Kuhmilch ist mit Vorsicht zu genießen – glauben jedenfalls viele. Sie soll u.a. Stoffe enthalten, die Wachstumsprozesse in Gang setzen und auf diese Weise Krebserkankungen fördern können soll. Wissenschaftlich sind die Risiken von Kuhmilch noch nicht wirklich belegt, dennoch gibt es mittlerweise (nicht zuletzt auch für Veganer) einige pflanzliche Alternativen auf dem Markt. Ob aus Mandeln, Hafer, Reis und Co. gewonne Drinks tatsächlich gesünder sind – oder in Wahrheit gar nicht? FITBOOK hat sich der Frage angenommen.
Wer einen Milchkaffee möchte, sollte seine Bestellung besser spezifizieren: Seit Jahren führen Cafés und Restaurant inzwischen neben normaler Milch unter anderem auch solche aus Soja, Hafer und Mandel. Auch im Handel werden die Alternativen immer zahlreicher und beliebter. Das spürt natürlich auch die Wirtschaft. Aktuelle Zahlen des Milchindustrie-Verbands (MIV) zeigen auf, dass der durchschnittliche Verbrauch von Trinkmilch in Deutschland im vergangenen Jahr pro Kopf um 3,1 Kilogramm zurückgegangen ist.
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Vegane „Milch“ darf nicht Milch heißen
Wir haben die verschiedenen Varianten genauer unter die Lupe genommen und (mithilfe von Experten) herausgefunden, ob die Alternativen nicht bloß trendy, sondern vielleicht tatsächlich gesünder sind als die klassische Milch.
Und bevor Sie sich gleich wundern, dass im Folgenden immer wieder von „Drinks“ die Rede sein wird: Pflanzliche Ersatzprodukte dürfen offiziell nicht als Milch bezeichnet werden. Auch wenn man umgangssprachlich natürlich „Sojamilch“, „Mandelmilch“ etc. sagt. Dies fußt auf einem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs, der nur dem, was aus einem tierischen Euter kommt, den Titel Milch gestattet. Alles andere nennt sich im Verkauf „-Drink“.
Vollmilch (3,5%)
Nährwerte pro 100 Milliliter
65 Kalorien
4,7 Gramm Kohlenhydrate
3,4 Gramm Protein
3,5 Gramm Fett
Natürlich vorkommende Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin C (2 mg), Vitamin A (0,03 mg), Vitamin D (0,088 μg), Vitamin E (0,07 mg), Vitamin B1 (0,04 mg), Vitamin B2 (0,18 mg), Vitamin B6 (0,04 mg), Vitamin B12 (0,409 μg)
Salz (0,1143 g), Eisen (0,1 mg), Zink (0,4 mg), Magnesium (12 mg), Chlorid (102 mg), Schwefel (30 mg), Kalium (140 mg), Kalzium (120 mg), Phosphor (92 mg), Fluorid (0,02 mg), Jod (3 μg)
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Fettarme Milch (1,5%)
Nährwerte pro 100 Milliliter
47 Kalorien
4,9 Gramm Kohlenhydrate (davon 4,9 Gramm Zucker)
3,5 Gramm Protein
1,5 Gramm Fett
Natürlich vorkommende Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin A (0,01 mg), Vitamin D (3 μg), Vitamin C (1 mg), Vitamin B1 (0,04 mg), Vitamin B2 (0,18mg), Vitamin B3 (5 %), Vitamin B6 (0,05 mg),Vitamin B12 (0,5 μg)
Jod (7 μg), Kalium (150 mg), Magnesium (12 mg), Zink (0,4 mg), Eisen (0,1 mg), Salz (0,13 g), Chlorid (100 mg), Schwefel (31 mg), Kalium (150 mg), Kalzium (120 mg), Phosphor (95 mg), Fluorid (0,02 mg)
Haferdrink Original*
(* mit „Original“ beziehen wir uns auf die gängigen (und nicht ungesüßten) Varianten der Hersteller. Bei den pflanzlichen Drinks können die Werte je nach Anbieter leicht von unseren Angaben abweichen)
Nährwerte pro 100 Milliliter
43 Kalorien
6,6 Gramm Kohlenhydrate (davon 3,2 Gramm Zucker)
0,3 Gramm Protein
1,5 Gramm Fett
Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin D (0,75 μg), Vitamin B2 (0,21 mg), Vitamin B12 (0,38 μg)
Salz (0,09 g), Kalzium (120 mg)
Sojadrink Original
Nährwerte pro 100 Milliliter
39 Kalorien
2,5 Gramm Kohlenhydrate (davon 2,5 Gramm Zucker)
3 Gramm Protein
1,8 Gramm Fett
Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin D (0,75 μg), Vitamin E (0,7 mg), Vitamin B1 (0,46 mg), Vitamin B2 (0,1 mg), Vitamin B6 (0,3 mg), Vitamin B12 (0,38 μg)
Salz (0,11 g), Eisen (0,3 mg), Zink (0,2 mg), Magnesium (12 mg), Mangan (1,2 mg), Kalium (70 mg), Kalzium (120 mg), Phosphor (109 mg), Kupfer (0,4 mg), Fluorid (0,15 mg)
Mandeldrink Original
Nährwerte pro 100 Milliliter
22 Kalorien
2,4 Gramm Kohlenhydrate (davon 2,4 Gramm Zucker)
0,4 Gramm Protein
1,1 Gramm Fett
Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin D (0,75 μg), Vitamin E (1,8 mg), Vitamin B2 (0,21 mg), Vitamin B12 (0,38 μg)
Salz (0,14 g), Eisen (0,1 mg), Magnesium (5 mg), Kalzium (120 mg)
Haselnussdrink Original
Nährwerte pro 100 Milliliter
29 Kalorien
3,2 Gramm Kohlenhydrate (davon 3,2 Gramm Zucker)
0,4 Gramm Protein
1,6 Gramm Fett
Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin D (0,75 µg), Vitamin B2 (0,21 mg), Vitamin B12 (0,38 µg), Vitamin E (1,80 mg)
Calcium (120 mg)
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Reisdrink Original
Nährwerte pro 100 Milliliter
47 Kalorien
9,5 Gramm Kohlenhydrate (davon 3,3 Gramm Zucker)
0,1 Gramm Protein
1 Gramm Fett
Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin D (0,75 μg), Vitamin B12 (0,38 μg)
Salz (0,09 g), Eisen (0,1 mg), Magnesium (2 mg), Kalzium (120 mg)
Cashewdrink Original
Nährwerte pro 100 Milliliter
23 Kalorien
2,6 Gramm Kohlenhydrate (davon 2 Gramm Zucker)
0,5 Gramm Protein
1,1 Gramm Fett
Vitamine und Mineralstoffe:
Vitamin D (0,75 μg), Vitamin E (1,8 mg), Vitamin B12 (0,38 μg)
Salz (0,13 g), Eisen (0,2 mg), Zink (0,2 mg), Magnesium (11 mg), Kalzium (120 mg)
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Dinkeldrink Original
Nährwerte pro 100 Milliliter
57 Kalorien
10,5 Gramm Kohlenhydrate (davon 5,5 Gramm Zucker)
0,8 Gramm Protein
1,1 Gramm Fett
Etwaige Vitamine und Mineralstoffe sind bei den gängigen Dinkeldrinks nicht angegeben
Zusätze, Zusätze, Zusätze
Vielen pflanzlichen „Milch“-Drinks werden zusätzlich verschiedene Nährstoffe zugesetzt. Vermutlich haben sie das nötig – anders als Kuhmilch, in der Vitamine und Mineralstoffe von Natur aus enthalten sind. Auffällig ist auch, wie sich die Zutatenlisten von klassischer Milch und den veganen Alternativen unterscheiden.
Sojamilch enthält etwa – neben Wasser und geschälten Sojabohnen (dies zu übrigens nur 8 Prozent)– Zucker, Calciumcarbonat, Säureregulator (Kaliumphosphate), Aroma, Meersalz, Stabilisator (Gellan) und zugesetzte Vitamine (B2, B12, D2).
Beim Haferdrink sind es, neben der namengebenden Zutat (zu etwa 10 Prozent enthalten) Wasser, Zichorienwurzelfasern, Sonnenblumenöl, Tricalciumphosphat, Meersalz, Stabilisator (Gellan) und die Vitamine B2, B12 und D2.
Bei Kuhmilch ist es nur (meist pasteurisierte, also hoch erhitzte) Milch.
Ernährungsexperten sind kritisch
Fachleute sehen bei den Zusätzen ein Problem. „Die meisten veganen Ersatzprodukte zu Milch werden unter extremem technologischen Einsatz hergestellt“, sagt uns dazu Ernährungswissenschaftler Sven-David Müller. „Und auch wenn Zusatzstoffe nicht gefährlich sind – BESSER wäre in jedem Fall eine Ernährung ohne Zusatzstoffe.“
Aber was ist mit guten Sachen, die zugesetzt werden? Beispielsweise Kalzium (auch: Calcium), wie man es auf den Verpackungen Drinks entdeckt, und das als Nährstoff für den Körper ja durchaus wichtig ist – unter anderem für die Reizübertragung in den Nervenzellen und die Knochengesundheit. Kalzium ist für viele der (Haupt-)Grund, überhaupt zur Milchtüte zu greifen. „Es ist fraglich, ob die Aufnahme aus veganen Ersatzprodukten so gut wie in Milch ist“, so Müller. Die echte Kuhmilch enthalte Substanzen, die die Kalziumaufnahme verbessern, darunter Vitamin D und weitere Inhaltsstoffe.
„Wenn überhaupt, dann Sojamilch“
Dem Experten würde allerhöchstens Sojamilch in die Tasse kommen, da sei „nicht ganz so viel Chemie“ nötig. Alle anderen veganen Ersatzprodukte fallen für ihn in die Kategorie Lebensmittelhorror.

Schlechte biologische Wertigkeit von Vegan-„Milch“
Diplom-Ökotrophologe Professor Dr. Nicolai Worm sieht veganen Milchersatz mindestens genau so kritisch. Tatsächlich könne man Sojamilch eine gewisse Ausnahme einräumen – zumindest was einen kleinen Teilaspekt anbetrifft. Worm berichtet von einer Untersuchung irischer und finnischer Ernährungswissenschaftler, die sämtliche Alternativen aus beispielsweise Reis, Mandeln, Hafer und Co. auf ihren Nährstoffgehalt analysiert haben, „und dieser hat je und Sorte und Hersteller erheblich variiert“, erinnert er sich. Was sie aber alle gemeinsam hatten: „Typischerweise waren sie sehr eiweißarm.“ Soja-„Milch“ enthalte noch verhältnismäßig viel Protein (zwischen drei und vier Prozent), wobei das Sojaprotein jedoch schlechter vom Körper verwertet werden könne als das Kuhmilchprotein.
Generell überwiegen laut Worm auch bei Sojamilch die Nachteile. „Bei Allergikern können Sojagetränke kritisch werden“, warnt er etwa, „denn Soja-Eiweiß kann Nahrungsmittelallergien auslösen.“ Insbesondere Birkenpollenallergiker seien gefährdet, da es hier zu Kreuzallergien mit schwerwiegenden Reaktionen kommen kann. Auch den hohen Gehalt von Isoflavonen in Sojaprodukten gibt er zu bedenken. Diese stehen im Verdacht, in den Hormonhaushalt des Menschen einzugreifen.
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Krebs durch Milch?
Apropos eingreifen. Seit einer Weile wird ja vor den vermeintlich wachstumsfördernden Eigenschaften von Milchproteinen gewarnt. Einige Experten gehen sogar so weit, zu behaupten, dass mit Milchkonsum eine erhöhte Krebsgefahr einhergeht – FITBOOK hat darüber hier bereits berichtet.
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Auch Professor Worm hat die Diskussion natürlich verfolgt. Daran stört ihn, dass die meisten Milch-Kritiker aus Hunderten von biologisch wirksamen Bestandteilen nur einzelne biochemische oder physiologische Reaktionen thematisieren. Derselbe Bestandteil könne außerdem aber viele weitere Reaktionen im Körper auslösen, die tatsächlich als günstig eingeschätzt würden und jenen einen negativen Effekt sogar kompensieren könnten, doch dies würde gemeinhin ignoriert. Dass (Prostata-)Krebs durch Milch wahrscheinlicher wird – davon will er nichts wissen. „Vor wenigen Wochen sind die umfassendsten Meta-Analysen aller Langzeitstudien zum Einfluss von Milchkonsum auf die Gesundheit veröffentlicht worden“, sagt er uns. Und darin sei ein erhöhtes Krebsrisiko NICHT bestätigt worden.

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Und welche Variante ist umweltfreundlicher?
In jedem Fall sollen die pflanzlichen Alternativen aber umweltfreundlicher sein, heißt es jedenfalls in der Werbung und auf den Verpackungen. Und auch die „Albert Schweitzer Stiftung“ schreibt in einer Veröffentlichung zur „Ökobilanz von Pflanzenmilch“, dass die Kuhmilchproduktion Umwelt und Klima schade. „Der Großteil der klimaschädlichen Emissionen entsteht bereits im Verdauungsapparat der Kuh. Aber auch die Futtermittelproduktion hat einen bedeutenden Anteil.“ Wenn in Europa ein Liter Kuhmilch produziert wird, entspräche das einer Klimabelastung von etwa 1,3 kg Kohlendioxid. Und weitere Schadstoffe, die zwischen Molkerei und Handel (bei Transport, Verarbeitung und Lagerung der Milch) ausgestoßen werden, seien hier noch nicht einmal mit eingerechnet.
Auf den Umweltaspekt ist Prof. Worm in einem Fachartikel auch schon eingegangen – und räumt sogar ein, dass das CO2-Äquivalent von Milch bei 0,84 – 1,3 CO2 e/kg angegeben wird und damit höher ausfällt als bei Hafer- und Soja-Drinks (0,21 bzw. 0,31 CO2 e/k). Das dürfe man aber nicht überbewerten. Laut dem Experten basieren die Angaben auf völlig unterschiedlichen Voraussetzungen. „Der Nährwert von Milch ist deutlich höher. Wenn man Nährstoffdichte und ‚Treibhauseffekt‘ in ein Verhältnis setzt, also vor dem Hintergrund des Nutrient Density to Climate Impact Index (NDCI) beurteilt, schneidet Milch eindeutig günstiger ab als die veganen Alternativen.“
Fazit
Letzten Endes ist es eine subjektive Frage, die sich nicht zuletzt auch nach den persönlichen Vorlieben richtet. Wem der Gedanke an Kuhmilch und/oder generell tierische Produkte nicht schmeckt, der findet im Handel eine Vielzahl an pflanzlichen Ersatzprodukten. „Die meisten davon bestehen vor allem aus Wasser und enthalten nur sehr geringe Anteile an Fett- und Aminosäuren“, wissen wir von Herrn Prof. Worm. Schlimm ist das nicht, da man den Bedarf an jenen essenziellen Nährstoffen auch durch seine sonstige Ernährung decken kann. Und wie auch Kollege Müller uns versichert, ist die stark verarbeitete Natur der Pflanzen-Drinks zwar kein wirkliches Problem, allerdings auch nicht wirklich erstrebenswert.
Kurzum: Milchersatzprodukte kann man nutzen, muss man aber nicht. Und offenbar spricht – zumindest aus gesundheitlichen und/oder ökologischen Gründen – nicht allzu viel gegen die gute, alte, echte Milch.