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Gefahr durch Aerosole

Ab Herbst könnten Innenräume verstärkt zur Corona-Falle werden

Menschen arbeiten im Büro an ihren Laptops
An der frischen Luft können sich Menschen am besten vor Corona schützen. In Räumen, wie zum Beispiel am Arbeitsplatz, ist eine regelmäßige Außenluftzufuhr nicht immer möglich und das Risiko einer Ansteckung mit dem Virus somit erhöht. Foto: Getty Images
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FITBOOK Redaktion

21.08.2020, 12:03 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

An der frischen Luft lässt sich eine Ansteckung mit Corona am besten vermeiden – davon sind die meisten Forscher überzeugt. Der Wind verwirbelt Tröpfchen und Aerosol-Partikel, die das Risiko einer Übertragung des Virus erhöhen. Gefährlich wird es in geschlossenen Räumen. Allerdings gibt es auch hier Unterschiede zwischen Schule, Büro oder Gastronomie.

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Eines der einfachsten Mittel zum Schutz gegen Corona: Ab an die frische Luft. Dort wirbelt – vereinfach gesagt – der Wind die Viren davon, was eine Ansteckung unwahrscheinlicher macht. Das heißt aber auch: Spätestens im Herbst, wenn wir wieder mehr drinnen sind und Fenster geschlossen bleiben, steigt das Ansteckungsrisiko. Innenräume könnten dann massiv zum Corona-Risikofaktor werden.

Das Gros der Forschergemeinde ist überzeugt, dass Tröpfchen und die noch kleineren Aerosol-Partikel eine entscheidende Rolle bei der Übertragung von SARS-CoV-2 spielen. Aerosol-Teilchen können Stunden bis Tage in der Luft schweben. Der frühere Präsident der Internationalen Gesellschaft für Aerosole in der Medizin, Gerhard Scheuch, sagt mit Blick auf symptomlose Infizierte, die nachweislich das Virus übertragen haben: „Ich glaube, dass einfaches Atmen schon genügt.“

Hohes Infektions-Risiko in geschlossenen Räumen auch mit Abstand

Und genau hier liegt im Grunde das Problem: In einem geschlossenen Raum atmet, hustet, niest ein Erkrankter immer wieder schubweise Virenwolken. Weht kein Wind, verteilen die Viren sich im Raum, die Corona-Konzentration steigt. Daher warnt das Robert Koch-Institut: Bei längerem Aufenthalt in kleinen, schlecht oder nicht belüfteten Räumen könne sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole auch über eine größere Distanz als zwei Meter erhöhen.

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Wie viel höher ist die Gefahr in Innenräumen als draußen? Darauf gibt es keine konkreten Antworten. Scheuch verweist auf eine Studie aus China, nach der von untersuchten 318 Ausbrüchen mit drei oder mehr Infektionsfällen ein einziger an der frischen Luft stattgefunden hat.

Doch Innenraum ist nicht gleich Innenraum, wie Scheuch erklärt: „In Fitnessstudios kann natürlich durch die körperlichen Anstrengungen die Produktion der Aerosole durchs Atmen deutlich erhöht werden.“ In einem Klassenzimmer mit vielen schreienden, durcheinanderlaufenden Kindern sei die Gefahr auch größer als in einem Büro mit wenigen (gesittet sitzenden) Erwachsenen. Im Wirtshaus wiederum könnten lautes Sprechen, Lärmen und Singen die Ausbreitung verstärken.

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Auf die Außenluftzufuhr kommt es an, um das Risiko zu senken

Die Lösung lautet auch hier: Wind. Und die Luft sollte am besten so frisch wie möglich sein. Der Leiter des Hermann-Rietschel-Instituts, dem Institut für Energietechnik an der TU Berlin, Martin Kriegel, hat mit seinem Team untersucht, wie sich die Partikel im Raum verteilen. Er kommt zu dem Ergebnis: „Ganz grundsätzlich kann man festhalten, dass bei typischen Luftwechselraten in Wohn- und Bürogebäuden die Erreger über Stunden im Raum verbleiben. Die Sinkgeschwindigkeit und auch die Lufterneuerung dauern sehr lange. Jede Erhöhung der Außenluftzufuhr ist daher generell sinnvoll.“

Ähnlich argumentiert Dieter Scholz vom Department Fahrzeugtechnik und Flugzeugbau an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. Eine Querlüftung mit geöffneten Fenstern an gegenüberliegenden Seiten einer Wohnung beispielsweise sei das Beste. Auch gekippte Fenster brächten noch mehr als eine eingebaute Lüftungsanlage, so Scholz. Das Problem dabei gerade mit Blick auf den Herbst: Genauso schnell, wie dann mögliche Viren herausgeweht werden, verschwindet auch die Wärme.

Hoffnung auf Einsatz von Raumluftreinigern in Schulen, Büros und Co.

Die kalten Jahreszeiten Herbst, Winter und wohl auch noch Frühling bringen dieses Jahr also ein großes Problem mehr mit sich. Was tun? Ein Team vom Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik an der Universität der Bundeswehr München hat einen Raumluftreiniger untersucht, mit dessen Filterkombination selbst sehr kleine Aerosol-Partikel zu 99,995 Prozent aus der Raumluft abgeschieden werden. In einem 80 Quadratmeter großen Raum könne die Aerosolkonzentration in sechs Minuten halbiert werden. Weil die Aerosole rausgefiltert werden, würden die Geräte auch nicht zur Virenschleuder, hält das Team um Christian J. Kähler fest. Sie empfehlen Raumluftreiniger etwa für Schulen, Büros, Geschäfte, Wartezimmer, Vereinshäuser, Aufenthalts- und Essensräume.

Aerosol-Experte Scheuch hält auch CO2-Messgeräte bei geschlossenen Räumen für hilfreich. „Der CO2-Gehalt ist ja ein Maß für die Luftqualität in einem Raum mit mehreren Personen. Dann würden sie als Warnanlage helfen“, erklärt er. Doch wenn man gleichzeitig Raumluftreiniger einsetze, helfen sie nicht mehr. „Denn dann geht zwar der CO2-Gehalt im Raum hoch, die Luft bleibt aber dennoch ziemlich Viren-Aerosol-frei.“ Hier könnte dann ein zusätzliches Partikelmessgerät helfen, das die Aerosolkonzentration bestimmt.

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Was genau sind Aerosole?

Aerosole sind Mischungen von festen oder flüssigen Partikeln in einem Gasgemisch wie der Luft. Die winzigen Teilchen können längere Zeit darin schweben. In der Medizin spricht man meist dann von Aerosolen, wenn die enthaltenen Teilchen kleiner als fünf Mikrometer groß sind – also um ein Vielfaches kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares. Ab einer Größe von fünf Mikrometern werden die Partikel Tröpfchen genannt. Die Grenze ist allerdings fließend.

Jeder Mensch verbreitet mit der ausgeatmeten Luft Aerosolpartikel in seiner unmittelbaren Umgebung. Diese winzigen Teilchen können – im Gegensatz zu den rasch zu Boden sinkenden Tröpfchen – Stunden bis Tage in der Luft schweben. Beim Sprechen, Rufen und Singen, besonders aber beim Husten, Niesen und bei körperlicher Anstrengung stoßen Menschen vermehrt Partikel aus.

Befinden sich Krankheitserreger wie etwa Sars-CoV-2-Viren in den Atemwegen eines Menschen, können die ausgeatmeten Aerosole diese enthalten. Im Fall des aktuellen Coronavirus ist die Bildung solcher Aerosole besonders problematisch, weil auch infizierte Personen ohne Symptome Viren ausscheiden können.

Themen Coronavirus
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