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Ernährungsexpertin gibt Antwort

Ist Weizen wirklich ungesund?

Wie ungesund ist Weizen?
Weizen hat den Ruf, ungesund zu sein. Foto: Getty Images

14.04.2024, 07:53 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

Seit Jahren steht Weizen immer wieder in der Kritik. Insbesondere in der Naturheilkunde gilt der Verzehr von Weizen – u. a. aufgrund des enthaltenen Glutens – als Ursache zahlreicher Beschwerden wie Allergien, „Leaky Gut”, Übergewicht und Co. FITBOOK-Ernährungexpertin Beke Enderstein klärt auf, ob Weizen wirklich so schlecht ist wie sein Ruf, präsentiert ernährungsphysiologische Fakten und nennt Vor- und Nachteile.

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Weizen ist nach wie vor das wichtigste Getreide in Deutschland, da es mit exzellenten Backeigenschaften überzeugt. Diesem Highlight stehen zahlreiche Gegenargumente von A wie Autoimmunerkrankungen über W wie „Weizenwampe“ bis hin zu Z wie Zöliakie gegenüber. Zudem feuert der Spruch „dumm wie Brot“ den weizenfreien Trend an und sorgt dafür, dass auch Personen ohne Weizenallergie oder Glutenunverträglichkeit Weizen für ungesund halten und das Getreide verteufeln.

Ist Weizen ungesund?

Aus Sicht der klassischen Medizin ist es nicht nötig, dass gesunde Menschen ohne diagnostizierte Allergie oder Unverträglichkeit auf Weizen verzichten, da es keine wissenschaftlichen Belege dafür gibt, dass das Meiden von Weizen gesundheitliche Vorteile mit sich bringt. Dennoch tauchen immer wieder Mythen rund um die gesundheitlichen Risiken von Weizen auf. Die Folge: Immer mehr Menschen stufen Weizen als ungesund ein und bevorzugen Dinkel, Roggen und Co.

Wiederum andere verzichten komplett auf glutenhaltiges Getreide und bevorzugen Reis, Hirse oder Mais und sogenanntes Pseudogetreide wie Amaranth, Buchweizen und Quinoa. Allerdings ist es ebenfalls nicht wissenschaftlich belegt, dass Gluten ungesund ist.

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Ist Weizen schlecht verträglich und unbekömmlich?

Die These, dass Weizen nicht bekömmlich sei und grundsätzlich zu Unverträglichkeitsreaktionen führe, ist nicht belegt. In einer wissenschaftlichen Untersuchung wurde beobachtet, dass der Anteil an potenziellen Allergenen von Weizen vor allem von der verwendeten Sorte (bzw. den enthaltenen Eiweißen) und vom jeweiligen Anbauort abhängig – allerdings nicht grundsätzlich schlecht verträglich – ist.1

Macht Weizen dick?

Jein: Dass ein Zuviel an Kohlenhydraten aus Brot, Nudeln, Pizza und Co. auf Dauer das Risiko von Übergewicht und Adipositas erhöht, steht fest. Der Grund: Während der regelmäßige Verzehr heller Weizenprodukte schnell eine bedarfsgerechte Kalorienzufuhr sprengt, wird die enthaltene Stärke im Körper in seine Bestandteile zerlegt: In Zuckermoleküle, die bei einem Energieüberschuss in Depotfett umgebaut werden und beispielsweise als ungeliebtes Bauchfett in Erscheinung treten.

Hüftgold und Co.: Zusätzlich wird nach dem Verzehr von hellen Weizenprodukten Insulin ausgeschüttet, um den gestiegenen Blutzuckerspiegel wieder zu normalisieren. Die unerwünschte Folge: Der Fettstoffwechsel wird auf Fetteinlagerung programmiert – eine natürliche Reaktion des Körpers auf die Insulinausschüttung.

„Last but not least“ enthalten viele Weißmehlprodukte auf Weizenbasis wie Croissants, Kekse und Co. zusätzlich Fett und Zucker.

Die Lösung: Vollkornweizen?

Die beschriebenen Nachteile von Weizen beziehen sich in erster Linie auf Weißmehlprodukte, bei denen die leeren Kalorien überwiegen. Vollkornweizen – beispielsweise als Brot, Bulgur oder Couscous – liefert hingegen weniger Stärke, dafür aber eine Extraportion Ballaststoffe und Mikronährstoffe wie B-Vitamine, Eisen und Zink. Das Ergebnis: Man bleibt länger satt, versorgt seinen Körper mit wertvollen Mikronährstoffen und profitiert von einer verdauungsfördernden Wirkung.

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Wer auf Weizen verzichten muss

Bei einigen Indikationen ist der Verzicht auf Weizen wichtig – allen voran bei einer Zöliakie (Glutenunverträglichkeit), da bereits Spuren an Gluten gesundheitlich riskant sind.

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Weizenallergie

Auch bei verschiedenen Formen der Weizenallergie kann Weizen zu gesundheitlichen, teils lebensbedrohlichen Problemen führen.

Indikationen für Weizenverzicht

  • Glutenunverträglichkeit (Zöliakie)
  • „Bäckerasthma“*
  • Glutensensitivität
  • WDEIA (weizenabhängige anstrengungsinduzierte Anaphylaxie)*
  • Weizensensitivität
  • weitere Unverträglichkeiten

*Weizenallergie

Weizensensivität

Personen mit einer Gluten- oder Weizensensitivität vertragen hingegen je nach individueller Ausprägung geringe bis moderate Mengen an Gluten bzw. Weizen.

Achtung: Die Krankheitsbilder von Weizenallergie, Zöliakie und Co. sind so komplex, dass bei Verdacht eine ernährungsmedizinische Beratung bzw. eine Ernährungsberatung wichtig ist. Je nach Diagnose müssen gegebenenfalls auch weitere Getreidesorten wie Dinkel und Co. gemieden werden!

Ist Weizen so ungesund, dass er krank macht?

Personen, die allergisch auf Weizen reagieren oder es nicht vertragen, müssen mit verschiedenen Krankheitssymptomen rechnen.

Symptome nach dem Verzehr von Weizen

  1. Glutenunverträglichkeit: Während der Verzehr des Weizeneiweiß Gluten und anderen glutenhaltigen Getreide wie Dinkel und Co. bei Zöliakie im Kindesalter zu entzündlichen Prozessen im Dünndarm mit Symptomen wie Verdauungsproblemen, Entwicklungs- und Wachstumsstörungen bis hin zu psychischen Veränderungen führen kann, zeigen Erwachse unter anderem Gewichtsverlust, verschiedene Mangelsituationen, Stoffwechselstörungen, Unfruchtbarkeit, Nierenerkrankungen sowie Osteoporose.
  2. Weizenallergie: Bei einer Allergie auf Weizen stehen charakteristische Allergiesymptome im Vordergrund. Bei einer Weizenallergie können sich je nach Art Symptome wie Atemnot, Hautirritationen, Juckreiz im Mundraum und Schwellungen – teils mit kombinierten Verdauungsstörungen – zeigen. Zusätzlich besteht das Risiko eines anaphylaktischen Schocks mit Kreislaufstillstand.

Verursacht Weizen Zöliakie?

Zwar geht eine Glutenunverträglichkeit mit den beschriebenen gesundheitlichen Risiken einher, aber Weizen gilt nicht als Auslöser einer Zöliakie. Richtig ist, dass Gluten bei Menschen mit Glutenunverträglichkeit zu entzündeten Schleimhäuten des Dünndarms führt.

Man geht davon aus, dass eine genetische Disposition zu Zöliakie führt und nicht etwa ein übermäßiger Weizenkonsum. Für die meisten Menschen stellt Gluten in normalem Ausmaß kein gesundheitliches Risiko dar.

Weizen: Heilpraxis versus Schulmedizin

Alternativmediziner und Heilpraktiker sprechen sich zunehmend dafür aus, dass Weizen unter anderem zum „Leaky Gut-Syndrom“ – einem löchrigen, durchlässigen Darm –, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Depressionen führen kann. Auch das Risiko von Alzheimer, Schlafstörungen und Krebs soll beim regelmäßigen Verzehr von Weizen erhöht sein.

Theorie und Praxis: Für all diese Vermutungen gibt es keine wissenschaftlichen Belege – und auch die These, moderner Weizen sei im Vergleich zu traditionellem Urweizen der Grund für heutige Zivilisationskrankheiten, ist nicht bewiesen. Dennoch scheint es vielen Personen mit einer weizenfreien Ernährung besser zu gehen.

Insbesondere bei Allergien und Autoimmunerkrankungen profitieren Betroffene, wenn sie Weizen – und teilweise auch glutenhaltiges Getreide – komplett vom Speiseplan streichen. So zumindest deren individuelle Einschätzung.

Ein weiterer Mythos: Weizen macht süchtig

Die Kritik, Weizen führe zu unkontrolliertem Essen, da es Exorphine – spezielle Eiweißstoffe – enthalte, ist ebenfalls nicht ernährungswissenschaftlich belegt. Nach heutiger Einschätzung gibt es keine Lebensmittel – außer koffeinhaltige Nahrungsmittel – die süchtig machen und zu Entzugserscheinungen führen.2,3,4

Zum einen sind Exorphine auch in anderen Nahrungsergänzungsmitteln wie Milch, Kaffee und Spinat enthalten, zum anderen gibt es Studien, die sogar positive gesundheitliche Effekte von Exorphinen andeuten.

Meine persönliche Einschätzung zu Weizen

Mir wurde während meines Studiums die „Weizenproblematik“ aus ernährungswissenschaftlicher Sicht näher gebracht und entsprechend habe ich bis vor einiger Zeit die Meinung geteilt, dass Weizenverzicht nur bei einer entsprechenden Allergie oder Unverträglichkeit sinnvoll ist. Da ich mich zunehmend für alternativmedizinische Ansätze interessiere, halte ich die naturmedizinische Kritik an Weizen in puncto Allergien, „Leaky gut“ und Autoimmunerkrankungen allerdings durchaus in Teilen für berechtigt – oder zumindest für nicht ausgeschlossen. Nicht zuletzt, da ich beim Verzicht auf Weizen selbst weniger allergische Beschwerden bezüglich meines Asthmas und Hashimoto habe.

Am besten geht es mir tatsächlich, wenn ich komplett auf Getreide verzichte – beispielsweise während des Scheinfastens. Da das Thema so komplex ist, weiß ich allerdings nicht, ob mein besseres Wohlbefinden beim Verzicht auf Weizen bzw. auf Getreide, auf Gluten oder andere Inhaltsstoffe zurückgeht. Kritiker, die der Verteufelung von Weizen äußerst misstrauisch gegenüberstehen, gehen zudem davon aus, dass das subjektiv eingeschätzte „Besser Fühlen“ auch einfach nur psychologisch – im Sinne einer Einbildung – bedingt sein kann.

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Fazit zur Frage, ob Weizen ungesund ist

Weizen ist nicht per se ungesund und laihenhafte Aussagen wie „Weizen macht dick und dumm“ sollte keine unreflektierte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Während Weizen-Allergiker und Personen, die Weizen nicht vertragen, natürlich auf Weizenprodukte verzichten sollten, spricht generell nichts dagegen, Weizen zu essen – am besten in Form von Vollkornweizen in regionaler Bio-Qualität.

Auch ein Croissant, Cookies und Co. aus Weißmehl sind gelegentlich unproblematisch, solange man nicht gerade im Rahmen einer Diät abnehmen möchte oder Diabetes hat.

Finaler Tipp

Ich empfehle Personen mit allergischen Beschwerden oder Unverträglichkeitsreaktionen nach dem Verzehr von Weizen einen medizinischen Check, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen. Wird nichts diagnostiziert, sollte meiner Meinung jeder individuell auf sein Bauchgefühl hören und essen, was ihm bzw. ihr gut bekommt: Und zwar Gerichte und Snacks mit oder ohne Weizen! Nach aktuellem Wissensstand scheint übrigens Brot auf Basis von Einkorn besonders wenig Allergene zu enthalten: Einkorn ist die älteste Weizenart.

Quellen5,6,7,8,9

Themen #Naturtreu

Quellen

  1. Afzal, M., Pfannstiel, J., Zimmermann, J. et al. (2020). High-resolution proteomics reveals differences in the proteome of spelt and bread wheat flour representing targets for research on wheat sensitivities. Nature. ↩︎
  2. Jones, J. A. (2012). Wheat Belly — An Analysis of Selected Statements and Basic Theses from the Book. ResearchGate. (aufgerufen am 9.4.2024) ↩︎
  3. Teschemacher, H. (2003). Opioid receptor ligands derived from food proteins. Current Pharmaceutical Design ↩︎
  4. Geraedts, M.C.P., Troost, F.J., Tinnemans, R. et al. (2010). Release of satiety hormones in response to specific dietary proteins is different between human and murine small intestinal mucosa. Annals of Nutrition and Metabolism. ↩︎
  5. Deutscher Allergie- und Asthma-Bund. Weizen-Allergie. (aufgerufen am 9.4.2024) ↩︎
  6. Berufsverband deutscher Internistinnen und Internisten. Zöliakie: Anzeichen & Symptome. (auferufen am 9.4.2024) ↩︎
  7. Kompetenzzentrum für Ernährung. Unser täglich Korn. (aufgerufen am 9.4.2024) ↩︎
  8. Sarafanov, A. Kritik an Getreide: Darum lohnt sich Vollkorn. Vereine für Unabhängige Gesundheitsberatung. (aufgerufen am 9.4.2024) ↩︎
  9. Verbraucherzentrale Bremen. Wie gut ist Weizen? (aufgerufen am 9.4.2024) ↩︎
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