
15. Juli 2025, 11:34 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Letztens führte wieder mal kein Weg daran vorbei: Ich musste eine ärztlich verordnete Sportpause einlegen. Zwei ganze Wochen sollte ich aufgrund einer Naht an meinem Finger auf sämtlichen Sport verzichten. Davon abgesehen, dass mir davor graute, so lange mit dem Sport, der für mich fester Bestandteil meines Alltags ist, zu pausieren, fragte ich mich auch, ob ich es trotz Sportpause schaffen würde, fit zu bleiben? So viel vorab: Es ist möglich und gar nicht so schwer. Außerdem: Was ein Experte zu Sport bei Verletzungen und Krankheit sagt …
Übersicht
- Oh nein – Sportpause! Aber ich möchte fit bleiben
- Eine erste Entwarnung
- Darf man also nicht doch ein bisschen, nur ganz leicht trainieren?
- 1. Lektion: Sport nicht das Gleiche wie Bewegung
- 2. Lektion: Langsam, aber konsequent
- Liegt es daran, dass ich mich weiter bewegt habe?
- Erfahrungen des Trainers
- Wiedereinstieg fällt leichter
- Quellen
Oh nein – Sportpause! Aber ich möchte fit bleiben
Das passiert mir zum Glück eher selten, da ich nur selten krank bin, und auch wenn ich schon ein paar dollere Ausreißer hatte, wie einen Kniebruch, einen Bandscheibenvorfall, oder eine Herzbeutelentzündung, würde ich sagen, dass ich im Schnitt in den letzten zehn Jahren kaum längere Zeit am Stück auf Sport verzichten musste.
Umso härter traf es mich, als der Handchirurg, der vor ein paar Wochen einen verdächtigen Leberfleck entfernte, nach dem dreißigminütigen Eingriff zu mir meinte: „Gut, bis zum Fäden ziehen, dürfen sie den Finger nicht belasten! Kein Schwitzen, kein Sport, und Duschen bitte nur mit Folie um den Gips.“
Wie jetzt?! „Aber der Termin zum Fäden ziehen ist doch erst in drei Wochen?“, fragte ich entsetzt. Gut, ganz unmittelbar nach der kleinen Mini-OP war mir, offen gestanden, eh nicht nach Bewegung, sondern eher nach einem Traubenzucker. Als der Kreislauf erst mal wieder in den Griff bekommen war, kam auch schon der erste kleine Anflug von Selbstmitleid. Zwei Wochen, ganz ohne Sport? Wie sollte das gehen? Baue ich in der Zeit all meine mühsam erarbeiteten Muskeln ab? Nimmt meine Kondition ab, während ich selbst munter zunehme?
Eine erste Entwarnung
Wahrscheinlich haben wir es eigentlich alle schon mal gehört (und vergessen es, sobald wir pausieren sollen, trotzdem wieder): Fitness baut sich nicht so schnell ab, und ein, zwei Wochen Pause macht dem Körper absolut nichts – wirklich rein gar nichts – aus.
Das sagen Studien, wie beispielsweise die Studie „Two weeks of detraining“ aus dem Jahr 2021, in der gezeigt wurde, dass kurzfristiges Detraining keinerlei Auswirkung auf die isokinetischen Kniebeugekraft oder die Muskelausdauer hat.1 Laut der Studie können kurze Detrainingsperioden bei Ausdauerläufern die Muskelmasse sogar erhöhen und die Muskelausdauer aufrechterhalten. Kurze Detrainingsperioden können, so die Studie, das anabole hormonelle Milieu verbessern und die Muskelmasse steigern.
Vor dem vermeintlichen Verlust von Muskelmasse und Einbußen in der Kondition brauche ich mich demnach gar nicht so sehr zu fürchten wie angenommen. Mitunter ist es ja aber gar nicht nur die Angst vor möglichen negativen Folgen durch die Sportpause, die uns zu schaffen machen, sondern das Verbot selbst: die Endorphine, die ausbleiben, das Fehlen der Bewegung, die den Kopf zur Ruhe bringt und uns einen guten Tag beschert.
Darf man also nicht doch ein bisschen, nur ganz leicht trainieren?
„Im ersten Schritt heißt es, bei Krankheiten und Verletzungen auf den Arzt zu hören“, sagt Personal Trainer und Sportwissenschaftler Andreas Heumann. „Alle anderen Ratschläge an dieser Stelle wären unseriös.“
Deshalb auch hier noch mal unser dringender Hinweis: Dieser Artikel ersetzt keinen Arztbesuch. Andreas Heumann betont ausdrücklich, dass manche Verletzungen alle Kapazitäten des Körpers zur Heilung benötigten – und in solchen Fällen absolute Ruhe angemessen und wichtig sei.
1. Lektion: Sport nicht das Gleiche wie Bewegung
Ich starte meinen Tag für gewöhnlich mit einer kurzen Sporteinheit, gehe morgens laufen oder mache Yoga. Fällt das weg, fühlt sich das irgendwie komisch und unbefriedigend an – ähnlich wie wenn man nicht geduscht hat. Zum Glück habe ich zwei Hunde, die ich ab dem dritten Tag meiner Sportpause vorschieben kann, um vor mir selbst zu rechtfertigen, dass zumindest meine Schritte wieder auf über 10.000 angestiegen sind.
Mir schadet es nicht. Durch das Plus an Bewegung fühle ich mich wacher, und mein Arzt bescheinigt mir eine ausgezeichnete Wundheilung. Um die Naht nicht zu strapazieren, beobachte ich während meiner Spaziergänge brav die Herzfrequenz. Die ist so weit unter 100, dass die gespannte Haut nichts davon mitbekommen dürfte.
Ab der zweiten Woche und einem weiteren Kontrolltermin fange ich an, meine Yogaklassen wieder zu unterrichten. Die erste Stunde, die ich gebe, leite ich komplett im Stehen an. Meine Wunde stört es nicht. Zusätzlich zum Yogaunterricht gehe ich an dem Tag walken und bin zum ersten Mal so schnell unterwegs, dass sich das tatsächlich ein wenig wie „Sport“ anfühlt.
Am Ende der zweiten Woche gebe ich eine richtige Yogastunde samt Chaturanga und einigen Asanas, bei denen mir und der Klasse warm wird.
2. Lektion: Langsam, aber konsequent
Nach drei Wochen ist es endlich so weit: Der Verband darf ab, und die Fäden werden gezogen. „Den Finger müssen Sie aber weiterhin schonen“, sagt die Arzthelferin mit einem strengen Blick. Ja, ja. Das muss sie mir nicht sagen, denn noch einmal möchte ich nicht drei Wochen am Stück pausieren, und so halte ich mich noch eine weitere Woche zurück, ehe ich mich endlich traue, wieder richtig Gas zu geben.
Mit meinem Partner – mein persönlicher Pacemaker – gehe ich gut einen Monat nach der OP, laufen und fühle mich trotz einer für mich ziemlich schnellen Pace unter fünf Minuten nicht überfordert. Ganz im Gegenteil: Meine Beine scheinen sich zu freuen, endlich wieder gefordert zu werden.
Meiner Kondition scheint die Pause nicht geschadet zu haben. Auch ein paar Burpees und Squats im Anschluss zeigen: Die Pause war halb so wild. Meine Beine fühlen sich gut an, ich bin top erholt, und so ist das ganze Workout nicht anstrengender als vor meiner Pause.
Liegt es daran, dass ich mich weiter bewegt habe?
„Es gibt tatsächlich einige Studien, die zeigen, dass es besser ist, sich leicht zu bewegen, als ganz auf Bewegung zu verzichten“, sagt Andreas Heumann. Allem Anschein nach hat Bewegung eine heilende Wirkung. „Alle aufbauenden Prozesse, die durch Training angestoßen werden – wie die Erneuerung der Gewebe, Ausschüttung von Testosteron und Co haben eine systemische Wirkung, die sich positiv auf die Heilung auswirkt.“
Erfahrungen des Trainers
Der Personal Trainer hat dazu gleich mehrere Erfahrungen: Er stand vor Jahren mit Krücke und Sprunggelenksfraktur im Fitnessstudio. Drei Tage nachdem er sich das Gelenk gebrochen hatte, trainierte er schon wieder Klimmzüge, Push-ups und alles, was den Oberkörper fordert.
Ein Kunde des Berliners geht es ähnlich an: „Mein fittester Klient hat Lymphdrüsenkrebs und läuft trotz Chemotherapie wöchentlich rund 40 Kilometer“, sagt Andreas Heumann. Es gebe sogar Studien, die zeigen, dass sich leichtes Training positiv auf die Nebenwirkungen der Chemo auswirkt. „Ich würde Freizeitsportlern keine Pause, die länger als zwei Wochen dauert, empfehlen“, so Heumann. „Evolutionär hättest du nie jemanden gesehen, der drei Wochen herumliegt.“
Wenn ein bestimmtes Körperteil nicht bewegt werden darf, findet sich in der Regel ein anderes, das sich bewegen lässt. In der Sportwissenschaft, so Heumann, zeige sich ganz klar: Ein bisschen Bewegung ist fast immer besser als keine.

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Wiedereinstieg fällt leichter
Wenn man auch in der Sportpause aktiv bleibt und sich im Alltag bewegt, bleibt man fit und der Wiedereinstieg ins Training fällt nicht so schwer. Das kann ich nur aus Erfahrung sagen, denn in der Vergangenheit habe ich Pausen meistens eher nicht ganz so streng eingehalten.
Ob Covid, Herzbeutelentzündung oder Bandscheibenvorfall – bei den meisten Ausfällen habe ich mich in irgendeiner Form noch sanft weiter bewegt, sei es mit entspannten Spaziergängen oder mit einer Stretching-Einheit, was zwar intuitiv, aber wohl gar nicht so verkehrt war.

Vor einer Sportpause braucht man keine Angst haben
„Der Körper kann die Auszeit gut nutzen und so vollständig regenerieren.
Wer sich auch während einer Sportpause leicht weiter bewegt, steigt nach der Pause schneller wieder ein. Falls dafür die Kraft fehlt, ist das auch kein Weltuntergang:
Wer sonst sportlich unterwegs ist, profitiert vom Muscle-Memory-Effekt. Der Körper erinnert sich an die Leistungen, die er sonst erbringt – und so sind wir ziemlich schnell wieder auf dem alten Niveau.“