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113 Frauen untersucht

Wie Ernährung mit der Vaginalflora zusammenhängt – und was das für Infekte bedeutet

Ernährung Vaginalflora
Nicht nur Kosmetik und Antibiotika beeinflussen die Vaginalflora: auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle. Foto: Getty Images/Ildar Abulkhanov

9. Juli 2025, 19:07 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Bei einer gestörten Vaginalflora vermutet man erstmal an ein aggressives Duschgel oder eine Antibiotikabehandlung als Übeltäter. Doch auch unsere Essgewohnheiten beeinflussen das empfindliche Gleichgewicht der Vagina. Folgen können Pilzinfektionen oder bakterielle Vaginose sein. Eine neue Studie fand heraus, welche Lebensmittel für Balance sorgen – und welche das Gleichgewicht stören.

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Ein Forschungsteam der Universität Bologna in Italien hat in einer neuen Studie den Einfluss der Ernährung auf die Vaginalflora untersucht. Sie wollten herausfinden, welche Rolle verschiedene Makronährstoffe in der Nahrung – also Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß – bei der Zusammensetzung der vaginalen Mikrobiota bei Frauen im gebärfähigen Alter haben. Hierfür wurden 113 junge Frauen umfassend untersucht: Neben einer mikrobiellen Typisierung mittels DNA-Analysen kamen auch modernste Stoffwechselmessungen sowie ein validierter Fragebogen zur Ernährung zum Einsatz.1

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Für die Intimgesundheit sind die richtigen Bakterien wichtig

In der Scheide tummeln sich viele Bakterien, die keine Krankheiten auslösen. Im Gegenteil: Sie sorgen für ein saures Milieu, in dem Keime und Krankheitserreger keine Chance haben. Dabei handelt es sich insbesondere um Laktobazillen, besser bekannt als Milchsäurebakterien. Ihre Anzahl ist abhängig vom Östrogenspiegel und damit vom Monatszyklus. So ist die Anzahl dieser „Schutzbakterien“ während der Periode und kurz danach geringer.2 Wird die Vaginalflora beeinträchtigt, können Pilzinfektionen und bakterielle Vaginose (BV) auftreten. Und eine BV wiederum erhöht die Anfälligkeit für Infektionen und Komplikationen in der Schwangerschaft.

Während zahlreiche Faktoren wie Hormone, Hygiene oder Sexualverhalten bekanntlich die Vaginalflora beeinflussen, blieb der Einfluss der Ernährung bislang weitgehend unerforscht. Diese Lücke wollten die Wissenschaftler schließen. Gibt es Zusammenhänge zwischen der langfristigen Ernährung – insbesondere der Makronährstoffverteilung – und den sogenannten Community State Types (CSTs) der Vaginalflora? Diese CSTs beschreiben bakterielle Zustände, von schützend (z. B. L. crispatus) bis hin zu dysbiotisch (Gardnerella, Prevotella u. a.). Die Hypothese der Wissenschaftler lautete: Bestimmte Ernährungsmuster könnten mit einer gesünderen mikrobiellen Zusammensetzung verbunden sein – oder umgekehrt.

Die fünf Community State Types

Die CSTs sind standardisierte Kategorien zur Einteilung der Bakteriengemeinschaften im vaginalen Milieu. Sie geben Hinweise auf den Gesundheitszustand der Vagina.

  • CST I: gesunde, stabile Vaginalflora (Lactobacillus crispatus dominiert)
  • CST II: gesund, aber etwas weniger stabil als CST I (Lactobacillus gasseri dominiert)
  • CST III: potenziell anfälliger Zustand (Lactobacillus iners dominiert)
  • CST IV: Dysbiose, erhöhtes Risiko für Infektionen (polymikrobiell, wenig Lactobacillus)
  • CST V: seltener Zustand, aber schützend (Lactobacillus jensenii dominiert)

113 junge Frauen nahmen an der Querschnittsstudie teil

Die Querschnittsstudie wurde zwischen November 2023 und April 2024 an 113 gesunden, sexuell aktiven Frauen im Alter von 19 bis 30 Jahren durchgeführt, die an der Universität Bologna studierten. Um Einflussfaktoren möglichst genau zu erfassen, wurden mehrere Methoden kombiniert:

  • Die Vaginalflora wurde mittels DNA-Sequenzierung (16S-rRNA) analysiert und in CSTs klassifiziert
  • Das Stoffwechselprofil (Metabolom) des Vaginalsekrets wurde per ^1H-NMR-Spektroskopie erfasst
  • Die Ernährung des vergangenen Jahres wurde über einen validierten Fragebogen (EPIC-FFQ) erhoben, der 188 Lebensmittelkategorien abdeckt

Bei der Ernährung lag der Fokus auf der Verteilung der Makronährstoffe und Alkoholkonsum. Zur Datenanalyse wurde ein sogenannter „Compositional Data Analysis (CoDA)-Ansatz“ verwendet, der die relative Gewichtung der Makronährstoffe berücksichtigt. Potenzielle Störfaktoren wie Alter, BMI, hormonelle Verhütungsmittel, Familienstand und Stressniveau wurden in der Auswertung berücksichtigt.

Für ein gesundes Milieu lieber aufs Steak verzichten

Die Ergebnisse der Studie werden nicht jeder schmecken. Wer etwa gerne Fleisch isst, muss jetzt stark sein. Denn ein erhöhter Anteil tierischer Proteine – vor allem aus rotem und verarbeitetem Fleisch – war signifikant mit dem dysbiotischen CST IV assoziiert, der durch eine niedrige Dichte von Milchsäurebakterien und eine Dominanz potenziell pathogener Keime wie Gardnerella vaginalis gekennzeichnet ist. Weiterhin ist ein in vielerlei Hinsicht ungesunder Übeltäter negativ in den Untersuchungen aufgefallen: Alkohol. Dieser stand ebenfalls mit CST IV in Verbindung und korrelierte insbesondere mit höheren Gardnerella- und Ureaplasma-Werten.

Kommen wir zu den Lebensmitteln, die mit einem gesunden Milieu verbunden waren. Zum einen war eine höhere Aufnahme von alpha-Linolensäure (einer Omega-3-Fettsäure aus pflanzlichen Quellen wie Nüssen und Samen) negativ mit CST III assoziiert, was auf ein gesünderes, von L. crispatus dominiertes Milieu hindeutet. Zum anderen war eine höhere Aufnahme von Kohlenhydraten, pflanzlichen Proteinen, Ballaststoffen und Stärke negativ mit Gardnerella spp. assoziiert, was darauf hindeutet, dass diese Nährstoffe vor vaginaler Dysbiose schützen können.

Obwohl die Mittelmeerdiät als besonders gesund gilt, 2024 wählten Mediziner sie zu der gesündesten Ernährungsform, zeigte sich in der Gesamtbewertung der Ernährung keine signifikante Assoziation mit den CSTs.

Bedeutung der Ergebnisse

Das italienische Forschungsteam zeigt erstmals auf, wie eng die Zusammensetzung der vaginalen Mikrobiota mit der Art und Weise verknüpft ist, wie wir uns ernähren. Besonders bemerkenswert ist die Erkenntnis, dass ein hoher Konsum tierischer Proteine und Alkohol das Risiko für eine gestörte Vaginalflora signifikant erhöhen könnte – ein bislang wenig beachteter Zusammenhang. Umgekehrt deutet der Zusammenhang zwischen α-Linolensäure (z. B. aus Leinsamen oder Walnüssen) und L. crispatus darauf hin, dass bestimmte pflanzliche Fette eine stabilisierende Wirkung auf das Scheidenmilieu haben können.

Frauen, die unter wiederkehrenden vaginalen Infektionen leiden oder in der Familienplanung stehen, können hiervon profitieren. Da eine gestörte Vaginalflora mit erhöhtem Infektionsrisiko und Schwangerschaftskomplikationen verbunden ist, bieten die Ergebnisse eine wertvolle Basis für präventive Empfehlungen. Gleichzeitig tragen die Daten zu einem besseren Verständnis der sogenannten Vagina-Darm-Achse bei – also der systemischen Wechselwirkung zwischen Ernährung, Darm- und Vaginalflora.

Stärken und Schwächen der Studie

Die Studie zeichnet sich durch ihre umfassende Methodik aus: Sie kombiniert mikrobiologische, metabolische und ernährungsbezogene Daten mit fortgeschrittener Statistik (CoDA). Zudem wurden wichtige Störgrößen wie Alter, BMI, Familienstand und hormonelle Verhütung berücksichtigt. Allerdings ermöglicht das Querschnittsdesign keine Aussagen zur Kausalität. Auch die Studienpopulation – junge, gesunde, meist medizinnahe Studentinnen – ist nicht repräsentativ für die Allgemeinbevölkerung. So könnten die Ergebnisse bei älteren Frauen, Schwangeren oder sozial benachteiligten Gruppen anders ausfallen. Weitere Einschränkungen bestehen in der Selbstangabe der Ernährung (Recall Bias) sowie in der fehlenden Berücksichtigung zusätzlicher Faktoren wie körperlicher Aktivität oder sexuellen Praktiken.

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Fazit

Die Studie zeigt erstmals, dass bestimmte Ernährungsmuster – etwa ein hoher Anteil tierischer Proteine oder regelmäßiger Alkoholkonsum – mit einer ungünstigen Zusammensetzung der vaginalen Mikrobiota verbunden sein können. Umgekehrt scheint eine erhöhte Aufnahme von alpha-Linolensäure (z. B. aus Nüssen) eine Schutzflora zu fördern. Klassische Ernährungsempfehlungen wie ballaststoffreiche, pflanzenbasierte Kost könnten also auch die Intimgesundheit unterstützen. Diese Erkenntnisse sollten in zukünftige Präventions- und Beratungsstrategien einfließen. Weitere Studien mit längerer Laufzeit und breiterer Population sind jedoch nötig, um kausale Zusammenhänge zu belegen.

Themen Frauengesundheit

Quellen

  1. Djusse, M. E., Prinelli, F., Camboni, T. et al. (2025). Dietary habits and vaginal environment: can a beneficial impact be expected? Frontiers in Cellular and Infection Microbiology. ↩︎
  2. Frauenärzte im Netz. Vaginale Flora/Scheidenflora. (aufgerufen am 08.07.2025) ↩︎

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