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Intervallmethode

Mit Fartlek-Training zum schnelleren Läufer – so funktioniert’s 

Junges Paar läuft auf Parkweg
Bis zum nächsten Baum Vollgas! Ein Fahrtspiel lebt durch die Abwechslung intensiver und moderater Belastung – angepasst an die Laufumgebung. In der Gruppe macht es noch mehr Spaß. Foto: Getty Images
Steffen Gerth

24.06.2022, 04:20 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Das Fahrtspiel, auch Fartlek genannt, ist eine Ausdauermethode, die Abwechslung ins sture Lauftraining bringen kann. Unterschiedliche Belastungsphasen werden nicht durch Zeitvorgaben gesteuert, sondern durch alles, was die Natur bzw. das Umfeld hergibt. Bäume, Parkbänke, Ampeln, Anstiege… alles kann als Start und Endpunkt für Zwischensprints dienen.

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Wer schnell laufen will, muss das schnelle Laufen trainieren. Das geht mit Intervallen auf der Bahn, doch das kann psychisch zermürben. Die Alternative: das Fahrtspiel im Gelände, auch Fartlek genannt. Dabei spielt man tatsächlich – mit der Streckenlänge, der Geschwindigkeit und der Topografie. Der Klassiker des Ausdauertrainings ist allerdings etwas in Vergessenheit geraten. Es wird Zeit, das zu ändern.

Was ist ein Fartlek bzw. Fahrtspiel überhaupt?

Jeder Hobbyläufer findet heute jede Menge hervorragende und oft frei zugängliche Trainingspläne, fein austariert auf die jeweilige Zielzeit der Wunschstrecke. Etwa in drei Monaten zur Bestzeit über 5000 Meter. Und eigentlich immer wird als Mittel des Tempotrainings die Intervallmethode auf der Rundbahn beworben, beispielsweise fünfmal 1000 Meter in einem klar definiertem Tempo.

Doch ein Klassiker des Tempotrainings taucht in den Empfehlungen kaum noch auf: das Fahrtspiel. Jeder Läufer, der in den 1980er-Jahren seine besten Zeiten hatte, kennt diese Trainingsform nur allzu gut. Das Spiel mit der Fahrt, der Geschwindigkeit, ist weniger formiert als die sturen Intervalle, mehr situativ und psychisch deutlich stressfreier als die Knüppelei auf der Bahn.

Erfunden wurde das Fahrtspiel in den späten 1930er-Jahren vom schwedischen Leichtathletiktrainer  Gösta Holmer, daher auch der schwedische Ursprungsname „Fartlek“. Holmer suchte ein Mittel, damit seine Läufer die großen Widersacher aus dem Nachbarland Finnland besiegen, insbesondere bei den damals populären Crossläufen.

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Die Vorteile eines Fahrtspiels fürs Training

Das Fahrtspiel ist eine Mischung aus Geschwindigkeits- und Ausdauertraining und mental nicht so hart wie ein Intervallprogramm auf der Bahn. Gerade, wenn man alleine ist. Man läuft dabei durch die Natur, hat eine abwechslungsreiche Strecke, die man für alle möglichen Orientierungspunkte nutzen kann. „Ein Fahrtspiel nimmt auf jeden Fall den psychischen Druck aus der Belastung“, sagt die Lauftrainerin Petra Wassiluk (Darmstadt), die bei den Olympischen Spielen 1996 in Atlanta über 5.000 Meter und im Jahr 2000 in Sydney über 10.000 Meter startete. „Für viele Läuferinnen und Läufer ist die Vorstellung, sich auf die Bahn zu stellen, und zehnmal 1000 Meter in einer bestimmten Zeit zu laufen, psychischer Stress. Gerade Hobbyläufer, die erst mit dem Laufen begonnen haben, sind solche strengen Einheiten nicht gewohnt.“

Also: ab in den Wald und mit dem Tempo spielen! Doch nicht nur mit dem Tempo, sondern auch mit allem, was die Natur hergibt. Und das bedeutet auch, die topografischen Besonderheiten, wie Berge oder schweres Geläuf (wie ein Sandstrand, Wiese) nutzen. Und so abwechslungsreich die Natur ist, so abwechslungsreich ist auch ein Fahrtspiel, man vermischt Dauerlauf mit Tempoläufen ohne die normierten Strecken einer Rundbahn.

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So könnte eine Fartlek-Einheit aussehen

Fünfzehn Minuten Einlaufen ist Pflicht, damit das Herz-Kreislauf-System sowie die Muskulatur vorbereitet werden auf die Belastung.

Dann das erste Tempostück, etwa dreißig bis sechzig Sekunden. Dafür orientiert man sich an irgendeinem zufälligen Ziel auf der Strecke – zum Beispiel eine Bank, ein großer Baum oder eine Weggabelung. Und so geht es weiter. Man kann auch ein paar Sprints über 100 Meter machen, oder auch ein langes Tempostück über sechs, sieben Minuten, einen steilen Berg hinauf rennen oder ein Gefälle bergab.

Wer nach dem Fartlek gehen muss, war vorher zu schnell

Durch diese Abwechslung belasten Sie sich auf die leichte, spielerische Art. Damit Sie sich aber nicht überlasten, gibt Trainerin Petra Wassiluk zwei wichtige Tipps für das Fartlek:

  1. Wer nach der Belastung erst einmal gehen muss, war zu schnell. Ziel beim Fahrtspiel ist, immer zu laufen, auch zur Erholung. Es werden aktive Pausen eingelegt. Es gibt nie eine vollständige Erholung.
     
  2. Die jeweilige aktive Pause ist immer halb so lang wie die Belastung davor. Wer 60 Sekunden Tempolauf gemacht hat, trabt danach dreißig Sekunden. Wer acht Minuten schnell gerannt ist, erholt sich über vier Minuten.

Fartlek-Beispiel aus dem Laufprofi-Bereich

Bei der Gestaltung des Fahrtspiels gibt es keine Standards, jede Läuferin, jeder Läufer kann sich seine individuelle Runde zusammenstellen. Der große australische Lauftrainer Arthur Lydiard (Trainer zweier Olympiasieger von 1960: Peter Snell über 800 Meter und Murray Halberg über 5000 Meter) hatte als Trainingseinheit folgendes entwickelt: 10.000 oder 5.000 Meter auf der Bahn laufen, dabei immer auf den Geraden mit halber Kraft sprinten. Die Erholungszeit beim Traben in den Kurven ist dann freilich länger als die angesprochene halbe Belastungszeit, dafür sind die Tempostücke intensiver – auch in der Quantität.

Das ist wie ein Fahrtspiel, was man auch gut in den Wald legen kann. Dort fehlen zwar die genauen Orientierungspunkte wie Geraden und Kurven, aber so pingelig muss man nicht sein. Bäume oder Bänke helfen weiter, zudem lernt man dadurch, ein Gefühl für Zeit und Raum zu entwickeln.

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Abwechslung beim Fahrtspiel wichtig

Aber, Achtung: So ein Programm ist eher etwas für geübte Läufer. Denn wir reden hier von zwei Tempostücken pro Runde, das macht bei 10.000 Metern mit 25 Bahnrunden insgesamt fünfzig zügige Stücke über 90 Meter. Wertvoll ist so eine Einheit auf jeden Fall. Und wenn man die Sprints nur mit viertel Kraft absolviert, schafft sie auch ein noch nicht so erfahrener Läufer.

Variantenreicher, freudvoller und fahrtspielgerechter ist die „bunte Mischung“: Mal einen 30-Sekunden-Sprint, mal ein, zwei Minutenläufe, dann mal ein langes Stück über acht Minuten. Am Ende könnten dann sechs bis acht Belastungen stehen, je nach deren Länge.

Petra Wassiluk fordert ihre Athletinnen und Athleten zudem mit „Überraschungsattacken“. Die Gruppe läuft durch den Wald und bekommt vorher nur gesagt, dass sie sich darauf einstellen muss, dass es plötzliche Aufforderungen zum Tempolauf geben wird. Und dann ertönt irgendwann aus dem Nichts ein Kommando, wie etwa: „Sprint bis zur alten Eiche“ – und alle müssen folgen. Das schult das Reaktionsvermögen und sorgt ebenfalls für Abwechslung.

Überhaupt ist das Fahrtspiel auch eine schöne Gruppenangelegenheit. Man „fliegt“ gewissermaßen im Sog der Gemeinschaft durch den Wald, kleine Wettbewerbe sorgen für Kitzel. Und die Gruppe hilft auch, dass Einzelne bei Motivationshängern in eine positive Stimmung versetzt werden.

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Für wen das Fartlek eher nicht geeignet ist

Doch es gibt einen Nachteil für Ungeübte. Denn denen fehlt das Tempogefühl. Sie wissen noch nicht, was es beispielsweise heißt, 200 Meter in 40 Sekunden zu laufen. Daher ist das Laufen auf der Bahn mit seinen Markierungen wichtig. „Es schult das Zeitmanagement“, betont Petra Wassiluk.

Doch danach ist der Wald immer eine gute Alternative. Bei vier Laufeinheiten pro Woche sollte ja immer eine Temposchulung dabei sein – und hier kann das Fahrtspiel die Intervall-Arbeit im Stadion ersetzen. Erst recht, wenn es heiß ist, denn dann rennt man im Schatten der Bäume.

Und nun: Viel Spaß beim Spiel mit der Geschwindigkeit!

Themen Ausdauertraining Laufen
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