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Vibrio vulnificus

„Fleischfressende Bakterien“ in Deutschland – was dahintersteckt

fleischfressende Bakterien, Vibrio vulnificus: Illustration
Die „fleischfressenden Baterien“ vom Stamm Vibrio vulnificus können lebensbedrohliche Infektionen verursachen Foto: Getty Images

30.03.2023, 10:50 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Vibrio vulnificus nennt sich ein Bakterienstamm, dessen Bakterien „fleischfressende Infektionen“ auslösen. Eigentlich bevorzugen sie warmes Klima, doch werden sie mittlerweile auch immer häufiger in für sie untypischen Gegenden wie im Osten der USA oder sogar in Deutschland nachgewiesen. Was steckt dahinter und wie gefährlich ist es eigentlich, wenn man sich mit diesen Bakterien infiziert?

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Im vergangenen Sommer sorgte das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) für Alarm, als es berichtete, dass sich Vibrionen in der Ostsee und Küstengewässern vermehren. Laut dem „NDR“ waren in Mecklenburg-Vorpommern bis zum Juli 2022 drei Infektionen mit den „fleischfressenden Bakterien“ der Gattung Vibrio vulnificus gemeldet worden. Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich an der US-amerikanischen Ostküste – und eine Studie liefert nun eine Erklärung dafür.

Worum handelt es sich bei Vibrio vulnificus?

Vibrio vulnificus gehört zur Bakteriengattung Vibrio, auch Vibrionen genannt. Einer der berühmtesten Vertreter dieser Gattung sind die Vibrio cholerae, die Cholera verursachen können.1 Vibrio vulnificus ist ein Bakterium, das das Potenzial hat, Menschen zu infizieren und bei ihnen Krankheiten auszulösen. Es kommt v. a. in salzigen Gewässern (Meerwasser, Küsten- und Binnengewässer) in subtropischen und tropischen Ländern vor. In Europa, inklusive Deutschland, vermehren sich die „fleischfressenden Bakterien“ in warmen Sommern, wenn die Wassertemperatur anhaltend bei über 20 Grad Celsius liegt.2

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Wege der Infizierung

Eine Infizierung mit dem Erreger kann zum einen über Hautverletzungen beim Baden in Gewässern, in denen sich das Bakterium befindet, geschehen. Ein weiterer Weg der Übertragung ist der über rohe Meeresfrüchte, z. B. Austern oder Krabben – entweder bei der Verarbeitung dieser (ebenfalls über die Haut im Fall von Verletzungen) oder beim Verzehr.

Mögliche Folgen einer Infizierung mit den „fleischfressenden Bakterien“

Vibrio vulnificus gehören zu den sogenannten „fleischfressenden Bakterien“, weil sie im Fall einer Infektion zu einem raschen Absterben von Gewebe führen können.3 Gelangt der Erreger z. B. über eine Hautverletzung in den Körper, kommt es in den meisten Fällen zu einer Haut- bzw. Wundinfektion. Betroffene Hautstellen können gerötet und geschwollen sein oder Blasen bilden. Weitere, eher seltenere Beschwerden sind Fieber, Schüttelfrost, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen. In schlimmeren Fällen breiten sich die Vibrionen von der infizierten Wunde schnell auf andere Körperregionen aus, lassen Gewebe absterben und können zu einer Blutvergiftung (Sepsis) führen.

Für einen schweren Verlauf einer Infektion gefährdet sind Personen mit einem geschwächten Immunsystem und chronischen Krankheiten. Bei ihnen können die Bakterien in kurzer Zeit einer lebensbedrohlichen Erkrankung führen.

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Vorkommen in Deutschland

Wie beim Landesamt für Gesundheit und Soziales nachzulesen ist, ist bereits seit 1994 bekannt, dass Vibrionen und speziell Vibrio vulnificus in der Ostsee vorkommen. Seit 2003 wurden in Mecklenburg-Vorpommern (Stand: Mai 2019) 46 Erkrankungen und sieben Todesfälle erfasst.4 In den vergangenen Jahren wurde in den Sommermonaten regelmäßig in den Medien vor den Vibrionen in deutschen Gewässern gewarnt. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass aus den seltenen Infektionen eine dauerhafte und weitverbreitete Gefahr wird?

Studie zur Ausbreitung von Vibrio vulnificus

Weil auch im Osten der USA vermehrt Infektionen mit den „fleischfressenden Bakterien“ vorkommen, hat sich ein US-Forschungsteam in einer Studie, damit einer Ursache für die Ausbreitung der Bakterien beschäftigt. Mithilfe ozeanografischer und klimatischer Daten und unter Anwendung gängiger Vorhersage-Modelle kommen die Wissenschaftler – zumindest für die USA – zu beunruhigenden Ergebnissen.5

Die Ursache für das vermehrte Vorkommen des Erregers in für eigentlich zu kalten Regionen ist schnell gefunden: die Erderwärmung bedingt durch den Klimawandel. Sie sorgt dafür, dass nun auch Gewässer in eigentlich kälteren Gebieten die für die Bakterien optimalen Temperaturbedingungen bieten.

Faktor Klimawandel führt zu einer beunruhigenden Prognose

Was die Prognose bezüglich der Infektionsfallzahlen angeht, schauten die Forscher zunächst zurück und stellten fest, dass die Wundinfektionen mit Vibrio vulnificus von 1988 bis 2018 um das Achtfache zugenommen haben. Das räumliche Vorkommen dieser Infektionen hat sich dabei um 48 Kilometer pro Jahr nach Norden verschoben. Mit anderen Worten: Die Bakterien wandern immer weiter von Süden nach Norden.

Und auf diese Weise könnte die Entwicklung laut der Studie weiter voranschreiten: In einem Zeitrahmen von 2041 bis 2060 könnten Vibrio- vulnificus-Infektionen ihr derzeitiges Verbreitungsgebiet auf die großen Bevölkerungszentren um New York ausgeweitet haben. Da gleichzeitig die Bevölkerung weiter wächst und älter wird (ältere Menschen haben erhöhtes Risiko für eine Infektion), könnte sich die jährliche Fallzahl verdoppeln. Um die nächste Jahrhundertwende herum (zwischen 2080 und 2100) könnten die Infektionen mit dem Erreger in jedem östlichen Bundesstaat der USA auftreten. Voraussetzung dafür ist, dass die zukünftigen Emissionen und die Erwärmung mittel bis hoch sind.

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Quellen

Themen: #noom
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