
7. Mai 2025, 20:18 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Acroyoga kombiniert Partnerakrobatik mit Yoga – und teilweise auch Thai-Massage. Meist arbeiten zwei Menschen zusammen, um schöne Posen einzunehmen, die Balance, Vertrauen und Kommunikation erfordern. Das Ergebnis sieht spektakulär aus.
Erinnern Sie sich an die Urlaubsbilder von Eintracht-Frankfurt-Keeper Kevin Trapp und Topmodel Izabel Goulart? Die beiden wurden beim spektakulären Acroyoga am Strand gesichtet. Die Bilder zeigen: Bei diesen Übungen muss man sich in jeder Sekunde auf den anderen verlassen können. Es braucht ein bisschen Mut und ist körperlich fordernd. FITBOOK klärt auf über die Herkunft dieser Yogaform, sagt, für wen sie geeignet ist und beschreibt beispielhafte Übungen zum Nachmachen sowohl für Einsteiger als auch Fortgeschrittene. Wie wirkt die Bewegungsform auf Körper und Gesundheit?
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Übersicht
Woher kommt Acroyoga?
Die älteste Erwähnung von Paarübungen, kombiniert mit Yoga-Elementen, stammt aus den 1930er Jahren des 20. Jahrhunderts in Indien. Das heutige Acroyoga kombiniert traditionelles Yoga mit Akrobatik. Anders als in der Sportakrobatik bleibt der Wettbewerb jedoch außen vor.
Entwickelt hat es sich wahrscheinlich an zwei Orten unabhängig voneinander. In Kanada gelten Jessie Goldberg und Eugene Poku als seine Begründer, die 1999 die bis heute bestehende Acro-Yoga-Schule Montreal gründeten. Zweiter Ort waren die USA, wo Ende der 1990er bis Anfang 2000er-Jahre der Akrobat Jason Nemer, der die Nation damals bei den Akrobatik-Weltmeisterschaften vertrat, gemeinsam mit der Seriengründerin Jenny Sauer-Klein die Organisation AcroYoga International gründete. Anders als Goldberg und Poku, die Tanz und Musik integrierten, setzten Nemer und Sauer-Klein neben Yoga und Akrobatik noch einen Schwerpunkt auf therapeutische und entspannende Elemente, darunter die Thai-Massage. Wir wollen uns hier dieser Ausrichtung widmen.
In Deutschland findet man in fast jeder größeren Stadt entsprechende Kurse nach Jasnon Nemer.
Der Name Acroyoga leitet sich vom griechischen Wort „across“ ab, was Höhe bedeutet, und dem Sanskrit-Wort „yoga“, was Vereinigung und Einheit bedeutet.
Worum geht’s beim Acroyoga?
Zwei Menschen, die scheinbar schwerelos ineinander verschlungen durch die Luft gleiten und das alles auch noch ganz leicht aussehen lassen. Acroyoga ist eine Partnerpraxis, bei der zwei bzw. drei Menschen zusammenarbeiten, um akrobatische Posen einzunehmen, die Technik, Kraft, Balance, Vertrauen und Kommunikation erfordern. Es gibt eine Person unten – genannt Base – die andere Person oben ist der sogenannte Flyer. Der Spotter sichert und korrigiert. Acroyoga-Übungen sehen verspielt aus. Wer schon einmal zugesehen und den Atem angehalten hat, ahnt, dass insbesondere die fliegenden Posen Präzision, Fokus auf Verbindung und Hingabe erfordern. Anders, als man vielleicht zunächst vermuten könnte, ist Acroyoga aber nicht nur für Yoga-Erfahrene geeignet, sondern auch Anfängern zugänglich.
Bestandteile von Acroyoga
Acroyoga hat drei Hauptelemente: Den akrobatischen Teil, der auf Kraft, Technik und Vertrauen basiert. Der Massage-Teil im Acroyoga basiert auf einer tradigionellen Thai-Massage am Boden, die sich die beiden Partner gegenseitig geben können. Lockerung und Dehnung erfährt insbesondere der Körper des Flyers (obere Person), wenn er von der Base (untere Person) mit Beinen oder Armen getragen wird. Je nach Übung kommt es hier zu einer tiefen Hüftdehnung, Entspannung des unteren Rückerns, Dehnung der Schultern und des Herzraums. Dieser Teil der Übung wird „therapeutisches Fliegen“ genannt.
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Die 3 Rollen
Es gibt drei Hauptrollen; diese sind nicht fest vergeben und können abwechselnd eingenommen werden.1
- Base: Liegt am Boden, trägt den Flyer mit Beinen oder Armen. Die Hüften sind etwa rechtwinklig gebeugt, und halten den Flyer
- Flyer: Bewegt sich in der Luft, braucht Körperspannung und Balance
- Spotter: Unterstützt Sicherheit, korrigiert Technik. Im Falle eines Sturzes soll er den Flyer sicher auf den Boden bringen und während der Übungen verbale Hinweise geben.
Es ist auch möglich, Übungen auszuführen, wenn die Base steht.
Für wen ist Acroyoga geeignt und für wen nicht?
Ziemlich offensichtlich ist Acroyoga für Menschen geeignet, die eine gewisse Offenheit an den Tag legen und Körperkontakt nicht scheuen. Yoga-, Tanz-, Kletter oder Turnbegeisterte sind hier richtig. Aber auch Anfänger können sich an die Bewegungsform wagen. Es geht um Spaß an der Bewegung. Die Fähigkeit, im Team zu arbeiten, hilft ebenfalls. Beansprucht und gefördert werden Kraft, Koordination, Körperspannung und Beweglichkeit. Man sollte sich bewusst machen, dass aufgrund der Akrobatik ein gewisses Risiko für Verletzungen besteht. Das verdeutlicht die Relevanz des Spotters.
Wer große Berührungshemmungen hat, für den ist Acroyoga wahrscheinlich weniger geeignet. Ebenfalls absehen sollte man von dem Sport mit akuten Verletzungen oder starken Gelenkproblemen.
Wie wirkt Acroyoga auf die Gesundheit?
Derzeit gibt es noch keine wissenschaftliche Studien, die sich mit der Wirkung speziell von Acroyoga beschäftigt haben. Wissenschaftlich belegte, positive Auswirkungen von Yoga auf das Gehirn gibt es indes.
Eine Arbeit, für die elf Studien analysiert wurden, die sich den Auswirkungen von Yoga auf Gehirnstruktur, -funktion und Durchblutung gewidmet hatten, zeigt: Yoga hat positive Effekte auf zentrale Gehirnregionen.2 Darunter Bereiche, die für Lernen und Gedächtnis zuständig sind, Bereiche, in denen Emotionen und Stress geregelt werden, die die Aufmerksamkeit, emotionale Regulation und Entscheidungsfindung steuern sowie Bereiche der Selbstwahrnehmung.
Diese unterschiedlichen Hirnbereiche – von Hippocampus über Amygdala bis Präfrontalem Cortex bauen im Alter typischerweise ab. Die Studien weisen darauf hin, dass Yoga möglicherweise helfen könnte, diesen altersbedingten und neurodegenerativen Veränderungen im Gehirn entgegenzuwirken.
Überkopf-Haltungen beim Yoga, wie sie der Flyer beim Acroyoga teilweise einnimmt, können laut einer indischen Studie das sympathische Nervensystem aktivieren. Dies deutet auf eine gesteigerte körperliche Wachsamkeit hin.3 Das gilt natürlich auch für den Kopfstand (sirsasana) – dessen vermeintliche Förderung des Blutflusses übrigens überholt ist.
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Übungsbeispiele
Bevor es losgeht
Bevor man in die Übungen startet, ist gemeinsames Aufwärmen angesagt. Schulterkreisen, Handgelenke kreisen, Dehnen der großen Muskelgruppen und Core aufwärmen. Achten Sie auf saubere Technik und Kommunikation. Und bei neuen oder fortgeschrittenen Posen sollte man immer mit Spotter üben!
Für Einsteiger
Bird Pose
Die Base liegt auf dem Rücken, Beine senkrecht, Fußsohlen an der Hüfte des Flyers. Der Flyer legt sich mit dem Bauch zum Boden auf die Füße der Base, mit den Händen stützt er sich auf den Händen der Base ab.
Throne
Der Flyer sitzt auf den Füßen der Base wie auf einem Stuhl. Die Base hat die Füße unter den Oberschenkeln des Flyers und der Flyer stellt seine Füße auf den Händen der Base ab.
Boat
Beide sitzen sich gegenüber und stützen die jeweils ausgestreckten und gespreizten Beine mit den Füßen an den Füßen des anderen ab. Zunächst stabilisieren sich beide, indem die Hände hinter dem Rücken stützen. Dann halten sich beide an den Händen.
Für Fortgeschrittene
Star Pose
Der Flyer steht kopfüber auf den Füßen der Base. Die Base stützt mit den Füßen der gestreckten Beine die Schultern des Flyers. Flyer und Base stabilisieren die Pose, indem sie sich an den Händen halten. Diese Pose kann variiert werden – etwa, indem beide die Hände loslassen und der Flyer Arme und Beine wie ein Stern abspreizt.
High Flying Whale
Die Base stützt mit den Füßen (Beine ausgestreckt) die Schultern des Flyers und hält mit den Händen (Arme ausgestreckt) die Knöchel des Flyers. Der Flyer liegt mit dem Kopf zur Decke auf Füßen und Händen der Base ab, streckt den Körper durch und die Arme zur Seite. Als Variante dreht sich der Flyer um 180 Grad – Füße stützen jetzt Füße und die Base stützt mit ihren Händen den oberen Rücken des Flyers. Der Flyer stützt sich zur zusätzlichen Stabilisierung mit ausgestreckten Armen an den Oberarmen der Base ab.
Reverse Front Bird
Stellen Sie sich die Pose aus dem Film „Dirty Dancing“ vor – nur, dass die Hüfte des Flyers von den Füßen und nicht auf den Händen gestützt wird. Die Base streckt die Beine durch, der Flyer streckt die Arme nach hinten.
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Welche Muskelgruppen und Fähigkeiten werden trainiert?
Acroyoga beansprucht gleichzeitig viele Muskelgruppen, weil es Balance, Kraft, Körperspannung und Koordination erfordert. Die trainierten Muskeln hängen auch davon ab, ob man als Base, Flyer oder Spotter agiert.
Base
Als Base aktiviert man die vorderen und hinteren Oberschenkel, Gesäß- und Wadenmuskulatur. Der Rumpf wird gekräftigt, Schultern, Arme und Griffkraft trainiert man, wenn man den Flyer mit den Armen stützt.
Flyer
Beim Flyer sind die geraden und schrägen Bauchmuskeln gefragt sowie die tief liegende Rumpfmuskulatur, um die Position zu halten. Auch die Rückenmuskulatur wird gefordert. Die Bein-, Hüft- und Gesäßmuskeln stabilisieren das Ganze. Je nach Übung sind die Armmuskeln zur Bewegungskontrolle erforderlich.
Spotter
Als Spotter ist vor allem Reaktionsfähigkeit gefragt. Die Körperwahrnehmung wird geschult, die Koordination und das Gleichgewicht. Weil man in jeder Sekunden auf den bzw. die anderen angewiesen ist, kann Acroyoga das Vertrauen in andere fördern. Auch das Selbstbewusstsein kann von Acroyoga profitieren.