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Expertin gibt Tipps

Übungen und Techniken, um gezielt Stress zu reduzieren

Stress reduzieren: Luise Walther zeigt Übung
Jeder kennt stressige Phasen und Momente. Wichtig ist es jedoch, über Tools zu verfügen, die den Körper aus solchen Situationen herausholen können. Foto: Andreas Sebayang

13.11.2021, 19:36 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Das Handy klingelt, der Maileingang quillt über und der Kühlschrank ist leer? Sowohl im Job als auch im Privatleben ergeben sich immer wieder herausfordernde Situationen. Die Pandemie-Monate haben bei vielen das Stresslevel noch erhöht. Es gibt jedoch Techniken und Übungen, die man aktiv einsetzen kann, um aus einer Stresssituation zu entkommen. Luise Walther, Expertin für neurozentriertes Training, über die Wirkung von Stress und Tipps für den Umgang mit Herausforderungen.

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Geschlossene Fitnessstudios, Restaurants und Kultureinrichtungen, kaum soziale Kontakte und keine Möglichkeit zu reisen – Corona hat viele Menschen an ihre Grenzen gebracht. Manche schafften es, neue Wegen zum Abschalten zu finden, für andere war die Situation mit hohen Belastungen verbunden. Umso wichtiger ist es, Methoden zu finden, die den Stress reduzieren. Hier einige Tipps im Überblick.

Was bedeutet Stress?

Unter Stress versteht man die erhöhte körperliche und seelische Anspannung. Diese kann zu gesundheitlichen Problemen führen, beispielsweise, wenn durch äußere Reize eine mentale und eben auch körperliche Anspannung aufgebaut wird. Hält dieser Zustand dauerhaft an, kann er krank machen.

Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein und für sich selbst herauszufinden, wie man diesen Stress abbauen kann. Das ist für jeden sehr individuell.

Neben körperlichen Stressreaktionen wie Schwitzen, Übelkeit, Atemlosigkeit und Verspannungen werden auch unsere Gefühle beeinflusst. So können beispielsweise Angst, Hilflosigkeit, Ärger, Aggression bis hin zum Schock auftreten. Stress kann sich aber auch in gesteigerten Vorurteilen, Ungläubigkeit und Konzentrationseinbußen äußern – und das führt oftmals zu Verhaltensänderungen wie Schlafstörungen, Appetitlosigkeit oder Rückzug.

Wie entsteht Stress?

Der menschliche Körper ist ein hoch spezialisierter und intelligenter Organismus, in dem Billionen Zellen tagtäglich daran arbeiten uns lebendig und gesund zu halten. Sind wir gesund, funktioniert unser Körper ohne Einschränkungen. Das Gleichgewicht unserer Körperfunktionen, unter anderem das Herz-Kreislauf-System, die Körpertemperatur, der Hormon-, Wasser- oder Elektrolyte-Haushalt ist hierfür die Grundlage.

Das vegetative Nervensystem hat zwei Ebenen, die für die Steuerung der Körperfunktionen zuständig sind: Sympathikus („Stressmodus“) und Parasympathikus („Regeneratiosmodus“) regulieren alle im Körper ablaufenden Funktionen und sorgen damit auch für Wohlbefinden oder Stress.

Der Stressmodus

Der Stressmodus wird aktiviert, sobald bedrohliche Stressoren unseren Körper dazu zwingen, wachsam und aufmerksam zu sein. Daraus folgen mitunter:

  • gesteigerter Herzschlag
  • höhere Atemfrequenz
  • bessere Durchblutung der Skelettmuskulatur
  • Weitung der Pupillen
  • Reduzierung der Verdauung. In einer Stresssituation ist die Verdauung nämlich deutlich unwichtiger als das reine Überleben.

Evolutionär gesehen spricht man daher auch vom „Kampf-oder-Flucht-Modus“. In diesem Zustand reagiert das Nervensystem mit Strategien, die das Überleben sichern.

Regenerationsmodus

Der Parasympathikus ist für die Erholung und Regeneration sowie die Verdauung zuständig. Durch ihn werden Abbau-/Umbau- und Regenerationsprozesse reguliert.

Das Zusammenspiel von Stress- und Regenerationsmodus

Nur wenn diese beiden Bereiche in Einklang und abwechselnd aufeinander abgestimmt arbeiten, ist der Körper ausgeglichen, leistungsfähig und stressresistent.

Steht der Körper aber durch Unsicherheiten, durch finanzielle Nöte, durch familiäre Belastungen dauerhaft unter Stress, kann der Parasympathikus nicht genügend gegenhalten. In einer solchen Situation ist es notwendig, den Regenerationsmodus zu stärken und gleichzeitig den Stressmodus zu minimieren. Die Regeneration kann als Gegenstück zur Belastung gesehen werden.

Die Rolle des Vagusnervs für den Regenerationsmodus

Für die Regeneration spielt der Vagusnerv eine große Rolle. Er ist einer der zwölf Hirnnerven und für die Informationsweiterleitung und Regulierung nahezu aller Oberbauchorgane bis zum mittleren Dickdarm zuständig ist. Er reguliert dabei Funktionen wie die Atem- und Herzfrequenz sowie die Magen-Darm-Tätigkeit.

Die Stimulierung des Vagusnervs verlangsamt die Atem- und Herzfrequenz und die Verdauung wird angeregt. Das führt zu positiven Auswirkungen auf den Regenerationsmodus und verbessert den Schlaf und die Erholungskapazität des Körpers. Dadurch wird das Wohlbefinden gesteigert, und die Stimmung wird ausgeglichener uns positiver. Außerdem kann es einen positiven Einfluss auf die Blutzuckerregulation haben und die Verdauung verbessern.

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Stress reduzieren – was man aktiv tun kann

Durch neurozentriertes Training werden gezielt Bereiche aktiviert, die zur Stressreduktion beitragen und zugleich die kognitive Leistungsfähigkeit fördern. So regen Atem- und Achtsamkeitsübungen den präfrontalen Kortex an, ein Hirnareal, das besonders für Emotionen wie Zufriedenheit, Einfühlungsvermögen, Regulierung und Planung zuständig ist.

Bauchatmung

Um den Vagusnerv zu stimulieren und damit den Regenerationsmodus des Körpers zu unterstützen, empfiehlt sich der Fokus auf die Bauchatmung. Zur Erinnerung: Durch die vielfachen Verzweigungen des Vagusnervs ist er mit fast allen inneren Organen verbunden. Die fokussierte Atmung in den Bauch aktiviert und stimuliert diesen Hirnnerv direkt durch die Anspannung und Entspannung sowie die Ausdehnung und Mobilisation.

Die folgende Übung ist ideal dafür:

  1. Aufrecht hinstellen, eine angenehme Sitzposition einnehmen oder entspannt auf den Rücken legen.
  2. Hände auf den Bauch legen und ein paar Atemzüge durch die Nase in den Bauch nehmen.
  3. Nehmen Sie die Ausdehnung des Bauchs in beiden Händen wahr.
  4. Nehmen Sie die Ausdehnung und das Entspannen des Bauchs im gesamten Bauchraum und Rücken wahr.
  5. Achten Sie bei allen Atemzügen darauf, ob sich Ihre rechte bzw. linke Körperhälfte gleichmäßig bewegt.

Mit ein bisschen Routine kann man mit dieser Übung auch im Alltag immer wieder etwas Stress reduzieren.

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Stress reduzieren
Die Bauchatmung stimuliert den Vagusnerv Foto: Andreas Sebayang

2-2-4-2-Atmung

Diese Übung gleicht Ihr Stress- und Entspannungslevel aus. Sie ist ideal, um sich auf ein Workout oder ein Meeting vorzubereiten oder nach einer Anstrengung wieder für Ausgleich zu sorgen.

  1. Atmen Sie gleichmäßig durch die Nase ein und aus und achten Sie auf eine lange und gerade Wirbelsäule.
  2. Nehmen Sie ein paar Atemzüge durch die Nase ein und aus.
  3. Achten Sie darauf, wie sich die Atmung anfühlt: Wie viel Luft atmen Sie durch die Nase ein und aus? Wohin atmen Sie? In den Bauchraum, Rippenbogen, Brustkorb. Wie fühlt sich die rechte im Vergleich zur linken Seite an?
  4. Atmen Sie anschließend weiter durch die Nase: 2 Atemzüge einatmen, 2 Atemzüge Luftanhalten, 4 Atemzüge ausatmen, 2 Atemzüge Luftanhalten

Führen Sie diese Atmung für mindestens 5 Minuten durch. Kombinieren Sie die Übung mit Bewegung, zum Beispiel Spazierengehen, und passen Sie die Geschwindigkeit an Ihre Schritte an.

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Stress reduzieren: Atemübung von Luise Walther
Wichtig bei den Atemübungen ist eine gerade Wirbelsäule Foto: Andreas Sebayang

Achtsamkeitsübung

Beim Reduzieren von Stress ist das Trainieren der Wahrnehmung der Schlüssel. Durch das Fokussieren auf den eigenen Körper wird der Regenerationsmodus stimuliert. Beim Hineinfühlen in den eigenen Körper und dem bewussten Wahrnehmen werden quasi Daten gesammelt, die das Gehirn dann auswerten kann. Je mehr Daten ihm dabei zur Verfügung stehen, umso besser kann es die eigenen Körperfunktionen regulieren, die Regeneration ankurbeln und Stress reduzieren.

Eine Übung, um damit anzufangen, sieht wie folgt aus:

  1. Setzen Sie sich aufrecht hin.
  2. Nehmen Sie Ihren Herzschlag wahr.
  3. Nehmen Sie Ihre Atmung wahr.
  4. Versuchen Sie, tief und gleichmäßig durch die Nase ein- und auszuatmen
  5. Achten Sie auf das Gefühl in Ihrem Körper. Was macht die Atmung mit Ihnen? Wo spüren Sie die Atmung? Wo nehmen Sie Ihren Herzschlag wahr?
Stress reduzieren durch Achtsamkeit: Luise Walther
Achtsamkeit hilft dem Gehirn, Daten zu sammeln. Dies wiederum unterstützt bei der Regeneration. Foto: Andreas Sebayang

Palming

Bis zu 45 Prozent der Daten, die unser Gehirn verarbeiten muss, kommen über die Augen. Entsprechend anstrengend ist es – körperlich und geistig –, wenn man viel am Bildschirm arbeitet. Um hier einen Reset zu schaffen, nutze die nächste Übung. Sie dient der Entspannung der Augen. Die Augenmuskeln arbeiten den ganzen Tag und das Gehirn verarbeitet dabei zahlreiche visuelle Reize. Durch die Reduktion dieser Informationen entspannen sich nicht nur die Augenmuskeln, sondern auch das ganze Nervensystem.

  1. Achten Sie auf eine lange und gerade Wirbelsäule.
  2. Atmen Sie gleichmäßig durch die Nase ein und aus.
  3. Entspannen Sie bewusst den Schulter-Nackenbereich.
  4. Legen Sie Ihre Hände auf die geschlossenen Augen, wenn es angenehm ist, gern mit leichtem Druck.
  5. Halten Sie die Augen mit den Händen so lange geschlossen, bis Sie nur noch absolute Dunkelheit sehen – keine Blitze, Farbmuster oder Bewegungen mehr.

Sie werden merken, wie sich die Augen und damit auch die umliegende Muskulatur schnell entspannen. Der leichte Druck wirkt wie eine Massage für die Augenmuskeln.

Wenn Sie möchten, können Sie die Handflächen vor der Übung aneinander reiben, damit sie wärmer werden. Die Wärme kann den Entspannungsreiz verstärken. Testen Sie, ob ein leichter Druck mit den Händen auf den Augäpfeln angenehm ist.

Themen Übungen
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