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Laut Studie

Die Wirkung von Joghurt auf die Psyche

Hilft Joghurt bei Depressionen
Forscher der Virginia School of Medicine haben mit Laktobakterien die Stimmung/Ängstlichkeit von Mäusen manipuliert. Welche Therapieansätze könnten sich für den Menschen daraus ergeben? Foto: Getty Images
Tony Poland
Anna Echtermeyer
Tony Poland,

05.12.2023, 13:35 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Die Forschung zeigt, dass Bakterien in unserem Darm nicht nur unsere Stimmung beeinflussen, sondern auch beim Ausbruch von Krankheiten wie Alzheimer oder Depressionen mitzureden haben. Forschern aus den USA gelang es nun, bei Mäusen das Stressverhalten zu manipulieren, indem sie sie einem bestimmten Bakterium aussetzten. Enthalten ist es in fermentierten Produkten. Lassen sich mit Joghurt bald potenzielle Therapien zur Behandlung von Depressionen und Angststörungen entwickeln?

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In unserem gesamten Verdauungstrakt leben unzählige Bakterien, Viren und Pilze. Das Zusammenspiel dieser Mikroorganismen ist etwa für die geistige Gesundheit, die Gesundheit des Immunsystems und etliche andere Aspekte des Wohlbefindens ganz entscheidend. Über die erstaunliche Verknüpfung unseres Gehirns – und damit der Psyche – mit dem Darm hat FITBOOK bereits in der Vergangenheit ausführlich berichtet, den Artikel dazu finden Sie hier. So zeigt moderne Forschung, dass die Bakterien in unserem Darm auch beim Ausbruch schwerer Krankheiten wie Depressionen, Alzheimer oder Fettleibigkeit mitzureden haben. Im nächsten Schritt interessieren sich Wissenschaftler logischerweise für die konkrete Frage, welche Lebensmittel die Darmflora dabei unterstützen können, uns vor kognitiven Störungen zu schützen. Forscher aus den USA sind in dieser Frage nun einen Schritt weitergekommen: Sie konnten zeigen, dass nützliche Bakterien, wie sie etwa in Joghurt enthalten sind, Mäuse vor Depressionen und ängstlichem Verhalten schützen. Für den Menschen könnten ihre Ergebnisse neue Therapieansätze bereithalten.

Positive Wirkung fermentierter Lebensmittel auf die Darmflora

Dass der regelmäßige Genuss fermentierter Lebensmittel zur Gesundheit der Darmflora beiträgt, ist hinlänglich bekannt. Diese Produkte – sei es Joghurt, Kimchi, Sauerkraut oder Kefir – enthalten Milchsäurebakterien, welche die Bakterienvielfalt des Darms in schwierigen Zeiten aufrechterhalten. Und das vermutlich nicht nur nach Antibiotika-Kuren oder mit angeschlagenem Immunsystem – sondern auch bei kognitiven Krankheitsbildern wie Depressionen oder Angststörungen.

Je frischer der Joghurt, desto mehr Probiotika
Milchsäurebakterien werden auch Laktobakterien oder probiotische Bakterien genannt. In der Werbung werden sie auch als „Probiotische Milchsäurekulturen“ bezeichnet. Joghurt entsteht durch die Fermentierung mit Milchsäurebakterien und enthält dadurch von sich aus viele Probiotika. Je frischer der Joghurt, desto mehr der guten Bakterien sind enthalten. Am besten ist er selbstgemacht. Wie das geht, lesen Sie hier. Auch sonst sollte man lieber zum Naturjoghurt greifen, anstatt zu stark gesüßten Fruchtvarianten.

Auch interessant: Die 8 besten probiotischen Lebensmittel für mehr Darmgesundheit

Studie mit Mäusen zur Wirkung von Laktobakterien bei Depressionen und Ängsten

Die Wirkung dieser gesundheitsfördernden Laktobakterien waren nun Gegenstand einer Studie von Forschern der University of Virginia School of Medicine. Dort hat man an Mäusen untersucht, ob diese gezielt zur Bekämpfung von und zum Schutz vor Depressionen sowie Angststörungen eingesetzt werden können.1 Aus früheren Forschungen wusste das Team um Alban Gaultier, der an University of Virginia School of Medicine zu Entzündungsprozessen und neurodegenerativen Krankheiten forscht, dass Laktobakterien bei Labormäusen Depressionen umkehren können.

Die Gründe für diese erstaunliche Wirkung waren unklar – bis jetzt. Denn nun setzten Gaultier und sein Team die Depressionen-Forschung mit einer speziellen, selten genutzten Bakteriensammlung fort. Dazu gehörte zwei Lactobacillus-Stämme sowie sechs weitere Bakterienstämme. Gleichzeitig konnte das Team Mäuse sowohl mit als auch ohne Lactobacillus-Stämme im Mikrobiom züchten.

Dann teilte man die Mäuse in zwei Gruppen. Einige Tiere wurden Stressfaktoren ausgesetzt, um depressive und angstähnliche Verhaltensweisen zu provozieren; die andere Gruppe ließ man in Ruhe und hielt sie keimfrei. Außerdem wurde die schmutzige Einstreu der gestressten Gruppe täglich in die Käfige der anderen Gruppe gebracht, die man während des gesamten Untersuchungszeitraums in Ruhe ließ.

Ergebnis: Mäuse ohne Laktobakterien im Mikrobiom sind anfälliger für ängstliches Verhalten

Der Transfer des Mikrobioms reichte aus, um die depressiven und angstähnlichen Verhaltensweisen zu übertragen.

  • Die Übertragung des Mikrobioms von gestressten Mäusen auf keimfreie Empfänger löst bei diesen depressives und angstähnliches Verhalten aus
  • Mäuse ohne Laktobakterien sind insgesamt anfälliger für Stress und zeigen eine gedämpfte immunologische Reaktion
  • Laktobakterien halten den Spiegel eines Immunmediators aufrecht; dieser reguliert die Reaktion des Körpers auf Stress und trägt dazu bei, Depressionen abzuwehren

Gaultier erklärte in einer Mitteilung der University of Virginia School of Medicine: „Unsere Entdeckung beleuchtet, wie der im Darm lebende Laktobazillus Stimmungsstörungen beeinflusst, indem er das Immunsystem steuert.“2

Auch interessant: Wie unser Mikrobiom entsteht und sich verändert – und wie es mit Krankheiten zusammenhängt

Ergibt sich daraus ein neuer Therapieansatz für Menschen mit Depressionen und Angststörungen?

Laktobakterien, wie sie in Lebensmitteln wie bspw. Joghurt enthalten sind, wirken als Psychobiotika. Sie fördern deren Stressresistenz und reduzieren gestörtes Verhalten. Können davon in Zukunft auch psychisch erkrankte Menschen profitieren? Zumindest zeigen sich die Forscher zuversichtlich, mit ihren Ergebnissen die Optimierung von Probiotika beschleunigen zu können, um irgendwann einmal neue Therapieansätze für Angststörungen und Depressionen entwickeln zu können. Patienten könnten in absehbarer Zukunft etwa spezielle probiotische Nahrungsergänzungsmittel einnehmen, welche den Gehalt an hilfreichen Laktobazillen optimieren.

Können probiotische Bakterien (wie u.a. in Joghurt) Symptome von Depressionen lindern?

Studien zur Wirkung von Darmflora-freundlichen mit Menschen liefern bislang gemischte Ergebnisse. Eine Linderung der Symptome bei Menschen mit einer Angststörung sowie leichten Depressionen etwa stellte eine Meta-Studie aus dem Jahr 2018 fest.3 Jedoch liegen für eine verlässliche Aussage nicht genug Daten vor. Die Wirkung von Laktobakterien, wie sie etwa in Joghurt, Hartkäse, Kimchi, aber auch Apfelessig enthalten sind, auf Depressionen ist nur ein Aspekt. So gibt es eine Vielzahl an Bakterienstämmen, welche möglicherweise je nach Erkrankung oder gar auf individueller Ebene unterschiedlich wirken könnten. 

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Quellen 

Themen Depression

Quellen

  1. Merchak A., Wachamo S., Gaultier A. et al: Lactobacillus from the Altered Schaedler Flora maintain IFNγ homeostasis to promote behavioral stress resilience. Brain, Behavior, and Immunity. ↩︎
  2. University of Virginia School of Medicine: Scientists Uncover How Fermented-Food Bacteria Can Guard Against Depression, Anxiety.  ↩︎
  3. Peters C., Xiang Ng Q., Yih Xian Ho C. et al (2018): A meta-analysis of the use of probiotics to alleviate depressive symptoms. Journal of Affective Disorders. ↩︎
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