

21. Juli 2025, 12:59 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Besonders am Morgen möchten viele nicht auf ihr Frühstücksei verzichten. Gleichzeitig treibt beim Verzehr viele die Sorge vor dem Effekt auf den Cholesterinspiegel um. Für unser Gehirn wiederum könnte das Lebensmittel wichtige Vorteile bringen – darauf deuten zumindest zwei Studien hin. Die Erkenntnisse: Wer regelmäßig Eier verzehrt, schützt sich damit offenbar vor Demenz, darunter auch Alzheimer. Dabei soll bereits ein Ei pro Woche einen deutlich risikosenkenden Effekt haben.
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Eier bieten wertvolle Inhaltsstoffe wie Cholin, Omega-3-Fettsäuren und Lutein, die laut früherer Forschungsergebnisse das Potenzial haben, die kognitive Gesundheit zu stärken.1,2,3 Die organische Verbindung Cholin ist zudem ein Vorläufer des Neurotransmitters Acetylcholin. Dessen Mangel steht mit dem Verlust kognitiver Fähigkeiten und der Alzheimererkrankung in Verbindung.4,5 Ein Forscherteam der Boston University (USA) beschäftigte daher die Frage, inwieweit der Verzehr von Eiern mit einer Erkrankung an Alzheimer in Verbindung stehen könnte, und führte zu diesem Zweck eine Studie mit 1024 Teilnehmern durch, die sie 2024 veröffentlichte.6
Studiendesign und Methoden
Die Wissenschaftler zogen für ihre Studie Daten aus dem Rush Memory and Aging Project (RMAP) heran. Dies ist eine laufende, prospektive Kohortenstudie mit älteren, nicht dementen Erwachsenen aus mehr als 40 Senioreneinrichtungen in Illinois, USA. Zwischen 1997 und 2020 waren 2152 Personen rekrutiert worden. Davon wurden 1024 (Durchschnittsalter 81 Jahre, 74,8 Prozent waren weiblich) mit vollständigen Ernährungs- und Gesundheitsdaten in die Analyse der Bostoner Forscher eingeschlossen.
Die Teilnehmer füllten mindestens einen validierten Fragebogen zur Ernährung aus, darunter zur Häufigkeit ihres Eierkonsums. Anschließend wurden sie jährlich auf kognitive Fähigkeiten getestet und auf Alzheimer-Demenz untersucht. Zusätzlich wurden bei 578 verstorbenen Teilnehmern postmortale Gehirnanalysen zur Alzheimer-Pathologie durchgeführt. Die Auswertung erfolgte mithilfe multivariabler Cox-Regressionsmodelle. Sie berücksichtigten zahlreiche Einflussfaktoren wie Alter, Bildung, genetisches Risiko (Vorhandensein des Gens ApoE-ϵ4, dies war bei 82,3 Prozent der Probanden der Fall), körperliche Aktivität und Ernährung. Zudem wurde eine Analyse durchgeführt, um zu ermitteln, welchen Anteil der Inhaltsstoff Cholin auf einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Eiern und dem Risiko für Alzheimer spielen könnte.
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Schon ein Ei pro Woche hatte starken Effekt auf das Alzheimerrisiko
Während einer durchschnittlichen Beobachtungszeit von sieben Jahren entwickelten 280 der 1024 Teilnehmenden (27,3 Prozent) eine Alzheimer-Demenz.
Personen, die mindestens ein Ei pro Woche konsumierten, hatten ein signifikant geringeres Risiko für eine Alzheimerdiagnose. Der Konsum von einem Ei pro Woche war mit einer um 47 Prozent geringeren Erkrankungswahrscheinlichkeit verbunden. Bei einem Verzehr von zwei oder mehr Eiern blieb die Risikosenkung von 47 Prozent bestehen. Sie steigerte sich also nicht und kippte auch nicht in eine negative Richtung. In der Untergruppe mit Gehirnautopsien zeigte sich bei denjenigen, die mindestens einmal pro Woche Eier aßen, ebenfalls ein niedrigeres Risiko für Alzheimer-typische Hirnveränderungen.
Die detaillierte Analyse zum Effekt von Cholin deutete zudem darauf hin, dass 39 Prozent des positiven Effekts durch die höhere Cholinzufuhr erklärbar sein könnten, die durch den Eierkonsum bedingt war.
Schon ein Ei pro Woche kann offenbar das Gehirn vor Alzheimer schützen
Regelmäßiger Eierkonsum – bereits ab einer Portion pro Woche – scheint laut der Bostoner Studie mit einem deutlich geringeren Risiko für Alzheimer-Demenz verbunden zu sein. Besonders relevant ist, dass dieser Zusammenhang teilweise durch die Aufnahme von Cholin vermittelt wurde. Cholin spielt eine zentrale Rolle für die Gehirngesundheit, da es die Bildung von Acetylcholin unterstützt, einem Botenstoff, der bei Alzheimer stark abgebaut wird. Da Eier die wichtigste Cholinquelle in der Ernährung darstellen, könnten sie gerade für ältere Menschen ein praktikabler Ansatz zur Vorbeugung sein. Auch die Tatsache, dass sich dieser Zusammenhang nicht nur in klinischen Diagnosen, sondern auch in der Hirnpathologie bestätigte, macht die Ergebnisse überzeugend.
Einordnung der Studie
Die Untersuchung ist die erste ihrer Art, die Eierkonsum mit Alzheimerrisiko in einer großen, älteren US-Bevölkerung sowohl klinisch als auch neuropathologisch untersucht hat. Die Stärken liegen im prospektiven Design, der langen Nachbeobachtung, den jährlich standardisierten Demenztests und den validierten Hirnanalysen nach dem Tod.
Dennoch gibt es Einschränkungen: Die Erfassung des Eierkonsums basierte auf nur einer Frage im Ernährungsfragebogen. Auch wurden Eier in verarbeiteten Lebensmitteln (z. B. Kuchen) nicht berücksichtigt. Zudem betrug die mittlere Nachbeobachtungsdauer nur knapp sieben Jahre, was mögliche Verzerrungen durch bereits beginnende kognitive Abbauprozesse nicht ausschließt. Ein weiterer Punkt: Mehr als 80 Prozent der Teilnehmenden trugen das genetische Risiko-Allel ApoE-ϵ4 – deutlich mehr als in der Allgemeinbevölkerung. Da die Untersuchung zudem nur Menschen hohen Alters und vor allem Frauen berücksichtigte, kann sie keine Aussagen darüber treffen, inwieweit jüngere Menschen und alle Geschlechter langfristig von Eierkonsum bezüglich ihres Alzheimerrisikos profitieren. Die Studie wurde zudem durch Mittel des Egg Nutrition Center unterstützt, wobei die Autoren versichern, dass dies keinen Einfluss auf die Datenauswertung oder Interpretation hatte. Dennoch sollte der Interessenkonflikt bei der Bewertung der Ergebnisse bedacht werden.
Bemerkenswert ist zudem, dass der RMAP-Studie nur einen Monat später eine weitere Studie folgte, die den Zusammenhang zwischen Eiern und Demenz untersuchte.
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Rekrutierung von Personen mit Demenz
Forscher aus China rekrutierten von Juli bis Oktober 2020 nach dem Zufallsprinzip Teilnehmer für die Fall-Kontroll-Studie über kommunale Gesundheitszentren in der Stadt Guangzhou und das landeseigene Demenz-Managementsystem.7 Es wurden alle Patienten mit in die Studie eingeschlossen, die innerhalb des vergangenen Jahres eine Demenzdiagnose erhalten hatten. In die Kontrollgruppe nahm man dagegen Personen auf, die nicht an Demenz erkrankt waren. Für beide Gruppen galten folgende Ausschlusskriterien:
- Epilepsie
- Meningiom oder andere Tumore
- Schwere psychiatrische Erkrankungen
Abfrage des Eierkonsums
Nach diesem Verfahren ergab sich eine Kohorte mit 233 Teilnehmern sowie eine Kontrollgruppe mit ebenfalls 233 Personen. Insgesamt lag das Durchschnittsalter bei 73,6 Jahren. Alle Probanden lud man zu einem Interview ein, das auf einem validierten chinesischen Fragebogen basierte, der den allgemeinen Gesundheitszustand, Risikofaktoren und die Nährstoffaufnahme der vergangenen zwei Jahre abfragte. Den Eierkonsum unterteilte man dabei in fünf Kategorien:
- Kategorie 1: Kein Konsum von Eiern oder weniger als ein Ei im Monat.
- Kategorie 2: Mehr als ein Ei monatlich, aber weniger als eins pro Woche.
- Kategorie 3: Mehr als ein Ei wöchentlich, aber weniger als eins pro Tag.
- Kategorie 4: Täglicher Konsum, aber weniger als zwei Eier pro Tag.
- Kategorie 5: Zwei oder mehr Eier pro Tag.
Wer mehr Eier aß, hatte geringeres Risiko für Demenz
Die Forscher beobachteten, dass Personen mit Demenz häufiger rauchten, mehr rotes Fleisch verzehrten und weniger Obst, Gemüse und Fisch zu sich nahmen als die Kontrollgruppe. Des Weiteren litten sie häufiger an Krankheiten wie Parkinson, Schlaganfällen und Herzerkrankungen. Hinsichtlich des Eierverzehrs, unabhängig davon, ob die Personen an Demenz erkrankt waren, verzeichnete man folgende Verteilung:
- Kategorie 1: 13,5 Prozent der Teilnehmer
- Kategorie 2: Zwölf Prozent der Teilnehmer
- Kategorie 3: 36,7 Prozent der Teilnehmer
- Kategorie 4: 35 Prozent der Teilnehmer
- Kategorie 5: Drei Prozent der Teilnehmer
Je weniger Eier konsumiert wurden, desto höher schien das Risiko für Demenz zu sein. Bedeutet: Die Wahrscheinlichkeit, dass Personen an Demenz erkrankten, die wöchentlich, monatlich oder überhaupt keine Eier aßen, war höher als bei denjenigen, die regelmäßig das tierische Produkt verzehrten. Die Wissenschaftler konnten jedoch keinen signifikanten Unterschied zwischen Teilnehmern, die täglich ein Ei konsumierten, und Teilnehmern, die zwei oder mehr Eier verzehrten, erkennen.
Einordnung der Studie
Auch wenn die Studie einen Zusammenhang zwischen einem höheren Eierverzehr und einem niedrigeren Demenzrisiko aufgezeigt haben möchte, sollte man einige Faktoren beachten, die die Aussagekraft der Ergebnisse mindern könnten.
So ist wichtig anzumerken, dass die Angaben der Teilnehmer auf der individuellen Einschätzung des Eierkonsums beruhten. So erfragten die Wissenschaftler die Nahrungsaufnahme der vergangenen zwei Jahre, wodurch falsche Angaben aufgrund eines fehlerhaften Erinnerungsvermögens getätigt worden sein könnten.
Außerdem zogen die Forscher nur Teilnehmer aus China heran, weshalb nicht klar ist, ob die Ergebnisse auch auf andere Bevölkerungsgruppen zutreffen würden. Des Weiteren fällt die Studiengröße mit 233 Demenzpatienten und 233 Nicht-Demenzpatienten relativ gering aus.
Des Weiteren lässt sich anhand des Studiendesigns nicht kausal belegen, dass die Menge verzehrter Eier direkt das Risiko für Demenz beeinflusste. Nur das Auftreten eines höheren Eierkonsums bei gleichzeitig geringerem Risiko für Demenz konnte in der Studie aufgezeigt werden. Dabei ist auch nicht klar, inwieweit auszuschließen ist, dass andere Ernährungsroutinen sowie Lebensstilfaktoren eine Rolle gespielt haben. Davon ist sogar auszugehen, da nie nur ein Lebensmittel Krankheiten verhindern oder auslösen kann. Dennoch können sich Menschen, die gerne Eier essen, zumindest darüber freuen, dass es zunehmend Hinweise dafür gibt, dass ihr Verzehr lange zu Unrecht so stark verteufelt wurde.

Studie zeigt, warum man für die Gesundheit Eier essen sollte

Wie viele Eier pro Woche sind gesund?

Schützt ein hoher Eierkonsum vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen?
Fazit
Eier schützen vor Demenz und Alzheimer? Dies können die vorliegenden Studien nicht mit einem klaren Ja beantworten. Aber sie liefern bemerkenswerte Hinweise dafür, dass Eier mit einem geringeren Auftreten von Demenz und Alzheimer verbunden zu sein scheint. Die Alzeimerstudie fand zudem die mögliche Erklärung, dass der Inhaltsstoff Cholin eine bedeutende Rolle spielen könnte. Dies würde dann auch auf einen direkten Effekt hindeuten – nämlich, dass der Verzehr von Eiern tatsächlich kausal das Alzheimerrisiko beeinflussen würde. Um aus den Hinweisen aber Belege zu machen, auf deren Basis sich präventive Ernährungsempfehlungen ableiten ließen, ist weitere Forschung notwendig.