplett essbar – eine Meerrettichpflanze in voller Blüte
Schön anzusehen und komplett essbar – eine Meerrettichpflanze in voller Blüte Foto: iStock/Sviatlana Zyhmantovich

Meerrettich-Medizin selber machen

Meerrettich-Honig gegen hartnäckigen Husten

  • Frischen Meerrettich fein reiben und in ein Glas geben. Anschließend eine Schicht Honig drüber.
  • Abwechselnd Honig und Meerrettich schichten, bis das Glas voll ist.
  • Einige Stunden stehenlassen, bis genügen Saft gezogen ist. Diesen in eine Flasche füllen und in den Kühlschrank stellen.
  • Drei Mal am Tag einen Teelöffel einnehmen. Den Inhalt innerhalb einer Woche verbrauchen. Dann sollte der Husten allerdings ohnehin Geschichte sein.

Meerrettich-Umschlag bei Migräne

  • Einen Teelöffel frisch geriebenen Meerrettich in ein kleines Tuch geben, zusammenfalten und für höchstens fünf Minuten auf den sechsten und siebten Nackenwirbel (das sind die beiden Knubbel, die beim Beugen des Kopfes besonders hervorstechen) pressen.
  • Anschließend die Stelle mit einem Körperöl einreiben, Schal drüber. Expertinnen-Tipp: „Man kann das Paket auch bei Schmerzen auf die Blase oder den unteren Rücken legen.“
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Mehr Meerrettich auf dem Speiseplan wagen

Als Nahrungsmittel und Küchenzutat tut die Heilpflanze Meerrettich ebenso ihr Übriges, weiß Dr. Ursula Stumpf. „Sie fördert die Fettverdauung und reinigt den Magen-Darm-Trakt.“ Ob klassisch zu deftigen Gerichten oder eher modern als Smoothie-Zutat und selbst gemachtem Dip: Es lohnt sich nach frischen Ideen zu suchen, wie sich die scharfe Zutat in der heimischen Küche einbinden lässt.

Lecker und gesund: Brotscheiben mit Avocadocreme und Rote-Bete-Meerettich-Aufstrich
Lecker und gesund: Brotscheiben mit Avocadocreme und Rote-Bete-Meerettich-Aufstrich

Denn auch wenn die Forschung diesbezüglich noch ganz am Anfang steht, es gibt Hinweise, dass Meerrettich womöglich die Entstehung vom Krebs verhindern könnte – zumindest im Reagenzglas. Dr. Ursula Stumpf erklärt das so: „Jede Körperzelle hat nur eine bestimmte Lebensdauer. Rote Blutkörperchen werden zum Beispiel etwa 120 Tage alt. Krebszellen haben das vergessen und wuchern einfach weiter. In diesem Fall erinnern die Senföle womöglich betroffene Zelle an ihren Tod, sodass der Krebs erst gar nicht ausbricht.“ Das bedeutet: Meerrettich und Immunsystem gehen gewissermaßen eine Kooperation ein.

Wichtig: Meerrettich ist aufgrund der Schärfe eine „Erwachsenen-Medizin“, daher niemals bei Kindern und Kleinkindern anwenden.

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