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Nahrungsergänzungsmittel

Wirkung, Anwendung und mögliche Risiken von Weihrauch

Weihrauch als Supplement
Weihrauch soll u. a. bei Gelenk- und Darmbeschwerden helfen (Symbolbild) Foto: Canva/ru3par/Getty Images Pro
Janna Vahlhaus

23.09.2023, 08:06 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

Schon vor 2000 Jahren gehörte Weihrauch zu einem der bedeutendsten Arzneimittel. Auch in der Moderne spielt Weihrauch als Nahrungsergänzungsmittel eine Rolle, wobei die Werbung eine ganze Reihe von potenziellen gesundheitlichen Vorteilen verspricht, die FITBOOK-Autorin Janna Valhaus unter die Lupe genommen hat.

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Weihrauch wird aus dem Harz von Boswellia-Bäumen gewonnen. Neben Räucherharzen für religiöse Zeremonien wird Weihrauch aufgrund seiner entzündungshemmenden Wirkung auch in der ayurvedischen Medizin (zum Beispiel) bei Gelenkschmerzen eingesetzt. Ob und inwiefern die Anwendung der heutzutage angebotenen Nahrungsergänzungsmittel bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Rheuma und Arthrose sinnvoll ist, wollen wir in diesem Artikel klären.

Worum handelt es sich bei Weihrauch und was enthalten die Supplemente?

Weihrauch wird aus Weihrauchbäumen (Boswellia) gewonnen. Es gibt verschiedene Weihrauchbäume und entsprechende Weihrauch-Arten, wobei die Bäume meist alle recht klein und gedrungen mit buschähnlicher Wuchsform sind. Man unterscheidet zwischen dem afrikanischen und dem indischen Weihrauch – Letzterer kommt am ehesten für medizinische Zwecke infrage. Der größte Teil wird in Äthiopien, Somalia, Indien und im Oman geerntet, wobei etwa zehn Tonnen davon jährlich in deutschen Kirchen zum Himmel aufsteigen.1

Der Weihrauch wird gewonnen, indem tiefe Schnitte in die Rinde des Baums geritzt werden und eine klebrige Flüssigkeit austritt, die an der Luft zu Harz (Olibanum) trocknet. Aus diesem sogenannten Gummiharz, das hohe Anteile ätherischer Öle enthält, können dann die Hauptwirkstoffe Boswelliasäuren und Terpene extrahiert werden, die für die potenziellen gesundheitlichen Vorteile verantwortlich sein sollen. Dabei unterscheidet sich der Gehalt der Wirkstoffe je nach Weihrauchart.

In Deutschland sind Weihrauch-Präparate nicht als Medikament, sondern nur als homöopathisches Arzneimittel in Form von freiverkäuflichen, niedrigdosierten Nahrungsergänzungsmitteln zugelassen, meist in Tabletten- und Kapselform. Leider sind diese aber nicht standardisiert, weshalb es schwer ist, die verschiedenen Produkte miteinander zu vergleichen – gerade, wenn es um die Inhalte geht. Untersuchungen zeigen zum Beispiel, dass statt der beworbenen enthaltenen „80 Prozent“ Boswelliasäuren oft nicht mehr als 35 Prozent Boswellia-/Lupeolsäuren enthalten sind oder sogar gar keine.2

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So funktioniert das Supplement im Körper

Die oben genannten Boswelliasäuren sind hauptsächlich für die entzündungshemmenden Eigenschaften des Weihrauchs verantwortlich und auch nur im Weihrauch zu finden. Sie sind in der Lage, die Produktion von Entzündungsmediatoren, beispielsweise speziellen Enzymen, zu hemmen. Um genau zu sein, können sie z.B. die Bildung sog. Leukotriene, entzündungsfördernder Botenstoffe, blockieren. Man könnte sogar von einer „Umprogrammierung“ sprechen, da sie das entsprechende Enzym dazu bringen, entzündungsauflösende Stoffe zu produzieren. Dies führt zu der Annahme, dass verschiedene chronisch entzündliche Krankheiten verbessert und geschädigtes Gewebe repariert werden können.3

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Zugeschriebene Wirkung von Weihrauch-Supplementen auf die Gesundheit und Leistung

Gesundheitsbezogene Aussagen wurden für Weihrauch bisher von der EU nicht zugelassen. Krankheitsbezogene Werbung (z.B. hilft bei Arthritis) ist zudem für Nahrungsergänzungsmittel generell nicht erlaubt. Trotzdem werden die Präparate bei verschiedensten gesundheitlichen Problemen eingesetzt. Nicht alle werden aber von der Wissenschaft unterstützt bzw. weisen vorhandene Studien teilweise Mängel auf, sodass die Aussagekraft begrenzt ist, weshalb noch großer Forschungsbedarf besteht.

Linderung von Gelenkbeschwerden bei Arthrose

Die Annahme, dass Weihrauch bei entzündlichen Erkrankungen der Gelenke, wie Arthritis, helfen kann, liegt aufgrund seiner entzündungshemmenden Wirkung nahe. Bisher wurde diese Wirkung aber hauptsächlich in Tierversuchen getestet. Hier zeigte sich, dass bei einer oralen Einnahme eine Besserung entzündeter Gelenke und beim Knorpelverlust nachgewiesen werden konnte. Weitere Studien zur äußeren Anwendung oder Injektion waren ebenfalls vielversprechend.4

Es gibt aber leider nur wenige Untersuchungen am Menschen. Die vorhandenen wurden mit niedriger Teilnehmerzahl durchgeführt, geben aber Hinweise auf eine moderate Verbesserung bei Gelenkschmerzen aufgrund von Osteo- und rheumatischer Arthritis. Eine Einnahme lag dabei beispielsweise bei 169,33 Milligramm zweimal täglich für 120 Tage.5 Weitere Studien wurden zur Kombination von Weihrauch mit anderen Präparaten durchgeführt, wodurch aber kein Rückschluss auf die alleinige Wirkung von Weihrauch möglich ist. Insgesamt reichen die Ergebnisse somit nicht aus – auch nicht, um Aussagen über die Sicherheit des Extraktes und/oder empfohlene Dosierungen zu treffen.6

Verbesserung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED)

Die entzündungshemmende Wirkung von Weihrauch soll auch die Magen-Darm-Funktion in Bezug auf Blähungen, Bauchschmerzen und CED verbessern. Für Letztere gibt es entsprechende Studien, die zeigten, dass eine Einnahme von 250 Milligramm für sechs Monate zu Besserung der Symptomatik führen konnte. Gerade für Colitis Ulcerosa (UC) gab es sogar schon nach vier Wochen eine Tendenz zur Besserung, was zuvor in Tierversuchen bestätigt wurde.7 Die Probanden litten dabei an einer milden UC und waren bereits in Remission, also auf dem Weg der Besserung.

Ähnlich wie bei den Gelenkbeschwerden weisen die Studien aber trotzdem Lücken auf, weshalb die Wirkung nicht mit Sicherheit verallgemeinert werden kann.

Verbesserung der Atemwegsgesundheit bei Asthma

Schon seit Jahrhunderten wird Weihrauch gegen Asthma und Bronchitis angewendet, was auf die Hemmung der Leukotriene zurückzuführen ist. Diese stehen nämlich im Verdacht, an Asthma beteiligt zu sein.

Neben Mausmodellen konnte in einer kleinen klinischen Studie gezeigt werden, dass eine tägliche Einnahme von 500 Milligramm Weihrauch-Extrakt über vier Wochen dazu führte, dass seltener zum Inhalator gegriffen werden musste. Die Einnahme erfolgte aber in Kombination mit einer Standardtherapie, weshalb keine Schlüsse auf die alleinige Anwendung übertragen werden können.8 Eine weitere Studie zeigte ebenfalls, dass 200 Milligramm Weihrauch in Kombination mit Aegle marmelos effektiver war als ein Placebo.9

Potenzielle Anwendung von Weihrauch-Präparaten bei Krebs

Bisherige experimentelle Studien, also mit Zellkulturen im Labor, haben gezeigt, dass die Vermehrung von Tumorzellen durch eine Einnahme von Weihrauch verringert werden konnte, indem die Bildung der Tumor-DNA gehemmt wurde. Eine weitere Annahme ist, dass die Nebenwirkungen von Krebstherapien verringert werden können, wie eine Studie mit 4.500 Milligramm Weihrauchextrakt bei Hirnödemen zeigte.10

Allerdings liegen laut Deutschem Krebsforschungszentrum nicht ausreichend klinische Studien mit Krebspatienten vor, und auch das Wirkprinzip sei noch nicht vollständig geklärt.11

Potenzielle Anwendung von Weihrauch-Präparaten bei Multiple Sklerose

In einer Pilotstudie haben Forscher in Hamburg und Kiel 28 MS-Patientinnen und -Patienten mit einem für die Studie hergestellten Weihrauchpräparat behandelt. Dieses war entsprechend höher dosiert als die freiverkäuflichen NEM. Der entzündungshemmende Effekt führte dazu, dass über drei Jahre im Hirn der MS-Patienten deutlich weniger Entzündungsherde und -schübe auftraten. Dieser Effekt wird meistens nur durch Kortison erreicht, das viele Nebenwirkungen aufweist, weshalb Weihrauch eine attraktive Alternative darstellt. Trotzdem handelt es sich um eine Studie mit geringer Teilnehmerzahl, weshalb es an weiterer Forschung bedarf, um ein aussagekräftiges Fazit zu ziehen.

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Weitere Forschung notwendig

Insgesamt besteht also in allen Bereichen noch beachtlicher Forschungsbedarf, um die vielversprechenden Ergebnisse zu verifizieren und somit den Nutzen zu klären. Schon bei der Frage, welcher Weihrauchextrakt genutzt werden soll, gibt es nämlich Uneinigkeit, da diese sich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden, was Aussagen zur exakten Dosierung erschwert. Aufgrund der unterschiedlichen Wirkstoffeinstellung und Qualität werden Weihrauch-Supplemente deshalb erstmal grundsätzlich nicht empfohlen, gerade da in den Studien meist Arzneimittel-ähnliche Präparate genutzt werden, die sich nach Angaben der Arzneimittelkommission der Bundesärztekammer von den in Deutschland erhältlichen weihrauchhaltigen Nahrungsergänzungsmitteln unterscheidet.12

Für wen das Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein kann bzw. wer davon profitiert

Weihrauch-Nahrungsergänzungsmittel können für Menschen sinnvoll sein, die unter chronischen Entzündungen der Gelenke, des Magen-Darm-Trakts oder der Atemwege leiden. Dabei sollte die Einnahme immer mit einem Arzt oder Fachmann abgesprochen werden und tendenziell eher als Ergänzung zu einer Standardtherapie gesehen werden.

Training und Supplementierung – worauf man achten sollte

Obwohl nicht für jede Art von Training relevant, kann Weihrauch in Sportarten, bei denen Entzündungen und Gelenkschmerzen auftreten, eine Überlegung wert sein. Aber auch hier gilt, dass Weihrauch höchstens eine Ergänzung zu einem umfassenden Trainings- und Ernährungsprogramm sein sollte.

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Wann man bzw. wer das Nahrungsergänzungsmittel nicht einnehmen sollte

Obwohl Weihrauch in der Regel gut verträglich ist, sollte besondere Vorsicht geboten werden, insbesondere bei Schwangerschaft und Stillzeit. Denn für diese Umstände liegen unzureichend Daten vor. Auch bei der Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten sollte auf Weihrauch verzichtet werden, da dieser die Blutgerinnung beeinflussen kann. Schließlich sollten Personen mit bekannter Allergie gegen Weihrauch oder ähnliche Substanzen die Einnahme meiden. In diesen Fällen sollte unbedingt mit einem Arzt abgeklärt werden, ob eine Supplementierung sinnvoll ist.

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Mögliche Risiken, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit Medikamenten

Einige Studien geben Hinweise auf unerwünschte Nebenwirkungen bei der Einnahme von Weihrauch, wie Magenreizung in Form von Übelkeit und Magensäure-Reflux sowie allergische Reaktionen, wie Hautauschläge.

Neben diesen „kurzfristigen“ Nebenwirkungen ist leider aufgrund der unzureichenden Studienlage kaum bekannt, mit welchen langfristigen Nebenwirkungen zu rechnen sein kann.

Schließlich kommt hinzu, dass Weihrauch-Extrakte mit einer Vielzahl von Medikamenten wechselwirken können, vor allem solche, die mittels P-Glycoprotein transportiert werden.

Es ist also umso wichtiger, bei unerwünschten Nebenwirkungen einen Arzt oder Apotheker zu konsultieren bzw. vorerst abzuklären, ob eine Einnahme überhaupt sicher ist.13

Empfohlene Dosis

Wie bereits erwähnt, ist die Dosierung von Weihrauch-Präparaten ein schwieriges Thema und variiert zwischen 200 bis 500 Milligramm je nach Anwendungsbereich. Am besten sollte man sich an den Empfehlungen des Herstellers orientieren oder sich an einen Arzt oder Ernährungsberater wenden.

Weihrauch über die Ernährung aufnehmen

Weihrauch kann nicht über Lebensmittel aufgenommen werden. Es ist ausschließlich als Nahrungsergänzungsmittel verfügbar.

Fazit

Da NEM mit Weihrauch-Wirkstoffen keine arzneimittelähnliche Wirkung haben dürfen, ist es schwierig, krankheitsbezogene Aussagen zu treffen. Eine Supplementierung kann für Menschen, die unter entzündlichen Erkrankungen, Schmerzen oder Atemwegsproblemen leiden, potenziell von Vorteil sein, wobei die Datenlage unzureichend ist. Es ist somit umso wichtiger, die Dosierungsempfehlungen zu beachten und immer einen ärztlichen Rat einzuholen, da Nebenwirkungen und unerwünschte Wechselwirkungen mit Medikamenten auftreten können. Schließlich sollte Weihrauch als Ergänzung zur Gesundheitspflege und nicht als Ersatz für eine ausgewogene Ernährung und medizinische Behandlung gesehen werden.

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Quellen

Themen Nahrungsergänzungsmittel
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