
2. Mai 2025, 15:13 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
In vielen Ländern sind Männer von drei häufigen Krankheiten stärker betroffen als Frauen. Und sie sterben auch häufiger daran, wie eine aktuelle Analyse zeigt.
Wie es um die eigene Gesundheit steht, hat viel mit dem Geschlecht zu tun. So lautet das Ergebnis einer neuen Studie der University of Southern Denmark.1 Demnach sind Männer überproportional häufig von drei weitverbreiteten Krankheiten betroffen. Dabei handelt es sich um Bluthochdruck, Diabetes und HIV/Aids.
Übersicht
Männer leben ungesünder
Rauchen, unausgewogene Ernährung, zu viel Alkohol – in fast allen der untersuchten Länder neigen Männer zu einem ungesünderen Lebensstil. Ein Faktor, der bereits durch viele vorangegangene Untersuchungen belegt wurde.2 Zudem gehen sie seltener zum Arzt oder zu Vorsorgeuntersuchungen. Biologische, vor allem aber soziale und strukturelle Faktoren tragen also wesentlich dazu bei, dass die Gesundheit von Männern weltweit vergleichsweise schlechter ist. Dennoch sind viele globale Gesundheitsdaten nicht nach Geschlecht aufgeschlüsselt oder erfassen die Unterschiede nur unzureichend. Diesen Zustand wollten die Autoren der Studie dringend ändern.
Methoden der Studie
Für ihre Studie analysierte das Forscherteam weltweite Datenquellen zu den genannten weiteren Krankheiten. Insgesamt werteten sie weltweite Veröffentlichungen und Daten zu folgenden acht Krankheiten aus:
- Hypertonie
- Diabetes
- Demenz
- Tuberkulose
- Depression
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
- Lungenkrebs
- HIV und Aids
Die Daten decken insgesamt 204 Länder ab, wobei die Verfügbarkeit für einzelne Krankheitsbereiche unterschiedlich war (z. B. Bluthochdruck: 200 Länder; Diabetes: 39; HIV und Aids: 76). Um statistische Verzerrungen aufgrund der Pandemie zu vermeiden, wurden nur Daten aus dem Jahr 2019 betrachtet, welche 2021 veröffentlicht worden waren. In ihrer Analyse suchten die Forscher gezielt nach geschlechtsspezifischen Unterschieden bei Diagnose, Zugang zu medizinischer Versorgung, Behandlungserfolg, Kontrolle und Sterblichkeit.
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Die wichtigsten Erkenntnisse der Geschlechterstudie
- In vielen Ländern erkranken und sterben Männer häufiger an den Folgen von Bluthochdruck, Diabetes und HIV/Aids. HIV war in 56 Prozent der Länder häufiger bei Männern, Diabetes in 30 Prozent, Bluthochdruck lag bei vier Protzen. Hinsichtlich der Sterblichkeit wiesen Männer in mehr als der Hälfte der Länder höhere Todesraten auf – bei HIV (64 Prozent der Länder), Bluthochdruck (53 Prozent) und Diabetes (49 Prozent). Besonders auffällig: die extrem hohe Sterblichkeit aufgrund von Bluthochdruck bei Männern (53 Prozent) – erschreckend angesichts der Tatsache, dass diese Erkrankung eigentlich bei Männern und Frauen gleichermaßen auftritt. Nur in vier Prozent der Länder erkrankten die Männer häufiger.
- Sie suchen in der Regel seltener und weniger konsequent medizinische Hilfe auf.
- Männer hielten sich zudem seltener an die Behandlungen und die damit verbundenen Anweisungen.
- Männer sind demnach einer doppelten benachteiligt: Sie sind häufiger von Krankheiten betroffen und haben gleichzeitig einen schlechteren Zugang zu Diagnose und Behandlung.
- Interessant: Während Männer bei vielen Risikofaktoren vorn liegen, ist Fettleibigkeit weltweit häufiger ein Problem bei Frauen.

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Was die Studienautoren fordern
Was ist der Grund für die festgestellten Geschlechterunterschiede? „Die meisten lassen sich nicht allein durch das Geschlecht (die Biologie) erklären, sondern durch das sozial konstruierte Geschlecht“, heißt es in einer Medienmitteilung.3 Hauptautorin Angela Chang fügt hinzu: „Die Beweislage ist eindeutig: Geschlechtsspezifische Unterschiede bestehen in fast jeder Phase der gesundheitlichen Entwicklung – von höheren Raucherquoten bei Männern bis hin zu einer höheren Adipositasprävalenz bei Frauen. Interventionen spiegeln dies jedoch selten wider.“ Sie fordert daher neue Strategien, die eine stärkere Beteiligung von Männern an Präventions- und Gesundheitsdiensten fördern. Und dass Mediziner Geschlechterunterschiede stärker überwachen, um so eine gerechte Gesundheitspolitik zu ermöglichen. „Ohne nach Geschlecht aufgeschlüsselte Kaskadendaten agieren wir blind und können nicht erkennen, wer bei Prävention, Diagnose und Versorgung durchs Raster fällt.“
Allerding sollen auch die Einschränkungen der Datenauswertung nicht verschwiegen werden. Wie bereits erwähnt gab es eine unterschiedliche Menge an Daten zu den unterschiedlichen Krankheiten. Auch in der Art, in der die Daten ermittelt worden waren, lagen große Unterschiede. Je nach Land und Region werden Informationen unterschiedlich erfasst, die Messmethoden variieren, manche Daten stammten gar nicht aus Messungen, sondern aus Selbstauskünften der Patienten. All dies erschwerte eine saubere Analyse und schränkt die Aussagekraft der Studie ein. Auch, wenn nicht von der Hand zu weisen ist, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten interessante Erkenntnisse bezüglich unterschiedlicher Erkrankungs- und Sterbemuster bei Männern und Frauen im Zusammenhang mit bestimmten Krankheiten sowie Ansätze für die Gesundheitssysteme hervorgebracht hat.