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Physical and Financial Wellbeing

Stress wegen Geld? Experten-Tipps für finanzielles Wohlbefinden 

Mann entspannt am Laptop
Wie steht es um Ihr finanzielles Wohlbefinden? Die meisten sprechen nicht gerne darüber – ein Fehler, sagt „Financial Wellbeing“-Expertin Franziska Weißbach und gibt wertvolle Tipps Foto: Getty Images

20.01.2023, 04:02 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

Finanzieller Stress kann nachweislich krank machen. Aus Sicht von Franziska Weißbach, Expertin für „Financial Wellbeing“, handelt es sich um ein tabuisiertes gesellschaftliches Problem, das weiter zunehmen wird – unabhängig von Bildungsstand, Alter und Einkommen. Wie gelingt es, eine gesunde Beziehung zu den eigenen Finanzen aufzubauen und damit sein Wohlbefinden zu steigern?

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Haben Sie eine gesunde Beziehung zu Ihren Finanzen? Fühlen Sie sich gestresst, wenn Sie über Geldthemen nachdenken? Darüber haben Sie sich noch gar keine Gedanken gemacht? Vielleicht ist Ihnen der Begriff „Financial Wellbeing“ schon einmal begegnet – doch so richtig wussten Sie nichts damit anzufangen. Es geht vielen so. Finanzielles Wohlbefinden hat jedoch weitreichenden Einfluss auf unsere Gesundheit. Die Abwesenheit davon kann sogar krank machen. Was genau Experten darunter verstehen, wie es mit dem allgemeinen, körperlichen Wohlbefinden zusammenhängt – und wie man es konkret verbessern kann, lesen Sie hier.

Die 5 Ebenen des Wohlbefindens

Sich wohlzufühlen bedeutet, nachhaltig zufrieden zu sein mit dem eigenen Leben. Dabei spielt sowohl die individuelle Perspektive ebenso eine Rolle wie die Wahrnehmung, die Kognition und Emotion. Wohlbefinden hat drei Ebenen: das mentale, physische sowie soziale Wohlbefinden. Sind unsere Bedürfnisse auf allen drei Ebenen befriedigt, fühlen wir uns wohl. Man kennt das aus dem eigenen Umfeld: Der rein beruflich Erfolg bei fehlender sozialer Anerkennung und Wertschätzung oder bei sozialen Problemen führt nicht zu uneingeschränktem Wohlbefinden. Umgekehrt ist es genauso: Wenn wir gesund sind, ein tolles soziales Umfeld haben aber im Beruf unglücklich sind, fühlen wir uns auch nicht wohl.

Prof. Dr. Martin Seligman, Begründer der Positiven Psychologie, beschreibt in seinem Buch „Flourish – Wie Menschen aufblühen“1 fünf Ebenen für das Wohlbefinden:

  • positive Emotionen
  • Engagement
  • positive Beziehungen
  • Sinn
  • Errungenschaften

Physisches Wohlbefinden

Physisches Wohlbefinden beruht auf der aufmerksamen Beachtung des eigenen angenehmen, körperlichen Empfindens. Es geht dabei also um das positive Wahrnehmen des eigenen Körpers und damit auch der eigenen Gesundheit. Dabei spielen die Sinnesreize, die die Reize der Umwelt aufnehmen (Exterozeption) eine entscheidende Rolle: alles, was wir sehen, hören, spüren, riechen und schmecken. Ebenso eine Rolle spielt die Wahrnehmung unserer inneren Körperwelt (Interozeption). Das physische Wohlbefinden beruht immer auf der eigenen subjektiven Bewertung von Gesundheit und Zufriedenheit. Dabei geht es sowohl um den Einfluss der psychischen auf die physische Ebene (auch bekannt als Psychosomatik) als auch um den Einfluss des körperlichen Wohlbefindens auf die Psyche, bekannt als somatopsychisch. Es geht also nicht nur darum, die Gesundheit zu fördern und Krankheiten zu vermindern, sondern auch smarte Gesundheits- und Lebensstilentscheidungen zu treffen.

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Finanzielles Wohlbefinden

Finanzielles Wohlbefinden ist ein Zustand, in dem eine Person ihren aktuellen und laufenden finanziellen Verpflichtungen in vollem Umfang nachkommen kann, sich in ihrer finanziellen Zukunft sicher fühlt und in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen, die es ihr ermöglichen, das Leben zu genießen.2

Eine Umfrage der American Psychological Association (APA) aus dem Jahr 2022 hat gezeigt, dass das Thema Geld für viele Amerikaner eine der Hauptursachen für Stress ist.3 Da wir wissen, dass Stress ein Krankmacher ist – dauerhafter Stress belastet das Herz-Kreislauf-System und begünstigt nachweislich die Entstehung von verengten Herzkranzgefäßen – gilt es, diesem Thema mehr Aufmerksamkeit zu widmen. Während in den USA eine Sozialmarketingkampagne der APA die Öffentlichkeit über den Zusammenhang zwischen psychischer und physischer Gesundheit aufklärt4 und darüber informiert, wie Lebensstil und Verhaltensweisen die allgemeine Gesundheit und das Wohlbefinden beeinflussen, ist das Thema in Deutschland noch recht unbekannt. Doch mit Blick auf die steigenden wirtschaftlichen Herausforderungen dürfte sich das nun ändern.

Lässt sich Wohlbefinden messen?

Der allgemeine Trend zum Sammeln und Messen von Daten und Einflussfaktoren setzt sich auch im Bereich des Wohlbefindens durch. Während mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) die Wirtschaftsleistung gemessen wird, versuchen andere Forschungsfelder das menschliche Wohlbefinden zu messen. Beispiele hierfür sind der „Better Life Index“ der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung), der das Wohlbefinden in einzelnen Ländern abbildet und folgende Indikatoren berücksichtigt:5

  • Wohnen (Wohnungen ohne Grundausstattung, Wohnungsausgaben, Zimmer pro Person)
  • Einkommen (Verfügbares bereinigtes Nettoeinkommen der Haushalte, Nettofinanzvermögen der Haushalte)
  • Arbeitsplätze (Beschäftigungsquote, Arbeitsplatzsicherheit, Langzeitarbeitslosenquote, persönliches Einkommen)
  • Gemeinschaft (Qualität des Unterstützungsnetzes)
  • Bildung (Bildungsniveau, Fähigkeiten der Schüler, Ausbildungsjahre)
  • Umwelt (Luftverschmutzung, Wasserqualität)
  • Bürgerschaftliches Engagement (Konsultation bei der Regelsetzung, Wahlbeteiligung)
  • Gesundheit (Lebenserwartung, Selbstbericht über die Gesundheit)
  • Lebenszufriedenheit
  • Sicherheit (Überfallrate, Mordrate)
  • Work-Life-Balance

Viele dieser Indikatoren sind eng miteinander verbunden. So hat etwa die Lebenszufriedenheit einen großen Einfluss auf die Gesundheit und umgekehrt. Das Einkommen und die finanzielle Situation beeinflussen wiederum die Bereiche Wohnen, Bildung und Sicherheit.

Folgen von finanziellem Stress für die Gesundheit

„Finanzieller Stress macht nachweislich krank, physisch und psychisch. Menschen, die akut unter finanziellem Stress leiden, sind mental von diesem Stress blockiert und können sich nicht um die eigentlichen Themen und das Leben kümmern. Sie schämen sich, nehmen weniger am Leben teil und isolieren sich von der Gesellschaft“, sagt Franziska Weißenbach, Expertin für „Financial Wellbeing“ gegenüber FITBOOK. Sie arbeitet als Human Experience Design Strategin und war davor lange als Verhaltensökonomin für Unternehmen in der Finanzindustrie aktiv.

„Menschen, die akut unter finanziellem Stress leiden, sind mental von diesem Stress blockiert und können sich nicht um die eigentlichen Themen und das Leben kümmern. Sie schämen sich, nehmen weniger am Leben teil und isolieren sich von der Gesellschaft.“

Ihrer Ansicht nach ist der notwendige gesellschaftliche Wandel nicht möglich ohne finanzielles Wohlbefinden. Ein nachhaltiger Wandel benötige den Gestaltungswillen der Gesellschaft. Und eine Menge Mut und Ausdauer, um eine neue Zukunft zu erdenken, zu schaffen und zu gestalten.  Da es keine endgültige Blaupause und keinen Fahrplan gibt, hätten die Menschen Angst davor, den Status quo loszulassen und ins Unbekannte zu gehen. Das treffe nicht nur auf das finanzielle, sondern auch auf das gesundheitliche Wohlbefinden zu. Nicht umsonst hätten Vorsorgeuntersuchungen einen hohen Stellenwert und eine beruhigende Wirkung.

Weißbach: „Unsere Beziehung zu Geld und unser Umgang mit alltäglichen und zukünftigen finanziellen Entscheidungen hat einen großen Einfluss.“ Dabei seien Geld-Beziehungen vielschichtig und komplex und gingen über die sicht- und messbaren Faktoren wie bspw. Einkommen vs. Ausgaben, Sparquote, Verschuldung, Alter, Geschlecht und Familienstand hinaus.

Geld-Beziehungen setzten sich nach Ansicht der Expertin für finanzielles Wohlbefinden aus ganz unterschiedlichen Faktoren zusammen: „Es beginnt mit der individuellen finanziellen Sozialisierung und den daraus resultierenden Glaubensgrundsätze und gelebten Gewohnheiten; beinhaltet aber auch die finanzielle Bildung und Aufklärung, die finanziellen Möglichkeiten und die persönlichen Ziele, die beruflichen Ambitionen und die familiäre Situation. Und es zeigt sich nicht zuletzt im täglichen Umgang mit Geld und den wiederkehrenden finanziellen Entscheidungen“, erklärt Weißbach.

„90 Prozent der Menschen in Europa fühlen sich finanziell gestresst“

Bis jetzt gebe es keinen einheitlichen Indikator, über den das finanzielle Wohlbefinden einer Gesellschaft systematisch erfasst und gemessen werde. Von ihr selbst durchgeführte Untersuchungen würden aber zeigen, dass sich „über 90 Prozent der Menschen in Europa finanziell gestresst fühlen, weil sie entweder über keine regelmäßigen Einkünfte verfügen, oder mit ihrem Einkommen nicht bis zum Monatsende kommen bzw. keine finanziellen Rücklagen für unvorhergesehene Ausgaben aufbauen können. Oder weil sie Angst vor ihrer zukünftigen finanziellen Situation haben und sich um Themen wie Altersvorsorge nicht wirklich ausreichend kümmern“. Eine Studie der Finanzdienstleistungs-App „Robinhood“ zeige dies im Übrigen auch.6

Frauen vs. Männern

Finanzieller Stress ist laut Weißbach ein gesellschaftliches Problem, das über allen Bildungs-, Alters und Einkommensschichten hinweg vertreten ist. „Die Gründe und Ausprägungen von finanziellem Stress können je nach Geld-Identität und Lebenssituation sehr unterschiedlich sein“, sagt Weißbach zu FITBOOK. Eindeutige geschlechtsspezifische Geld-Identitäten habe sie bisher in ihrer Arbeit zum Thema „finanzielles Wohlbefinden“ nicht feststellen können.

Klar jedoch sei, dass im Laufe unserer gesellschaftlichen Entwicklung einige generelle Glaubensgrundsätze typischerweise an Frauen bzw. Männer weitergegeben wurden. „Daraus haben sich geschlechtsspezifische Stereotypen und Verhaltensmuster entwickelt, die einen direkten Einfluss auf die finanzielle Situation haben“, sagt Weißbach. So werde Frauen typischerweise die Care-Arbeit in der Familie zugestanden. Folge: finanzielle Einbußen beim Gehalt und der Altersvorsorge.

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Expertin: Müssen innere Abneigung gegenüber Geld-Themen überwinden

Franziska Weißbach glaubt, dass der finanzielle Stress in unserer Gesellschaft weiter zunehmen wird. „Die steigenden Lebenshaltungs- und Energiepreiskosten schränken unsere finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten immer weiter ein und führen zu finanziellen Engpässen und Verschuldung.“ Zusätzlich sei in unserer Gesellschaft seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine zunehmende Unsicherheit zu spüren. Weißbach: „Die hohe Inflationsrate und die Destabilisierung in unserem weltweiten Wirtschaftsgefüge fühlt sich nach einem Kontrollverlust an, der vielen Menschen Angst macht.“

Die Expertin für finanzielles Wohlbefinden fordert neue Ideen und Konzepte für die Gestaltung des gesellschaftlichen Miteinanders in der Zukunft. „Diese Ideen können wir nur gemeinsam als Gesellschaft entwickeln und umsetzen. Dafür brauchen wir die Kreativität, Energie und den Zusammenhalt aller Menschen“, so Weißbach. Um die notwendige Selbstwirksamkeit zu entwickeln, sei es dringend an der Zeit, dass jeder Einzelne sich mit seiner eigenen Geld-Identität und Beziehung zu den eigenen Finanzen aktiv auseinandersetzt: „Es ist essenziell, die innere Abneigung gegenüber Geld-Themen aktiv zu überwinden, sich schlau zu machen und seine finanzielle Zukunft selbst in die Hand zu nehmen.“

Aller Anfang ist bekanntlich schwer. Aber wir sind ja alle mit unseren Themen nicht alleine. Und wir fangen endlich an, über finanziellen Stress zu sprechen und die damit verbundenen Tabus zu durchbrechen. Erste digitale Services, die aktiv Themen wie „finde Deine eigene Geld-Identität“ und „Hilfe bei akutem finanziellem Stress“ adressieren, seien im Markt verfügbar – etwa die Beratungsplattform „Conscious U“ oder die Finanzwissen-App „Fabit“.

Tipps für mehr körperliches Wohlbefinden

Körperliches Wohlbefinden ist so viel mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Das eigene Wohlbefinden in den Fokus zu stellen, wirft neue Perspektiven auf den Alltag. Allgemein bekannte Faktoren wie

  • genügend Bewegung
  • gesunder Ernährung
  • ausreichend Schlaf
  • soziale Kontakte
  • emotionale Stabilität
  • professionelles Stressmanagement

Besonders zur Stressregulierung empfehlen sich Atemtechniken und moderate Bewegung, um realistisch und nachhaltig einen gesunden Lifestyle zu führen. Wichtig ist es, Tätigkeiten zu finden, die einem Spaß machen und langfristig Freude bereiten. Sich entsprechend zu belohnen, ist dabei entscheidend, um langfristig dranzubleiben.

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So kann man sein finanzielles Wohlbefinden verbessern

Sein finanzielles Wohlbefinden kann man ebenso aktiv verbessern. Laut „Financial Wellbeing“-Expertin Franziska Weißbach hilft gegen finanziellen Stress, „zu atmen, einen klaren Kopf zu bekommen, den Blick zu weiten und die Dinge Schritt für Schritt anzugehen.“ Außerdem solle man über den Stress und mögliche Ursachen sprechen, um Perspektiven und Muster zu verändern. So könne man mit der Zeit innerlich gestärkt aus dem Stress kommen.

Hier noch ein paar ganz konkrete Tipps von Franziska Weißbach:

  • „Face the Beast“: Setzen Sie sich aktiv mit Ihren finanziellen Sorgen und Ängsten auseinander. Werden Sie sich bewusst, was Sie stresst und verschaffen Sie sich einen Überblick über Ihre finanzielle Situation und Herausforderung
  • Tauschen Sie sich mit anderen Menschen dazu aus
  • Trauen Sie sich, um Hilfe zu bitten
  • Seien Sie geduldig – jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt!
  • Dranbleiben – bauen Sie Ihre neue Geld-Identität auf

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Quellen

Themen #noom Stress
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