
23. Mai 2025, 4:09 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Bei der OMR in Hamburg interviewte FITBOOK-Chefredakteur Nuno Alves den Abenteurer und Extremsportler Jonas Deichmann – und wurde dabei selbst gefragt, ob er nicht einmal bei einer Triathlon-Langdistanz mitmachen wolle. Nuno sagte zu – und nun heißt es für ihn: trainieren. Am Samstag absolvierte er seine erste lange Fahrradtour, gefolgt von einem Halbmarathon. 6:28 Stunden Sport am Stück! „Am Ende des Tages war ich platt“, so sein Fazit.
Als Jonas Deichmann lächelnd fragte, ob ich nicht bei einer Langdistanz mit Freunden teilnehmen wolle, war ich mir zunächst nicht sicher, ob er scherzte. Er meinte es ernst. 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren, 42,195 Kilometer Laufen – ein Ironman. Es wurde beschlossen: Faust auf Faust. Und nun muss ich mich auf eine echte Challenge vorbereiten – ich würde sogar sagen: auf die größte körperliche Herausforderung meines Lebens. Im September muss ich in der Lage sein, diese Distanzen zu bewältigen. Und bis dahin ist jedes Training gewissermaßen ein Test für diesen Ironman.
Natürlich stellt sich dabei die berechtigte Frage, ob eine Triathlon-Langdistanz – also ein Ironman – und ein intensives Training dafür überhaupt noch gesund ist. Der Kardiologe Dr. Christopher Schneeweis hat dazu gerade eine interessante Langzeitstudie geteilt. Ergebnis: Wer sehr viel trainiert, lebt zwar insgesamt länger – das Herzinfarktrisiko sinkt dabei jedoch nicht stärker als bei moderatem Ausdauertraining (Berry et al., 2025).1 Zumindest mit Blick auf die Sterblichkeit spricht also nichts gegen ausgedehnte Sporteinheiten.
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Training für einen Ironman: „Mir geht es darum, meine Resilienz zu testen“
Am Samstag habe ich meine erste lange Tour mit dem Gravel Bike gemacht – gemeinsam mit meinem Kollegen und Freund Michael Adomeit. Er hat mich auf 100 Kilometern begleitet und mir viele wertvolle Basic-Tipps gegeben, auch in Bezug auf das Equipment. Er war mein Coach. Micha ist eine absolute Maschine, die mich auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 27,2 km/h gepusht hat. Ohne mich wäre er locker auf 32 km/h oder mehr gekommen. Zugegeben: Sein Gravel Bike ist hochwertiger als meines, wiegt nur 9 Kilogramm (meins 12 kg) und hat eine elektronische Gangschaltung sowie bessere Laufräder. Aber ob ich mit diesem Setup wirklich deutlich schneller gewesen wäre?
Mir geht es bei diesem Versuch – man kann es auch Try-athlon nennen – ohnehin vor allem darum, meine Resilienz zu testen, mentale Stärke zu entwickeln und meine persönliche Ausdauergrenze zu verschieben. Dafür heißt es: konsequent trainieren.
Insgesamt bin ich am Samstag 120 Kilometer geradelt – zwei Drittel der Ironman-Distanz – und habe dafür 4:20 Stunden gebraucht. Für erfahrene Triathleten keine Glanzleistung, aber für mich persönlich: gar nicht übel. Bis dahin lag mein persönlicher Rekord nämlich bei 43 Kilometern am Stück.
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Nach der Fahrradtour machte ich noch einen Lauf – es wurde ein Halbmarathon
Was die Verpflegung anging: Die ersten 1,5 bis 2 Stunden fuhr ich nüchtern, bevor ich die ersten Kalorien in Form von getrockneten Bananen und einem Mix aus Rote-Bete-Saft und Wasser zu mir nahm. Später kamen noch ein Proteinriegel und weitere Bananenscheiben dazu.
Nach den 120 Kilometern wollte ich herausfinden, ob ich direkt im Anschluss noch einen Lauf durchziehen kann. Ich fühlte mich zwar nicht mehr ganz frisch, aber noch gut genug. Also fuhr ich nach Hause, aß kurz etwas, zog die Laufschuhe an – und lief los.
Zunächst hatte ich nur 10 Kilometer angepeilt, um herauszufinden, wie sich ein Lauf nach einer langen Fahrradtour anfühlt. Mittendrin hat mich dann aber der Ehrgeiz gepackt – und am Ende wurde daraus ein Halbmarathon, genauer gesagt: 22,57 Kilometer. Zeit: 2:08 Stunden. Ordentlich. Allerdings war der Lauf merklich anstrengender als sonst. Eigentlich logisch, wenn man gerade 120 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt hat. Gerade zu Beginn fühlten sich die Beine schwer an. Zwischendurch wurde es besser, etwa bei Kilometer 15 war der Lauf mehr von Wille als von Kraft geprägt. Und ich hatte eines völlig unterschätzt: den Hunger. Ich konnte an nichts anderes mehr denken als an Essen – und ganz konkret: an Aprikosen. Klar, ich hätte irgendwo stoppen und mir etwas kaufen können, aber ich wusste: Wenn ich jetzt anhalte, komme ich schwer wieder in den Flow. Also lief ich weiter, biss mich durch – und beendete die Strecke. Das Erste, was ich dann tat: eine Aprikose und einen Apfel kaufen und draußen im Stehen reinbeißen. Beides schmeckte unbeschreiblich gut.

Alles in allem habe ich bei meinem ersten Training für einen Ironman also 6:28 Stunden Sport am Stück gemacht. Meine Herzfrequenz blieb dabei konstant in Zone 2: auf dem Rad bei durchschnittlich 113 Schlägen pro Minute (bpm), beim Laufen bei 124 bpm. Rekordverdächtig war auch mein Kalorienverbrauch: Laut Smartwatch 5117 Aktivitätskalorien – mein bisheriger Höchstwert lag bei 3300.
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Extremsportler Jonas Deichmann: „Ich bin alleine die Treppe nicht hochgekommen“
Meine 5 Erkenntnisse nach der Fahrrad-Lauf-Kombi und 6:28 Stunden Sport am Stück:
1. Auf dem Fahrrad muss ich noch etwas schneller werden.
Selbst wenn Jonas Deichmanns „Langdistanz mit Freunden“ nicht auf Zeit ausgerichtet ist, sollte ich die 30 km/h-Marke anpeilen. Dafür braucht es Training – und ein besseres Bike.
2. Ich brauche eine funktionierende Ernährungsstrategie.
Da ich mich zuckerfrei ernähre, kommen die klassischen Energy-Gels nicht infrage. Dennoch sollte ich während des „Try-athlons“ regelmäßig schnell verfügbare Energie zuführen. Getrocknete Bananen, Aprikosen und Äpfel allein werden nicht reichen.
3. Es ist extrem schwierig, die verbrauchten Kalorien am selben Tag wieder reinzuholen.
Selbst bei einer sehr konservativen Schätzung von 6000 verbrauchten Kalorien habe ich es an diesem Tag nur geschafft, rund 3200 wieder zuzuführen. Ich verstehe jetzt besser, warum Jonas Deichmanns „Challenge 120“ – also 120 Ironmans in Serie – auch eine Frage der Kalorienzufuhr war: Er musste täglich 10.000 kcal aufnehmen. Unvorstellbar.
4. Der Übergang Fahrrad zum Laufen muss sich besser anfühlen.
Der Beginn war zäh, die Beine bleischwer. Ich benötigte mehrere Kilometer, um in einen halbwegs guten Rhythmus zu kommen – und selbst dann fühlte sich der Lauf nie wirklich locker an. Für mich heißt das fürs Training: mehr sogenannter Brick Runs – also Laufen direkt nach dem Radfahren.
5. Mein Körper schafft mehr, als ich mir je hätte vorstellen können.
Obwohl ich mich für ziemlich fit halte, hätte ich mir das vorher nicht zugetraut: 120 Kilometer Rad und 22 Kilometer Laufen – am Stück. Aber es ging! Und wahrscheinlich wäre sogar noch mehr drin gewesen. Das zeigt: Der Körper kann mehr, als man ihm selbst oft zutraut.
Am Ende des Tages fühlte ich mich platt, betäubt, glücklich. Ich hatte meine Grenze verschoben – und meinen Körper über das bis dahin Vorstellbare hinaus gepusht.
Momentan kann ich mir offen gestanden kaum vorstellen, noch 60 zusätzliche Radkilometer draufzulegen – und danach auch noch einen Marathon zu laufen. Ganz zu schweigen von den 3,8 Kilometern Schwimmen davor.
Aber egal. Mir geht es darum, es zu versuchen – und im schlimmsten Fall grandios zu scheitern.