
15. April 2025, 4:02 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Nordic Walking wird von vielen als „Alte-Leute-Sport“ belächelt. tatsächlich ist die Trainingsart ein unterschätzter Fitmacher mit großem Potenzial: Ob beim Abnehmen, der Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Suche nach mehr Lebensqualität. Das belegen aussagekräftige Studien.
Komiker Jürgen von der Lippe hat mal gesagt: „Nordic Walking sieht scheiße aus, macht aber Spaß!” Und in der Tat wird das schnelle Gehen mit Stöcken größtenteils noch immer als Sport für Rentner abgestempelt. Dabei wird der Ganzkörpersport enorm unterschätzt und steht anderen Ausdauersportarten in nichts nach. Ganz im Gegenteil, Nordic Walking hat sogar einige Vorteile. FITBOOK hat die Studienlage durchkämmt und klärt auf – außerdem sagen wir, wie man’s richtig macht und was man benötigt.
Übersicht
- Woher kommt Nordic Walking eigentlich?
- Grundsätzliche Vorteile von Nordic Walking
- Wie viele Kalorien kann man damit verbrennen?
- Vorteile gegenüber dem Joggen
- Studienlage – bestätigte positive Effekte von Nordic Walking auf Fitness, Körperfett, Herzgesundheit
- Nordic Walking – richtiger Schuh und ideale Stocklänge
- Die richtige Technik
- Fazit
- Quellen
Woher kommt Nordic Walking eigentlich?
Wie der Name schon verrät, hat Nordic Walking seinen Ursprung im Norden, genau genommen in Finnland. Biathleten nutzten das schnelle Gehen mit Stöcken, um auch im Sommer fit zu bleiben und die Oberkörpermuskulatur zu stärken.
Grundsätzliche Vorteile von Nordic Walking
Anders als beim Laufen aktiviert man beim Nordic Walking nicht nur Beine, sondern durch das Schwingen der Stöcke auch die Bauch-, Rumpf-, Arm- und Rückenmuskeln. Durch die leichte und gegengleiche Rumpfdrehung werden zusätzlich auch die geraden und schrägen Bauchmuskeln trainiert.
Aufgrund des Kreuzganges stärkt Nordic Walking zudem die Koordination. Hier schwingt man die rechte Hand mit linkem Fuß und linke Hand mit rechtem Fuß. Das mag zunächst banal klingen, wer allerdings regelmäßig walkt, kann damit auf Dauer zusätzlich ein paar Gehirnzellen trainieren, statt einfach verträumt geradeaus zu laufen.
Anders als beim Joggen befinden sich hier auch jederzeit beide Füße am Boden. In Kombination mit den Stöcken wird der Bewegungsapparat bis zu 30 Prozent entlastet. Die Gelenke und Knochen werden es auf Dauer danken!
2019 hat eine Studie gezeigt: 20-minütiges Gehen verbessert die Konzentration und Aufmerksamkeit der Teilnehmer ebenso wie eine durchschnittliche Tasse Kaffee.1 Wie wäre es also mit einer kleinen Runde Nordic Walking für einen Kick Energie und Wachheit?
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Wie viele Kalorien kann man damit verbrennen?
Je nach Größe, Gewicht und Gehgeschwindigkeit verbrennt man mit einer Stunde Nordic Walking erstaunlich viele Kalorien. Bei einer durchschnittlichen Gehgeschwindigkeit von sechs Kilometern pro Stunde sind – je Größe und Gewicht – 400 bis 500 Kalorien drin. Im FITBOOK-Kalorienrechner können Sie Ihren individuellen Kalorienverbrauch beim Nordic Walking berechnen. Hinterlegt ist hier die genannte durchschnittliche Gehgeschwindigkeit. Bei Fortgeschrittenen, die bis acht Kilometern pro Stunde schaffen, ist der Kalorienverbrauch noch höher.
Durch den Einsatz der Stöcke werden zusätzlich zur Beinmuskulatur auch die Muskeln des Oberkörpers gestärkt. Das Mehr an Muskelmasse führt nach einiger Zeit dazu, dass der Grundumsatz erhöht wird. Man verbraucht also auch im Ruhezustand noch mehr Kalorien.
Ebenfalls einen Effekt auf den Kalorienverbrauch hat die Sauerstoffaufnahme. Beim Nordic Walking ist die vergleichsweise höher, da man sich länger an der frischen Luft befindet als der durchschnittliche Jogger. Und je mehr Sauerstoff eingeatmet wird, umso mehr Energie wird dem Körper auch bereitgestellt.
Vorteile gegenüber dem Joggen
Apropos Joggen: Zwar hängt der negative Einfluss auf die Gelenke vom Belastungsumfang ab, dennoch ist Nordic Walking diesbezüglich im Vorteil und eine echte Alternative. Mit dem Workout kann man sanfter seine Ausdauer und Fitness trainieren und ebenso tolle Ergebnisse erzielen und aktiviert durch den Einsatz von Stöcken gezielt auch den Oberkörper.
Beim Nordic-Walking-Zyklus setzt die linke Ferse auf, während der rechte Stock zeitgleich den Boden berührt. Im Umkehrschluss setzt der linke Stock auf den Boden auf, sobald die rechte Ferse Bodenkontakt hat. Das bedeutet, dass immer ein Fuß am Boden ist, während beim Joggen für einen kurzen Moment die gesamte Belastung auf einem Bein liegt. Nordic Walking ist damit ein hervorragender Ausdauersport, der die Gelenke und Knochen optimal schützt.
Studienlage – bestätigte positive Effekte von Nordic Walking auf Fitness, Körperfett, Herzgesundheit
Viele Studien haben sich schon mit den Effekten von Nordic Walking beschäftigt. Sie zeigen: Die Trainingsart ist hinsichtlich mehrerer relevanter Parameter dem zügigen Gehen überlegen. Etwa beim Abbau von Körperfett, Muskelaufbau und Ausdauer. Auch die Lebensqualität verbessert sich durch Nordic Walking nachweislich. Groß auch der positive Effekt für Herzpatienten. Wir haben aussagekräftige Studien zusammengetragen.
Verbesserter Ruhepuls, VO2max, Leistungsfähigkeit
Eine sehr aussagekräftige Analyse aus dem Jahr 2013 zeigt, dass Nordic Walking dem einfachen, zügigen Gehen überlegen ist – und in manchen Punkten sogar dem Joggen. Damals hatte ein Team um Markus Tschentscher vom Institute of Sports Medicine, Prevention and Rehabilitation an der Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Salzburg unter anderem 16 randomisierte kontrollierte Studien (der Goldstandard unter den Studien) mit insgesamt 1062 Probanden zu Nordic Walking umfassend ausgewertet.2
Die Ergebnisse zeigen deutlich positive Effekte wie eine Senkung des Ruhepulses, eine Reduktion des Blutdrucks, eine Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie eine Verbesserung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max). Diese Parameter gelten als zentrale Indikatoren für Herz-Kreislauf-Gesundheit und allgemeine Fitness.
Lebensqualität signifikant verbessert
Ebenfalls spannend: In der Analyse zeigte sich, dass Nordic Walking die Lebensqualität der Teilnehmenden signifikant verbessern konnte. Diese Effekte zeigten sich sowohl kurzfristig als auch langfristig. Im direkten Vergleich mit Joggen zeigte Nordic Walking bei bestimmten Endpunkten – insbesondere bei subjektiven Gesundheitsmaßen wie Lebensqualität – ebenfalls Vorteile. Besonders bemerkenswert war, dass diese positiven Wirkungen bei Menschen mit ganz unterschiedlichen Erkrankungen auftraten. Das unterstreicht die breite Anwendbarkeit dieser Trainingsform.
Vergleichsstudie normales Gehen versus Nordic Walking
2019 zeigte eine Studie, dass Nordic Walking bei übergewichtigen Erwachsenen effektiver als normales Gehen sein kann, wenn es um Fettabbau, Ausdauersteigerung und Muskelkräftigung geht. Hierzu hatte ein Forschungsteam der Abteilung für Neurowissenschaften, Biomedizin und Bewegungswissenschaften an der Universität Verona untersucht, wie sich Nordic Walking im Vergleich zum normalen Gehen auf Körperzusammensetzung, Ausdauer und Kraft auswirkt. Das Interesse der Forscher galt 38 übergwichtigen Erwachsenen, Durchschnittsalter 66 Jahre, die über sechs Monate hinweg eine Diät einhielten und drei Mal pro Woche an einem überwachten Trainingsprogramm teilnahmen.
Die Ergebnisse wurden im Fachjournal „Diabetes, Metabolic Syndrome and Obesity“ veröffentlicht und zeigen: Ein Paar Stöcke beim Spazierengehen können den Unterschied machen.3 Während beide Gruppen – Nordic Walking und Gehen – gesundheitlich profitierten, zeigte sich in der Nordic-Walking-Gruppe ein deutlich größerer Effekt auf Körperfett, Muskelkraft in Armen und Beinen sowie die Ausdauer.
Fettabnahme an Bauch und Bein
Durch Nordic Walking reduzierte sich das Fett im Bauchbereich um 14 Prozent, das Fett an den Beinen um neun Prozent. Der Gesamtkörperfettanteil sank mit minus acht Prozent signifikant; die maximale Sauerstoffaufnahme verbesserte sich in der Nordic-Walking-Gruppe ebenfalls um acht Prozent.
Wirkung auf das Herz – insbesondere bei Herzpatienten
Studien belegen überdies leistungssteigernde Effekte durch Nordic Walking bei Herzpatienten – untersucht worden sind unter anderem bei Patienten, die ein konventionelles, kardiovaskuläres Reha-Programm durchlaufen hatten. Nordic Walking wirkte bei ihnen günstig auf die körperliche Leistungsfähigkeit, auf das Gleichgewicht und in manchen Fällen auf Belastungsdauer und Sauerstoffaufnahme.4,5
Bei einem Vergleich der Trainingsarten Indoor-Nordic-Walking-Training, Radfahren bzw. Rudern und High Intensity Intervall Training (HIIT) bei Herzpatienten stellten Wissenschaftler 2022 fest: Alle drei Trainingsarten verbesserten die Lebensqualität der Probanden; bei positiven Effekten auf die Herzgesundheit hatte jedoch Nordic Walking die Nase vorn (FITBOOK berichtete). Die funktionelle Leistungsfähigkeit, Indikator für die Belastbarkeit einer Person, stieg mit Nordic Walking um 19 Prozent (HIIT und Cardio 12 bzw. 13 Prozent).
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Nordic Walking – richtiger Schuh und ideale Stocklänge
Wer tatsächlich regelmäßig walken geht, sollte auf einen leichten Laufschuh mit abgerundetem Fersenbereich und weichem Vorderbereich setzen. Wer mit dem Nordic Walking hingegen gerade erst beginnt, braucht nicht erst den perfekten, speziellen Lauftreter. Der Fuß sollte lediglich sicher im Schuh sitzen und die Sohle fest sein. Dazu am besten eine Kleidung, die locker und schön luftig ist und Bewegungsfreiheit ermöglicht.
Wichtiger jedoch sind bei diesem Ganzkörpersport die richtigen Stöcke (mit Schlaufen). Als Faustregel für die richtige Länge gilt die eigene Körpergröße multipliziert mit 0,66 und 0,7. Heraus kommen die Unter- und Obergrenzen der optimalen Länge. Wem das zu aufwändig ist: Einen Rechner für die ideale Stocklänge finden Sie hier. Sie bietet allerdings nur einen Richtwert – denn die optimale Stocklänge ergibt sich zudem aus der Bein- und Armlänge sowie dem dem Verhältnis zwischen Ober- und Unterarmen. Hier lohnt sich tatsächlich ein Experten-Gespräch im Fachgeschäft. Merke: Eine falsche Stocklänge führt zu einer falschen Walkingtechnik und damit womöglich zu körperlichen Beschwerden.
Nicht zu vergessen sind auch die Walking-Handschuhe: Sie sind an den wichtigen Stellen gepolstert, sodass man die Sporteinheit nicht mit der Behandlung böser Blasen ausklingen lassen muss.
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Die richtige Technik
Nordic Walking ist nicht einfach nur ein Spaziergang, denn es ist gar nicht so leicht mit der richtigen Technik zu laufen. Und nur wer die richtige Technik beherrscht, kann auch in den Genuss der zahlreichen Vorteile von Nordic Walking kommen.
Besonders Anfänger haben beim Nordic Walking das Gefühl, dass die Arme beim am stärksten beansprucht werden und plagen sich zu Beginn häufig mit Muskelkater rum. Schließlich wird die Armmuskulatur im Alltag kaum noch beansprucht. Wer allerdings echte Schmerzen hat, kann davon ausgehen, dass er Fehler bei der Technik macht.
Die richtige Technik beim Nordic Walking:
- Mit den Füßen konzentriert aufsetzen und abrollen. Es gibt keine Flugphase (wie beim Joggen), die Schrittlänge sollte etwas größer als beim normalen Gehen sein
- Kraftvoll über Ballen und Zehen abstoßen
- Knie nie komplett durchstrecken, auch nicht beim Absetzen des Fußes
- Der Oberkörper sollte leicht nach vorne gebeugt sein, die Schuldern etwas nach hinten ziehen
- Arme immer möglichst eng am Körper vorbeiführen; der Armschwung erfolgt aus der Schulter
- Griffe nicht die ganze Zeit fest umschließen, sondern öffnen (wenn die Arme hiter dem Körper sind) schließen (wenn die Arme vor dem Körper sind)
- Wenn das linke Bein vorne ist, dann ist auch gleichzeitig der rechte Arm vorne (entspricht dem normalen Gehmuster)6
Über diese normale Nordic-Walking-Technik (genannt Diagonalschritt) hinaus gibt es noch weitere Techniken. Etwa die Speed-Power Technik für jene, die sich mit normalem Nordic Walking unterfordert fühlen, der 1-2-Schritt, der Hopser-Lauf, die Doppelstock-Technik und die Bergauf-Technik für Steigungen. Mehr Informationen dazu finden Sie hier.
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Beliebte Fehler
Die häufigsten Ausführungsfehler sind beispielsweise das Abstützen auf die Stöcke oder eine zu geringe Nähe der Stöcke an den Körper. Viele machen zudem zu lange Schritte setzen ihre Ferse zu steil auf oder drehen die Hüfte zu stark.
Empfehlenswert ist, beim Gehen eine lockere Faust zu machen und die Arme aktiv nach vorne zu nehmen, aber auch wieder aktiv nach hinten durchzuschwingen. Nur so wird auch die Rückenmuskulatur aktiviert. Zudem gilt auch hier: Je weicher der Untergrund, desto besser ist es für die Gelenke.

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Fazit
Niemand sollte jetzt noch der Ansicht sein, Nordic Walking sei nur „Spazierengehen mit Stöcken“. Es ist ein vielseitiges Ganzkörpertraining mit wissenschaftlich belegten Vorteilen zur Unterstützung beim Abnehmen, zur Stärkung der Muskulatur oder zum Schutz der Gelenke. Besonders beeindruckend sind die positiven Effekte auf die Herzgesundheit und Lebensqualität – sogar bei Menschen mit Vorerkrankungen. Wer auf Technik und Ausrüstung achtet, kann mit wenig Aufwand viel erreichen.