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Gesundheit

Studie identifiziert neue Frühsymptome von Multipler Sklerose

Können Frühsymptome von Multiple Sklerose (MS) ganz anders aussehen als bisher bekannt?
Können Frühsymptome von Multiple Sklerose (MS) ganz anders aussehen als bisher bekannt? Foto: Getty Images

02.10.2023, 14:11 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Sehstörungen, Gefühlsstörungen, Lähmungserscheinungen – Multiple Sklerose kann sich mit einer Reihe unterschiedlicher Symptome äußern. Doch lange vor den motorischen und sensorischen Beschwerden kann es offenbar zu anderen, überraschenden Symptomen kommen. Das haben kanadische Forscher herausgefunden. FITBOOK-Medizin-Redakteurin Melanie Hoffmann erklärt die Erkenntnisse der Studie.

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Allein in Deutschland leiden mehr als 280.000 Menschen an MS.1 Multiple Sklerose geht anfangs mit subtilen und diffusen Symptomen einher, z. B. Kribbeln in Händen und Füßen oder einem kurzzeitigen Taubheitsgefühl. Außerdem verläuft die Krankheit in Schüben, d. h. es kann lange Phasen ohne Beschwerden geben. Eine Diagnosestellung ist daher häufig schwierig und ein langwieriger Prozess. Nun identifizierten kanadische Forscher neue Frühsymptome von Multiple Sklerose (MS), die helfen könnten, den Beginn der entzündlichen Erkrankung des Nervensystems besser zu verstehen. Das Überraschende: Es handelt sich nicht um Funktionsstörungen, die sich motorisch äußern.

Die Herausforderungen der Diagnosestellung

Ein Forschungsteam der University of British Columbia um Dr. Helen Tremlett, Professorin der Neurologie, arbeitet daran, ein besseres Verständnis der frühen Stadien der Autoimmunstörung zu gewinnen. Da frühe MS-Symptome denen vieler anderer Erkrankungen ähneln, müssen Betroffene häufig einen langen Weg voller Arztbesuche und medizinischer Tests über sich ergehen lassen, bevor sie endlich wissen, woran sie leiden.

Studien sollen helfen, diesen Weg zu verkürzen. „Wenn wir MS früher erkennen können, könnte die Behandlung früher beginnen. Das hat ein enormes Potenzial, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern“, erklärte Dr. Tremlett in einer Universitätsmitteilung zur Studie.2

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Multiple Sklerose und psychische Beschwerden

Erkrankungen, besonders solche mit schweren oder chronischen Verläufen, können natürlich auch Auswirkungen auf die Psyche von Patienten haben. Das ist bei Multiple Sklerose nicht anders. So ist bekannt, dass MS-Betroffene sowohl mit Stimmungsschwankungen als auch mit Angststörungen zu kämpfen haben. Bei etwa der Hälfte von ihnen treten im Verlauf der MS-Erkrankung depressive Episoden auf.3

Doch sind psychische Beschwerden stets nur die Folge einer längeren Erkrankung? Werden sie also z. B. ausgelöst durch die Beeinträchtigungen im Alltag aufgrund der Krankheitssymptome, aufgrund der Symptome selbst oder aufgrund der Schwierigkeit, die Diagnose zu akzeptieren? Oder könnten sie im Gegenteil auch bereits früher und auf andere Weise mit MS in Verbindung stehen – also Frühsymptome von Multiple Sklerose sein? Genau hierzu liefert die aktuelle Studie aus Kanada spannende Erkenntnisse.

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Ablauf der Studie

In ihrer Studie analysierten die Forscher die Daten von 6863 MS-Patienten aus British Columbia. Dabei interessierte sie, inwiefern Patienten bis zu fünf Jahre vor dem Auftreten der ersten klassischen, medizinisch anerkannten MS-Zeichen bereits an psychischen Beschwerden litten.4

Genauer schauten sich die Wissenschaftler das Vorhandensein folgender psychischer Erkrankungen an:

Parameter, die den Wissenschaftlern dafür u. a. heranzogen, waren:

  • Arztbesuche aufgrund psychiatrischer Symptome
  • Besuche bei Psychiatern
  • psychiatrisch bedingte Einweisungen in Kliniken
  • Verabreichung von Psychopharmaka

Zum Vergleich zogen sie Daten von 31.865 Kontrollpersonen ohne Multiple Sklerose heran.

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MS-Frühsymptome betreffen auch die Psyche

Tatsächlich konnte das Forschungsteam aufzeigen, dass MS-Patienten nicht selten und zum Teil lange vor ihrer MS-Diagnose an psychischen Beschwerden leiden. Im untersuchten 5-Jahreszeitraum vor dem Auftreten erster klassischer Symptome von Multiple Sklerose wiesen 28 Prozent der MS-Patienten, die Teil der Studie waren, eine psychiatrische Erkrankung auf. Bei den Probanden ohne MS waren es nur 14,9 Prozent.

Außerdem zeigte die Analyse, dass die psychischen Erkrankungen häufiger oder schlimmer wurden, je geringer der zeitliche Abstand zum Auftreten von MS wurde – gemessen anhand der Arztbesuche, den Terminen bei Psychiatern, den Krankenhauseinweisungen und verschriebenen Medikamenten der Probanden.

Fünf Jahre vor dem Erscheinen erster klassischer MS-Symptome war die Menge an Arztbesuchen bei den späteren MS-Patienten um 78 Prozent höher als bei den nicht von Multiple Sklerose betroffenen Probanden. Im letzten Jahr vor der MS waren sie 124 Prozent höher.

Ähnliches zeigte sich bei Besuchen von Psychiatern:

  • Fünf Jahre vor MS um 132 Prozent erhöht
  • Im letzten Jahr vor MS um 146 Prozent erhöht

Bei den Krankenhauseinweisungen:

  • Fünf Jahre vor MS um 129 Prozent erhöht
  • Im letzten Jahr vor MS um 197 Prozent erhöht

Und auch bei der Verschreibung von Medikamenten:

  • Fünf Jahre vor MS um 72 Prozent erhöht
  • Im letzten Jahr vor MS um 100 Prozent erhöht

Psychische Beschwerden als möglicher Indikator für spätere MS-Erkrankung

Die kanadische Studie zeigt einmal mehr die Komplexität von Multiple Sklerose sowie die Notwendigkeit, den Körper in seiner Gesamtheit zu betrachten. Darunter offenbar auch die Psyche – und zwar nicht erst, nachdem eine Erkrankung ausgebrochen ist. Im Gegenteil könnten psychische Beschwerden mögliche Frühsymptome von Multiple Sklerose sein.

Wobei eine Depression oder Angstzustände natürlich viele andere Ursachen haben können und nicht zwangsläufig eine Verbindung mit MS haben müssen. So konnte auch die aktuelle Studie nur ein gehäuftes Auftreten entsprechender Erkrankungen bei späteren Betroffenen von Multiple Sklerose aufzeigen, aber keinen kausalen Zusammenhang belegen. Sie konnte noch nicht einmal ausschließen, dass andere Faktoren eine Rolle bei den psychischen Erkrankungen gespielt haben.

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Quellen

Themen Autoimmunerkrankungen Multiple Sklerose
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