12. September 2024, 13:25 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Auf der diesjährigen Alzheimer’s Association International Conference wurden spannende Ergebnisse einer Studie vorgestellt. Offenbar steht das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen im Zusammenhang mit der Schlafposition – eine Art zu liegen, sei besonders problematisch. FITBOOK-Redakteurin Sophie Brünke stellt Ihnen die Studie vor.
Jeder Mensch hat seine bevorzugte Position zum Schlafen. Klassischerweise unterscheidet man zwischen Rücken-, Seiten- und Bauchlage. Und jede von ihnen hat ihre spezifischen Vorzüge. So hilft z. B. die Seitenlage bei Sodbrennen, die Rückenlage entlastet die Wirbelsäule (FITBOOK berichtete). Doch offenbar ist Schlaf in Rückenlage mit dem Risiko für Alzheimer und andere neurodegenerative Erkrankungen assoziiert.
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Übersicht
Was bisher über die Rückenlage bekannt war
Daniel Levendowski, Hauptautor der Studie, widmete sich bereits in der Vergangenheit dem Zusammenhang zwischen Schlaf und neurodegenerativen Erkrankungen. Im Jahr 2019 publizierte er mit seinem Team eine Studie, welche zeigte, dass das Schlafen in Rückenlage von mehr als zwei Stunden pro Nacht mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer und andere Demenzformen verbunden zu sein scheint. Insgesamt nahmen damals 45 Personen mit einer diagnostizierten neurodegenerativen Erkrankung sowie 120 Kontrollpersonen teil.1
Aktuelle Studie schließt an vorherige Arbeit an
Aufgrund der Erkenntnisse aus 2019 wollten Levendowski und sein Team es genauer wissen: Für ihre aktuelle Forschungsarbeit verglichen sie eine größere Probandenpopulation mit neurodegenerativen Erkrankungen sowie Personen ohne bekannte kognitive Störung. Zu den Teilnehmern gehörten 106 Kontrollpersonen im Durchschnittsalter von 61,1 Jahren und 164 Patienten mit kognitiven Beeinträchtigungen, darunter:
- 71 Probanden mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI), Durchschnittsalter 69,8 Jahre
- 21 Probanden mit progressiver supranukleärer Lähmung (PSP), Durchschnittsalter 70,4
- 37 Probanden mit Alzheimer (AD), Durchschnittsalter 72,9 Jahre
- 35 Probanden Parkinson-Spektrum-Störung (PSD), Durchschnittsalter 68,9 Jahre
Die Parkinson-Probanden unterteilten sich nochmals in 16 Personen mit der Parkinson-Krankheit, 15 mit Lewy-Body-Demenz (LBD) und vier mit Parkinson-Demenz.2
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Probanden trugen Schlafmonitoren bei Nacht
Um zu überprüfen, welche Schlafposition(en) die Probanden bei Nacht einnahmen, bekamen sie einen Schlafmonitor, den sie für zwei Nächte trugen. Dabei handelt es sich um ein Gerät, welches auf der Stirn getragen wird und in der Lage ist, bestimmte Schlaf-Biomarker zu messen, welche den Forschern dabei helfen, die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte neurodegenerative Störungen zu unterscheiden. Als abnormale Liegezeit auf dem Rücken wurden zwei oder mehr Stunden definiert.
Alzheimer-Patienten schliefen am häufigsten lange in Rückenlage
Die Untersuchung zeigte, dass Teilnehmer mit neurodegenerativer Erkrankung im Vergleich zur Kontrollgruppe häufiger als zwei Stunden in Rückenlage schliefen. Während 44 Prozent der Kontrollpersonen mindestens zwei Stunden auf dem Rücken schliefen, waren es 61 Prozent der MCI-Gruppe, 69 Prozent der LBD-Gruppe und 73 Prozent in der AD-Gruppe. Damit war Alzheimer am stärksten mit der Rückenlage assoziiert. Es zeigte sich, dass Alzheimer-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen eine 3,4-fach höhere Wahrscheinlichkeit haben, eine abnormale Rückenschlafdauer aufzuweisen.
Die Wissenschaftler interpretieren ihre Ergebnisse als weiteren Beweis für einen starken Zusammenhang zwischen Schlaf in Rückenlage und Neurodegeneration.
Warum kann die Schlafposition das Risiko beeinflussen?
„Neurotoxine werden durch die Nutzung unseres Gehirns während des Tages erzeugt und im Schlaf aus dem Gehirn abtransportiert. Die Anhäufung von nicht ausgeschwemmten Neurotoxinen in unserem Gehirn beginnt um die Lebensmitte und 15 bis 20 Jahre vor dem Erkennen der ersten kognitiven Symptome, die mit Neurodegeneration verbunden sind“, zitiert Medical News Today den Studienautor Levendowski. Weiterhin erklärt der Wissenschaftler: „Wenn wir auf dem Rücken schlafen, ist der Abtransport der Neurotoxine weniger effizient, als wenn wir auf der Seite schlafen, weil der Rückfluss des venösen Blutes vom Gehirn zum Herzen anders verläuft. Außerdem ist die Schlafapnoe beim Rückenschlaf stärker ausgeprägt, und die daraus resultierenden ständigen Unterbrechungen des Schlafs tragen ebenfalls zur Ansammlung von Neurotoxinen bei. Unsere Forschungsergebnisse deuten also darauf hin, dass eine ineffiziente Neurotoxin-Bereinigung, die durch jahrelangen Rückenschlaf entsteht, zur Neurodegeneration beiträgt.“
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Wie geht es weiter?
Die bisherige Forschungsarbeit zeigt eine Assoziation zwischen Schlaf in Rückenlage und neurodegenerativen Erkrankungen. Die Wissenschaftler betonen, dass zukünftige prospektive Studien erforderlich seien, um eine Ursache-Wirkung-Beziehung festzustellen.
Studie wurde bisher nicht in voller Länge veröffentlicht
Bisher wurden lediglich die Studienergebnisse auf der Konferenz vorgestellt sowie das Abstract der Studie veröffentlicht, nicht aber die Studie in voller Länge in einem Fachjournal. Deshalb kann an dieser Stelle (noch) keine Einordnung zu den Stärken und Schwächen erfolgen. Dementsprechend sollten die Ergebnisse mit Vorsicht genossen werden.