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Bei Verdauungsproblemen

Sind Darm-Mikrobiom-Selbsttests sinnvoll?

Wie sinnvoll sind Darm-Mikrobiom-Selbsttests?
Immer wieder Durchfall oder Bauchweh? Wer mit einem Mikrobiom-Selbsttest liebäugelt, sollte wissen, dass diese Analysen nur eingeschränkte Aussagekraft haben. Foto: Getty Images

24. Mai 2024, 4:20 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Die Suche nach der Ursache von Verdauungsproblemen gleicht einer Nadel im Heuhaufen. Abhilfe versprechen Hersteller von Mikrobiom-Selbsttests, die Aufschluss über die Zusammensetzung der Darmbakterien geben sollen. Wer immer wieder Beschwerden hat, nimmt diese womöglich dankend an. Doch Experten raten davon ab.

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Magen-Darm-Probleme sind in harmloseren Fällen lästig, je nach Beschwerdegrad können sie die Lebensqualität Betroffener sogar stark einschränken. In den vergangenen Jahren rückte in diesem Zusammenhang die Mikrobiom-Forschung immer weiter in den Vordergrund. Grund genug für findige Hersteller, Untersuchungen von Stuhlproben zur Aufschlüsslung des Darm-Mikrobioms anzubieten. Das Prinzip: Man kauft ein Test-Kit, nimmt zu Hause damit eine Stuhlprobe und schickt sie ein. Nachdem der Stuhl im Labor untersucht wurde, bekommt man die Analyseergebnisse zugeschickt, meist in Verbindung mit Ernährungs- und Hand­lungs­empfehlungen – so erklärt es die „dpa“. Doch wie sinnvoll sind Darm-Mikrobiom-Selbsttests?

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Was hat das Darm-Mikrobiom mit der Gesundheit zu tun?

Der Darm ist das Kraftwerk des Körpers: Er verdaut unsere Nahrung und macht die enthaltene Energie sowie Nährstoffe für uns nutzbar. Er ist aber auch an der körperinternen
Kommunikation beteiligt. Bei beiden Aufgaben spielt das Darm-Mikrobiom – die Gesamtheit der Mikroorganismen im Darm – eine wichtige Rolle, eine Tatsache, die in der Vergangenheit jedoch unterschätzt wurde. Nicht nur lokal im Darm, sondern auch in weit entfernten Körperregionen nimmt das Mikrobiom über Botenstoffe, Stoffwechselprodukte und Giftstoffe Einfluss. Als gesichert gilt, dass die Zusammensetzung des Mikrobioms an der Entstehung verschiedenster Erkrankungen – von Herz-Kreislauf-Krankheiten, psychischen Störungen bis hin zu Lebererkrankungen und Adipositas – beteiligt ist. Wie diese Interaktionen jedoch im Detail funktionieren, wird derzeit erforscht.

Auch interessant: Der Einfluss von 30 Minuten Sport pro Tag auf das Darmmikrobiom

Experten raten von Darm-Mikrobiom-Selbsttests ab

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) rät von Mikrobiom-Selbsttests ab. Ein Grund: Diese Analysen seien für Anwender schwer zu interpretieren. 

Und: Es bleibe die Unsicherheit, woher im Darm der analysierte Stuhlgang stamme, erklärt DGSV-Sprecherin Birgit Terjung der „dpa“. Denn das Mikrobiom im Stuhlgang und das Mikrobiom, das an der Darmschleimhaut anhaftet, unterscheiden sich deutlich.

In einer Pressemitteilung macht die DGSV deutlich, dass Geschäftsmodelle wie die kommerzielle Mikrobiomanalyse Fehlinformationen verbreiten und falsche Hoffnungen schüren können.1

Das Mikrobiom ist individuell – wie ein Fingerabdruck

Grundsätzlich fehle es an validierten und vergleichbaren Untersuchungsmethoden des Darm-Mikrobioms. Terjung zufolge gebe es keinen etablierten Standard, was ein gesundes Darm-Mikrobiom ausmache. Das individuelle Mikrobiom variiert von Person zu Person, „vergleichbar mit dem Fingerabdruck“, wie die Expertin sagt.

Außerdem schwankt die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm tagtäglich, z. B. durch Einnahme von Medikamenten, bestimmte Nahrungsmittel oder
Reisen. „Aus bakteriellen Verschiebungen, die sich in solchen Stuhltests möglicherweise zeigen, lässt sich deshalb noch lange kein krankhafter Zustand oder ein Zusammenhang mit einer chronischen Erkrankung herleiten“, so Professor Dr. med. Stefan Schreiber vom Kieler Universitätsklinikum in der erwähnten Pressemitteilung.

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Daher sei es sehr problematisch, weiterführende Empfehlungen zur Ernährungsumstellung oder zur Einnahme von Prä- und Probiotika oder Nahrungsergänzungsmitteln auf diesen Stuhlanalyseergebnissen aufzubauen.

Teure Tests und Kaufempfehlungen

Meist kooperieren die Analyselabore mit einzelnen Probiotika-Firmen und vermarkten dann die Einnahme spezifischer Produkte. „Zudem werden von den Analyselaboren meistens eine oder mehrere Kontroll-Untersuchungen empfohlen, um den Effekt der empfohlenen Maßnahmen zu testen“, sagt Terjung. 

Die Kosten für eine solche Stuhlanalyse inklusive nachfolgender Therapieempfehlung liegen in der Regel deutlich im dreistelligen Bereich. Von den Krankenkassen werden sie nicht übernommen.

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Die Forschung steckt noch in den Kinderschuhen

Letztlich steht die Forschung noch am Anfang, wie genau das Mikrobiom funktioniert und wie man es sich bei der Behandlung von Krankheiten nützlich machen kann. In dem Journal „Visceral Medicine“ äußert sich Professor Dr. med. Christian Trautwein von der RWTH Aachen hierzu: „Die Erkenntnisse, die wir in den letzten Jahren über das Mikrobiom gewonnen haben, zeigen, dass in seiner Erforschung ein riesiges Potenzial liegt.“2

Darmflora stärken: Bunt gewinnt!

„Auch wenn die Forschung noch nicht die Formel entschlüsselt hat, wie wir womöglich anhand unseres Mikrobioms eine personalisierte Ernährung für jeden entwickeln können, gibt es einige Tipps, wie Sie Ihre Darmflora stärken und so etwas für Ihre Gesundheit tun können. Allen voran steht der ausreichende Verzehr von Ballaststoffen, laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung sollten das 30 Gramm am Tag sein. Ballaststoffe stecken reichlich in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten. Sie dienen den „guten“ Darmbakterien als Futter, wodurch sie nützliche Stoffe produzieren, die die Darmbarriere stärken und sich unter anderem positiv auf den Blutzucker auswirken.
Auch fermentierte Lebensmittel wie Joghurt oder Sauerkraut unterstützen die Darmflora. Bei der Auswahl von Obst und Gemüse gilt übrigens: Bunt gewinnt! Denn neben den enthaltenden Ballaststoffen machen Sie ihrem Darm auch mit der Vielfalt an sekundären Pflanzenstoffen eine Freude. Sie können sich merken: Bereits eine kleine Portion gemischtes Gemüse ist für die Darmflora vorteilhafter als eine große Menge von nur einer Sorte.“

*mit Material von dpa

Themen #Naturtreu Darmgesundheit Magen-Darm-Erkrankungen

Quellen

  1. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). Nicht nur für die Verdauung zuständig: Mythen und Fakten zum Mikrobiom. (aufgerufen am 23.05.2023) ↩︎
  2. Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS). (2018). Teuer und sinnlos: DGVS rät von Stuhltests zur Analyse des Darm-Mikrobioms ab. Visceral Medicine. ↩︎
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