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mRNA von Moderna

Impfung gegen Hautkrebs! Rückfall- und Sterberate in Studie um 44 Prozent reduziert

impfung hautkrebs: Bild von schwarzem Hautkrebs
mRNA-Wirkstoffe sind große Hoffnungsträger in der Krebsforschung – was die Behandlung von Hautkrebs angeht, gibt es erste vielversprechende Studienergebnisse Foto: picture alliance / dpa | Unihautklinik Tübingen

21.04.2023, 11:06 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Nicht nur im Kampf gegen Corona spielten mRNA-Impfstoffe eine bedeutende Rolle. Sie könnten langfristig auch die Behandlung von Krebserkrankungen revolutionieren. So erzielte ein Vakzin von Moderna in einem Phase-2-Test vielversprechende Ergebnisse bei Hautkrebspatienten.

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Die Behandlung von Krebs gehört zu den größten medizinischen Herausforderungen. Allein im Jahr 2020 gab es weltweit 9,6 Millionen Krebstote. Rund 19,3 Millionen Menschen erkrankten im selben Jahr neu an Krebs.1 Forscher suchen nach Lösungen, um Erkrankungen heilen oder zumindest besser behandeln zu können. Nun macht ein Vakzin von Moderna Hoffnung. Die Impfung konnte in Phase 2 einer klinischen Studie als Therapie von schwarzem Hautkrebs im Endstadium überzeugen. Wie das beteiligte Pharmaunternehmen Merck jetzt in einer Pressemitteilung erklärte, wolle man bald mit der Phase 3 der klinischen Studie beginnen – und hoffe, die Erkenntnisse auch auf andere Krebsarten, wie u. a. Lungenkrebs, anwenden zu können.2

Impfung von Moderna gegen Hautkrebs im Test

In Phase 2 der klinischen Studie wurde der mRNA-Impfstoff zusammen mit einer Immuntherapie bei Patienten mit schwarzem Hautkrebs in den Stadien 3 und 4 angewendet. Das sind die beiden letzten Stadien der Krebserkrankung, bei der Tumore bereits Metastasen gebildet haben.3 Die Kombination der Impfung und der Immuntherapie konnte nach Entfernung des Tumors das Risiko der Betroffenen, an Hautkrebs zu sterben oder erneut zu erkranken, deutlich um 44 Prozent reduzieren – im Vergleich zu einer reinen Immuntherapie ohne unterstützenden Impfstoff.

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Wie wirkt der Impfstoff?

Der mRNA-Impfstoff von Moderna nutzt die individuelle Tumormutationssignatur eines Krebspatienten, um das Immunsystem so zu aktivieren, dass es eine spezifische Antitumor-Immunantwort erzeugt.

„Die heutigen Ergebnisse sind sehr ermutigend für den Bereich der Krebsbehandlung. mRNA hat sich für Covid-19 als wegweisend erwiesen, und jetzt haben wir zum ersten Mal überhaupt gezeigt, dass mRNA in einer randomisierten klinischen Studie bei Melanomen einen Einfluss auf die Ergebnisse haben kann“, erklärte die Vorstandsvorsitzende von Moderna, Stéphanie Bancel, in einer Pressemitteilung im Dezember zur Phase-2-Studie der Impfung.4 „Wir werden weitere Studien zum Melanom und anderen Krebsarten beginnen, um den Patienten wirklich individualisierte Krebsbehandlungen anbieten zu können.“

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Der Phase-2-Test

Der Phase-2-Test des Impfstoffs umfasste 157 Hautkrebspatienten mit Melanomen im Stadium 3 oder 4. Vor Beginn der Behandlung war ihnen der Tumor entfernt worden. Die Tumorproben lagen den Forschern zur Sequenzierung vor. Die Patienten waren nach der Operation zum Teil krebsfrei, andere hatten Lymphknotenmetastasen und damit ein hohes Risiko für die Rückkehr der Hautkrebserkrankung.

Nach dem Zufallsprinzip wurden die Probanden in zwei Gruppen eingeteilt. Die Mitglieder der einen Gruppe erhielten eine Immuntherapie. Alle drei Wochen bekamen sie 200 Milligramm des Medikamentes in bis zu 18 Zyklen über einen Zeitraum von etwa einem Jahr. Die Personen der zweiten Gruppe bekamen dieselbe Immuntherapie und zusätzlich den mRNA-Impfstoff von Moderna. Insgesamt neun Impfungen umfasste die Hautkrebs-Behandlung in der klinischen Studie.

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Wann wird die Imfpung gegen Hautkrebs kommen?

Obwohl die Studienergebnisse vielversprechend sind, wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis die Impfung in der Praxis bei der Behandlung von Hautkrebs zum Einsatz kommen kann. Denn mit der Phase 2 ist die klinische Untersuchung des Impfstoffs noch nicht abgeschlossen, die außerdem mit 157 Personen einen überschaubaren Pool an Probanden hatte.

Bevor der mRNA-Impfstoff gegen Hautkrebs also offiziell zugelassen werden kann, muss noch ein Phase-3-Test mit deutlich mehr Teilnehmern erfolgen. Dies könne jedoch laut Merck schon bald passieren. Im Dezember waren die Forscher noch davon ausgegangen, dass es dahin noch Jahre dauern könnte. Doch auch, wenn es nun schneller zu gehen scheint als gedacht: Bis die Impfung in der Therapie von Hautkrebs – oder gar zur Vorbeugung – zugelassen und Standard wird, wird noch einiges an Zeit vergehen.

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BioNTech setzt ebenfalls auf mRNA bei der Suche nach Krebs-Behandlungsmethoden

Auch bei BioNTech arbeitet man daran, mithilfe von mRNA Krebs behandeln zu können. Tatsächlich gründeten Özlem Türeci und Ugur Sahin das Unternehmen aus genau diesem Grund. Dass ihr mRNA-Vakzin vor allem als Mittel gegen das Coronavirus bekannt wurde, war der unvorhergesehenen Pandemiesituation zu verdanken, aber gar nicht das Hauptziel der Gründer.

Stattdessen sehen sie mRNA-Wirkstoffe vor allem als wesentlich für die Krebs-Bekämpfung. In einem Bericht von „stern“ heißt es, die beiden Mediziner seien überzeugt: In 15 Jahren werden mehr als 30 Prozent aller neu zugelassenen Medikamente auf der mRNA-Technologie beruhen – darunter auch Mittel gegen Krebs.

Impfstoff von BioNTech gegen Hautkrebs auch schon in Phase 2 getestet

Auch spezifisch in der Hautkrebs-Forschung ist man bei BioNTech aktiv. Wie jetzt Moderna, hat auch das Mainzer Unternehmen ein Vakzin mit mRNA-Wirkstoff gegen Hautkrebs getestet. In der Phase-2-Studie erhielt ein erster Proband das Mittel gegen schwarzen Hautkrebs. Anschließend begann BioNTech eine weitere Studienphase mit 120 Probandinnen und Probanden, die unter einem bösartigen Melanom leiden.5

Der mRNA-Wirkstoff als Behandlungsmethode von Hautkrebs wird also auch bei BioNTech noch erforscht – mit hoffnungsvollen Zwischenergebnissen. Auch in diesem Fall wird es noch dauern, bis Krankenhäuser tatsächlich mit dem Wirkstoff arbeiten können.

Das große Potenzial von mRNA-Impfungen in der Krebsforschung

Als Mittel gegen Corona rückten mRNA-Impfstoffe erstmals in den Fokus der Öffentlichkeit, doch dabei habe man das Potenzial des Wirkstoffs im Zusammenhang mit Covid noch gar nicht voll ausgeschöpft. Das erklärt Tumorimmunologe und Onkologe Niels Halama in einem Interview, das das Deutsche Krebsforschungszentrum veröffentlicht hat.5

Was eine Impfung im Falle von Krebs im Körper bewirken muss

Dafür müsse man zunächst verstehen, was eine Impfung gegen Krebs grundsätzlich erreichen müsse. „Das Ziel besteht darin, das Immunsystem in die Lage zu versetzen, den Tumor zu erkennen und mit den zur Verfügung stehenden Waffen zu bekämpfen, also zum Beispiel mit Antikörpern, die gegen die Krebszellen gerichtet sind“, erläutert Halama. „Es entstehen ja bei jedem Menschen tagtäglich Vorläufer von Krebszellen, zum Beispiel durch Mutationen, die während der Zellteilung auftreten. Im Normalfall arbeitet das Immunsystem dann sehr effektiv: Es erkennt die veränderten Zellen als ‘fremd‘ und zerstört sie. Manchen Krebszellen gelingt es aber, sich zu tarnen, oder sie bremsen den Angriff des Immunsystems aus. So kann dann eine Tumorerkrankung entstehen. Die Impfung soll dem Immunsystem wieder beibringen, dass die Tumorzellen ‘fremd‘ sind und bekämpft werden müssen.“

Während bei herkömmlichen Impfungen diese „fremde Struktur“, die das Immunsystem erkennen und bekämpfen soll, im Labor hergestellt und dem Vakzin beigegeben wird, liefert mRNA einen „Bauplan“ für den Körper. Auf Grundlage dieses „Bauplans“ stellt dieser dann selbst das Protein her, das ideal gegen die zu bekämpfende Zelle wirken kann. „Bei einer Impfung gegen Krebs spritzen wir den ‘Bauplan‘ für ein Protein, das für diesen Tumor spezifisch ist“, sagt Halama. Das erwähnte große Potenzial „liegt darin, dass man den geimpften ‘Bauplan‘, also die Sequenz der mRNA, ganz individuell anpassen kann. Technisch ist das vergleichsweise einfach umsetzbar. Das versetzt den Produzenten in die Lage, sehr schnell einen personalisierten Impfstoff herstellen zu können, der auf die biologischen Merkmale eines speziellen Tumors zugeschnitten ist.“

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Individualisierte Krebsimmuntherapie – ein Meilenstein in der Krebsbekämpfung

Mit den mRNA-Vakzinen gehen Wissenschaftler wichtige Schritte nach vorne in Sachen Krebsbekämpfung. So hält Dr. Michelle Brown, Executive Director, Onkologie bei Moderna, die Studienergebnisse rund um den Hautkrebs-Impfstoff und die damit einhergehende Individualisierung der Krebsimmuntherapie für möglicherweise bahnbrechend. Gleichzusetzen mit Errungenschaften wie z. B. der Chemotherapie, die die Krebstherapie und die Überlebenschancen von Krebspatienten revolutionierte. „Zuerst kam die Chemotherapie, die sehr ungezielt war, aber sie hat die Behandlung verändert. Dann gab es die Entwicklung hin zu personalisierten, zielgerichteten Optionen und molekularen Pfaden. Dann haben wir die Immuninhibitoren und die Nutzung des Immunsystems erlebt. Und jetzt befinden wir uns an der vierten Grenze, dem individuellen Neoantigen-Ansatz“, fasst sie im Online-Gesundheitsmagazin „Healthline“ die geschichtliche Fortentwicklung der Krebsbehandlung zusammen.

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Quellen

Themen Hautkrebs Impfen Krebs
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