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Zwei Experten klären auf

Phytoöstrogene in Lebensmitteln – wie gesund sind die Pflanzenstoffe?

Phytoöstrogene: Linsen, Leinsamen, Kürbiskerne
Phytoöstrogene sind sekundäre Pflanzenstoffe und kommen in zahlreichen Lebensmitteln wie Leinsamen, Linsen, Kürbiskernen und Soja vor. Foto: Getty Images
Thorben Grünewälder Freier Autor

24.01.2021, 06:04 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Gerade im Ernährungsbereich gibt es ständig neue Trends. Aber nicht alle beworbenen Wirkungen haben eine wissenschaftliche Grundlage. Lebensmittel, die Phytoöstrogene enthalten, sind besonders bei Bloggern beliebt, andere betrachten die sekundären Pflanzenstoffe eher kritisch. Wie ist die Einschätzung von Experten? FITBOOK hat nachgefragt.

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Ein erfülltes Sexleben, bessere Laune und Schutz gegen Krebs: All das und vieles mehr sollen Phytoöstrogene bewirken. Jedenfalls, wenn man den zahlreichen Online-Ratgebern oder Food- und Health-Influencern glaubt. Allerdings klingt vieles davon zu schön, um wahr zu sein. Deshalb hat FITBOOK die Bielefelder Ernährungsberaterin Sinja Niedringhaus und den Gütersloher Hormonspezialisten Dr. Jens Keisinger gefragt, was an den Versprechungen rund um Phytoöstrogene dran ist – und was nicht.

Was sind Phytoöstrogene und wie wirken sie?

Phytoöstrogene sind sogenannte sekundäre Pflanzenstoffe. Obwohl der Name etwas anderes vermuten lässt, handelt es sich dabei allerdings nicht um Östrogene. Aber der chemische Aufbau ist dem des weiblichen Sexualhormons ähnlich und deshalb wird vermutet, dass Phytoöstrogene eine entsprechende Wirkung auf den weiblichen und auch den männlichen Hormonhaushalt haben.

Doch ob diese sekundären Pflanzenstoffe überhaupt einen messbaren Einfluss auf unseren Körper haben und wie dieser genau aussieht, wird auch in der Medizin nach wie vor kontrovers diskutiert. „Bisher konnte die Wirksamkeit der Phytoöstrogene nicht wissenschaftlich belegt werden“, erklärt Sinja Niedringhaus. „Es gibt aber Hinweise, dass sie einen positiven Effekt auf hormonproduzierende Tumorerkrankungen wie Brust- oder Darmkrebs haben.“

In den Wechseljahren sollen Präparate mit Phytoöstrogenen einige der Beschwerden lindern. „Aber auch hier gibt es keine eindeutige Studienlage“, sagt die Ernährungsexpertin.

Welche Effekte haben Phytoöstrogene auf den männlichen Körper?

Muskeln, Kraft und ein starker Wille: Diese Attribute werden oft mit Testosteron – dem männlichen Geschlechtshormon – in Verbindung gebracht. Sind Phytoöstrogene also für Männer schädlich? Studien geben hier Entwarnung. So führt selbst ein hoher Konsum von phytoöstrogenhaltigen Lebensmitteln nicht zu einer Verweiblichung des Körpers. Die Angst vor Männerbrüsten ist also unbegründet.

Sicher ist nur, dass die Phytoöstrogene eine antioxidative Wirkung haben und freie Radikale wegfangen, die die Zellen schädigen können. Der Hormonspezialist Dr. Jens Keisinger empfiehlt dennoch: „Von einem übermäßigen phytoöstrogenhaltiger Lebensmittel rate ich ab. Besser ist eine abwechslungsreiche Ernährung, die neben Phytoöstrogenen auch viele weitere Pflanzenstoffe enthält.“

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Welche Lebensmittel enthalten besonders viele Phytoöstrogene?

Sojabohnen oder Leinsamen sind hervorragende Quellen für Phytoöstrogene. Aber auch verschiedene Getreidesorten enthalten die sekundären Pflanzenstoffe. Und selbst in alkoholischen Getränken wie Bier, Wein oder Whiskey können sie nachgewiesen werden. Weitere Lebensmittel, die reichlich Phytoöstrogene enthalten sind:

Wie hoch der Phytoöstrogengehalt genau ist, hängt jedoch jeweils von der Sorte, dem Klima, der Erntezeit und der Fruchtreife ab. Ebenso kann die Fermentation der Lebensmittel die Konzentration erhöhen.

Sind Nahrungsergänzungsmittel mit Phytoöstrogenen sinnvoll?

„Nahrungsergänzungsmittel können einen Mangel ausgleichen“, erklärt Sinja Niedringhaus. Allerdings gelte dies nur für einen Teil der Weltbevölkerung. „Rund 30 Prozent der Menschen können Phytoöstrogene im Darm metabolisieren – also verwerten.“

Wissenschaftliche Studien haben bisher keine positive oder negative Wirkung von Supplements mit Phytoöstrogenen festgestellt. „Nahrungsergänzungsmittel sind, wie der Name schon sagt, eben immer nur eine Ergänzung. Wer sich abwechslungsreich ernährt, kommt meist ohne Supplemente aus.“

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Symptome einer Überdosierung

Gerade Menschen, die täglich Sojaprodukte wie Tofu zu sich nehmen, sollten auf die folgenden Symptome einer Überdosierung mit Phytoöstrogenen achten:

  • Hautrötungen
  • Magen-Darm-Beschwerden
  • Schwellungen
  • Übelkeit

Wird nach einer Überdosierung auf phytoöstrogenhaltige Lebensmittel verzichtet, klingen diese Symptome meist schnell wieder ab. Im Zweifel sollte aber ein Arzt aufgesucht werden.

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Kann sportliches Training den Phytoöstrogenspiegel beeinflussen?

Nein, sie können nur über die Nahrung aufgenommen werden. Sport kann aber für eine bessere Stimmung sorgen, vielen Krankheiten vorbeugen und ist gerade auch in den Wechseljahren eine gute Idee, um Beschwerden zu lindern. „Und im Gegensatz zu den Phytoöstrogenen ist die Wirkung sportlichen Trainings wissenschaftlich belegt“, so Ernährungsexpertin Niedringhaus.

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Keine Selbstexperimente

Phytoöstrogene sind aktuell ein großes Thema, das auf Blogs und in verschiedenen Foren diskutiert wird. Wer die sekundären Pflanzenstoffe gezielt in seine Ernährung einbauen möchte, sollte aber vorher mit einem Ernährungsexperten oder Arzt sprechen. „Das gilt besonders dann, wenn bereits eine Vorerkrankung vorliegt“, so Dr. Keisinger zu FITBOOK. „Experimente mit dem eigenen Körper sind nie eine gute Idee.”

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