
14. Juli 2025, 15:24 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Stimmungsschwankungen, Depressivität und Gereiztheit – viele Frauen leiden unter PMS-Beschwerden. Nun zeigt eine große schwedische Langzeitstudie, dass prämenstruellen Störungen mit einem höheren Risiko für Herzrhythmusstörungen und Schlaganfälle einhergehen. Auch wenn nicht bewiesen ist, dass der Zusammenhang kausaler Natur ist – er ist robust. Offenbar besonders gefährdet für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Frauen mit PMS unter 25 Jahren.
Das prämenstruelle Syndrom (PMS) bezeichnet eine Gruppe körperlicher und psychischer Symptome, die einige Tage vor Beginn einer Menstruationsperiode einsetzen und in der Regel einige Stunden nach dem ersten Periodentag enden. Etwa 20 bis 50 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter haben PMS. Drei bis acht Prozent leiden an einer schweren Form von PMS, der sogenannten prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS).1,2 Ob Frauen mit PMS langfristig ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, wurde nun erstmals in einer umfassenden Langzeitstudie untersucht. Auch der Zeitpunkt der Diagnose war Gegenstand der Studie. Ebenfalls im Fokus: Depression rund um Schwangerschaft und Geburt.3 FITBOOK hat sich die Ergebnisse genauer angesehen.
Übersicht
Hängen PMS mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen?
Hängen Herz-Rhythmus-Störungen oder ein Schlaganfall mit PMS zusammen? Das war die Fragestellung einer Studie, die maßgeblich von Dr. Donghao Lu, Assistenzprofessor am Karolinska Institutet, Stockholm, Schweden sowie Prof. Unnur A. Valdimarsdóttir, Professorin für Epidemiologie an der Universität Island, konzipiert und geleitet wurde. Lu forscht im Bereich Frauengesundheit, insbesondere hormoneller und psychischer Störungen im Zusammenhang mit Langzeitrisiken wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Valdimarsdóttir ist bekannt für ihre Forschung zu psychischer Gesundheit und deren Zusammenhang mit körperlichen Erkrankungen.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die häufigste Todesursache bei Frauen. Dennoch berücksichtigen gängige Risikobewertungen nur unzureichend geschlechtsspezifische Faktoren. Prämenstruelle Störungen, zu denen das prämenstruelle Syndrom (PMS) und die prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS) gehören, eine schwere Form von PMS, betreffen viele Frauen im gebärfähigen Alter. Frühere Studien zeigten Zusammenhänge zwischen PMDS und Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – darunter Entzündungen, Bluthochdruck, Rauchen und hormonelle Störungen.4,5,6 Ob prämenstruelle Störungen langfristig auch in direktem Zusammenhang mit dem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen stehen, war bislang aber abschließend geklärt.
Prämenstruelles Syndrom (PMS) – Symptome
Körperliche Symptome:
– geblähter Unterleib
– Spannungsgefühl in der Brust (Mastodynie)
– Kopfschmerzen
– Fatigue
– Hitzewallungen
– Schwindel
Psychische Symptome:
– Depressivität
– Stimmungsschwankungen
– Appetitlosigkeit
– Ängstlichkeit
– Reizbarkeit
– Rückweisungssensitivität
– Anspannung
– Wutausbrüche
Die Symptomdauer beträgt durchschnittlich sechs Tage pro Monat, mit Beschwerdemaximum vier Tage vor bis drei Tage nach Menstruationsbeginn.
99.000 Frauen mit PMDS-Diagnose waren Teil der Studie
Um dies zu klären, analysierten die Forscher Daten von insgesamt über einer Million Frauen über einen Zeitraum von bis zu 22 Jahren. Davon lag bei 99.411 Frauen eine ärztlich dokumentierte PMDS-Diagnose vor – dem gegenüber standen 947.263 Frauen ohne eine solche Diagnose. Dann ermittelten die Forscher, wie oft Frauen mit prämenstruellen Störungen später eine Herz-Kreislauf-Erkrankung bekamen – im Vergleich zu Frauen ohne prämenstruelle Störungen.
Um mögliche familiäre Einflüsse auszuschließen, verglich man zusätzlich 36.061 betroffene Frauen mit 45.451 ihrer PMDS-freien Schwestern (beide Elternteile gleich). Frauen mit bestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Zeitpunkt der PMD-Diagnose wurden ausgeschlossen. Die Analyse umfasste alle Diagnosen kardiovaskulärer Erkrankungen – darunter Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall und Herzrhythmusstörungen.
Wann ist es PMS, wann ist es PMDS?
Grundsätzlich ist das PMS definiert als mindestens ein Symptom mit relevanter sozialer oder beruflicher Funktionsbeeinträchtigung mit Symptombeginn innerhalb von fünf Tagen vor der Menstruation. Gemäß den diagnostischen Kriterien können Ärzte die Diagnose eines PMS stellen, wenn ein bis vier Symptome vorliegen, von denen mindestens ein Symptom die Gemütslage (affektives Spektrum) betrifft. Wenn fünf und mehr Symptome vorliegen und eines davon der Gemütslage zuordenbar ist, sind die Kriterien einer PMDS-Diagnose erfüllt.
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Studie zeigt klaren statistischen Zusammenhang
Eine Kausalität – also die direkte Aussage, „PMS führt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen“ – lässt sich aus dieser Studie nicht sicher ableiten. Aber: Die Studie zeigt einen klaren statistischen Zusammenhang: Frauen mit prämenstruellen Störungen erkrankten etwas häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Frauen ohne diese Beschwerden – und zwar unabhängig von genetischen oder familiären Einflüssen. Und: Je jünger die betroffene Frau bei der Diagnose war, desto größer war ihr späteres Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln. Selbst nach mehr als zehn Jahren Beobachtungszeit war der Zusammenhang immer noch deutlich sichtbar.
Statistische Zusammenhänge im Detail
- In der großen Bevölkerungsgruppe hatten Frauen mit diagnostiziertem PMS ein um elf Prozent höheres Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln.
- Bluthochdruck-Risiko plus fünf Prozent
- Risiko für Herzrhythmusstörungen plus 31 Prozent
- Risiko für ischämische Schlaganfälle plus 27 Prozent
- Im Vergleich zu ihren eigenen Schwestern ohne prämenstruelle Störungen war das Risiko dieser Frauen um zehn Prozent höher
- Frauen, die vor ihrem 25. Geburtstag eine PMS-Diagnose erhielten, hatten ein deutlich höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Frauen, die die Diagnose erst später im Leben erhielten
- Frauen mit prämenstrueller Störung und gleichzeitig einer postnatalen Depression später im Leben hatten ein deutlich höheres Risiko, später eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu bekommen, als Frauen mit PMD und ohne Depressionen, die im Kontext der Schwangerschaft oder im ersten Jahr nach der Geburt auftreten können
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Was bedeuten diese Ergebnisse?
Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass prämenstruelle Störungen – insbesondere schwere Fälle – nicht nur kurzfristige Beschwerden verursachen, sondern auch ein langfristiger Marker für kardiovaskuläre Risiken sein können. Besonders relevant ist dies für junge Frauen mit früher Diagnose: Früh einsetzende prämenstruelle Störungen sind ein besonders starker Warnhinweis für mögliche spätere Herzprobleme.
Ähnliches gilt für Frauen, die irgendwann depressive Episoden im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft erleben. Beide Krankheitsbilder scheinen eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber hormonellen Schwankungen und eine Beteiligung am Herz-Kreislauf-System zu haben.
Einschränkungen der Studie
Eine Kausalität – also die direkte Aussage „PMS führt zu kardiovaskulären Ereignissen“ lässt sich aus dieser Arbeit nicht sicher ableiten. Die Diagnosen basierten auf Registerdaten und nicht auf klinisch standardisierten Daten. Was die Aussagekraft der Studie einschränkt: Die Forscher haben wichtige, potenziell verzerrende Faktoren nicht erfasst. Darunter: Ernährung, Alkohol oder körperliche Aktivität. Denn auch sie können den Zusammenhang mit erklären. Schließlich kann man nicht sagen, ob die Ergebnisse auch auf Frauen mit milden prämenstruellen Störungen übertragbar sind. Die analysierten Daten umfassten primär schwere Fälle, mit ärztlicher Diagnose.

Ursachen, Symptome und Behandlung einer PMDS

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Fazit
Die Erkenntnisse legen nahe, dass man das prämenstruelle Syndrom künftig als eigenständiger Risikofaktor in kardiovaskulären Vorsorgestrategien berücksichtigen sollte. Ärzte sollten sich der potenziellen Langzeitfolgen bewusst sein – insbesondere bei Frauen mit schwer ausgeprägten prämenstruellen Störungen, frühen Symptombeginn oder psychiatrischen Begleiterkrankungen.