Demenz und Alzheimer sind Krankheiten, mit denen man sich erst später im Leben auseinandersetzen muss? Falsch, denn Faktoren, die die Erkrankung begünstigen, treten schon viel früher auf. Wer diese kennt und an sich bemerkt, kann diese womöglich noch ausmerzen und so den aktuell noch unheilbaren Störungen des Gehirns vorbeugen.
Oma oder Opa haben Alzheimer – und plötzlich ist die unheilbare Krankheit mit all ihren Schrecken ganz nah. Irgendwann fragt man sich vielleicht: Was, wenn es mich später auch trifft? Ein beängstigender Gedanke. Doch steht man dem glücklicherweise nicht ganz machtlos gegenüber, wie eine US-Studie jetzt herausgefunden hat. So gibt es den neuesten Erkenntnissen zufolge zwei klare Warnzeichen, auf die man bereits im Alter von 35 Jahren achten sollte. Denn wer dann noch etwas an seinem Lebensstil ändert, kann diese Risikofaktoren ausmerzen oder zumindest bremsen – und so womöglich einer späteren Erkrankung an Alzheimer vorbeugen.
Übersicht
1,6 Millionen Menschen in Deutschland mit Demenz
Stand 2020 leben 1,6 Millionen Menschen in Deutschland mit Demenz. Die meisten von ihnen leiden an Alzheimer. Im Schnitt kommen jedes Jahr 300.000 neue Fälle hinzu. Eine Situation, die zukünftig eher schlimmer als besser werden wird. Schätzungen zufolge werden 2050 jährlich 2,4 bis 2,8 Millionen Menschen an Demenz erkrankt sein.1 Aus diesem alarmierenden Grund forschen Wissenschaftler weltweit an Behandlungsmöglichkeiten und potenziellen Wegen zur Heilung. Ein wichtiger Bereich ist aber auch das Thema Vorbeugung.
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Wissenschaftler entdecken fortlaufend Risikofaktoren für Demenz bzw. Alzheimer. Diese reichen von Bakterien in der Nase, über das Erleiden eines Herzinfarkts, bis hin zu Zahnausfall.2,3,4 Erkenntnisse, die aber häufig eher Medizinern helfen, die potenzielle Gefahr für spätere Demenzerkrankungen bei ihren Patienten zu erkennen. Jetzt identifizierten Wissenschaftler aus Boston Warnzeichen, die man selbst – mithilfe des Hausarztes – im Blick behalten kann. Und zwar schon früh im Leben, nämlich ab dem 35. Lebensjahr.
Aufbau der Studie
Für ihre Studie analysierten Forscher der Boston University School of Medicine (BUSM) Daten aus der Framingham Heart Study. Die Teilnehmer dieser Herzstudie wurde im Verlauf ihres Erwachsenenlebens alle vier Jahre untersucht. Dabei wurden Werte wie HDL, LDL, Triglyceride, Glukose und Blutdruck erfasst. Zudem wurden auch Faktoren wie Rauchen und der Body-Mass-Index (BMI) dokumentiert.
Auf diese Daten griffen die Bostoner Wissenschaftler nun zurück und analysierten einen möglichen Zusammenhang zu Alzheimer. Dabei unterteilten sie die Probanden, deren Daten sie analysierten, in drei verschiedene Altersgruppen ein: 35- bis 50-Jährige, 51- bis 60-Jährige und 61- bis 70-Jährige.
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Die Rolle von HDL und Blutzucker
Die Erkenntnisse der Forscher: Niedrige HDL-Werte in der Altersgruppe der 35- bis 50-Jährigen, also niedrige Werte des „guten“ Cholesterins, ist ein Anzeichen für eine spätere Alzheimer-Erkrankung. Auch 51- bis 60-Jährige sollten auf diesen Blutwert als Warnzeichen achten, um Alzheimer vorzubeugen. Ein weiterer alarmierender Wert, den schon 35-Jährige laut der aktuellen Studie im Blick behalten sollten: den Blutzuckerwert. Ein hoher Glukosewert ist nicht nur ein Warnzeichen für Diabetes, sondern auch für Alzheimer.5
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Orientierung bietet der Wert 15 mg/dL. So fand das Forschungsteam heraus, dass ein Anstieg des HDL Werts um 15 mg/dL das Alzheimer-Risiko je nach Alter um 15 bis 18 Prozent senken kann. Im Fall von Glukose war ein Anstieg des Spiegels um 15 mg/dL mit einem um 14,5 Prozent erhöhten Alzheimer-Risiko verbunden.
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Die Bedeutung der Studienergebnisse
„Die Studienergebnisse zeigen erstmals, dass Risikofaktoren für Herzerkrankungen schon ab 35 Jahren dazu beitragen, dass man Alzheimer entwickelt. Dazu zählt auch HDL, das bisher noch nicht so klar mit Alzheimer in Zusammenhang gebracht wurde“, erklärt Studienautor Xiaoling Zhang. Sein Kollege, Dr. Lindsay A. Farrer fügt hinzu: „Maßnahmen, die sich auf Cholesterol und den Glukosespiegel fokussieren, und schon im frühen Erwachsenenalter vorgenommen werden, können die kognitive Gesundheit im späteren Alter maximieren.“6
Die Wissenschaftler glauben, dass es sich lohnt, die Blutfettwerte und den Blutzucker im Blick und vor allem im Griff zu behalten. Auf diese Weise lasse sich zugleich das Risiko für Herzerkrankungen, für Diabetes und für Alzheimer senken.
Quellen
- 1. Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz. (2020). Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen.
- 2. Ekberg, J.A., Chacko, A, Delbaz, A. et al. (2022). Chlamydia pneumoniae can infect the central nervous system via the olfactory and trigeminal nerves and contributes to Alzheimer’s disease risk. nature.
- 3. Johansen, M.C., Gross, A., Gottesman, R.F. et al. (2022). Acute Myocardial Infarction Is Associated With Acute And Progressive Decline In Global Cognition: A Pooled Cohort Analysis Of The Aric, Mesa, Cardia, Chs, Fos And Nomas Studies. Stroke.
- 4. Xiang, Q., Zheng, Z., Plassman, B., Wu, B. (2021) Dose-Response Meta-Analysis on Tooth Loss With the Risk of Cognitive Impairment and Dementia. Journal of the American Medical Directors Association.
- 5. Zhang, X., Tong, T., Farrer, L.A.. et al. (2022). Midlife lipid and glucose levels are associated with Alzheimer’s disease. Alzheimer’s & Dementia.
- 6. Boston University. (2022) Lipid and Glucose Levels at Age 35 Associated With Alzheimer’s Disease. Neurosciencenews.com.