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Redakteurin fragt sich

Warum sollte ich meinem Kind kein alkoholfreies Bier geben?

Alkoholfreies Bier Kinder
Der Sohn unserer Redakteurin nippt gerne an alkoholfreiem Bier. Ist das schlimm? Foto: privat
Anna Echtermeyer
Redakteurin

27. Juni 2025, 4:01 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten

Der Sohn unserer Redakteurin trinkt manchmal alkoholfreies Bier. Was harmlos begann, stellte sich als erstaunlich komplexe Erziehungsfrage heraus: Wie viel Symbolik steckt in einer Bierflasche? Und wie prägt das Kinder? Eine persönliche Geschichte über Alltagsrituale, elterliche Intuition und eine Erkenntnis.

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Ein ungewöhnliches Lieblingsgetränk

Auf unserem Abendbrottisch stehen manchmal zwei Flaschen alkoholfreies Bier – für meinen Mann, mich – und unseren Sohn (3). Er teilt unsere Vorliebe für alkoholfreies Bier schon länger – was uns früher unproblematisch erschien. Freunde oder Bekannte, die zum ersten Mal sehen, wie er an der Flasche nippt, lachen meist und sagen dann etwa, dass sie so etwas noch nie gesehen hätten. Nippt er im Restaurant an einer Flasche Erdinger 0,0, ernten wir manchmal verwunderte Blicke. Ich weiß natürlich, dass alkoholfreies Bier nicht unbedingt gesund ist. Es ist teilweise sehr kalorienreich und viele Sorten enthalten zugesetzten Zucker. Erst kürzlich hat eine Studie auf die Wirkung auf den Blutzucker verwiesen, vor allem durch alkoholfreie Weizen- und Mischbiere.1 Im Vergleich zu klassischer Limonade fällt dieser Aspekt allerdings kaum ins Gewicht. Warum also sollte ich meinem Kind denn nicht erlauben, hin und wieder einen Schluck alkoholfreies Bier zu trinken? So wie andere Kinder eben gelegentlich Limo schlürfen (dürfen)?

Natürlich wissen wir, dass alkoholfreies Bier bis zu 0,5 Volumenprozent Alkohol enthalten kann. Es handelt sich auch nicht um das Standardgetränk unseres Sohnes. Andererseits sagt der gesunde Menschenverstand, dass die Wirkung von ein paar Schlucken alkoholfreiem Bier niemals dieselbe sein kann wie die eines aus Versehen getrunkenen Eierlikörs. Jeder Fruchtsaft, der etwas länger im Kühlschrank stand, enthält durch Gärung mindestens so viel Alkohol wie eine Flasche alkoholfreies Bier. Ähnliches gilt für fermentierte Lebensmittel wie Sauerkraut oder Kefir. Und war Malzbier mit seinen 2,0 Volumenprozent früher nicht ein typisches Kindergetränk?

Was steckt drin? Zwischen Limo und alkoholfreiem Bier

Mir ist klar, dass Kinder so alkoholfrei wie möglich aufwachsen sollten. Die sogenannten „0,0 -Prozent-Biere“ enthalten gar keinen messbaren Alkohol. Rechtlich gelten sie als alkoholfrei und unbedenklich in Bezug auf Alkoholkonsum. Außerdem enthalten einige Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium oder Natrium – ähnlich wie isotonische Sportgetränke.

Kinder wollen eben alles probieren, was ihre Eltern konsumieren. Das heißt natürlich nicht, dass wir ihm einen Schluck Wein oder Schnaps geben würden, weil wir das selbst trinken – das steht völlig außer Frage. Es geht nicht um ein grundsätzliches „Er will, also darf er“, sondern darum, ihm ein Gefühl von Gemeinschaft und Gleichbehandlung zu vermitteln.

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Viele alkoholfreie Biere, vor allem Pils, enthalten deutlich weniger Zucker als klassische Limonade (10 Gramm vs. 2 bis 4 Gramm pro 100 Milliliter), die heute oft im „gesunden“ Gewand auf – als „Natur-Limo“ oder „Erfrischungsgetränk mit Vitaminen“ – auftreten. Dass andere Eltern ihren Kindern gelegentlich Limonade geben, ist natürlich kein Argument dafür, seinem Kind stattdessen alkoholfreies Bier zu erlauben. Letztlich geht es nicht darum, welches „kleinere Übel“ erlaubt wird, sondern darum, ob ein Getränk für ein Kind sinnvoll und unbedenklich ist.

Der gesellschaftliche Kontext: Was denken andere?

Weil eine Limo nicht dieselbe symbolische Bedeutung hat wie Bier, wurde mir im Laufe meiner Beschäftigung mit dem Thema auch klar, was an unserer Handhabung problematisch ist: Dass wir alkoholfreies Bier wie eine Limo behandeln. Obwohl alkoholfreies Bier hinsichtlich der Wirkung auf die Gesundheit mit Limonade vergleichbar sein mag, vermittelt es ein völlig anderes Bild.

Dieses Gefühl, das ich inzwischen teile, hat gute Gründe. Bier ist mit Erwachsenengetränk und Alkoholkonsum verknüpft. Auch wenn das Bier, das mein Sohn trinkt, kein Ethanol enthält, bleibt es visuell, geschmacklich und sozial ein „Bier“. Irritierte Blicke von anderen spiegeln mir ja auch genau dieses Störgefühl: Ein Kind mit einer Bierflasche wirkt auf sie instinktiv unpassend.

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Wie alkoholfreies Bier auf Kinder wirkt

Noch schwerer wiegt aber: Wenn mein Kind lernt, dass Biertrinken normal oder gar „cool“ ist, senkt das langfristig vielleicht seine Hemmschwelle gegenüber echtem Alkohol.

Gerade weil solche früh gelernten Verhaltensmuster das spätere Verhalten beeinflussen können, wollte ich wissen, wie Fachleute das Thema einschätzen. Ich habe Matthias Riedl gefragt, Internist, Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg. Seine Haltung ist klar: „Kindern alkoholfreies Bier zu geben, ist ein No-Go. Sie gewöhnen sich an den Geschmack. Damit prägt man ein Kind.“ Eine solche „Gewöhnung“ an den Geschmack und das soziale Ritual des Biertrinkens sollten Eltern bewusst vermeiden.

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Wie wir inzwischen damit umgehen

Mein Mann und ich sind inzwischen dazu übergegangen, dass alkoholfreies Bier (0,0 %) nur noch ein besonderes Ritual bleibt – für den Männerabend mit Papa. So bleibt es etwas Außergewöhnliches, eingebettet in einen klaren Rahmen, ohne dass es im Alltag zur Normalität wird. Biertrinken soll für unseren Sohn kein Spiel sein, sondern etwas, das er als Erwachsener für sich entdecken darf.

Themen Kindergesundheit

Quellen

  1. Kreimeier H., Sydor S., Buchholz L. et al. (2025): Non-Alcoholic Beer Influences Glucose and Lipid Metabolism and Changes Body Composition in Healthy, Young, Male Adults. Nutrients. ↩︎

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